Der Ruf des Nordsterns - Part 2
#2 of Der Ruf des Nordsterns
Der zweite Teil der Geschichte um Njall und Thane. Immer noch No-Yiff, aber wir gehen in die richtige Richtung.
Die Scheune war mit Heu gefüllt und roch muffig, aber nicht unangenehm. Das Licht reichte noch aus, um genug zu erkennen, also sah Njall sich um. Er wurde bald fündig: Einige Stricke zum Zusammenbinden der Heuballen lagen achtlos auf dem Boden herum. Er nahm sich ein paar und fesselte seinem immer noch ohnmächtigen Gegner Hand- und Fußgelenke. Anschließend schleifte er ihn in die Nähe eines Balkens, um ihn daran binden zu können. Zuvor durchsuchte er ihn jedoch noch: Er zog einen seiner Dolche aus dem Stiefelschaft, wo er verborgen gewesen war, und schnitt die Kleidung des Vermummten auf, nahm ihm die Sturmmaske ab, die ihn vermummt und gegen den Wind geschützte hatte, und zog ihm die Kapuze herunter. Dabei fielen ihm drei Dinge sofort auf:
Erstens: Sein Gegner gehörte zur Rasse der Katzen, der Schneekatzen um genau zu sein. Das war übel.
Zweitens: Seine Innentasche enthielt Steckbriefe von ihm selbst und Thane - ziemlich genaue sogar. Das war _richtig _übel.
Drittens: Sein Gegner war ein Mädchen!!!
Das war das allerschlimmste, denn wenn sich bereits irgendwelche Weibsstücke an ihn heranschleichen konnten, war er so gut wie tot. In der Kultur der Katzen gab es keine weiblichen Krieger oder Attentäter, denn die Frauen und Männerrollen waren klar definiert. Eine kämpfende Katze war eine unglaubliche Schande für ihren Clan - dementsprechend konnte dieses Katze hier auch keine militärische Ausbildung genossen haben. Sie war also nicht dazu ausgebildet - und hatte ihn dennoch überrumpelt. "Dreck!" zitierte Njall ungläubig seinen Kumpel.
Er beeilte sich und fesselte die kleine Katze an den Balken. Dabei zog er ihre Arme nach hinten, um sie zu fesseln. Diese Position hatte zur Folge, dass sie die Brust durchdrückte - und der Stoffstreifen, mit dem sie ihre Brüste hochgebunden hatte, riss. Der Schlitz in ihrer Kleidung, der von ihrem Bauchnabel bis zum Hals ging, weitete sich ebenfalls und gab den Blick auf silbrig weißes, wunderschönes Fell und ebenso schöne weibliche Rundungen frei.
Njall spürte seine Kehle trocken werden und seine Hose enger. Er hatte seit Monaten keine Frau mehr gehabt, nicht seit ... Er schluckte.
Die Katze schlug die Augen auf. Sie zerrte an ihren Fesseln und fauchte leise, dann realisierte sie das Offensichtliche, und Bestürzung stand in ihren großen Augen. Sie sah sich um und entdeckte ihn neben dem Tor.
Sie musste auch sichtlich schlucken, straffte sich dann jedoch und hob trotzig den Kopf. " Ich werde nichts sagen!" stieß sie hervor, hob das Kinn noch ein wenig und schloß die Augen, wie in Erwartung eines Schlags. Njall knurrte.
"Wer sagt, dass ich will, dass ihr redet? Vielleicht will ich ja nur, dass ihr schreit?" sagte er gefährlich leise, und trat auf sie zu. Sie riss erschrocken die Augen auf und zerrte wieder an ihren Fesseln, dieses mal vehementer. Njall blieb kurz vor ihr stehen, so nah, dass er ihren Atem auf seinem Gesicht spüren konnte. "Vielleicht will ich euch ja einfach nur aufschlitzen zusehen, wie ihr jämmerlich schreiend verendet?" flüsterte er, und sah Tränen in ihre Augen steigen. Sie wand den Kopf ab, und brauchte mehrere Anläufe, um zu erwidern: "Dann sterbe ich ehrenvoll, während ihr in Schande weiterlebt." Die Worte waren das Standard-Ehre-und-Ruhm-Geschwätz, doch sie klangen alles andere als überzeugt. Njall erwiderte nichts, sondern legte ihr den Dolch an die Kehle.
Thane konnte sich nicht erinnern, das letzte Mal beim Würfeln ein solches Glück gehabt zu haben. Obwohl er ziemlich betrunken war, ahnte er doch, dass auch sein Glück nicht ewig halten konnte und zog sich unter neiderfüllten Blicken vom Würfelbecher zurück. Er hatte es geschafft, sein Barvermögen beinah zu verdoppeln, und verfügte nun über die stattliche Summe von 27 Silber und 9 Kupferstücken: Genug, um einen Monat lang in Saus und Braus zu leben. Er dankte Lyf, dem Gott des Weines, des Spieles und der Künste, für die glückliche Fügung, dass ein sturzbetrunkener Händler in der letzten Stunde mehr als 50 Silberstücke verspielt und alle am Tisch reich gemacht hatte. Thane rülpste laut und kratzte sich im Schritt. Er musste dringend austreten und fragte sich flüchtig, wo Njall wohl war. Vermutlich schlief er bereits. Auf dem Weg zum Hof viel ihm schon wieder dieses Wolfsmädchen ins Auge, dass ihn schon den ganzen Abend mit Blicken verfolgte. Er zwinkerte ihr zu, sah ihr strahlendes Gesicht kurz bevor er aus dem Raum trat, und ging pfeifend in Hof hinaus. Nachdem er sich erleichtert hatte, schritt er beschwingt zurück hinein in der festen Absicht, das Mädchen anzusprechen.
Njall steckte den Dolch zurück in seinen Stiefel und besah sich sein Werk. Er seufzte.
"Bitte tötet mich nicht, Herr" wisperte die kleine Katzen mit brüchiger Stimme. Unter Strömen von Tränen hatte sie ihm in der letzten halben Stunde alles gestanden, alle Fragen beantwortet - ohne dass er ihr ein Leid zufügen musste. Die Todesangst, die sie mit seinem Dolch an ihrer Kehle empfand, hatte den Damm gebrochen, und sie hatte ihm alles erzählt.