Wolfsblut - Teil 2 Kapitel 23: Entflohener
Info: Hier nun das erste Kapitel des zweiten Teils. Auch in dieser Teil wird Fantasy-reich. Diesmal wird es weniger Kämpfe geben, dafür wollte ich mehr die Romantik zwischen zwei Charakteren beschreiben. Ich hoffe, dass dieser Teil auch so gut ankommt, wie der erste Teil. Teil 2: Eis Kapitel 23: Entflohener Er trabte den Gang entlang. Xyon schielte aus dem Fenster und drehte sich um, eine Steppenfüchsin mit hellgrauem Fell blickte zu ihm, ihr Gesicht zeigte Besorgnis. ,,Die Wolken ziehen bereits auf.", seufzte der Wolfsmischling leise. ,,Das Zentrum der Gefahr ist nicht in dieser Welt", sagte die Füchsin und trat näher zu ihm. ,,Ich weiß, Feuer bekämpft man mit Feuer." Fuchsit verstand, was er damit meinte. ,,Da gibt es nur ein kleines Problem." Sie holte einige Dokumente hervor, drückte sie Xyon in die Pfoten und meinte: ,,Die hatte Citrin gesammelt." Die Augen des Wolfsmischlings vergrößerten sich, als er die Zeilen überflog. ,,Das ist wirklich ein Problem, das erschwert die ganze Angelegenheit." Er legte die Dokumente weg und rieb sich die Stirn. ,,Wir wissen nicht, wie viel Zeit uns bleibt. Außerdem besteht keine Erfolgsgarantie, wenn wir ihn benutzen." Xyon zuckte zusammen, als er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter spürte. ,,Überlasst das mir, ich wurde darauf ausgebildet. Ich kenne ihn." Xyon sah in die klaren, blaugrünen Augen und nickte. ,,Du weißt, was deine Aufgabe ist?" Hessonit verneigte sich und sagte: ,,Ich werde tun, was ihr verlangt." ,,Bist du sicher, dass du nicht zu geschwächt bist?" Xyon deutete auf Hessonits Brustkorb, an dem er einen Verband trug. Er schüttelte den Kopf. Xyon legte die Pfote auf seine Schulter, der Border-Collie blickte auf. ,,Er weiß noch nichts von seinem Schicksal. Ich zähle auf dich, die Gefahr ist groß, wir dürfen ein Risiko eingehen." Der Collie richtete sich wieder auf und nickte. Er kannte die Gefahr, hatte sie am eigenen Leib gespürt und erinnerte sich an die Schmerzen seiner Vergangenheit. Doch was nun drohte, konnte verheerendere Auswirkungen haben, als nur den Verlust Xornias, der damals drohte. ,,Eins noch.", sagte Xyon und streckte die Pfote aus. ,,Es ist Zeit, du hast sie dir ebenso wie Fuchsit verdient." In der Pfote lag ein Stein, der in den regenbogenfarben schillerte. Der Xyonit. Einige farbige Lichtperlen umkreisten den Stein wie Planeten, die die Sonne umkreisen. ,,Ich gebe sie dir, doch ich befehle dir, sie nicht zu benutzen, bevor du nicht vollständig geheilt bist. Dein Körper ist wegen der Schlacht geschwächt, besonders dein Brustkorb verheilt nur mäßig." ,,Keine Sorge." Er griff nach zwei Perlen. ,,Er wird sie ebenfalls benötigen." Er blickte zurück, er würde nie wieder zu diesen großen, grauen Gebäuden zurückkehren, er hatte sich entschieden. Der Dingo atmete tief ein, es war noch dunkel, aber es würde nicht lange dauern, bis die Sonne aufgehen würde. Er musste sich beeilen, schnell einen Ort finden, an dem er sich verstecken konnte. Er ballte die Fäuste. Er würde sich nicht ewig verstecken können, doch wenn er Glück hatte, würde er gar nicht gesucht werden, er war ja unwichtig. Der Dingo blickte auf seinen Arm, das Blut tränkte das sandfarbene Fell, doch er spürte den Schmerz nicht. Er fühlte lediglich ein unbehagliches Brummen im Bauch. Er zweifelte an seiner Entscheidung, denn er hatte keinen Ort, an den er gehen konnte, man würde ihn als Streuner ansehen. Kalter Herbstwind blies ihm ins Gesicht, doch er ignorierte es, ignorierte den Schmerz, die Verzweiflung. Er wollte, dass es endlich aufhören würde, dass alles aufhören würde. Er beschleunigte das Tempo, doch er wusste, er konnte nicht einfach weglaufen, das würde er nie können, das Leben würde ihn ewig einholen, so lange, bis es vorbei war. Die bernsteinfarbenen Augen brannten von dem scharfen Wind, das Haar, welches die Farbe süßer Schokolade hatte, wirbelte durch den Wind. Er würde sich nicht einfach geschlagen geben, noch nicht. Das Fell wirkte stumpf und glanzlos. ,,Nein.", sagte er sich. Der Rüde presste die Arme an den Körper und schaute auf, die Ohren zuckten. Etwas Seltsames rumorte in ihm, als er ihn sah. Ein Border-Collie mit langen, blonden Haaren, einer hellbraunen Jacke und einer dunkelblauen Jeans. Seine blaugrünen Augen waren in den kalten Himmel gerichtet, er lehnte an einem fast kahlen Baum. Der Dingo kniff die Augen zusammen, als würde ihn die Sonne blenden. ,,Ich habe auf dich gewartet.", sagte der Collie leise und drehte den Kopf zu ihm. Der Rüde hob verwundert die Augenbrauen, er verlor sich in den Augen des Fremden, die voller Gefühl und freier Wildheit waren. Er sah etwas fremdes in diesen Augen, etwas, das er nicht kannte. ,,Wer sind Sie?", wollte der Rüde wissen. Der Collie wandte sich ihm zu und legte die Arme um seinen Körper. Der Dingo sog scharf die Luft ein, er spürte, wie der Collie ihn an sich presste. Für einen Augenblick war der Dingo zu keiner Handlung mehr fähig, die Berührung löste in ihm etwas Unbekanntes aus, etwas Gefährliches, etwas schmerzhaftes. Er riss sich von dem älteren Rüden los und brüllte: ,,Was soll das?! Fass mich nicht nochmal an!" Der Collie blickte zu ihm herab, er war einen guten Kopf größer. ,,Du bist ein Dingo, nicht wahr?" ,,Was soll das?!", fiel er ihm ins Wort. Der Dingo kehrte ihm den Rücken zu und sagte: ,,Ich weiß nicht, wer du bist, doch du kannst mir auch nicht helfen, du hast keine Ahnung." Er wollte weinen, dem Schmerz, der tief in ihm brannte, freien Lauf lassen. Doch er konnte es nicht, spürte keine Trauer, fühlte nichts als die reine Leere. Er wollte fortlaufen, wollte vergessen, doch der Collie hielt ihn am Arm fest. ,,Lass mich los!", brüllte er ihn an, doch der Rüde verzog keine Miene. ,,Mazaru.", sagte er leise, der Dingo hielt inne. ,,Woher weißt du...?" Der Collie legte den Finger auf seine Lefzen. Der Dingo blickte ihn mit weit aufgerissenen Augen an, die Jacke des Collies wurde vom Wind zurück geweht und legte seinen Körper frei, der von Verbänden übersät war. Mazaru befreite sich aus seinem Griff, dies war kein gewöhnlicher Rüde, das wusste er. Ob er unter den Verbänden wohl Verletzungen oder Narben hatte? Eins war für Mazaru jedenfalls sicher: Dieser Rüde war gefährlich, vielleicht spionierte er ihm hinterher, immerhin wusste er seinen Namen und vielleicht noch einiges mehr. Was wollte er von ihm? Ihn berauben? Oder vielleicht wollte er etwas ganz anderes tun... ,,Ich muss mit dir reden.", sagte der Collie mit seiner tiefen, männlichen Stimme. ,,Lass mich in Ruhe!", brüllte Mazaru und rannte fort, er wollte weg von diesem Rüden, der dieses unbehagliche Gefühl auslöste. Gefühle? Er ballte die Fäuste, die Krallen gruben sich in die Handflächen. Mazaru fand sich im Wald wieder, er lehnte sich an einen alten Baum und schnappte nach Luft, doch er war endlich fort von diesem unheimlichen Typen, weg von der Gefahr, doch es gab noch eine andere Gefahr, vor der er nicht weglaufen konnte. Er blickte auf seine Pfoten, seine Krallen waren lang und scharf, sie konnten zu einer tödlichen Waffe werden. Der Dingo bemerkte, dass etwas Blut an den Krallen klebte, kleine Narben zogen sich durch die Handflächen. ,,Scheißkrallen!", fluchte er und schlug gegen die harte Rinde des Baumes, sodass die Blätter tanzend zu Boden fielen. Er war nicht wütend, denn er konnte keine Wut empfinden. Er fuhr sich mit der Pfote durchs Haar und blickte in den Himmel hinauf. Mazaru fragte sich, wer dieser Collie war und was er von ihm wollte. Für einen kurzen Moment bereute er, dass er einfach davongelaufen war, aber das konnte er ja gut, einfach weglaufen.
,,Xyon." Der Collie fixierte sie mit seinem metallischen Blick. ,,Glaubst du, dass er es rechtzeitig schaffen wird?", fragte die Steppenfüchsin. ,,Wir wissen noch gar nicht, ob überhaupt eine Gefahr besteht." ,,Ich bin mir sicher, dass eine sehr große Gefahr besteht.", sagte Xyon fest. Die metallische Entschlossenheit brannte in seinen Augen. Wenn er könnte, würde er sich der Gefahr selbst entgegenstellen, doch das konnte er nicht. ,,Hessonit muss ihm die Gefahr klar machen und mit ihm zurückkehren, doch ich glaube, dass das kompliziert wird." Xyon legte die Hand auf ihre Schulter. ,,Fuchsit, vielleicht solltest du ihm helfen." ,,Nein, denn sonst wäre Xornia schutzlos, du wärst der Einzige, der hier bleiben würde." Xyon seufzte, sie durften nicht schutzlos bleiben, die Wächter mussten zurückkehren. Tief in der Nacht ließ sich Mazaru im Wald nieder, Schutz vor dem Wetter baten ihm die Sträucher und Bäume. Das Herbstwetter war kalt, doch er spürte es kaum. Selbst die eisigste Kälte konnte ihm nichts ausmachen, im Gegenteil, er liebte das Kalte und Dunkle. Wärme war ihm fremd. Er breitete seine Jacke auf dem Boden aus und rollte sich zusammen. Die Kälte hüllte ihn wie ein Schleier der Dunkelheit ein, die einzige Lichtquelle war der Mond, der wie eine Kralle auf dem dunklen Grund leuchtete. Die Sterne schienen nur blass. Mazaru spitzte die Ohren, als die sanfte Melodie einer Flöte erklang. Er setzte sich auf, die Musik löste ein seltsames Kribbeln im Bauch aus. ,,Woher kommt das?", fragte er sich und blickte sich um. Plötzlich endete die sanfte Melodie und eine Stimme hinter ihm fragte: ,,Soll ich dir etwas Gesellschaft leisten?" Mazaru drehte sich um. Schon wieder dieser Kerl! Er sprang auf. ,,Was willst du von mir?!" Er entdeckte eine Flöte in der Pfote des Collies. ,,Hier draußen ist es kalt, nicht wahr? Willst du nicht lieber mit zu mir kommen? Ich besitze ein kleines Haus in der Stadt Devay." ,,Nein, ich mag diese Kälte.", erwiderte der Dingo scharf. ,,Wirklich? Hier draußen ist es gefährlich." „Ich habe vor nichts Angst." Der Collie blickte in seine Augen, die klar und fest auf ihn gerichtete waren. Er fand kein Glänzen in ihnen, sie wirkten metallisch und kalt wie Eis. ,,Wie du willst." Er machte kehrt, blickte noch einmal zurück und verschwand in der Dunkelheit. Mazaru seufzte, hoffentlich würde er nicht nochmal zurückkommen. Der Collie schloss die Tür, ging durch den Flur und aktivierte die Kommunikationsanlage. Ein Bildschirm fuhr herunter, auf dem das Bild eines Rüden erschien. ,,Wie ist die Lage?", fragte Xyon, der Collie seufzte. ,,Er lässt nicht mit sich reden." ,,Die Zeit drängt." Der Collie seufzte und strich sich die blonde Strähne aus dem Gesicht. ,,Ich fühle mich hier nicht wohl, du weißt, warum ich dieses Haus derart verabscheue." ,,Es gibt keinen anderen Ort in der Stadt, außerdem brauchst du dir wegen der Sache in der Vergangenheit keine Sorgen zu machen." Der Collie schaltete das Gerät ab und verließ wütend das Zimmer. Keine Sorgen machen? Es war keine Sache gewesen, die man einfach so vergessen konnte. Er hatte es immer verdrängt, doch es hatte ihn sehr gequält.
Unruhig wand sich Mazaru von einer Seite auf die andere. Er spürte die Gefahr, die tief in der Dunkelheit lauerte, doch er musste aufpassen, dass er nicht selbst zu einer Gefahr wurde, denn tief in ihm glänzte das tödliche Eis. Er schlug die Augen auf und zuckte zusammen, spitze Eiszapfen hingen von den Sträuchern, unter denen er Schutz gesucht hatte, sie glitzerten im Mondlicht. Das Eis schmolz und das kalte Wasser tropfte auf ihn herab. Nein, das war nicht normal, irgendetwas stimmte nicht. War das nur ein Zeichen, dass bald die kalte Jahreszeit eintrat oder lag es daran, dass er so kalt war, dass alles um ihn gefror? Er fuhr sich mit der Pfote durch das sandfarbene Fell, welches am Bauch in einen hellen, cremigen Farbton überging. Zum Glück war sein Temperaturempfinden noch nicht so geschwächt, wie einige andere Empfindungen. Er hatte normale Körpertemperatur, fühlte sich aber eiskalt. Der Collie startete seinen Computer, zum Glück hatte Sisco ihm damals in Xornia erklärt, wie man mit diesen Geräten umging. In Xornia gab es keine Technik, allerdings wurde Sisco im Schloss von Xyon ein Raum zur Verfügung gestellt, in dem er frei mit der Technik der anderen Welt experimentieren konnte. Er hatte sogar viele neue Geräte kreiert, die ihm als Reisenden halfen. Hessonit hatte von Sisco gelernt, mit dieser Technik umzugehen, da er diese Technik für seine Aufträge benötigte und mit Xyon Kontakt halten musste, was ihm durch eine Kommunikationsanlage mit Bildschirm ermöglicht wurde. Der Collie überprüfte die Daten, die Xyon gesammelt hatte. ,,Mazaru Arohja; Geburtsort: Vuardén; Geschlecht: Männlich." Er scrollte runter und zuckte mit den Augenbrauen. Er öffnete ein anderes Dokument und überflog den Text, dabei riss er die Augen weit auf. Der Collie sprang auf und rannte aus dem Haus. So schnell ihn seine Füße trugen, rannte er auf den Wald zu, hoffentlich würde er nicht zu spät sein. Auf dem Bildschirm sah man das Bild eines Rüden mit langen, hellbraunen Haaren und farblosen Augen. Darunter stand ein Text. Mazaru schreckte auf, spitze Eiszapfen hingen vor seinem Gesicht. Schon wieder! Er schüttelte den Kopf, um die vielen Gedanken loszuwerden, die ihm im Kopf herumschwirrten. Seit dieser Sache konnte er nicht mehr logisch denken, er war verwirrt, das war er sonst nie. Er hielt sich den brummenden Kopf und schreckte auf, eigentlich dürfte er keinen Schmerz empfinden. Er sprang auf und trat kräftig gegen den Strauch, sodass die Eiszapfen abbrachen und sich in die Erde bohrten, aber er konnte nicht wütend sein. Mazaru spitzte die Ohren, denn er nahm ein Geräusch war. ,,Du schon wieder." Keuchend stoppte der Collie vor dem Dingo. Er atmete tief ein und sagte schließlich: ,,Komm mit." ,,Es gibt keinen Grund, weswegen ich Ihnen folgen sollte." ,,Mir egal." Er griff Mazaru am Handgelenk und zog ihn hinter sich her, der Dingo versuchte vergeblich, sich aus dem Griff zu befreien und stolperte hinter ihm her. ,,Hör auf, ich könnte Sie töten, ich bin ein..." ,,Ich weiß was du bist, und du bist in Gefahr." Mazaru sprang zurück und befreite sich somit aus dem Griff. ,,Dank dir bin ich noch verwirrter als zuvor." Er stampfte verärgert mit dem Fuß auf und wunderte sich selbst über diese Geste. ,,Verschwinde einfach, ich habe auch so schon genug Probleme." ,,Minderjährige sollten sich Erwachsenen nicht widersetzen!", zischte der Collie. ,,Und immer brav bitte und danke sagen, das Gemüse aufessen, um sechs zu hause sein... in welcher Welt lebt ihr eigentlich?", fragte Mazaru und kehrte ihm den Rücken zu. ,,Hör mir zu.", sagte der Collie und griff den Dingo ans Handgelenk. Der Collie richtete die Knickohren auf und sog die Luft ein. ,,Ich bin doch zu spät.", flüsterte er. Mazaru trat zurück und stieß mit dem Rücken gegen den Collie. Hinter den Bäumen traten vier Gestalten in dunklen Anzügen hervor. ,,Sie kommen, um mich zu holen.", hauchte der Dingo. ,,Bleib ganz ruhig.", flüsterte der Collie. Einer der Gestalten trug eine grüne Brille, auf der einige helle Zeichen aufleuchteten. ,,Wir haben das Objekt gefunden", sagte er. Mazaru schluckte. Der Collie spürte, dass der Dingo leicht zitterte. Auch wenn ihm dieses Gefühl fremd sein müsste, er hatte Angst. Hessonit schloss die Augen, er würde ihn beschützen. Die dunklen Gestalten traten näher. Vor der Brust des Collies flackerte etwas Orangefarbenes. Er atmete tief ein und konzentrierte sich. Ein kleiner Wirbelsturm aus Federn erschien vor dem Collie. Die Federn lösten sich in glitzernden Staub auf, der vom Wind verweht wurde. Ein Edelstein schwebte an der Stelle, wo vorher die Federn umher wirbelten. Ein orangener Nebel hüllte den Stein ein. Mazaru blickte nach hinten und riss die Augen auf. Der Nebel verschwand, der Stein leuchtete hell und löste sich in glitzernde Funken auf, die in den Körper des Collies eindrangen. Er peitschte mit dem Schweif und die Kleidung löste sich von seinem Körper. Etwas Bläuliches und nicht greifbares schoss aus der Erde. Der Wirbel zog sich um ihn und färbte das Fell in ein leuchtendes Orange. Er streckte die Arme zur Seite, an den Handgelenken erschienen blau-grüne Bänder. Ein blauer Wirbel erschien um die Fußgelenke. Sie lösten sich wieder und hinterließen goldene Bänder. Der Körper des Collies leuchtete und ein weißes Gewand erschien, das am Rücken kräftig rot-orange und an den Seiten hell-orange war. Ein türkisfarbener Gürtel zog sich um seine Hüfte. Ein orangener Schal schlang sich um seinen Hals. Mit weit offener Schnauze blickte Mazaru zu dem Collie, zwar dauerte die Verwandlung nur wenige Sekunden, doch für ihm kam es wie eine Ewigkeit vor. Eine Ewigkeit voller goldenem Licht und einer endlosen Freiheit. Das Licht verwandelte sich wieder in die normale Fellfarbe. Der Collie öffnete die glühenden Augen und schwang die Arme, eine kreisrunde Druckwelle zog sich um ihn und Mazaru, die die vier Gestalten zu Boden fegte. Hessonit legte den Arm um den Dingo und presste ihn an sich. ,,Festhalten." Er sprang und schwebte in der Luft. Zwei fast gänzlich transparente Flügel wuchsen aus seinem Rücken. Mazaru klammerte sich an ihn und blickte hinab, die schwarzen Gestalten richteten sich auf und blickten sich suchend um. Sie flogen höher, der Collie hielt Mazaru fest im Arm. Aus irgendeinem Grund vertraute Mazaru dem Collie. Dass er keine Angst hatte, lag nicht daran, dass er normalerweise keine Angst fühlen konnte, sondern daran, dass er wusste, dass der Collie ihn nicht fallen lassen wurde. Er blickte hinauf, er hatte ein kantiges, männliches Gesicht mit langen, blonden Haaren, die schwarze Markung um seine Augen verliehen ihm etwas geheimnisvolles und wildes, doch die eingeknickten Ohren ließen ihn auch irgendwie süß wirken. Mazaru schüttelte den Kopf, warum dachte er an sowas? Warum war er nicht wie die anderen gewesen? Irgendetwas muss schief gelaufen sein, oder lag es daran, dass sich sein Körper anders entschieden hatte? Ein Keuchen riss ihn aus seinen Gedanken, der Collie presste die freie Pfote auf die Brust, der Stoff färbte sich rot. Blut. Woher kam das Blut? Mazaru erinnerte sich, dass der Collie einen Verband um die Brust getragen hatte. Der Dingo blickte zur Seite, er bereitete dem Collie nur Unannehmlichkeiten, am Besten wäre es, wenn er ihn losließe, sodass er in die tiefe kalte Dunkelheit fiele und... Der Collie presste den Dingo fester an sich, er würde nicht einmal daran denken, ihn fallen zu lassen. Das Blut tropfte glänzend von seinem Körper und flog hinab in die Tiefe. Mazaru blickte nach oben, der Mond leuchtete hell, doch der Himmel war finster. Mazaru keuchte und schloss die Augen, warum konnte das alles kein Ende finden? Sanft landete der Collie vor einem kleinem Haus am Rande einer Stadt. Erleichtert atmete der Dingo aus, als er wieder festen Boden unter den Füßen spürte. Der Collie ging in die Knie und hielt die Pfote auf seine Brust. Seine Flügel verschwanden, die Kleidung leuchtete orange und verschwand schließlich, Jeans und Jacke tauchten wieder auf. Der Collie richtete sich wieder auf und öffnete die Tür. Sie traten in die kleine Wohnung ein. Keuchend ließ sich der Collie auf ein Sofa fallen. Mazaru trat neben ihn. Hessonit zog die Jacke aus, seine Verbände waren blutgetränkt. ,,Was hast du gemacht, dass du so eine schlimme Wunde hast?", wollte der Dingo wissen. Es waren seine ersten Worte nach der Begegnung mit den schwarzgekleideten Männern. doch der Collie schüttelte den Kopf. ,,Lange Geschichte, ich werde sie dir später mal erzählen." Er wickelte den Verband ab und die Wunde wurde sichtbar. Sie war tief und Blut floss noch immer aus ihr. Er nahm sich eine neue Verbandsrolle, die er sich um die Brust wickelte. Mazaru nahm auf dem cremefarbenen Sessel neben dem Sofa Platz und fragte: ,,Wer bist du? Woher kennst du mich? Und wieso hilfst du mir?" Er blickte ihn durchdringend an, der Collie seufzte. ,,Ich kenne dich, seit du geboren wurdest. Ich wusste, dass du ein Zàhng bist, doch ich hatte bis vor einigen Minuten noch keine Ahnung, dass du gesucht wirst." Ein Zàhng, ein Wesen ohne Gefühle, ein Killer. Mazaru verschränkte die Arme. ,,Wenn du es genau wissen willst: Ich bin geflohen, weil ich spürte, dass Sunhào bei mir fehlschlug, ich würde nie ein Zàhng der Stufe 10 sein." Sunhào, das Programm, dass gewöhnliche Furries zu Robotern machte. Der Collie strich mit der Pfote über die kurzen Haare des Dingos, der daraufhin zurückwich. ,,Ich habe sie kürzer geschnitten, weil ich dachte, dass sie mich somit nicht erkennen würden." ,,Du kannst deine Gefühle nicht komplett aufgeben." Der Dingo blickte auf. ,,Woher weißt du das?" Er schwieg. Nach einigen Minuten sagte er: ,,Ich werde dafür sorgen, dass sie dich nicht kriegen." ,,Aber wieso tust du das für mich?" Der Collie lächelte ihn an. ,,Weil ich dich gern hab." Mazaru zuckte mit den Augenbrauen und wandte sich von ihm ab. ,,Sie werden mich trotzdem irgendwann finden, ich kann nicht mein ganzes Leben davonlaufen.", seufzte er. Der Collie stand auf und kniete sich vor den Dingo. Mazaru blickte in die leuchtenden, blaugrünen Augen, die so voller Leben und Emotionen waren, seine Augen dagegen waren eiskalt und sahen aus wie glanzloses, goldenes Metall. Er vertiefte sich in die Augen des Collies, irgendwie gefiel ihm das Leuchten in diesen Augen, sie spiegelten ihn wieder, mysteriös und männlich aber auch verlockend und spielerisch. ,,Dein Körper widersetzt sich dem Programm Sunhào, deshalb sind deine Gefühle nur eingeschränkt und geschwächt, aber nicht vollkommen erloschen." Vollkommen? Mit diesem Wort wollte er den Collie beschreiben, er hatte diese Gefühle, die ihm immer fremd waren, hatte das, was er nicht hatte. Mazaru rieb sich den Kopf. ,,Ich werde dich zurück zu deinen Gefühlen bringen.", hauchte der Collie leise. Mazaru blickte ihn finster an. ,,Wer sagt denn, dass ich meine Gefühle zurück haben will?" Der Collie schreckte zurück. ,,Mein ganzes Leben hatte ich auf diese Gefühle verzichtet, ich brauche sie nicht. Vielleicht war es ein Fehler, aus der Organisation Chénmò zu fliehen. Ich hätte eine Waffe werden können, ein Zàhng der höchsten Stufe, ein unbesiegbarer Killer." Der Collie richtete sich wieder auf, es erschreckte ihn, dass ein so unschuldiges Wesen so dachte, wie konnte er seine Emotionen aufgeben wollen? Er würde nicht mehr träumen, keine Wünsche oder Ziele haben und auch niemals lieben können. ,,Willst du wirklich nur eine Waffe sein? Du bist keine Maschine, du brauchst deine Gefühle." Mazaru blickte ihn mit kalten Augen an, eine Aura des Eises umgab ihn, dieser Junge lebte nicht mehr in der Welt der Emotionen. ,,Ich bin kein Lebewesen wie du, ich bin anders." Die plötzlich so kalte Stimme erschreckte den Collie. ,,Sunhào hat dich noch zu sehr unter Kontrolle, gib dich dem nicht hin, es entspricht nicht unserem Wesen, gefühllos zu werden, diese Organisation macht einen großen Fehler." ,,Da wäre ich mir nicht so sicher, eine Welt ohne Gefühle wäre friedlicher, da es keinen Zorn, kein Hass, nichts gäbe." Der Collie richtete sich wieder auf. ,,Eine Welt ohne Gefühle? Was wäre eine Welt ohne Freundschaft, ohne Zuneigung, ohne Liebe? Das wäre es nicht wert." Mazaru hielt sich den Kopf, in seinen Augen glimmte ein roter Funken auf. ,,Sunhào hat mich unter Kontrolle.", hauchte er. Der Collie setzte sich auf die Sessellehne, legte den Arm um den Dingo und zog ihn zu sich. Die Berührung löste ein schmerzhaftes Ziehen in seinem Körper aus, doch er wollte die Berührung nicht unterbrechen. Er blickte auf, der Collie blickte aus dem Fenster, der Wind ließ die Rollläden gegen das Fenster peitschen. ,,Es ist nur ein Programm, dein Körper hat sich ihm nicht gebeugt, er wollte diesen wichtigen Teil von dir nicht aufgeben." Mazaru löste sich aus der Berührung, die Wärme, die von dem Rüden ausging, schmerzte zu sehr, als dass er sie ertragen könnte. ,,Jetzt bist du an der Reihe, du musst selber wieder fühlen wollen.", meinte der Collie. ,,Und ich werde dir dabei helfen." Mazaru sprang von dem Sessel auf. ,,Das wird nicht klappen, ich bin wie ich bin. Ich habe meine Gefühle verloren, spüre keinen Hass, keine Freude, keine Wut und ganz sicher auch keine Liebe. Ich bin ein Zàhng, der gerade in der 4. Stufe ist." ,,Stufe 4?" Der Collie seufzte, er erinnerte sich, es gab 10 Stufen, die es zu bewältigen gab, um ein vollkommener Zàhng zu werden. Die vierte Stufe beinhaltete das Unterdrücken und später auch die komplette Ausschalten der Gefühle, die man für jemand anderes empfinden konnte, zum Beispiel Freundschaft oder Liebe. Das Bewältigen dieser Stufe und der Übergang in die nächste Stufe war eine heikle Angelegenheit, da man gerade alle Gefühle ausgeschaltet, jedoch noch nicht komplett vernichtet hatte, der Körper könnte unter dem Druck zusammenbrechen, die Gefühle und der Verstand für immer verschwinden, bis die Person zu einem brutalen, unkontrollierbaren Monster wird, das jeden tötet, der sich ihm in den Weg stellte. Deshalb war es wohl auch so wichtig, dass Mazaru wieder gefunden werden würde. Der Collie blickte ihn an, er wirkte zwar kalt, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass dieser junge Rüde ein gefühlloses Monster werden würde, dass ohne Verstand andere tötet, doch er wusste, dass es passieren könnte. ,,Nein, ich werde ihnen Mazaru nicht geben.", sagte er sich in Gedanken, sie würden ihn seiner Emotionen berauben, doch Mazaru brauchte sie, jedes Lebewesen sollte fühlen können. Der Collie würde versuchen, Mazarus Gefühle wiederaufzubauen. ,,Es wird langsam spät, du kannst in meinem Bett übernachten, ich schlafe hier auf dem Sofa." Der Dingo richtete sich auf, nickte und flüsterte: ,,Ich möchte, dass du mir noch eine Frage beantwortest." Der Collie spitzte die Ohren. ,,Was möchtest du wissen?" ,,Wie ist dein Name?" Der Collie lächelte und antwortete: ,,Ich heiße Sesuke."