Máella Twins - Kapitel 14: Schlaflos
Schlaflos
(Panther)
Ich räkelte mich im Schlaf und fand mich an Lions Bauch gekuschelt wieder. Vermutlich war ich während des Sprints in Lions Armen eingeschlafen. Wir waren in einer dunklen und kalten Höhle. Zwar musste es Tag gewesen sein, doch ich konnte nur wenig erkennen. Der Boden war feucht und hart. Stein war definitiv kein gutes Bett.
Die Erinnerungen an die vergangene Nacht kehrten zurück und mein Fell stellte sich auf.
Loup!
Was war mit ihm?
Ich hatte ihn schreien gehört. Es war schrecklich. Irgendetwas schlimmes musste passiert sein.
„Du bist wach?", fiel mir auf.
Der Löwe gab keinen Laut von sich.
„Wo ist Loup? Warum ist er nicht hier?", fragte ich drängend.
„Er ist tot", flüsterte Lion knapp.
„Warum hast du ihn nicht gerettet?"
„Es war zu spät. Wir konnten nicht dort bleiben. Die Falle musste von den Kerlen aufgestellt worden sein, da dies eigentlich ein Wald ist, den niemand betreten durfte. Flüchtlinge starben in diesen Fallen. Sicher wurde ein Signal versendet, als die Falle zugeschnappt hatte, deswegen bin ich weg gerannt. Doch hier in dieser Höhle dürften wir sicher sein."
Ich seufzte und ließ die Informationen auf mich wirken. Erst Tea, dann Jackel und nun auch noch Loup. Es war grauenvoll. Was machte es für einen Sinn, zu fliehen, wenn sowieso alle starben?
Langsam setzte ich mich auf, zog die Beine nah an meinen Körper heran und starrte in die Dunkelheit.
„Es tut mir leid", hauchte Lion in mein Ohr.
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.
„Es schmerzt, dass ich sie nicht beschützen konnte. Ich will wenigstens dich beschützen, Brüderchen."
Ich zuckte mit den Ohren. Warum glaubte Lion, ich wäre sein Bruder? Es war nicht das erste Mal, dass er mich so nannte.
Plötzlich griff Lion mich an den Schultern, zog mich zu ihm und drückte mir einen Kuss auf die Schnauze. Seine Zunge bahnte sich einen Weg in meinen Mundraum und ich fühlte mich völlig überrumpelt. Lion war eindeutig nicht jemand, der die Dinge vorsichtig anging. Er war direkt und fordernd und ich war mir nicht sicher, ob ich ihn abweisen sollte.
Der Kuss dauerte lange.
Zu lange.
Als er mich endlich losließ, schnappte ich nach Luft und keuchte: „Was sollte das? Warum küsst du mich?"
Der Löwe gab ein Grunzen von sich.
„Wie jetzt?"
Keine Antwort. Eine peinliche Stille entstand und mir kam die Frage auf, ob der Löwe vielleicht mehr in mir sah, als ich gedacht hatte.
„Bist du in mich verliebt?", fragte ich leise. Ich war mir nicht sicher, ob ich die Antwort wirklich wissen wollte und welche Auswirkungen sie hatte.
„Ich liebe meinen Bruder. Liho war sein Name. Er wurde ebenfalls nach Trustburgh gebracht. Sie sagten, er hätte auf ein Mittel allergisch reagiert und wäre an den Komplikationen gestorben. Er war schon immer etwas schwächlich und anfällig für Krankheiten, deswegen hatte ich ihnen geglaubt."
„Und trotzdem hast du für Trustburgh gearbeitet und Furries gefangen. Du wusstest doch, dass sie ihn auf dem Gewissen hatten."
„Sie hatten mir gesagt, dass sie ein Mittel für das Herzleiden von Liho testen würden. Da wir kein Geld hatten, musste ich dafür bei ihnen arbeiten. Ich gab meine Arbeit in der Werkstatt auf, da ich dort viel weniger verdiente, sodass ich mir das Mittel nicht hätte leisten können. Ich wusste ja nicht, dass dieses Mittel meinen Bruder töten würde. Nach seinem Tod war das Mittel trotzdem noch nicht abbezahlt, deshalb habe ich weitergearbeitet. Zusätzlich wurde mir eine Unterkunft und Nahrung angeboten. Ich hatte keine andere Wahl, da ich meine Arbeit in der Werkstatt nicht zurückbekommen hätte. Um die Schulden endgültig begleichen zu können, bot ich meinen Körper für Experimente an. Sie hatten mich nicht getötet, weil sie wussten, dass ich ein guter Arbeiter war."
Ich nickte. Schien eine schwierige Geschichte gewesen zu sein und mir tat Lion leid. Er wusste nicht, was er tat und war zum Teil sogar daran Schuld, dass sein Bruder tot war. Hätte er ihn in ein Krankenhaus gebracht und durch eine andere Tätigkeit Geld verdient, wäre Liho vielleicht noch am Leben, aber dies behielt ich lieber für mich.
„Wie geht es jetzt weiter? Bleiben wir hier?"
Lion schüttelte den Kopf. „Wir gehen jetzt weiter in die nächste Stadt. Vielleicht schaffen wir es noch aber vorher möchte ich noch, dass du mir einen Gefallen tust."
Ich wusste bereits, was der Löwe von mir wollte, als ich tief durch die Nase atmete. Allerdings konnte ich nicht verstehen, wie er jetzt an so etwas denken konnten. Wir hatten gerade erst einen Kameraden verloren, doch Lion schien das recht kalt zu lassen.
Ich stellte mich auf alle Viere und spürte, wie Lion sich hinter mir platzierte und sich für das Bevorstehende bereit machte.
Mit schmerzendem Unterleid und verklebtem Fell krabbelte ich aus der Höhle und blickte über den Wald. Wir waren auf einer Erhöhung, die recht nah am Ende des Waldes lag. Wir hatten es also fast geschafft. Am Horizont konnte man die Dächer der Stadt erkennen. Wenn wir es bis dorthin schafften, wären wir fürs Erste sicher. Sie konnten uns nicht mitten in der Stadt jagen.
Wir würden untertauchen, vielleicht eine neue Identität annehmen und wegziehen. Ich musste sofort meine Eltern kontaktieren. Sie sollten zu mir kommen und gemeinsam würden wir weit weg fahren, um ein neues und sichereres Leben zu beginnen.
Ich freute mich schon darauf.