Der Besuch

Story by greldon on SoFurry

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Die Geschichte geht der Frage nach, welche Folgen es hat, wenn ein Drache in der Menschenwelt auf einen Menschen trifft, der für Drachen alles tun würde - und sich dann just in diesen Drachen verliebt.

Ja, es ist eine romantische - vielleicht sogar kitschige - Liebesgeschichte, aber genauso ist sie in Auftrag gegeben worden, sprich, in der Originalversion ist es eine Comission gewesen. Sie enthält natürlich entsprechende Szenen, der Yiff-Aspekt steht hier jedoch nicht im Vordergrund.


Der Besuch

Der Ruf

Etwas zerrte an ihm und jede Faser seines Körpers sträubte sich dagegen.

Etwas rief ihn zu sich, aber sein Naturell schrie noch lauter, sich diesem Ruf zu widersetzen.

Er war noch relativ jung an Jahren und das, was ihn rief, war stärker und älter als er - bei weitem.

Seine Schuppen funkelten im hellen Glanz der Sommersonne und seine beeindruckende Silhouette glitt über die unter ihm liegenden Baumwipfel. Er schüttelte seinen Kopf, wollte den Ruf auf diese Weise abschütteln, doch wusste er nur allzu gut, dass er diesem Ruf nachgeben musste, wenn es ihm auch noch so sehr missfiel.

Das Problem war seine Unerfahrenheit. Zwar mussten auch die Ältesten und Weisesten von ihnen jenem Ruf zunächst einmal Folge leisten, doch konnten diese sich mit den Konsequenzen weitaus besser arrangieren und vor allem fanden sie meist Mittel und Wege, dem Rufenden eine Lektion zu erteilen, auf dass dieser niemals mehr auf die Idee kam, einen Drachen zu sich zu rufen, zu sich in eine Welt, in der Drachen einfach nichts zu suchen hatten.

Er hingegen war noch lange nicht so weit.

Aber er kannte dafür schon die Welt, in die er jetzt gerufen wurde. Er kannte sie, weil er darin schon einige Zeit geweilt hatte aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände. Damals, gerade dem Schlüpflingsalter entwachsen, hatte er sich aus Kummer über den Verlust seiner Eltern, beide waren irgendeinem Schwert schwingenden Ritter, der sich aus Drachenschuppen seine Reputation hatte schnitzen müssen, zum Opfer gefallen, in seine Höhle zurückgezogen mit der Absicht, für immer zu schlafen. Doch da es Drachen anscheinend nicht vergönnt war, auf ewig zu schlafen, erwachte er nach einigen Jahrhunderten und befand sich in einer ihm völlig fremden und anfangs unverständlichen Welt. Ein Blitzschlag, der seine Flügel verletzt hatte, ließ ihn dann mit Menschen in Kontakt kommen.

Selbstverständlich war es seit jeher für einen Drachen die Maxime, sich vor den Menschen zu verbergen, aber damals war ihm keine andere Wahl geblieben.

Was er zu jener Zeit in der Menschenwelt erlebt hatte, war zwar zum Teil durchaus amüsant für ihn gewesen, doch Summa Summarum wollte er sich nicht daran erinnern und er konnte selbst nicht mehr so genau sagen, wie ihm damals die Rückkehr gelungen war.

Und jetzt war er diesem unwiderstehlichen Ruf ausgesetzt, der ihn unweigerlich in jene Welt führen sollte, die niemals für einen Drachen eine geeignete Heimat darstellen würde.

Wie ein Blitz, der für Sekundenbruchteile die finsterste Nacht aufhellte, sah er den Rufenden: Ein junger Mann, eher noch ein Bub, pummelig und blass, der mit roten Ohren vor einem aufgeschlagenen Buch saß. Auf den Seiten des Buches waren Diagramme und Symbole zu sehen und der Gerufene meinte, das Abbild eines Drachens zu erkennen.

Offensichtlich hatte ihn dieser Mann mit Hilfe des Buches zu sich gerufen.

Noch bevor das Bild verblasste und es rund um den Drachen dunkel wurde, sah dieser noch, wie der Rufer in einer umständlichen Geste seine Brille zu Recht rückte - und dass dieser eine so gar nicht zu seiner feisten Gestalt passende, weinrote Jacke trug.

Nein, er wollte nicht in jene Welt und er wollte schon gar nicht zu dem, der ihn gerufen hatte, auch wenn dieser Mensch anscheinend die uralten Kräfte innehatte.

Er konnte dem Ruf nicht widerstehen, so sehr er sich auch bemühte.

In seinem bodenlosen Fall durch Zeit und Raum in unendlicher Finsternis versuchte er zumindest, einen Tarnzauber anzuwenden. Nein, er würde sich dem Rufenden nicht so ohne weiteres zu erkennen geben. Erneut erschien vor seinen Augen das Bild des ihn rufenden Menschen, doch genau in diesem Augenblick schlug er hart auf und blieb benommen auf einem sehr harten Untergrund liegen.

Ein unangenehmer, jedoch ihm nicht unbekannter Geruch drang an seine Nüstern, der Geruch von Abgasen, fehlender Natur und Menschen.

„Heiliges Mittelalter!" entfuhr es ihm, als er sich ein wenig ungelenk aufrichtete und er sich vorsichtig umschaute.

Es gab keinen Zweifel, dass er sich wieder in der Menschenwelt befand und doch sah alles so ganz anders aus als bei seinem letzten Aufenthalt, abgesehen von dem Umstand, dass er sich nun in einer völlig anderen Gegend befand als damals.

Das Wichtigste war nun, dass er - möglichst ohne zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen - denjenigen, der ihn gerufen hatte, aufsuchte, um diesen Menschen dazu zu bewegen, ihn umgehend wieder zurück in seine eigene Welt zu schicken.

Normalerweise musste dieser Mensch sich ganz in der Nähe befinden und da sich in dieser Welt kaum noch jemand mit Magie und derlei Dinge befasste, sollte es sich nicht als allzu schwer erweisen, den Rufer ausfindig zu machen. Oder aber der Rufer würde _ihn_finden, früher oder später.

Der Drache suchte Schutz zwischen mehreren Mülltonnen und Altpapierbehältern. Zusammen mit seinem Tarnzauber sollte er in seinem Versteck zumindest nicht auffallen.

Dass dieser ihm jedoch größtenteils missglückt war, entging ihm, ebenso wie der Umstand, dass seinen grünen, schuppigen Körper nun eine rote Jacke bedeckte gleich der, die der Rufer im Augenblick des Zaubers getragen hatte. Das war jedoch nicht das Einzige, was bei dem Tarnzauber daneben gegangen war.

Die Begegnung

Seufzend wischte er sich mit einem Tuch die Schweißperlen von der Stirn. Heute wollte ihm so gar nichts recht von der Hand gehen.

Seine Arbeit ödete ihn an und obwohl heute ausnahmsweise das Telefon den größten Teil des Vormittags geschwiegen hatte, war er nach den zwei oder drei Telefonaten, die er bereits geführt hatte, schon restlos bedient. Sein Blick fiel wie so oft schon zu seinen Drachenfiguren, die er voller Leidenschaft sammelte, und er sinnierte darüber, wie es wohl sein würde, wenn es Drachen wären anstatt von Menschen, die die Geschicke dieser Welt lenken würden.

Wenn mich zumindest ein Drache hier rausholen würde.

Seufzend stand Matthias auf: „Ja, ja, so ein Drachi nur für mich, das wäre fein!"

Als er seinen Kühlschrank öffnete, um sich einen Schluck seines geliebten Eistees zu genehmigen, stellte er zu seinem Missfallen fest, dass er diesbezüglich auf dem Trockenen saß.

Bei der Hitze auch noch einkaufen gehen, und das ohne Auto. Heute klappt aber auch gar nichts!

Er schnappte sich seine Geldbörse und einen leeren Beutel.

Die Wohnungstür schlug lauter zu, als er eigentlich wollte, doch es war ihm egal. Sollten seine Nachbarn ruhig merken, dass er schlechte Laune hatte.

Seine Stimmung besserte sich auch keineswegs, als er sich in brütender Hitze zu Fuß durch die steilen Straßen - die Kleinstadt, in der er lebte, bestand nur aus Bergauf und Bergab - gequält hatte, nur um dann in dem Discounter in einer langen Schlange an der einzig geöffneten Kasse zu stehen.

Voller Ungeduld beobachtete er den jungen Mann, der anscheinend nicht in der Lage war, seine EC-Karte korrekt in das Lesegerät zu stecken, danach die Blondine, die erst umständlich ihre Geldbörse aus ihrer unförmigen Handtasche kramen musste und dann den Rentner, der lange und breit mit der Kassiererin darüber diskutierte, dass die Lauchzwiebel eigentlich zwei Cent weniger kosten würden.

Als er schließlich an die Reihe kam, musste natürlich die Kassiererin erst die Kasse mit neuem Wechselgeld befüllen...

Die Sommerhitze, drückender als zuvor, war wie ein Faustschlag in sein Gesicht, als Matthias aus dem klimatisierten Geschäft kam.

Die in der ferne aufziehenden Blumenkohlwolken und die zunehmende Schwüle bestätigten die Aussagen des Wetterberichtes, dass es am Abend zu schweren Gewittern kommen würde, die eine deutliche Abkühlung versprachen.

Doch was nutzte Matthias diese Abkühlung erst abends, wo er doch jetzt und hier seine Einkäufe bergauf und bergab schleppen musste. Nein, dieser Stadt konnte er wahrlich nichts abgewinnen, aber aufgrund widriger Umstände in der Vergangenheit war er hier sozusagen gestrandet.

Seufzend öffnete er eine der gekauften Eisteepackungen und machte sich auf den Nachhauseweg.

Und natürlich typisch. Die alle mit ihren Sparmaßnahmen... Nicht einmal mehr Mülleimer, fluchte Matthias, als er den leer getrunkenen Tetrapack an einer Bushaltestelle entsorgen wollte. Das ferne Donnergrollen schien seine düsteren Gedanken zu untermauern und er beeilte sich, nach Hause zu kommen, in der einen Hand die schwere Tüte mit seinen Einkäufen, in der anderen die leere Verpackung. Etwa auf halbem Wege hatte er ein paar Mülltonnen und zwei oder drei blaue Altpapierbehälter gesehen, dort konnte er sich der leeren Packung entledigen.

Er ließ den Tetrapack gerade in der Tonne verschwinden, als sein Blick auf etwas fiel, das zwischen zwei Abfalltonnen steckte, etwas Grünes, mit Rot durchsetzt, und formlos.

Als er genauer hinblickte sah er, dass es sich wohl um ein Spielzeug handelte, das jemand achtlos weggeworfen haben musste, eine Handpuppe vielleicht. Eine Handpuppe in Gestalt eines Drachens.

Das ist doch viel zu schade, um weggeworfen zu werden, dachte er sich und schon hatte er seinen Entschluss gefasst: „Dich nehme ich mit nach Hause. Man schmeißt doch keinen Drachen weg, auch wenn es nur ein Plüschtier ist."

Es war gar nicht so einfach, das Spielzeug zwischen den Tonnen hervor zu holen, es musste sich irgendwie verkeilt haben. Dazu war die Handpuppe, wenn es denn eine war, unerwartet schwer und fühlte sich auf seltsame Art und Weise warm und lebendig an.

Komm schon, ich krieg Dich ja doch!

Ein weiteres Donnergrollen, diesmal deutlich näher, war zu hören just in dem Augenblick, als er das Objekt seiner Begierde hervor geholt hatte.

Da der Himmel sich bereits bleigrau verfärbte, beschloss Matthias, mit der eingehenden Untersuchung seiner neuen Errungenschaft zu warten, bis er zu Hause im Trockenen war.

Er sperrte gerade die Tür zum Hausflur auf, als ein Blitz den Himmel unmittelbar über ihm erleuchtete und die ersten Regentropfen schwer hernieder klatschten.

Es war mit Sicherheit die detailreichste Handpuppe, die Matthias je zu Gesicht bekommen hatte. Er hatte bereits einige wunderbar ausgearbeitete Drachenhandpuppen in seiner Sammlung, doch diese hier war aus einem Material, das ihm völlig fremd war. Die grünen Schuppen fühlten sich samtig und doch unnachgiebig an. Überhaupt beschlich ihn ein eigenartiges Gefühl: Wer wirft so einen kostbaren Gegenstand auf den Müll? Oder war es am Ende Diebesgut und irgendjemand vermisste die Handpuppe, jemand, dessen berufliche Existenz aufgrund des Verlustes auf dem Spiel stand?

Jedenfalls war die Figur ziemlich stark verschmutzt und bedurfte einer gründlichen Reinigung. Auch hatte er noch nicht die ffnung gefunden, in der er seine Hand einführen konnte. Zwar hatte er etwas Entsprechendes entdeckt, aber irgendetwas in ihm sagte ihm, dass es ein Fehler wäre, da seine Hand hinein zu schieben, wenn er die Puppe nicht beschädigen wollte.

Behutsam strich er über die dunkelroten Stacheln, die wie ein Kamm von der Stirn den Nacken der Puppe hinab liefen. Aus dem Drachenschädel wuchs ein Paar nach hinten gebogener Hörner. Die Flügel fühlten sich ledern an.

„Ich werde Dich jetzt erstmal gründlich reinigen", wandte sich Matthias an die Puppe und kam sich im gleichen Augenblick ein wenig albern vor, hatte er doch gerade zu einem Spielzeug gesprochen. „Ich werde Dich ordentlich einweichen und dann abwaschen, Drache", entschied Matthias und setzte die Figur vorsichtig im Badezimmer auf einen Hocker, um Wasser in die Badewanne einlaufen zu lassen.

„Mal sehen, ich habe hier einen Badezusatz Pfirsich-Orange. Wäre das was für Dich?" fragte Matthias und drehte an den Reglern, um das Badewasser wohl zu temperieren.

„Heiliges Mittelalter! Wirst Du jetzt endlich mit dem Unfug aufhören? Mir sind schon viele Zweibeiner begegnet, aber Du scheinst sie alle an Dummheit zu übertreffen!"

Die Stimme war vom Hocker gekommen.

Erschrocken hatte sich Matthias umgedreht und starrte mit offenem Mund in ein Paar gelber Reptilienaugen, die herausfordernd funkelten - und sehr lebendig wirkten.

„Was?"

„Du hast mich schon verstanden, Mensch."

Die lebendig gewordene Handpuppe kletterte von dem Hocker herunter und richtete sich stolz auf. Kein Wunder, dass Matthias so schwer zu schleppen gehabt hatte, dieses Wesen reichte ihn immerhin bis zur Brust.

„Du... Du kannst sprechen..."

„Natürlich! Warum auch nicht? Alle Drachen können sprechen, im Gegensatz zu den Menschen, die oftmals nur reden aber niemals etwas sagen. Du aber anscheinend nicht. Du stotterst."

„Aber, aber..."

„Da, siehst Du wohl? Du stotterst. Und mach Deinen Mund zu. Ich bin ein Drache und kein Zahnarzt; ich habe keine Lust, Deine Zähne zu untersuchen, die es ohnehin nicht mit den meinen an Schärfe und Stärke aufnehmen können. Willst Du sie zu spüren bekommen?"

Das Drachenwesen war Matthias nun unbehaglich nahe.

„Du bist ein Drache..."

„Natürlich, was soll ich denn sonst sein?"

„Nun ja, Drachen schauen in der Regel schon etwas anders aus."

Allmählich fing sich Matthias wieder.

„Ach ja, und wie sehen sie denn Deiner Meinung nach aus? Nicht, dass das maßgeblich wäre, aber mich würde das durchaus interessieren."

„Na ja, _anders_halt. Sie sind in der Regel vierbeinig, haben Flügel und speien Feuer. Und vor allem sind sie deutlich größer."

„Du meinst, so in etwa?"

Der Drache ließ kurz seine Flügel flappen, als aus seinem Maul ein gleißender heller Strahl feuriger Hitze schoss und die Toilettenpapierrollen, die Matthias in einer Ecke aufgestapelt hatte, in Brand setzte.

Ein triumphierendes Lächeln umspielte für einen kurzen Augenblick die Drachenschnauze, doch dann wurde der Gesichtsausdruck wieder ernst. „Und was meine Größe anbelangt", grollte er leise, wobei feine Rauchkringel aus seinen Nüstern aufstiegen, „so bin ich zufälliger Weise noch ein für Drachenverhältnisse recht junger Drache. Und der Umstand, dass ich hier aufrecht auf meinen beiden Hinterbeinen stehe, den habe ich nur Dir zu verdanken, Du dummer Mensch!"

„Mir? Aber, wieso..."

Ein dumpfes, drohendes Knurren ließ Matthias augenblicklich verstummen: „Willst Du etwa leugnen, dass Du mich gerufen hast? Willst Du etwa leugnen, dass Du mit uralten Mächten experimentierst?"

Das Geschöpf war nun ganz dicht an Matthias herangetreten, beschnüffelte ihn kurz und nieste, wobei ein weiterer Flammenstrahl, dem Matthias gerade noch ausweichen konnte, aus der Schnauze herausschoss. „Da, Dir haftet sogar der Geruch von Magie an. Willst Du das wirklich leugnen?"

„Nein, aber..." begann Matthias.

„Nichts aber! Du hantierst mit Magie, auf eine geradezu unverantwortliche Art und Weise, wie ich sagen muss, Du hast mich in Deine Welt gegen meinen Willen gerufen, was mir nun diese Gestalt beschert hat und dieses lächerliche Stück Textil, das ich anhabe, und Du wirst mich wieder dahin zurück schicken, wohin ich gehöre. Ein Drache ist kein Spielzeug für Menschen. Jetzt will ich aber erstmal säubern, jedoch so, wie es sich für ein Wesen meines Ranges geziemt. Hast Du keine Pflegeöle? Als Magier müsstest Du doch geweihte Salben und le haben. Außerdem gehören meine Schuppen ordentlich poliert. Und diese... wie nennt Ihr Menschen das noch gleich... diese Jacke gehört auch gereinigt, wenn ich so etwas schon tragen muss in dieser Welt, auch wenn das für einen Drachen ziemlich entwürdigend ist."

Matthias war fassungslos. Es musste an der Sommerhitze liegen oder aber an dem Umstand, dass er total überarbeitet war. Er setzte sich auf den Badewannenrand, legte den Kopf in beide Hände, schloss die Augen und zählte langsam bis zwanzig. Als er damit fertig war, sah er auf und erwartete, sich in seinem Bett vorzufinden, oder an seinem Schreibtisch, an dem er eingenickt war.

Doch was er wirklich sah, waren glühende Reptilienaugen, die den seinen nur allzu nahe waren. Der heiße, ganz leicht schweflige Atem des Tieres blies in sein Gesicht.

„Was ist jetzt?" wollte der Drache wissen.

„Ich...", begann Matthias schwach, brach aber dann an und fragte stattdessen: „Wie soll ich Dich... Euch... nennen?"

„Da Du meinen wahren Drachennamen ohnehin nicht aussprechen könntest, nenne mich einfach Scarratsh! Und nun genug geplaudert. Du wirst jetzt Dich unverzüglich an die Arbeit machen und mich säubern. Danach haben wir über Deinen fatalen Fehler zu reden."

„Was für einen Fehler? Ich habe wirklich nicht..." Matthias verstummte, da es ohnehin keinen Sinn haben würde. Aus irgendeinem Grund war der Drache an diesem Ort gelandet und er, Matthias, hatte das Pech - oder das Glück, wer konnte das schon sagen - ihn zu finden. Freilich, Matthias beschäftigte sich sogar sehr eingehend mit Magie, er war sogar in einer entsprechenden Loge, aber mit dem Erscheinen dieses Drachens hatte er nicht das Geringste zu tun. Das galt es zu klären. Aber vorerst musste er sich fügen und das tun und akzeptieren, was der Drache von ihm verlangte. Was sollte er auch sonst tun?

Sicherlich war dies alles doch nur ein wirrer Traum, eine Ausgeburt seiner nervlichen Anspannung und des Stresses, und irgendwann würde er aufwachen und darüber nachgrübeln, was das alles zu bedeuten hätte.

Nun, dachte er sich, da es ja mein eigener Traum ist, dann spiele ich einfach mit, mal sehen, wohin sich die Geschichte entwickelt.

Dabei drängte sich nun aber zwangsläufig die Frage auf, mit was man denn einen Drachen, der offensichtlich Vorbehalte gegen ordinäres Badewasser hatte, überhaupt putzte. Mit einer Möbelpolitur oder einem Glasreiniger, auch für Kunststoffoberflächen geeignet? Jedenfalls, zum Polieren war ein Lederlappen mit Sicherheit adäquat. Und als Reinigungsmittel fiel ihm jetzt nur noch eines ein...

„Ich weiß leider nicht, mit was man einen Drachen pflegt, aber hier, ich habe hier ein Rosen-Massage-l. Wäre das was?"

Matthias hielt dem Drachen das braune Flakon mit dem duftenden l hin und dieser schnupperte daran.

„Dann probiere ich doch lieber das da drüben." Scarratsh nickte in Richtung der Flasche mit dem Badezusatz. „Lass mich aber daran noch schnuppern, ob mir das zusagt."

Es sagte ihm zu und nachdem Matthias den Drachen vorsichtig von der roten Jacke befreit hatte, um diese im Waschbecken per Handwäsche zu reinigen, machte er sich ans Werk.

„Und danach wirst Du mit dem Lappen meine Schuppen polieren. Findest Du nicht, dass ich Eure Sprache ausgezeichnet beherrsche?"

„Sehr wohl", erwiderte Matthias und nickte leicht.

„Und hör auf, so dämlich zu grinsen", fuhr in der Drache an, „schließlich bin ich nur Deinetwegen hier."

Matthias nickte ergeben.

„Du hast schöne, geschmeidige Schuppen", stellte er fest, nachdem er den gröbsten Schmutz von Scarratsh gewaschen hatte.

„Du hast da eine Stelle vergessen", knurrte der Drache als Antwort.

„Entschuldige, ich habe mich nicht getraut, da..." Matthias errötete und reinigte auch die durch den Drachenschweif normalerweise verborgenen Stellen. „Oh, Du bist ja ein Männchen", entfuhr es ihm. Einem spontanen Impuls folgend ließ er sanft seine Finger über die intimen Körperstellen streichen.

„Natürlich! Was dachtest Du denn? Aber so gründlich brauchst Du mich da wirklich nicht reinigen", entgegnete der Drache ein wenig unwirsch. „Und jetzt sorge dafür, dass meine Schuppen glänzen!"

Matthias begann sich vor dem Drachen immer mehr zu fürchten, zumal ihm beim Polieren immer mehr bewusst geworden war, dass dieses Wesen erschreckend real war. Viel zu real für einen Traum. Und dann machte dieser ihn auch noch für seine Lage, über die er so gar nicht glücklich schien, verantwortlich.

Scarratsh schien jedoch allmählich seine schlechte Laune zu überwinden, als die ersten Schuppen wie Smaragde zu glänzen begannen, und brummte leise und zufrieden.

„Das ist doch gleich viel besser!" rief er, als der ehedem gelbe Lederlappen schließlich schwarz-grau war, man sich aber jetzt dafür in seinen Schuppen beinahe spiegeln konnte. „Na, wie findest Du mich nun, Mensch? Gefalle ich Dir jetzt besser?"

Tatsächlich musste sich Matthias eingestehen, dass Scarratsh ein hübsches Wesen war und etwas berührte ihn tief in seinem Herzen, doch er konnte es einfach nicht greifen.

Allmählich kam er zu dem Schluss, dass es Schlimmeres gäbe, als mit einem Drachen zu sprechen und ihn sozusagen als Haustier zu halten. Aber etwas war einfach verkehrt daran, abgesehen davon, dass es Drachen eigentlich gar nicht gab.

„Was stelle ich bloß mit Dir an?" fragte Matthias laut und dachte daran, was passieren würde, wenn jemand Scarratsh in Matthias' Wohnung zu Gesicht bekäme.

„Du könntest mich in meine Welt zurückschicken, nachdem Du mich zuvor noch gefüttert hast!"

„Gefüttert?

Der Drache starrte ihn an: „Du verstehst schon: Futter! Für den Drachen, für mich! Was kannst Du mir anbieten?"

„Hmmm, wie wäre es mit zarter Jungfrau flambiert?"

„Sehr komisch", erwiderte Scarratsh. „Ich könnte aber auch einfach das nehmen, was gerade da ist, Zauberlehrlinge schmecken nicht einmal sooo übel."

Erschrocken machte Matthias einen Schritt zurück. „Was... fressen denn Drachen üblicherweise? Und dann, ich bin gar kein Zauberlehrling."

Scarratsh lehnte sich vor und drückte spielerisch seine Schnauzenspitze gegen Matthias' linke Wade.

„Ist ja schon gut, ich schau schon nach, was noch so da ist."

„Ich komme mit! Los doch, führe mich in Deine Küche!" befahl Scarratsh.

Der Blick in den Kühlschrank war zumindest für den Drachen sehr ernüchternd, denn ihm sagte so gar nichts von dem zu, was Matthias ihm zeigte.

„Von was ernährst Du Dich eigentlich? Wie dem auch so, ich werde mich draußen nach etwas Essbaren umsehen. Ich werde nicht lange fort sein. Du solltest in der Zwischenzeit jedoch schon einmal mit den Vorbereitungen für meine Rückkehr in meine Welt beginnen, denn jeher ich diesen unwürdigen Ort verlasse, desto besser ist es."

Noch bevor Matthias etwas erwidern konnte, war Scarratsh an das Fenster getreten, öffnete es umständlich und verschwand augenblicklich mit Worten, die klangen wie: „Hoch hinaus in die Luft, hoch hinauf in die Luft! Bis dass es knallt und zischt und pufft."

Das war natürlich blanker Unsinn, denn weder knallte_noch _zischte es, sah man von dem Gewitter ab, das immer noch mit unvermittelter Macht am Toben war.

Kopfschüttelnd blickte Matthias dem Drachen hinterher und begab sich dann in sein Studierzimmer.

Der Drache hatte davon gesprochen, dass ihn jemand in diese Welt gerufen hatte und Matthias hatte durchaus eine Vorstellung davon, was geschehen sein könnte.

Es stimmt schon, Matthias wäre durchaus in der Lage gewesen, einen Drachen herbei zu rufen. Doch weil er sich der Folgen einer solchen Handlung vollständig bewusst war, hatte er von derlei magischen Experimenten immer Abstand genommen, so sehr er auch Drachen verehrte.

Er griff nach einem Buch in seiner umfangreichen Bibliothek.

„Mit dem Drachen tanzen", murmelte er und legte das Buch behutsam auf den Tisch, der ihm zugleich als Altar diente.

Nein, er hatte mit Sicherheit nicht den Drachen gerufen, aber irgendwer hatte es wohl getan, irgendwer, der auch in dieser Gegend leben musste, denn sonst hätte es Scarratsh nicht hierher verschlagen. Und der Drache musste einfach annehmen, dass Matthias es gewesen war, der ihn gerufen hatte, denn es war wirklich sehr unwahrscheinlich, dass an ein und demselben Ort mehr als eine einzige Person Magie praktizierte.

Langsam blätterte Matthias die Seiten durch.

Wahrscheinlich ist der Rufer nicht einmal aktiv als Magier tätig, sondern einfach nur irgendwer, der sich das Buch zugelegt hat und einfach ein wenig ins Blaue herumexperimentiert hat. Solche Bücher gehören einfach nicht in den freien Handel.

Ein lauter Donnerschlag riss ihn aus seinen Gedanken und er eilte in das andere Zimmer zurück, um das Fenster zu schließen.

„Das würde Dir so passen, hm? Dachtest wohl, Du kannst mich auf diese Weise loswerden, was? Das ist wirklich sehr, sehr unschön von Dir und grob unhöflich!"

Matthias zuckte schuldbewusst zusammen, als er sich anschickte, dem Drachen durch das Fenster in sein Zimmer zu helfen.

„Tut mir leid, ich habe einfach nicht mehr daran gedacht."

Der Blick, mit dem Scarratsh Matthias bedachte, sprach Bände. Schließlich grollte Scarratsh, nachdem er seine Schwingen ordentlich an seinem Rücken angelegt hatte: „Na, wer weiß. Aber sicherlich hast Du die Zeit meiner Abwesenheit genutzt, um Vorbereitungen für das magische Ritual zu treffen, das mich nach Hause schickt?"

„So kann man es nennen", murmelte Matthias und fügte höflich hinzu: „Hast Du was zwischen Deine Zähne bekommen, das Deinem Geschmack etwas mehr entsprochen hat als meine Omeletts?"

„Durchaus", erwiderte Scarratsh, „selbst in einer so trübseligen Gegend wie in dieser Welt kann man sich als Drache durchaus ernähren, wenngleich das selbstverständlich einem Wesen meines Ranges kaum angemessen ist. Wie dem auch sei. Bald werde ich auch wieder meine in Deinen Augen richtige Gestalt haben und hoch über den Wolken Ausschau nach würdiger Beute halten. Ich wünschte, Du könntest meine Welt selbst einmal sehen. Glaube mir, das ist eine viel bessere als das, was Ihr Menschen aus Eurer gemacht habt."

Das glaube ich Dir aufs Wort und Du weißt ja gar nicht, wie gerne ich mit in Deine Welt kommen würde.

Matthias verbarg diesen Gedanken sorgsam vor dem Drachen, damit dieser nicht auf die Idee kam, er würde sich ihm aufdrängen wollen. Stattdessen forderte er Scarratsh auf, ihm in das Arbeitszimmer zu folgen. Er fühlte sich ein wenig unbehaglich, denn es war durchaus keine leichte Aufgabe, einem Drachen beizubringen, dass etwas _nicht_nach dessen Willen - aus welchen Gründen auch immer - geschehen würde.

„Mit diesem Buch hier", Matthias schlug das Buch auf, „wird Dich der Rufer herbeigerufen haben. Eigentlich müsstest Du irgendetwas gesehen haben, von dem Buch vielleicht oder den Rufer sogar selbst. Versuche Dich bitte zu erinnern."

Scarratsh trat nahe an den Tisch heran und blickte aufmerksam auf die Seiten, die Matthias für ihn langsam durchblätterte. Es war sehr viel Text, wenige Abbildungen und etliche Diagramme und Symbole.

„Halt, das ist es, dessen bin ich mir ganz sicher!" rief Scarratsh. Vor Aufregung schnaubte er einige Rauchkringel durch seine Nüstern und sein Schweif zuckte nervös hin und her wie bei einer Katze, die vor einem Mauseloch auf Lauer lag.

Er legte seine Kralle so heftig auf die Seite, dass Matthias schon befürchtete, dass sein kostbares Buch beschädigt werden würde.

„Bist Du Dir sicher?" fragte Matthias zweifelnd und warf einen Blick auf die Seite, auf der einige filigrane Symbole und eine relativ stilisierte Drachenzeichnung zu sehen waren. „Damit beschwört man einen Wächterdrachen herauf", las er laut und fügte hinzu, „ist eher was für Anfänger, gehört aber trotzdem nicht in die Hände von Laien."

„Ja doch!" rief Scarratsh ungeduldig. „Los, sieh nach, ob da auch gleich was drin steht, wie man den _Wächterdrachen_wieder zurückschickt."

„Ich fürchte, das ist nicht so einfach."

„Na und? Du hast mich gerufen und..."

Jetzt platzte Matthias der Kragen. Dass er es mit einem Drachen zu tun hatte, war ihm nun völlig egal. Wütend klappte er das Buch zu und Scarratsh konnte seine Kralle im letzten Moment zurückziehen.

„Jetzt hör mir mal zu, Drache. Ich weiß nicht, wie oft Du es noch hören willst: Ich habe Dich nicht gerufen. Nicht jetzt und nicht zu einem früheren Zeitpunkt. Verstehst Du das? Irgendwer aus dieser Stadt hat Dich gerufen, aber nicht ich. Punktum. Also hör endlich auf damit, mich für etwas verantwortlich zu machen, zu dem ich gar nichts kann. Ich dachte, Ihr Drachen wärt weise genug, so etwas zu erkennen."

„Hui!" Scarratsh zeigte sich beeindruckt.

Etwas ruhiger fuhr Matthias fort: „Hast Du vielleicht den Rufer sehen können, wenn auch nur kurz? Irgendetwas an ihm, das Dir aufgefallen ist?"

Scarratsh dachte nach und beäugte dabei aus aufmerksamen Reptilienaugen Matthias, der sich nun selber wie ein aufgeschlagenes Buch fühlte. Der Drachenblick durchbohrte ihn, streifte die entlegensten Winkel seiner Seele.

„Ihr Menschen seht für uns Drachen alle ziemlich gleich aus", beklagte sich Scarratsh.

„Danke für die Blumen! Geht es nicht ein wenig genauer?"

„Ich denke ja schon nach", grummelte Scarratsh und warf immer wieder einen prüfenden Blick auf Matthias und dann wieder auf das geschlossene Buch. Dann blickte er sich in dem Arbeitszimmer um.

„In der Tat", murmelte er.

„Ja?"

„Mir fällt gerade das Wort nicht ein, aber hast Du manchmal so Glasscheiben zum Durchschauen im Gesicht?"

„Du meinst, eine Brille? Nein, ich habe keine und nie gehabt. Hat leicht der Rufende eine gehabt?"

Scarratsh nickte und sah Matthias erneut prüfend an: „Er war auch weitaus eh... eh..."

„Ja?"

„Er hatte eine andere Statur als Du. Kleiner irgendwie und rundlicher."

„Du meinst pummelig?"

„Wenn es das ist, wie Ihr Menschen diesen Zustand bezeichnet, dann ja. Wir Drachen bezeichnen das als Ponygestalt. Und ich meine mich zu erinnern, dass er etwas Rotes am Leib hatte, so wie... so wie..."

„So wie Deine Weste?" half Matthias weiter. „Da fällt mir ein, die ist ja noch am Einweichen. Ich kümmere mich gleich darum, Moment!"

Damit eilte Matthias ins Badezimmer, den Drachen im Schlepptau.

„Was hast Du eigentlich in der ganzen Zeit gemacht, als ich mich nach etwas Essbarem umgesehen habe?" nörgelte Scarratsh, „und glaubst Du wirklich, dass ich dieses... Gewand tragen werde, wenn ich wieder in meiner Welt bin?"

Matthias nahm etwas von dem Waschmittel für die Handwäsche von farbigen Textilien und machte sich daran, die rote Jacke im Waschbecken gründlich zu reinigen. Eigentlich steht sie ihm ganz gut, dachte er sich beim Auswringen und hing die Jacke zum Trocknen auf, während der Schaum im Wasser nicht mehr weiß, sondern scheußlich grau aussah.

Er sah Scarratsh an, der ihm ungeduldig beim Waschen zugesehen hatte.

„Tja", sagte er langsam, „das ist das Problem. Ich fürchte, Du wirst Dich damit noch eine gewisse Zeit kleiden müssen, mein Lieber."

„Was soll das heißen?" fuhr Scarratsh auf und Funken stieben aus seinen Nüstern. „Und außerdem bin ich nicht Dein Lieber!"

„Das heißt", fuhr Matthias ruhig vor, „dass ich Dich mit keinem Ritual zurückschicken kann, so sehr ich das auch möchte. Tut mir leid! Du musst Dir also einen anderen Weg zurück suchen, sprich, Du musst denjenigen finden, der Dich herbeigerufen hat."

„Aber..."

„Sieh selbst!" forderte Matthias Scarratsh auf und ging wieder ins Arbeitszimmer, um ihm den entsprechenden Passus im Buch zu zeigen: „Ich darf nicht einmal versuchen, Dich zurückzuschicken; es könnte für alle Beteiligten fatale Folgen haben."

„Dann mache ich mich unverzüglich auf die Suche", entgegnete der Drache, in dessen Stimme eine gehörige Portion Frustration mitschwang. „Und Du wirst mir dabei helfen, das ist schließlich Deine Pflicht!"

„Ist es das? Wohl kaum."

Selbstverständlich meinte es Matthias nicht im Geringsten so, wie er es sagte, aber er wollte dem Drachenwesen einfach begreiflich machen, dass nicht alles so nach seinem Kopf gehen konnte.

Scarratsh starrte ihn an und meinte schließlich mit bebender Stimme: „Dann mache ich es eben alleine. Lass mich vorbei!"

„Warte!" rief Matthias und trat zwischen dem Drachen und der Tür. „Wie stellst Du Dir das vor? Willst Du jetzt wirklich draußen von Haus zu Haus gehen, überall klingeln und nachsehen, ob da der Rufer vielleicht wohnt?"

„Ich kann Magie sozusagen wittern. Die magische Aura, die den Rufer umgibt, so wie ich sie an Dir rieche."

„Na, das ist ja toll. Du willst also draußen herumlaufen, bei jedem Haus nach Magie schnuppern und dann gegebenenfalls dort läuten und nachfragen, ob es sich um den Rufer handelt."

„So in etwa, ja. Und nun lass mich durch, ich will Dich schließlich nicht zu etwas zwingen, zu dem Du Deiner Meinung nach nicht verpflichtet bist."

So habe ich das nicht gesagt", begann Matthias hilflos. „Aber versuche doch, es zu verstehen. Du kannst das nicht so einfach tun, wie Du Dir das vielleicht vorstellst. Überleg' doch mal, was passiert, wenn Dich jemand auf der Straße herumspazieren sieht. Wenn man Dir nicht sofort ans Leder, pardon, die Schuppen will, dann versucht man zumindest, Dich einzufangen und im besten Fall landest Du bei einem Circus oder bei einem der Privatsender. Kurz, die Leute würden durchdrehen."

„Was soll ich denn sonst machen?" entgegnete Scarratsh und die Verzweiflung, die in seiner Stimme mitschwang, traf Matthias mitten ins Herz. „Verstehst Du es denn nicht, Mensch. Ich bin ein Drache, ich gehöre nicht in diese Welt. Ich will zurück zu meinen Artgenossen, ich..."

„Du hast eine Familie in Deiner Welt?" Kaum hatte Matthias diese Frage geäußert, schalt er sich schon dafür: Dämliche Frage, natürlich hat er.

„Durch Menschenhand habe ich meine Eltern verloren. Aber schlimmer noch ist der Gedanke, dass ich selbst keine Familie gründen werde, wenn ich nicht wieder in meiner Welt bin. Ich habe gerade das Alter erreicht, in dem man als Drache beginnt, die Welt nach derartigen Freuden zu erkunden", klagte Scarratsh. „Versteh mich doch, ich muss einfach nach Hause."

„Ich versteh' Dich ja."

Matthias zerriss es schier das Herz, wenn er das Häufchen Elend, das nun vor ihm saß und das so gar nichts mehr mit dem selbstbewussten, ja gar herrischem Drachen zu tun hatte, der ihn noch vor wenigen Augenblicken angeschnauzt hatte, betrachtete. Am liebsten wäre er dem Impuls nachgekommen und hätte Scarratsh in seine Arme genommen, um ihn tröstend zu knuddeln. Überhaupt begann sich in seinem Innersten ein Empfinden anzubahnen, das er nicht genau einordnen konnte, sein Verstand jedoch bereits die Alarmglocken schrillen ließ.

„Ich werde Dir helfen, zusammen bekommen wir das hin."

Matthias nickte mit dem Kinn zum Fenster. „Aber heute nicht mehr. Es ist mittlerweile spät geworden und außerdem habe ich keine Lust, bei dem Gewitter rauszugehen. Die Frage ist nur...", hier stockte Matthias.

„Ja?"

„Naja, zum einen ist da die Frage, wo Du schlafen wirst und dann... naja, wie soll ich es sagen... Nachdem Dir ja vorhin nicht zugesagt hat, was ich an Essbarem zum Anbieten habe, frage ich mich, wie wir das regeln."

„Wie meinst Du genau?"

„Naja", druckste Matthias herum und gab schließlich ehrlich zu: „Mit meinem Job verdiene ich nur gerade so viel, dass ich meinen Lebensunterhalt so mit Ach und Krach bestreiten kann. Ich fürchte, ich kann es mir nicht leisten, Dich so zu versorgen, wie es eigentlich Deinem Stand entsprechen würde.

„Ich verstehe", erwiderte Scarratsh schlicht. „Nun, darüber brauchst Du Dir keine Sorgen zu machen. Noch etwas, was Deinen beschränkten Menschenverstand belastet? Komm schon, ich sehe es Dir doch an, Du denkst noch über etwas anderes nach, was mit meinem Bleiben zusammenhängt?"

Matthias errötete.

„Na ja, an sich ist das Halten von Haustieren in meiner Wohnung nicht gestattet. Und dann ist halt die Frage zwecks... wie soll ich sagen... eh.. Gassi gehen und... naja... sind Drachen eigentlich stubenrein...oh!"

Nur um haaresbreite entkam Matthias dem wütend peitschenden Schweif seines Gastes. Es war erstaunlich, wie schnell sich die Stimmung eines Drachen wandeln konnte: Eben noch am Boden zerstört und nun sah es so aus, als ob Scarratsh Matthias in Stücke reißen wollte.

Der Drache starrte ihn mit flammendem Blick an und Rauch kringelte aus seinen Nüstern.

Schließlich sagte er gefährlich leise: „Du hast wunderhübsche Augen, Mensch."

Als Matthias etwas verdattert ob dieser unerwarteten Aussage zurückstarrte, setzte der Drache nach: „Ich bin gerade dabei, Deine Frage zwecks meiner Ernährung zu beantworten."

Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und zum ersten Mal war sich Matthias bewusst, dass er beinahe auf Augenhöhe mit ihm war. Der Drache flüsterte unheilvoll: „Und genau diese wunderhübschen Augen, Mensch, werde ich mit Genuss verkosten, wenn Du noch einmal einen solchen Unsinn von Dir gibst. Haben wir uns da verstanden?"

Scarratsh wandte sich ab und steuerte auf das Badezimmer zu. Aus irgendeinem Grund rechnete Matthias damit, dass sich der Drache nicht lange damit aufhalten würde, die Tür mit der Türklinke zu öffnen, doch seine Erwartung wurde enttäuscht. Die Tür wurde von innen verriegelt und nach einiger Zeit wurde die Spülung betätigt. Kurz darauf hörte er die Frage: „Wo bewahrst Du Deine Handtücher auf?"

„Wie? An der Tür, da hängt das Gästehandtuch - steht angeschrieben."

„Ach ja, danke sehr."

Die Tür wurde entriegelt und Scarratsh kam zurück. Er hatte auch seine rote Weste wieder angezogen - hier hatte er freilich beim Trocknen ein wenig mit seinem Drachenatem nachgeholfen. Er gähnte und ließ dabei demonstrativ seine scharfen, spitzen Zähne sehen.

„Nun denn, schlafen. Es ist höchste Zeit, morgen wird ein langer Tag."

„Aber wo..."

Scarratsh marschierte in das andere Zimmer und steuerte zielstrebig auf das von zahllosen Plüschtieren bevölkerte Bett zu.

„Ihr Menschen seid wahrlich seltsam", sinnierte Scarratsh, als er auf die bunt zusammen gewürfelte Menge von Plüschdrachen, Einhörnern und anderem Spielzeuggetier starrte.

Frech räumte er sie beiseite und legte sich in das Bett.

„Und was haben wir hier?" Er hielt ein größeres Plüschtier in die Luft.

„Das ist mein Schmuse-Greif. Er..."

„... hat keinen Platz mehr. Raus damit!"

Scarratsh legte ihn immerhin relativ sanft zur Seite, dann blickte er Matthias an: „Also, ich habe einen Platz zum Schlafen gefunden. Was ist mit Dir?"

„Ich... ja, gut, ich komme."

„Mach Dich gefälligst nicht so breit!"

„Hör mal, das ist immer noch mein Bett", betonte Matthias empört, nahm aber mit einer Mischung aus Verärgerung und auch Belustigung zur Kenntnis, dass ihn der Drache einfach an den Bettrand drückte.

„Die Laken sind etwas kalt", stellte Scarratsh unvermittelt fest. Er steckte seinen Kopf unter die Bettdecke und holte geräuschvoll Luft.

„Halt! Nicht!" schrie Matthias, doch im gleichen Augenblick hob der Drache seinen Kopf und bedachte seinen Gastgeber mit einem schelmischen Blick: „Nicht? Wie schade. Meine Mutter hat mir, als ich noch ein Junges war, immer das Nest vorgewärmt. Wir Drachen mögen das. Singst Du mir wenigstens was vor?"

„Bitte? Ich dachte, Du wärst schon in dem Alter, in dem Du Dich nach einem paarungsbereiten Weibchen umschaust. Da bekommt man keine Lieder mehr vorgesungen."

„Das sieht man einmal mehr, wie wenig Ihr Menschen von uns Drachen wisst. Manche von uns halten sich holde Maiden, die uns etwas vorsingen."

„Ich bin aber keine holde Maid", entgegnete Matthias und konnte beim besten Willen nicht sagen, ob ihn Scarratsh nicht einfach nur ein wenig auf den Arm nahm.

Aber als dieser sich mit dem Seufzer „Ich bin alles andere als ein glücklicher Drache" zurück lehnte, war Matthias so sehr angerührt, dass er zumindest eine hübsche, wortlose Melodie summte. Es dauerte nicht allzu lange und der Drache war eingeschlafen.

Matthias löschte das Licht und fand doch keine Ruhe. Hauptsächlich dachte er darüber nach, wie sich nun die folgenden Tage mit diesem eigenartigen Gast gestalten würden.

Die Suche

In der Luft lagen ein metallischer Geruch und ein Hauch von Schwefel. Es war stickig und heiß und Matthias musste um Atem ringen. Seine Lungen brannten und er hielt sich seine Seiten. Er wusste nicht, wie lange er gelaufen war und wohin er noch laufen könnte; alles um ihn herum glühte in rötlichem Schein, die Flammen kamen immer näher, umkreisten ihn. Der Boden unter ihm tat sich auf, aus der Spalte ergoss sich zischend glühender Lavastrom, drohte ihn fortzuspülen in sengendem Verderben.

Etwas packte ihn, riss ihn fort aus diesem tosenden Inferno. Er sah die Welt unter sich im feurigen Chaos versinken, während er in festem Griff geborgen darüber hinweg flog, einem fernen, bleichen Horizont entgegen.

Keuchend und schweißgebadet schreckte Matthias hoch. Was für ein Albtraum! Und doch, etwas hielt in immer noch in festem Griff, als er sich aufrichten wollte.

Es war nicht _alles_ein Traum gewesen: Er teilte sein Bett tatsächlich mit einem Drachen und dieser hatte sich dicht an Matthias geschmiegt und hielt ihn im Schlaf mit seinen Vordertatzen fest, gleich einem Kind, das sich an ein Plüschtier klammert.

Matthias legte sich zurück und ergab sich dem Drachengriff, da er seinen Gast auf keinen Fall aufwecken wollte. Dessen Schnarchen hatte sogar etwas Beruhigendes an sich und sogar der Geruch des Drachens war seltsam vertraut und keinesfalls unangenehm. Erotisch in gewisser Weise. Eine Hauch von Moschus lag darin - und Zimt, oder war es Schwefel?

Mittlerweile war das Gewitter weiter gezogen, doch die Straßen schienen nass zu sein, dem Geräusch der Reifen der vorbei fahrenden Autos nach zu urteilen.

Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Wie würde es nun weiter gehen? Wie konnte er seinem schuppigen Gast bei der Rückkehr in dessen Welt helfen? Was könnte er tun, um ihm in der Zwischenzeit seinen Zwangsaufenthalt in dieser Welt so angenehm wie möglich zu gestalten? Er drehte den Kopf und betrachtete die Silhouette des Drachenkopfes in der relativen Dunkelheit seines Zimmers. Er war wunderschön und plötzlich wurde sich Matthias seiner ältesten Sehnsüchte bewusst. Er hatte von jeher einen Faible für Drachen gehabt, sich oft genug ausgemalt, was passieren mochte, würde er jemals einer solchen Kreatur begegnen und nun hatte er tatsächlich einen Drachen in seiner Wohnung. Phantasien beschlichen ihn und einige davon ließen ihn erröten, denn diese waren jenseits aller Grenzen menschlicher Moralvorstellungen.

Beschämt stellte er fest, dass seine Pyjamahose eine Ausbuchtung an einer bestimmten Stelle aufwies und abgesehen davon, dass ihn der Drache so festhielt, dass er sich kaum bewegen konnte, wollte er nichts tun, was den Drachen in irgendeiner Weise wecken und zugleich auch brüskieren würde. Was würde der Drache von ihm denken, wenn dieser wüsste, dass Matthias' erotische Phantasien eher in diese Richtung als auf das Menschengeschlecht zielten...

Ein lauter Knall zerriss die Nacht und ließ auch die Fensterscheiben seiner Wohnung vibrieren. Kurze Zeit später störten Martinshörner die Stille der Nacht, doch der Drache schnarchte weiter friedlich vor sich hin und dessen Griff hatte sich immer noch nicht gelockert, so dass Matthias nichts weiter übrig blieb, als ruhig liegen zu bleiben und darüber zu spekulieren, was das wohl für eine Explosion gewesen war...

„So wach doch endlich auf, Du fauler Mensch! Die Sonne steht schon hoch am Himmel und wir haben viel zu tun! Wirst Du wohl endlich aufwachen?"

„Wie, was..." murmelte Matthias schlaftrunken, als er einen ziemlich unsachten Stoß in seine Seite verspürte. Eine schuppige Drachenschnauze war unmittelbar vor seinem Gesicht und die Reptilienaugen blitzten. „Wenn Du nicht bald aufstehst", grollte der Drache leise und zog Matthias mit einem Ruck die Bettdecke weg, „dann beiße ich Dich. Wir haben heute noch viel vor!"

Matthias richtete sich gähnend auf und blickte auf die Leuchtziffern seines digitalen Weckers. „Es ist gerade mal halb Neun", protestierte er.

„Gerade mal halb Neun", wiederholte der Drache ätzend, „gerade mal halb Neun! Um diese Zeit ist ein rechtschaffenes Wesen längst auf seinen Beinen und geht seinem Tagwerk nach. Wenn alle Menschen so faul sind, dass sie zu dieser Tageszeit noch in ihren Betten liegen, dann wundert es mich nicht, dass es das Menschengeschlecht zu Nichts gebracht hat."

Matthias kratzte sich ein wenig unfein an der Brust und gähnte. „Ich stehe normalerweise erst um zehn auf und... Was guckst Du so?"

Er folgte dem Blick des Drachens und errötete, als er bemerkte, worauf genau der Drache starrte.

„Oh! Also... Nun ja... Das haben wir Menschenmänner öfters mal am Morgen, das ist bei uns völlig normal und..."

Scarratsh kicherte und schüttelte seinen Kopf: „Menschen! Ihr habt Euch keinen Deut verändert. Ihr geniert Euch für Sachen, die völlig normal und natürlich sind. Wir Drachen sind in diesen Belangen deutlich offener und liberaler und vor allem schämen wir uns nicht unserer Lust. Auch ich bin ein Männchen. Willst Du mal sehen?"

„Du hast Recht, es ist höchste Zeit zum Aufstehen", beeilte sich Matthias zu sagen und wandte seinen Blick ab. Wenn der Drache nur wüsste, was er eben mit seinen Worten angerichtet hat, dachte er sich und verschwand im Badezimmer, um sich seiner Morgentoilette zu widmen.

„Und was unternimmst Du nun im Hinblick auf mein Problem? Du hast Dir ja mittlerweile darüber Gedanken gemacht, nehme ich doch an?" fragte Scarratsh, als sie ihr Frühstück beendet hatten - Matthias hatte tatsächlich etwas im Haus gehabt, das dem Drachen zugesagt hatte.

„Na, hör mal!" begann Matthias, „wenn überhaupt, dann wir, denn Du wirst Dir gefälligst auch dazu Gedanken machen, wie wir weiter vorgehen werden. Wahrscheinlich ist es wirklich das Beste, wenn wir versuchen, den Rufer zu finden. Als Ausgangspunkt für die Suche würde ich die Stelle nehmen, wo ich Dich gestern gefunden habe."

„Das hört sich für ein Menschenhirn erstaunlich sinnvoll an", erwiderte Scarratsh und begab sich zur Wohnungstür.

„Warte!"

„Was ist?"

„Du kannst da nicht einfach so rausspazieren. Was ist, wenn Dich wer sieht?"

„Was soll da schon sein?"

„Na, überleg doch mal: Ich gehe mit einem Drachen auf die Straße und wir begegnen beispielsweise einem Nachbarn."

„Da hast Du Recht. Es wäre mir durchaus peinlich, wenn man mich in so einer Begleitung sehen würde. Wahrlich kein Renommee für einen Drachen wie mich."

„Du verstehst mich falsch", erwiderte Matthias säuerlich. „Es geht um Dich. Wie ich Dir gestern schon versucht habe, würde man Dich sofort packen und in den nächst besten Zoo, Zirkus oder ins Fernsehen stecken."

„Das sollen sie mal versuchen", grollte Scarratsh, sein Schweif zuckte hin und her. „In meiner Kindheit", fügte er hinzu, „gab es einmal den Spruch, dass alle Wege nach Rom führen. Heute scheint alles zu diesem Fernsehen zu führen. Wahrlich, weit ist diese Welt gekommen. Aber egal, was schlägst Du vor?"

„Das Naheliegende. Ich trage Dich auf dem Arm und Du bist mein Plüschtier."

„Das will ich seh..."

Matthias hatte Scarratsh hochgehoben und trat aus seiner Wohnung auf die Straße. Es war wieder ein sonniger Sommertag, doch zum Glück was die Schwüle des Vortages verschwunden.

„Du machst Dir keinen Begriff, wie entwürdigend das ist", nörgelte Scarratsh, als ein Passant Matthias angestarrt hatte, als käme dieser von einem anderen Stern. „Sind sie nicht ein wenig zu alt für Puppenspiele?" hatte er dann gefragt, bevor er weiter seines Weges gegangen war.

„Wieso? Und Du brauchst Dich gar nicht beklagen. Ich schleppe mich ganz schön ab an Dir."

In der Tat machte Scarratsh es Matthias nicht gerade leicht: Er strampelte, peitschte mit seinem Schweif die Luft und flappte mit den Flügeln.

„Du dummer Mensch! Du vergisst anscheinend, mit wem Du es zu tun hast! Wenn Du mich nicht sofort absetzt, werde ich Dich rösten."

Matthias reichte es: „Also gut, aber gib mir nicht die Schuld, wenn man Dich aufgreift und Du dann gar keine Chance mehr auf Rückkehr hast."

„Du wirst es sicherlich noch einmal begreifen, mein Lieber", der Drache schüttelte sich etwas und brachte mit einer Pranke seinen roten Stachelkamm am Kopf wieder in Facon, „dass die Menschen größtenteils nicht bemerken, was sich unmittelbar vor ihrer Nase abspielt. Und wenn sie dann einmal tatsächlich etwas sehen, das auch nur im Geringsten von ihrer Normalität abweicht, dann trauen sie meistens ihren eigenen Augen nicht und schieben es auf das Wetter oder schlechtes Essen oder sonst etwas."

Scarratsh wollte noch etwas hinzufügen, doch dann hielt er inne, lauschte in eine bestimmte Richtung und fragte: „Sag, was bedeutet dieser ohrenbetäubende Lärm, den dieses Fahrzeug von sich gibt und was sollen die blauen Lichter auf dessen Dach genau aussagen?"

Jetzt sah auch Matthias den Krankenwagen, der mit Höchstgeschwindigkeit und Martinshorn in die Straße einbog, gleich gefolgt von noch drei weiteren und einer Polizeistreife.

„Heiliger Strohsack", murmelte er und malte sich schon diverse Szenarien aus, die aber alle seine Festnahme und den Tod des Drachens beinhalteten.

Doch die Einsatzfahrzeuge rauschten an ihnen vorbei, ohne die geringste Notiz von ihnen zu nehmen.

„Siehst Du, was habe ich Dir gesagt? Ihr Menschen bemerkt nicht, was so alles mitten unter Euch ist. Übrigens, da vorne ist es, hier bin ich gelandet und hier hast Du mich gefunden."

Matthias fragte sich immer noch, wie es hatte sein können, dass niemand auf Scarratsh aufmerksam wurde, auch nicht die alte Dame, die gerade Altpapier zu den entsprechenden Containern brachte. Auf die nahe liegende Idee, dass vielleicht Scarratsh selber etwas dazu beigetragen hatte, um nicht bemerkt zu werden, kam er im Eifer des Gefechtes nicht.

„Hier muss auch der Rufer irgendwo in der Nähe sein, ich kann das Magische wittern. Nur gestern habe ich nicht bemerkt, dass der Geruch, der von Dir ausgeht, ein anderer ist. Auch ein magischer, aber anders", stellte Scarratsh fest.

„Ich weiß zwar, dass hier im Umkreis noch eine andere Person lebt, die Magie betreibt, denn es muss immer ein Gleichgewicht bestehen zwischen dem, was gemeinhin weiße und schwarze Magie genannt wird, aber ich wüsste nicht, dass diese Person hier in Pirmasens lebt. Ich kenne sie auch nicht persönlich."

„Du weißt, dass so etwas wie weiße und schwarze Magie gar nicht gibt?" fragte Scarratsh und schnupperte unauffällig an Matthias.

„Natürlich, aber es vereinfacht die Sichtweise ungemein", entgegnete Matthias leichthin.

„Ihr Götter, gebt mit Geduld", seufzte Scarratsh und hielt nun seine Schnauze prüfend in die Luft.

„Wie haltet Ihr Menschen das bloß aus? Überall dieser alles überlagernde Geruch Eurer Zivilisation, ich kann fast gar nichts anderes wittern", beklagte sich Scarratsh.

„Du meinst die Abgase? Ja, da leistet das Menschengeschlecht ganze Arbeit."

Scarratsh grummelte irgendetwas und setzt sich in Bewegung, in eine abzweigende Seitenstraße, aus der kurz zuvor die Einsatzfahrzeuge gekommen waren.

„Hier müsste es irgendwo sein - oh!" murmelte der Drache und blieb wie gebannt stehen. „Das war _ich_aber nicht, das schwöre ich bei Draco im Himmel!"

Auch Matthias stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben.

Den beiden bot sich ein Bild, wie man es ansonsten nur aus dem Fernsehen von Berichten aus Kriegsgebieten kannte: Dort, wo einmal ein größerer Wohnungskomplex gestanden hatte, tobte eine Feuersbrunst und meterhohe Feuersäulen ließen die noch bestehenden Mauern bersten. Schwarze Rauchschwaden reichten zum Himmel hinauf und gegen dieses Inferno kämpften verzweifelt dutzende Feuerwehrleute. Doch mehr, als ein Übergreifen der Flammen auf benachbarte Gebäude zu verhindern, konnten sie ohnehin nicht tun.

Zwar hatte die Polizei die Straße weiträumig abgeriegelt, doch an der Absperrung drängelten sich die Schaulustigen. Der eine oder andere Reporter versuchte, noch näher mit seiner Kamera an den einen Knüller verheißenden Unglücksort heranzukommen.

Immer neue Rettungswagen passierten die Absperrungen, doch es war jedermann klar, dass dieses Unglück mit höchster Wahrscheinlichkeit niemand überlebt haben konnte...

Niemand aus dieser Menschenmenge nahm Notiz von Matthias, geschweige denn von Scarratsh, und er war ganz froh darüber.

„Wir müssen näher ran", drängte der Drache. „Ich rieche, dass hier die Quelle des Zaubers war, dass es dieser Ort war, an dem man mich gerufen hat."

„Wir können da nicht hin", erwiderte Matthias, „und abgesehen davon dürfte Dein Rufer nicht mehr unter den Lebenden weilen. Ich gebe Dir Recht, auch ich kann die Magie spüren, die hier unkanalisiert in der Luft liegt. Und das ist nicht gut, gar nicht gut."

„Er war ja immer so ein Eigenbrötler..."

„Mir kam er immer schon etwas seltsam vor, aber er war eigentlich immer recht höflich und hilfsbereit..."

„Mich hat's ja mitten aus dem Schlaf gerissen, so laut war der Knall..."

„Also, eine Gasexplosion kann es einfach nicht gewesen sein, dieser Stadtteil liegt an keiner Gasleitung..."

Matthias versuchte, so viel wie möglich von dem Gerede der Umstehenden aufzuschnappen, um sich ein besseres Bild von dem machen zu können, was geschehen war.

Es war offensichtlich, dass es eine verheerende Explosion - höchst wahrscheinlich würde man offiziell trotz allem von einer Gasexplosion sprechen - gegeben hatte. Was diese aber wirklich ausgelöst haben mochte, daran mochte Matthias gar nicht denken.

Er blickte zufällig zu einem weiteren bereit stehenden Krankenwagen und zuckte erschrocken zusammen, als er Scarratsh sah, wie dieser völlig ungerührt zwischen den Hilfskräften stand und jeweils kurz die bedeckten Leichen beschnüffelte. Doch niemand bemerkte ihn und Matthias fragte sich, wie stark die magischen Fähigkeiten in diesem Drachen wirklich ausgeprägt sein mochten.

„Nicht sehr", sagte eine Stimme leise hinter ihm. „Und normalerweise bin ich noch lange nicht so weit, dass ich meinen Tarnzauber so lange aufrecht erhalten könnte. Aber hier liegt so viel Magie in der Luft, dass ich viel davon aufnehmen kann und auf diese Weise anwenden. Und jetzt lass uns gehen, auf der Stelle."

„Aber", begann Matthias, „wir müssen doch rausfinden, was da passiert ist."

„Das brauchen wir nicht mehr."

Die Frustration war deutlich aus der Drachenstimme herauszuhören.

„Ich sage Dir gleich alles, aber lass uns augenblicklich gehen, ich ertrage es hier nicht länger."

Als Matthias immer noch zögerte, fauchte Scarratsh: „Wenn Du Dich nicht gleich vorwärts bewegst, beiße ich Dich."

„Also, was hast Du herausgefunden?" fragte Matthias, als er die Wohnungstür hinter den beiden verschloss. „Hast Du wirklich eine Spur entdeckt, die Dich nach Hause bringt?"

Mangels anderer Sitzgelegenheiten setzte sich Scarratsh ein wenig schwerfällig auf das niedrige Bett. Als er sich zurücklehnte und einige Augenblicke nachdenklich völlig unbeweglich da saß, mochte ihn man tatsächlich kaum von den Plüschtieren unterscheiden.

Schließlich sagte er leise: „Nein, eine solche Spur habe ich nicht gefunden, aber einen kleinen Hinweis trotzdem. Es war tatsächlich der Mensch, der mich gerufen hatte. Aber ihm haftete noch ein anderer Geruch an und dieser Geruch lag über dem gesamten Ort. Es war der Geruch eines Avvocatunculus."

„Eines was?"

„Eines Avvocatunculus. Hast Du denn noch nie einen heraufbeschworen?"

Es lag so viel ungläubiges Erstaunen in Scarratshs Stimme, dass sich Matthias auf einmal richtig unwissend vorkam.

„Ich habe davon noch nie gehört", sagte er vorsichtig, „vielleicht kenne ich das aber unter einem anderen Namen."

„Das glaube ich nicht. Ein Avvocatunculus ist ein Avvocatunculus und nichts anderes. Was bist Du nur für ein Zauberer?"

„Dann lass mich nicht dumm sterben", forderte Matthias Scarratsh zu einer Erklärung auf.

„Nun gut, ich versuche, es kurz zu machen, denn an sich könnte man darüber ganze Bücher verfassen. Also, ein Avvocatunculus ist ein magisches... eh... Geschöpf, das jemand erschafft oder herbeiruft, um irgendetwas oder irgendjemanden dingfest zu machen, den man normalerweise aus irgendwelchen Gründen gar nicht aufspüren könnte. Es ist schwer zu erklären, zumal mir kein Beispiel in Deiner Welt dazu einfällt. Jedenfalls, diese Avvocatunculi sind meist formlos, da sie beispielsweise keinerlei Rückgrat und auch kein anderweitiges Knochengerüst haben, und auch relativ unscheinbar. Doch das macht sie so gefährlich, denn sie können sich wie Parasiten überall einnisten, sind Meister der Manipulation und unerbittliche Jäger. Es sind äußerst unangenehme Wesen und ich vermute einmal, dass jener Mensch, der mich gerufen hat, so einen Avvocatunculus heraufbeschworen hat, um mich zu suchen. Doch da sich die Avvocatunculi nur sehr schwer kontrollieren lassen, können nur sehr erfahrene Magier diese erfolgreich herbeirufen und sich ihrer Dienste versichern. Und das war bei diesem Menschen mit Sicherheit nicht der Fall. Selbst bei Dir wittere ich weitaus mehr magische Begabung als bei diesem Mann. Dieser Mann wollte sich wahrscheinlich nur die Zeit vertreiben und war dabei ganz ohne Arg. Leider kostete ihn das sein Leben, denn ein solcher Avvocatunculus, der einmal herbeigerufen worden ist, besteht darauf, seinen Auftrag zu erfüllen, allerdings zu einem hohen Preis. Ich könnte mir vorstellen, dass diesem Mann der Preis zu hoch war und dass das dem Avvocatunculus so gar nicht gefallen hat. Er hat daraufhin ein wenig seine Stärke demonstriert und ist danach sofort wieder in seine Welt, die ja auch die meine ist, zurückgekehrt. Und hier müssen wir ansetzen."

„Diese Avvocatunculi sind also so Art... Drachenjäger?"

„Sie jagen alles, für was man sie bezahlt. Aber nicht nur jagen, sie erledigen jeden Auftrag. Habt Ihr solche Sachen nicht in Eurer Welt? Ich dachte ich hätte in dieser Welt schon einmal das Wort Advok..."

„Moment, Telefon", unterbrach Matthias seufzend. „Mein Chef, da muss ich leider rangehen."

„Menschen, keinerlei Manieren. Unterbrechen einen Drachen in seinen Ausführungen", grummelte Scarratsh, doch verstummte er augenblicklich, als er Matthias' flehenden Blick sah.

Das Telefonat dauerte deutlich länger, als beiden recht war, und es trug auch nicht gerade dazu bei, dass Matthias' Laune gehoben wurde.

„Was ist los?" wollte Scarratsh wissen.

„Ach, ich soll eine Dienstreise unternehmen. Und das am Besten gestern."

„Ihr Menschen könnt in der Zeit reisen?"

„Nein, das ist eine Redensart. Das bedeutet, dass man alles stehen und liegen lassen soll, dass man bereits verspätet ist."

„Ich verstehe."

Scarratsh legte seinen roten Stachelkamm ein wenig an und fragte ein wenig zögernd: „Heißt das, dass Du mir nicht mehr auf der Suche behilflich bist?"

Matthias schüttelte den Kopf: „Ich werde Dir helfen, versprochen. Aber die Zeit wird knapp, uns bleiben höchstens vierzehn Tage. Ich habe meinem Chef gesagt, dass ich zurzeit auf keinen Fall weg kann wegen meiner kranken Mutter, die ich pflegen muss."

Matthias streckte seinen Rücken durch. „Und wie war das nun mit diesem Avvo..., Avvocatunculus? Inwiefern hilft uns das weiter?"

„Im Gegensatz zu mir, der ich noch relativ jung für einen Drachen bin und unerfahren, kann sich ein Avvocatunculus selbst sozusagen ein Tor öffnen, das ihn zurück bringt. Und da diese Avvocatunculi trotz aller Bosheit eher schlichte Gemüter sind, denken sie meist nicht daran, diese Übergänge hinter sich wieder zu schließen. Zwar schließen diese sich nach einiger Zeit auch von selber wieder, aber vielleicht habe ich Glück, dass dies noch nicht der Fall ist."

„Und wie sehen diese Übergänge aus?" wollte Matthias wissen.

„Das ist die Crux", seufzte Matthias: „Ich weiß es nicht und vor allem, das kann überall sein."

„Heißt das, dass wir..."

„Ja!" schnitt Scarratsh Matthias das Wort ab, „wir müssen nach etwas suchen, von dem wir nicht wissen, wie es aussieht und wo es sich befindet."

„Also die Suche nach dem unsichtbaren Fisch, irgendwo in den Tiefen der Ozeane", erwiderte Matthias lakonisch und fiel aus allen Wolken, als Scarratsh ihm eröffnete: „Ihr Menschen kennt auch die unsichtbaren Fische? Meine Mutter hat sie mir, als ich noch ein Schlüpfling war, immer zum Knabbern als Belohnung zwischendurch gegeben, wenn ich beispielsweise in der Drachenflugschule besonders erfolgreich gewesen bin. Sturzflüge und Überschläge sind da übrigens meine Spezialität gewesen. Da brauchst Du gar nicht so grinsen."

Sie kamen darin überein, sich noch einmal bei der Ruine umzusehen. Im Übrigen würden sie sich ansonsten auf das Studium der einschlägigen Literatur konzentrieren. Vielleicht würde sich ja irgendwo ein brauchbarer Hinweis finden. Selbstverständlich war auch das Internet eine Quelle.

Auch praktische Überlegungen spielten eine Rolle, insbesondere, was Matthias seinem Gast aufwarten könnte. Mit Erleichterung stellte er fest, dass der Drache durchaus auch gängige Nahrungsmittel konsumieren konnte, zumindest in seiner aktuellen Gestalt. Es war also nicht erforderlich, irgendwo eine komplette Schafsherde oder ein paar Rinder bereitzuhalten. Das einzige Problem war eventuell die Menge, doch auch diese lag gerade noch in dem Bereich, den der Einzelhandel gerne als _hausaltsüblich_bezeichnete.

Die Überraschung

„Also, damit habe ich wirklich nicht gerechnet."

Matthias' Stimme spiegelte dessen Müdigkeit wider, als er zur Tür hereinkam.

„Für das, dass es sich nur um eine Gasexplosion gehandelt haben soll, betreiben die sehr viel Aufwand." Er trat in das Zimmer, in dem es sich der Drache auf dem Bett gemütlich gemacht hatte und fernsah.

„Du konntest nichts herausbekommen?"

„Ich bin nicht einmal in die Nähe gekommen. Die haben mittlerweile den ganzen Ortsteil relativ weiträumig abgesperrt. Ich dachte halt, dass die vielleicht den _unmittelbaren_Unglücksort irgendwie abriegeln, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie da nun rund um die Uhr jemanden postieren. Nicht nur Polizei, sondern auch private Wachdienste, wie es scheint. Oder irgendetwas anderes."

Scarratsh versuchte gelassen zu klingen: „Nun gut, so kurz nach dem Ereignis war eigentlich zu erwarten, dass da noch aufgepasst wird. Aber vielleicht ziehen die ihre Posten ja schon morgen wieder ab."

Matthias schüttelte den Kopf: „Ich fürchte, nein. So wie die sich eingerichtet haben, bleiben die länger. Außerdem dachte ich, dass es da mehr oder weniger auf jeden einzelnen Augenblick ankommt, dass wir etwas herausbekommen können."

„Natürlich ist es besser, die Ziege an den Hörnern zu packen, solange sie noch meckert", erwiderte der Drache. „Und es stimmt schon, der Avvocatunculus wird wieder zurückgegangen sein und der Durchgang wird sich verschließen früher oder später. Mir wäre es hauptsächlich darum gegangen, herauszufinden, wie so ein Übergang beschaffen ist, wie..." Er brach ab. „Ach, ich weiß einfach nicht, was ich oder was wir herausfinden sollen. Ich... ich will einfach nur nach Hause in meine Welt. Ich gehöre nicht hierher."

Scarratsh machte eine vage Geste in Richtung des Fernsehers. „Ich war ja schon einmal hier vor einiger Zeit, in einem anderen Land, fern von hier. Ich habe es wieder erkannt, als sie hier einen Bericht gezeigt haben. Aber insgesamt habt Ihr Euch in all den Jahren nicht zum Besseren entwickelt, so wie ich es mir gewünscht hätte. Im Gegenteil, Ihr geht mit Allem miserabel um. Aber das soll nicht mein Problem sein. Ich weiß nur, dass ich hier niemals ein glücklicher Drache sein kann. Was soll ich bloß tun, wo soll ich nur ansetzen?"

Scarratsh sah so unglücklich aus, dass Matthias ohne ein Wort zu verlieren den Drachen in seine Arme nahm. Im gleichen Augenblick schämte er sich auch schon für diese impulsive Handlung, doch Scarratsh schien nichts dagegen zu haben, im Gegenteil, er drückte sich enger an den Menschen und schien diese tröstende Geste zu genießen.

Matthias' Herz begann zu rasen. Noch nie zuvor war dem Drachen so nahe gewesen und in ihm schrie jede Faser seines Körpers vor Verlangen und Sehnsucht. Auch wenn Scarratsh ihn immer wieder herunterputzte und des fteren ziemlich schroff gewirkt hatte, ertappte sich Matthias dabei sich auszumalen, wie ein Leben an der Seite des Drachens wohl so wäre. Das war natürlich Unsinn, denn vor wenigen Augenblicken hatte ihm Scarratsh ja gerade zu verstehen gegeben, wie sehr es ihn zu sich nach Hause zog.

Rasch wandte sich Matthias ab. Natürlich war ihm klar, dass der Drache niemals bleiben würde, dennoch, der Gedanke erfüllte ihn mit Trauer. Vielleicht wäre es dann, wenn sie einen Übergang gefunden haben würden, das Beste, wenn Scarratsh durch diesen einfach entschwinden würde, irgendwann, ohne ein Wort des Abschieds.

Er setzte sich an seinen PC. Vielleicht war ja sein Freund gerade online, ein wenig Abwechslung würde ihm nun gut tun. Oder aber er könnte ein wenig an dem Rollenspielerforum weiter basteln. Scarratsh widmete sich wieder dem Fernsehprogramm.

Doch schon nach kurzer Zeit verspürte er auch dazu keine Lust mehr und er beschloss, schlafen zu gehen.

„Vielleicht kommen wir ja morgen irgendwie weiter", sagte Matthias und löschte das Licht. Dabei versuchte er zuversichtlicher zu klingen, als ihm zumute war.

„Ich weiß, dass Du Dein Bestes gibst", erwiderte Scarratsh leise und zur grenzenlosen Überraschung - und auch Freude - rieb der Drache seine Schnauzenspitze an Matthias' Wange.

Matthias wusste nicht, was und vor allem ob er etwas sagen sollte. Diese Geste erfüllt ihn mit Freude und er wollte das Gefühl der samtig weichen Schuppen an seiner Haut genießen und für immer in Erinnerung behalten. Es bedurfte keinerlei expliziten Erklärung und Matthias war sich der ungeheuren Ehre, die ihm gerade zuteil wurde, vollständig bewusst.

„Du riechst interessant", sagte Scarratsh auf einmal unvermittelt und Matthias spürte die Schamesröte in seinem Gesicht hochschießen.

„Wusstest Du, dass Flieder bei uns Drachen den Geschlechtstrieb anregt?"

„Bitte?"

Plötzlich spürte Matthias etwas Warmes, Nasses in seinem Gesicht und hielt erschrocken den Atem an, als er begriff, dass der Drache gleich einem Hund Matthias durch das Gesicht leckte.

„Wenn Drachinnen in Hitze sind, verströmen sie einen ganz besonderen Duft. Und Flieder enthält die gleichen Duftstoffe", erklärte Scarratsh.

„Aber, ich habe nichts mit Flieder hier, weder die Seife noch...", wandte Matthias ein, doch Scarratsh winkte ab: „Egal, irgendetwas an Dir duftet nach Flieder und ich frage mich, was das wohl ist..."

„Ich... ich..." Mehr konnte der Mensch nicht mehr sagen, denn Scarratsh Zunge bahnte sich ihren Weg zwischen Matthias' Lippen.

Ein Menschenleben lang gehegte Sehnsüchte und Träume wurden in diesem Augenblick lebendig und die plötzlich aufkeimende Leidenschaft riss Matthias mit sich fort wie ein Tsunami. Er gab sich dem Drachenkuss hin, öffnete seine Seele und sog die überraschend angebotene Liebesbezeugung auf wie ein trockener Schwamm.

Drachentatzen pinnten ihn auf die Matratze und Scarratsh schob seinen schuppigen Leib auf den Menschen, löste schließlich den Kuss und zog seine Schnauzenspitze Matthias' Kinn entlang über den Hals hinunter bis zur von dem Pyjamaoberteil verdeckten Brust.

„Unverständlich", murmelte Scarratsh, „selbst zum Schlafen müsst Ihr Menschen Euren Körper noch bedecken. Weg damit..."

Der Drache zuckte lässig mit seiner Tatze und Matthias hielt seinen Atem an, als er das charakteristische Geräusch reißenden Stoffes hörte. Die rasierklingenscharfe Drachekralle hatte seine Haut jedoch nicht einmal geritzt.

Er kicherte etwas, als der warme Drachenatem über seine Brust strich. Die Ausbuchtung in seiner Hose war nur allzu prominent und Scarratsh gab einen schnurrenden Laut von sich.

„Selbstverständlich habe ich schon andere Drachenmännchen gesehen und auch Pferde. Aber ich war noch nie zuvor einem Menschen so nahe, wie ich es Dir nun bin. Ich würde mir das gerne einmal genauer ansehen."

Scarratsh strich behutsam mit der Pranke darüber und Matthias keuchte überrascht auf.

„Entspann Dich einfach."

Und schon hatte der Drache Matthias von der Pyjamahose befreit.

Der warme Drachenatem umschmeichelte Matthias' Glied, als Scarratsh es sanft beschnüffelte. Schließlich ließ er neckisch seine Zungenspitze über die Eichel gleiten, bevor er seine lange, glitschige Zunge um das Menschenglied wickelte.

Matthias stöhnte lustvoll auf, als er auf diese Weise zärtlich und doch fordernd gemolken wurde. Seine Gefühle fuhren Achterbahn und obwohl es normalerweise bei ihm durchaus länger dauerte, brachte ihn der Drache schon nach kürzester Zeit ans Ziel. Weiche Explosionen, Wogen der Leidenschaft und Matthias war mittendrin. Er schenkte dem Drachen, was ein Mann nur schenken konnte, und Scarratsh zog erschrocken seinen Kopf zurück, entließ das Glied aus dem zärtlichen Griff seiner Zunge. Er hatte _so_etwas noch nie geschmeckt, nicht einmal sich selbst, und er wusste nicht, was er von dem Geschmack halten sollte.

Matthias, der diesen Augenblick des Zögerns bemerkte, beeilte sich zu entschuldigen.

„Für was?" fragte Scarratsh und leckte sich den Samen von seiner Schnauze. „Ich habe nur noch nie einen Menschen geschmeckt, das ist alles. Aber ich frage mich jetzt, ob Du nicht auch den Drachen besser kennen lernen möchtest."

Matthias errötete etwas: „Du meinst, ich soll... ich darf wirklich..."

„Das wäre schließlich nur fair, oder?"

Mit diesen Worten rollte sich Scarratsh auf den Rücken, seine Flügel sorgsam unter sich gefaltet.

„Darf ich dabei das Licht anmachen? Ich würde Dich gerne dabei betrachten."

„Natürlich, wenn Du es möchtest?"

„Wie schön Du bist", flüsterte Matthias und strich behutsam über die helleren Schuppen, die Scarratshs Bauch und Brust bedeckten.

Der Mensch hatte seinen Kopf auf die Drachenbrust gelegt und ließ den Blick über den Drachen gleiten, während dieser mit weichen Tatzen spielerisch Matthias' Haare wuschelte.

Matthias stellte fest, dass die Drachenanatomie nicht sehr von den Vorstellungen abwich, wie sie von den meisten Drachen, die er aus dem Fandom her kannte, verbreitet wurden.

Das Drachenglied war in einer schuppigen Spalte versteckt und lugte etwas heraus, als Matthias behutsam und forschend mit seinen Fingern daran herumtastete.

Er brachte seinen Kopf näher an den Unterleib des Drachens und ein intensiver Geruch, fremdartig und doch vertraut, irritierend und aufregend zugleich, drang an seine Nase. Vorsichtig leckte er in die Spalte über die rosafarbene Spitze und entlockte Scarratsh ein wohliges Schnauben.

„Das mögen wir Drachen so gerne", schnurrte er leise.

Ermutigt durch diese Worte übte Matthias mit seiner Zunge ein wenig Druck aus und schon schob sich das Drachenglied langsam und prachtvoll aus seiner Schuppentasche heraus.

Matthias leckte an dem ersteifenden Schaft entlang nach oben, liebkoste das Organ mit seiner Zunge. Es war selbstverständlich für ihn, seinem Gast diesen Dienst zu erweisen, auch wenn ein Großteil der Menschen sich entweder davor geekelt oder sich zumindest hinter verkrusteten, engstirnigen Weltanschauungen verschanzt hätte. Doch zum einen war Matthias den Drachen immer schon zugetan gewesen und in seinem Bett lag nun die Erfüllung all seiner Träume, und zum anderen gab es nichts, vor dem man sich ekeln musste: Das Drachenglied war gerade zu ästhetisch und obgleich es natürlich, einem Drachen angemessen, sehr groß war, war es doch nicht zu groß, so dass er schließlich die Spitze von Scarratsh Männlichkeit in seinen Mund nehmen konnte. Er ertappte sich bei dem Gedanken, dass er mit ein wenig Training Scarratsh vielleicht auch noch auf eine andere Art und Weise zu Diensten sein könnte.

Der Drache schien ähnliche Gedanken zu haben, als er Matthias aufforderte, sich auf ihn zu legen, freilich ohne mit seinen Liebkosungen aufzuhören. Natürlich kam er diesem Wunsch nur allzu gerne nach und schob sich auf Scarratshs Bauch. Er ließ das Drachenglied so tief er konnte in seinen Mund gleiten und ein wohliger Schauer durchlief seinen Körper, als er samtweiche Tatzen an seinen Hinterbacken spürte, die ihn zärtlich streichelten.

Scarratsh bewegte leicht sein Becken und Matthias konnte bereits schmecken, dass der Drache seinem Höhepunkt immer näher kam.

Der Mensch nahm so viel von dem Glied auf, wie er nur konnte und er stöhnte leise auf, als er die Kralle spürte, die behutsam durch seine Spalte strich und an vorsichtig an seiner ffnung spielte.

Ein wohliges Grollen begleitete den salzig-bitteren Geschmack in Matthias' Mund, als Scarratsh seinen sehr warmen Liebessaft spendete.

Matthias ließ in seinen Bemühungen nicht nach und nahm eine Hand zu Hilfe, um auch noch den letzten Tropfen dem Drachen zu entlocken.

Als dessen Höhepunkt schließlich langsam abklang, säuberte Matthias das Drachenglied sehr gründlich mit seiner Zunge und platzierte einen zärtlichen Kuss auf die Spitze, bevor das verwöhnte Organ wieder in seiner Tasche verschwand.

Die Glückssträhne

Es war kein Traum gewesen. Als Matthias am folgenden Morgen erwachte, fand er zu seiner grenzenlosen Freude Scarratsh eng an sich gekuschelt vor. Die Luft im Zimmer war immer noch geschwängert mit den Düften ihrer Leidenschaft zueinander. Matthias ließ seinen Blick über den leise vor sich hin schnarchenden Drachen wandern. Keinesfalls würde er ihn aufwecken.

Er seufzte leise, als er die vergangene Nacht noch einmal Revue passieren ließ. Ihm war ein Privileg zuteil geworden, wie es wohl noch keinem Menschen vergönnt gewesen war, und ihm war klar, dass nach dieser Nacht sein Leben nicht mehr das war, was er bisher geführt hatte.

Es dauerte einige Momente, bis er sich bewusst wurde, was genau geschehen war: Er hatte sich in Scarratsh verliebt. Doch so wunderbar und elektrisierend diese Vorstellung war, so zogen bereits am Horizont seines Herzens die ersten Wolken auf: Was, wenn der Drache ihrem Austausch von Zärtlichkeiten gar keine Bedeutung beimaß? Wenn es sich für den Drachen einfach um einen angenehmen Zeitvertrieb gehandelt hatte? Abgesehen davon, welche Zukunft sollte eine solche Beziehung haben? Der Drache war ein Tier, er ein Mensch. Die Gesellschaft würde in ihrer Ignoranz und Borniertheit niemals eine solche Zweisamkeit dulden; andererseits, Matthias hatte sich schon lange dem moralischen Diktat des man entzogen. Schwerwiegender war aber der Umstand, dass Scarratsh eben ein Drache war und dieser an sich nicht in diese Welt gehörte und auch nicht gehören wollte, sprich, es war nur eine Frage der Zeit, dass er Matthias verlassen würde, egal, wie dick das Band der Liebe zwischen den beiden sich entwickeln würde - und wer sagte schließlich, dass der Drache ihn so sehr lieben würde wie er den Drachen?

Er seufzte und fasste schweren Herzens den Entschluss, dass er alles daran setzen würde, dem Drachen eine Rückkehr in seine Welt zu ermöglichen, eben aus dem Grund heraus, weil er ihn liebte. Gleichzeitig entschied er sich damit für eine Zukunft in Einsamkeit, denn etwas Besseres als Scarratsh - das war ja klar - würde es mit Sicherheit nicht mehr geben für ihn.

Doch momentan musste für ihn die Devise gelten, jeden gemeinsamen Augenblick mit Scarratsh zu genießen, selbst wenn dieser wieder in seine ruppige Art verfiel.

Vorsichtig stahl er sich aus dem Bett und machte sich daran, das Frühstück zu bereiten.

Er selbst trank morgens keinen Kaffee, doch Scarratsh war seinen eigenen Worten nach geradezu versessen darauf und daher hatte sich Matthias extra am Vortag noch einen Kaffeeautomaten zugelegt.

Das heißt, _zugelegt_konnte man nicht direkt sagen, denn vor einem großen Elektromarkt hatte sich die Herstellerfirma dieses Kaffeeautomaten mit einem Glücksrad präsentiert und jeder Passant durfte einmal kostenlos drehen. Matthias tat es - und gewann zu seiner eigenen Überraschung. Er konnte den Preis, zwar nicht der Haupttreffer, aber doch willkommen, wirklich gut gebrauchen. Einige Packungen Kaffee gab es extra dazu.

Scarratsh fand daran Gefallen, im Bett zu frühstücken. Dies hatte jedoch eher praktische Gründe als romantische, denn das Zimmer bot einfach nicht genügend Platz für einen Tisch mit Stühlen, an dem man hätte essen können. Matthias selbst pflegte seine Mahlzeiten stets an seinem Schreibtisch, der selbst auch schon hauptsächlich mit EDV-Equipment überfüllt war, einzunehmen und dabei irgendwelche Serien oder Filme, die er auf diversen Speichermedien gesammelt hatte, anzuschauen. Für den Drachen gab es nur die Option auf dem Fußboden zu kauern oder auf der Bettkante - da hatte er sich doch für die bequemere Variante des Frühstücks im Bett entschieden, zumal er diese schon bei seinem früheren Aufenthalt kennen gelernt hatte.

Zu Matthias' stillem Bedauern verlief das Frühstück im Großen und Ganzen schweigend, sah man von den gelegentlichen Bemerkungen, die der eine oder der andere machte, einmal ab.

Sie kamen überein, dass Matthias den Vormittag an seinem Computer Recherchen anstellte und nebenher einige unaufschiebbare Arbeiten für seinen Arbeitgeber verrichtete, während Scarratsh in Matthias' umfangreicher Bibliothek nach Hinweisen suchen wollte. An dem Plan, bei der Unglücksstelle selbst nach Spuren zu suchen, hielten sie weiterhin fest. Am Nachmittag würde Matthias im Rahmen von Einkäufen vor Ort die Lage sondieren, vielleicht war ja mittlerweile ein wenig Ruhe eingekehrt. Die Zeitungen waren voll von Berichten und vor allem wilden Spekulationen über dieses Unglück gewesen und nicht nur lokale Nachrichtensender hatten ausgiebig über die vermeintliche Gasexplosion berichtet.

„Und was machst Du da?"

Matthias zuckte erschrocken zusammen. Völlig unbemerkt hatte Scarratsh sein Frühstück beendet, war aufgestanden, hatte brav das benutzte Geschirr in die Spüle gestellt und war hinter Matthias getreten, der gerade gedankenverloren auf den Bildschirm starrte.

„Oh, schon fertig. Ach, ich lese gerade eine E-Mail von einem Freund, den ich beauftragt habe, eine größere Geschichte für mich zu schreiben."

„Du hast einen Poeten zum Freund?"

„Naja, Poet wohl eher nicht. Aber er schreibt recht hübsche Geschichten über Drachen. Aber er schreibt mir gerade, dass er zur Zeit so eingespannt ist und nicht dazu kommt, an Geschichtenschreiben auch nur zu denken. Sprich, er hat keine Zeit dazu. Wenn ich es aber recht bedenke, hat er in letzter Zeit nie mehr Zeit für etwas."

„Ja, die Zeit", sinnierte der Drache, „der Sand der Zeit wartet nicht einmal auf den Pharao, wie es so schön heißt. Aber das scheint generell ein Problem von Euch Menschen zu sein: Ihr habt Euer Leben unterteilt in immer kleinere Zeiteinheiten und Ihr lebt nur noch in der Sorge, möglichst viel von Allem in diese Zeiteinheiten zu packen, so dass Ihr am Ende vergesst zu leben. Eigentlich sollte es dieser Poet besser wissen. Sag mir, wie ist er denn so?"

„Wer?"

„Na, der Schreiberling, von dem Du gerade gesprochen hast."

„Oh, ach so, also, ich mag ihn."

„Ich meinte, was schreibt er denn so?"

„Sehr hübsche Drachengeschichten, sogar ein richtiges Buch hat er geschrieben. Ich mag seine Geschichten, auch wenn er damit nur in kleinstem Kreise erfolgreich ist. So weit ich weiß hat er es aufgegeben, seine Geschichten professionell zu veröffentlichen, was sehr schade ist, aber ich kann ihn verstehen. Die Gesellschaft ist nicht reif für solche einfühlsamen Drachengeschichten."

„Oh, er mag also Drachen?"

Matthias schüttelte den Kopf: „Nein, er mag Drachen nicht, er liebt sie regelrecht."

Scarratsh war wie elektrisiert, denn Menschen, die Drachen mochten, gab es weder bei ihm noch in dieser Welt nicht allzu viele.

„Du meinst lieben_lieben_?"

„Komm mit, ich zeige Dir mal das Buch, das er geschrieben hat. Kannst ja mal durchblättern."

„Du meinst, es könnte hilfreich sein für unsere Suche?"

„Das eher weniger, aber Du kannst Dir einen kurzen Eindruck darüber verschaffen, wie er so ist. Denn so schreibt nur jemand, der Drachen wirklich liebt."

Scarratsh grinste ein wenig anzüglich.

„Und denkst Du, er würde soweit gehen wie Du gestern Abend?"

„Mit Sicherheit, er ist da noch weitaus offener wie ich."

Matthias' wandte sich hastig ab und griff nach dem Buch, um es Scarratsh zu geben. Er hatte zwar den ganzen Morgen gehofft, der Drache würde auf die Geschehnisse der vergangenen Nacht eingehen, aber diese Frage überraschte ihn - und sie gab ihm keinerlei Aufschluss darüber, was Scarratsh dabei empfunden hatte. Auch dessen Antwort half ihm nicht weiter: „Faszinierend. Ihr Menschen gebt mir immer wieder Rätsel auf, Ihr seid alle so widersprüchlich in Eurem Denken und Tun. Nun ja, es ist schön, dass es Menschen so wie Dich gibt oder diesen Poeten."

„Soll ich ihm von Dir erzählen? Ich meine, er wird Dich dann aber vielleicht sehen wollen..."

„Ja, warum nicht", sagte Scarratsh und nahm das Buch vorsichtig in Empfang. „Was ist ein Thornwing?"

„So heißt der Drache in dieser Geschichte."

„Ich verstehe", nickte Scarratsh und schob, wieder ganz der Alte, hinterher: „Und nun genug geplaudert. Erzähle noch geschwind dem Poeten von mir und mache Dich dann gefälligst an die Arbeit. Ich möchte nach Hause."

„Ist schon recht! Oh!"

„Was ist los? Wieder eine Verzögerung?"

„Wie man es nimmt. Wenn man vom Esel spricht... Er ist gerade online gekommen."

Matthias deutete auf eines der vielen Fenster auf dem Bildschirm, das gerade aufblinkte, und kicherte: „Da, lies!"

„Was schreibt er? Dass er mich kennen lernen will?"

„Nein, von Dir konnte ich ihm noch nicht schreiben. Er ist nur kurz online gekommen, um mir zu sagen, dass er derzeit keine Zeit hat, online zu kommen. Er ist auch schon wieder offline, also weg."

Scarratsh seufzte etwas, das wie Menschen! klang und zog sich in das angrenzende Zimmer zurück, um sich dem Literaturstudium zu widmen, während sich Matthias ebenfalls an die Arbeit machte.

Es war lange nach dem Mittagsläuten, als Matthias endlich das Grummeln seines Bauches wahrnahm und auch Scarratsh beklagte sich schon dementsprechend.

Seufzend stand er auf und streckte seinen Rücken durch. Er hatte so gut wie gar nichts erreicht. Zwar hatte er mit seinem Chef gesprochen, dass er frei brauchte, aber das schien die Anrufer, die ihn plagten, nicht im Geringsten zu interessieren. Andauernd läutete das Telefon und das Eine war wichtiger und eiliger als das Andere...

„Na los, besorge uns schon was zum Essen, ich werde in der Zwischenzeit in dem Buch lesen, das Du mir gegeben hast. Ich habe etliche Deiner anderen Bücher durchgesehen. Ich bin erstaunt, dass ich auch den Koraktor bei Dir gefunden habe. Aber ich habe nirgendwo etwas Brauchbares gefunden."

Matthias wollte etwas erwidern, doch Scarratsh setzte nach: „Und Du halte hier jetzt keine Maulaffen feil, sondern mach Dich auf den Weg, ich verhungere. Ach ja, und nicht wieder diese minderwertige Ware, die Ihr Menschen tatsächlich die Stirn habt _Fleisch_zu nennen. Gehe zu dem nächsten Schlachter, den Du siehst, und kaufe ordentliches Fleisch, am besten von einer Kuh."

„Na, Du machst mir Spaß. Wovon soll ich das bitte schön bezahlen?"

Scarratsh blickte Matthias tief in die Augen, bis dieser schließlich seinen Blick senkte. In seinem Körper kribbelte es, als würde eine ganze Ameisenarmee über seine nackte Haut krabbeln.

„Irgendwann", sagte Scarratsh schließlich, „wirst Du es auch noch lernen, die Worte eines Drachens nicht in Frage zu stellen. Tu einfach, was ich Dir gesagt habe. Bringe mir leckere Beute mit und alles wird gut."

Damit stapfte Scarratsh zurück zum Bett und machte es sich mit dem Blazstorm-Buch gemütlich, ohne Matthias auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen.

Es war wieder schwül und dampfig geworden und es war so sicher wie das Amen in der Kirche, dass es später wieder gewittern würde. Tatsächlich zog sich der Himmel bereits jetzt schon zu. Vielleicht würde sich ja heute Abend eine Gelegenheit bieten, nach Hinweisen und Spuren zu suchen.

Matthias war so sehr in Gedanken versunken, dass er beinahe in die aufgestellte Klapptafel gelaufen wäre.

Neueröffnung! stand in gelber Kreideschrift geschrieben. Doch interessant war, was darunter stand: Eröffnungsangebot: T-Bone-Steaks vom deutschen Rind nur 19,70 EUR / Kilo.

Matthias konnte der Angebotstafel noch entnehmen, von welchem Bauernhof - es handelte sich um einen kleinen Betrieb direkt am Ortsrand - das Fleisch stammte und diverse Gütesiegel gab es auch.

Der Preis war extrem günstig, auch wenn es für Matthias immer noch relativ viel Geld war.

Dennoch hatte er, als er, freilich nach einer gewissen Wartezeit, wie üblich bei Neueröffnungen, ordentlich Fleisch in seinem Einkaufsbeutel und sogar noch mehr, als ihm eigentlich berechnet worden war.

Auch in dem großen Supermarkt erlebte er eine angenehme Überraschung: Er war der soundsovielte Kunde und bekam von der Marktleitung einen großzügig bemessenen Einkaufsgutschein überreicht, in diversen Abteilungen drückte man ihm Probepackungen in die Hand, praktischerweise immer genau das, was er eigentlich gerade kaufen wollte und von den lokalen Verkehrsbetrieben, die sich im Eingangsbereich des Einkaufszentrums werbend positioniert hatten, bekam er einen kostenlosen Fahrschein, der ihn berechtigte, sämtliche Busse und andere öffentliche Verkehrsmittel in der Stadt und in deren Umland einen Monat lang zu benützen.

Diese unverhoffte Glückssträhne wurde Matthias allmählich unheimlich und eine innere Stimme sagte ihm, dass darin Scarratsh auf irgendeine Art und Weise involviert war. Doch warum sollte er sich darüber seinen Kopf zerbrechen, Glück war Glück und gerade er konnte das gerade wirklich gut gebrauchen.

Die Avvocatunculi

„Puh! Musste das jetzt sein?" fragte Matthias und wedelte sich mit einer Hand frische Luft zu. Bildete er es sich nur ein oder hatten bei Scarratshs Rülpser gerade im wahrsten Sinne des Wortes die Fenster gewackelt?

„Verzeihung", erwiderte der Drache und lehnte sich zurück. Er streichelte sich mit einer Tatze über seinen nun wohlgefüllten Bauch. „Aber ich konnte es nicht unterdrücken. Sei froh, dass keine Flamme hinterher gekommen ist."

„Das fehlte gerade noch. Vor allem habe ich ehrlich gesagt momentan genug von Drachenflammen."

„Was denn? Hat es Dir denn etwa nicht geschmeckt? Ich denke, Ihr Menschen mögt es doch, wenn das Fleisch gegrillt ist."

Die Steaks waren sehr schmackhaft gewesen, wenngleich Scarratsh den Begriff, mit dem eine bekannte Hamburgerkette Werbung für seine Produkte machte, etwas zu wörtlich genommen hatte. Flamegrilled war nun doch nicht geeignet in beengten Stadtwohnungen und aus diesem Grund waren nicht nur die Steaks äußerst gut durch, sondern auch Teile der Kücheneinrichtung präsentierten sich nun deutlich geschwärzt.

„Und habe ich es Dir nicht gesagt? So schwer ist es doch gar nicht gewesen, für Deinen Lieblingsdrachen eine ordentliche Mahlzeit aufzutreiben."

„Wie hast Du Dich gerade selbst bezeichnet?"

Doch Scarratsh überging diese Frage und fragte stattdessen: „Und Du willst jetzt dann zu der Ruine hingehen? Keine Absperrung mehr?"

„Nein, anscheinend ist für die Behörden der Fall erledigt."

„Gut!" Die Reptilienaugen glitzerten. „Ich werde Dich begleiten. Denn ich weiß jetzt, wonach wir suchen müssen."

„Wie bitte?" Matthias war wie vom Donner gerührt. „Sag schon, was hast Du rausgefunden? In einem meiner Bücher?"

„Ja, sozusagen", erwiderte Scarratsh, erhob sich und verschwand in das Nebenzimmer.

Kurze Zeit später kehrte er mit einem Buch zurück und als Matthias sah, was es für eines war, sagte er seufzend: „Ich will ja kein Spielverderber sein, aber, glaube mir, nichts, was da drin steht, könnte uns weiterhelfen."

„Ach, und warum nicht?"

„Ich habe Dir doch erklärt, dass das Buch von einem Freund von mir geschrieben worden ist. Es ist zwar genial und es zeugt von seiner Liebe zu Drachen, aber mehr halt auch nicht. Er hat keinerlei magische Begabung, verdammt, er interessiert sich nicht einmal dafür."

„Und doch", Scarratshs Krallenspitze trommelte auf den Buchdeckel, „hat Dein Freund hier etwas beschrieben, was dem entspricht, was ich bisher in meinem Leben von den älteren Drachen gelernt habe. Ich bin mir sicher, dass es das ist, wonach wir suchen müssen."

Matthias schüttelte den Kopf. „Nie und nimmer. Aber wenn Du darauf bestehst, suchen wir halt danach, auch wenn das totaler Humbug ist."

„Wenn Du Dir so sicher bist, können wir doch ein Spiel machen", schlug Scarratsh vor und schob sich dabei dichter an Matthias heran.

Der junge Mann spürte die Drachentatze auf seiner Schulter und wie so oft wurde ihm ob dieser Geste ganz warm ums Herz.

„Was für ein Spiel?" fragte er und blickte Scarratsh in die Augen.

„Nun ja, Spiel vielleicht nicht gerade, eher eine Wette."

„Ich höre?"

„Ganz einfach: Wenn wir vor Ort solche... Punkte finden, wie sie Dein Freund in seinem Buch Thornwing beschrieben hat, dann machst Du mich glücklich, und wenn nicht, dann werde ich Dich heute Abend so verwöhnen, wie Du es auch immer magst. Was sagst Du dazu?"

Scarratsh lächelte, soweit man bei einem Drachen von Lächeln sprechen konnte.

Matthias' Knie wurden weich, als er sich der Bedeutung dieser Worte bewusst wurde. Scarratsh sah in ihm einen akzeptablen Partner und es war ihm eine große Ehre, auf diese Weise gesagt zu bekommen, dass er dem Drachen durchaus Lust bereiten konnte. Und wer weiß, vielleicht empfand der Drache ja noch mehr für ihn.

Matthias erwiderte das Lächeln und fragte leise: „Und wie kann ich einen Drachen am besten glücklich machen? Verrätst Du es mir?"

Der Drache sagte es ihm gerade heraus und Matthias errötete etwas.

„Hmmm, ich weiß nicht, ob ich das fertig bringe. Aber es ist interessant, das ist auch das, was mein Freund von mir will, wenn wir uns treffen. Anscheinend mögt Ihr Drachen das wirklich sehr gerne, oder?"

„Natürlich", erwiderte Matthias. „Alle Drachenmännchen lieben das. Für uns ist das ein Zeichen besonderer Zuneigung und auch eine Art Respektbezeugung uns gegenüber, vor allem, wenn man als Drache eine gewisse... dominante Ader hat."

„Dominante Ader?" wiederholte Matthias. „Ich frage mich gerade, weshalb Du Dich mit solchen Dingen auskennst. Sagtest Du nicht einmal, dass Du ein sehr junger Drache bist und Dich auch noch nicht gepaart hast?"

„Das heißt aber nicht, dass man nicht schon selber Erfahrungen gemacht hat und man nicht mitbekommt, was einem andere Drachen erzählen. Manche Dinge kennt man einfach von Anfang an und weiß, dass man sie schätzt."

„Ich verstehe", erwiderte Matthias. „Also gut, abgemacht, ich werde es versuchen. Aber versprechen kann ich Dir nichts und wenn, dann lass uns vorher bitte zusammen duschen."

Scarratsh Augen blitzten auf: „Wenn Du meinst, dass es erforderlich ist, bitte sehr. Aber so wie es aussieht gehst Du davon aus, dass ich in Bezug auf einen möglichen Übergang Recht behalten werde."

„Die Aufregung hat sich gelegt, nirgendwo noch eine Spur von irgendeiner Polizeipräsenz", stellte Matthias fest, nachdem er zum wiederholten Male die betreffende Straße auf und ab gegangen war. Er hatte Scarratsh wieder abgesetzt, da es sehr unwahrscheinlich war, dass um halb zwei Uhr morgens noch irgendwelche Passanten unterwegs waren - und zur Not, hochgehoben als Handpuppe war der Drache schnell.

„Bis auf das hier!"

Scarratsh ließ mit einem leichten Schnauben das rot-weiße Baustellenband erzittern, das man um die wenigen Überreste, die man als Grundmauern des Häuserblocks ausmachen konnte, gespannt hatte. Sie blickten sich noch einmal um und stiegen unter der Absperrung hindurch.

Matthias hatte eine starke Taschenlampe mitgenommen, aber aus verständlichen Gründen wollte er diese nicht allzu häufig einschalten, zumal der Sternenhimmel dieser lauen Sommernacht genügend Helligkeit verlieh. Aber so sehr sie sich auch umsahen, sie fanden keinerlei Hinweis - und dennoch, Scarratsh verspürte ein eigenartiges Kribbeln an seinen Schuppen.

„Irgendetwas ist da, was nicht so ist wie sonst in Eurer Welt", meinte er schließlich und blieb so abrupt stehen, dass Matthias in ihn hineintrat.

„So pass doch auf, Du dummer Mensch!"

„Hoppla. Entschuldige bitte, aber Du bist so abrupt stehen geblieben - oh..."

Vor ihnen, schwarz in den Steinen, tat sich eine Stiege auf, die nach unten führte. Matthias ließ kurz die Taschenlampe aufleuchten: „Anscheinend geht es da in einen Keller hinunter. Die Tür sollte kein Problem darstellen."

In der Tat gab es eine Eisentür, die der Druck der Explosion - oder was auch immer hier geschehen sein mochte - teilweise aus den Angeln gerissen hatte.

Sie blickten einander an.

„Kannst Du Dich erinnern, ob der Typ, der Dich gerufen hat, eventuell in einem Keller saß?"

„Wie hätte ich das Deiner Meinung nach erkennen sollen?"

„Auch wieder wahr. Gehen wir runter?"

„Natürlich, auch wenn ich Gänseschuppen habe."

„Du hast was?"

„Gänseschuppen. Ihr Menschen sagt doch so - bevor Du einen Deiner intelligenten Kommentare loslässt: Ich weiß natürlich sehr wohl, dass es bei Euch Gänse_haut_ heißt. Aber wir Drachen haben nun einmal nur Schuppen."

„Und wie nennt Ihr das in Eurer Sprache, dieses Gefühl?"

Scarratsh lächelte und sagte etwas, aber Matthias hatte bereits nach dem Eingefühldesunangenehmüberalleschuppendeskörperstreichendes... aufgehört, den Ausführungen zu dem dracologischen Äquivalent einer Gänsehaut zu folgen.

In den Kellerräumen sah es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Überreste von Waschmaschinen, Fahrrädern und allerlei anderen Dingen, die man üblicherweise in den Kellergeschossen eines Wohnblocks vorfindet, zeugten von der unfassbaren Gewaltauswirkung, die hier zugange gewesen war.

Scarratsh schnüffelte in die staubige, modrige Luft und erschauderte.

„Doch, ganz sicher: Ich rieche die Präsenz von irgendwas, was hier definitiv nicht her gehört."

„Du meinst die eines Avvoca... Avvocadingensbumms?" fragte Matthias und ließ den Schein der Taschenlampe einmal hierhin und dann wieder dorthin wandern.

„Avvocatunculus", half Scarratsh weiter. „Ja, das wird es wohl sein."

„Und ich fürchte, Du könntest Recht haben, schau mal da."

Der Scheinwerferkegel beleuchtete eine Kreidezeichnung, die allmählich verblasste.

„Das war ein Pentagramm", stellte Matthias fest, als er sich auf die Knie niederließ und sich umsah. Der Typ muss in den Keller gegangen sein, warum auch immer."

„Vielleicht wollte er keinen Avvocatunculus in sein Zimmer holen?"

„Mag sein. Lass uns nun sehen, ob wir etwas finden - was auch immer es sein soll."

„Ja, mit etwas Glück bin ich vielleicht schon bald wieder bei mir zu Hause - und Du hast auch endlich Deine gewohnte Ruhe wieder."

Matthias' Herz tat einen Stich. Er wollte schon sagen Und wenn ich diese Ruhe gar nicht möchte?, doch er schluckte das hinunter, denn es war einfach töricht von ihm gewesen anzunehmen, dass der Drache bei ihm bleiben würde bis... nun ja, wie alt konnten Drachen eigentlich werden?

„Du hast doch sein Buch gerade gelesen, was beschreibt mein Freund da nun genau? Das würde die Suche durchaus erleichtern."

„Nun ja, er blieb etwas vage und...", begann Scarratsh ein wenig zerstreut und plötzlich prallte er zurück, als ob er gegen eine unsichtbare Barriere gestoßen wäre.

Langsam hob der Drache eine Tatze und zuckte gleich wieder zurück, als ob er einen elektrischen Weidezaun berührt hätte.

„Da ist es", keuchte er. „Ich kann es auch an meinen Schuppen spüren. Dein Freund hat dieses Gefühl erstaunlich gut beschrieben, ich frage mich, wie er das konnte, wenn er doch kein Drache ist und er auch nichts mit Übergängen und Magie zu tun hat."

„Er liest wahrscheinlich viel", erklärte Matthias. „Hast Du den Übergang gefunden?"

Scarratsh antwortete nicht gleich und stocherte mit einer Kralle in der Luft herum. Es sah so aus, als würde er an etwas kratzen. Plötzlich brüllte er schmerzerfüllt auf und sprang zurück.

„Los, weg hier, schnell!"

„Was?"

„Beweg Dich, das ist eine Falle! Eine Falle des Avvocatunculus - ich habe nicht gewusst, dass die in diesen Kategorien überhaupt denken können!"

„Aber..."

Doch als der Drache die Treppe nach oben hinauf rannte, stellte Matthias keine weiteren Fragen mehr und folgte dem Drachen blindlings.

Beide kamen gleichzeitig nach einem rekordverdächtigen Spurt an Matthias' Wohnung an.

Als er wieder zu Atem kam, fragte er: „Was war da los, verdammt nochmal?"

Scarratsh stöhnte auf: „Was los war? Nur, dass ich Recht hatte. Der Avvocatunculus hat beim Eintritt in diese Welt sozusagen ein Tor geöffnet. Nur er hat nicht vergessen, wie ich angenommen hatte, es zuzumachen, sondern er hat es mit einer Falle versehen. Egal, wer oder was durch diesen Übergang kommt in die Welt des Avvocatunculus, es wird zerstört. Ich kann Dir nicht sagen, wie er das geschafft hat und warum er das gemacht hat. Fest steht nur, dass ich da nicht durch kann und ich daher für immer hier festsitze. In dieser elenden Welt der Menschen. Wahrlich, ich bin kein sehr glücklicher Drache!"

Matthias lehnte sich vor und nahm Scarratsh tröstend in die Arme. „Wir versuchen es gleich morgen noch einmal, diesmal aber da, wo Du in diese Welt eingetreten bist."

Der Drache schüttelte verzagt den Kopf: „Vergiss es. Wahrscheinlich sind diese Übergänge auch irgendwie manipuliert worden - wenn sie denn überhaupt noch existieren. Nein, ich bin hier für immer gefangen. Ist ja auch kein Wunder, ich bin schon immer ein Unglücksdrachen gewesen."

„Rabe", verbesserte Matthias.

„Hmmm?"

„Rabe. Es heißt Unglücks_rabe_", erklärte Matthias.

„Und siehst Du hier irgendwo einen Raben?" fuhr Scarratsh auf.

„Entschuldige", erwiderte Matthias schwach. „Ich glaube, ich wollte Dich nur ablenken. Wenn ich doch nur wüsste, was wir tun können."

„Beten und hoffen? Ich denke, Du könntest noch einmal Deine Bücher befragen. Vielleicht kannst Du ja doch irgendeinen Zauber wirken."

„Ich bezweifle es, aber ich werde noch einmal meine Bücher durchforsten. Und ich werde vielleicht einmal die Kollegen des Magischen Zirkels fragen, vielleicht hat da wer von denen eine Idee. Obwohl..."

„Richtig", unterbrach der Drache Matthias' Überlegungen, „frage besser niemanden. Es ist nicht gut, wenn publik wird, dass hier ein Drache ist. Aber, wenn Du schon jemanden fragen willst, warum nicht ihn?"

Scarratsh griff nach dem Thornwing-Buch, das immer noch auf dem Schreibtisch lag.

„Warum? Ich verstehe nicht, wie mein Freund uns weiterhelfen sollte."

„Manchmal haben Außenstehende ganz gute Einfälle. Und schließlich hat er ja durchaus eine richtige Idee gehabt. Du könntest ihn bitten, herzukommen."

„Ach komm, das braucht's nun wirklich nicht", warf Matthias ein und seufzte. Aber er konnte dem Drachen schließlich nicht gut sagen, dass er die Zeit - wie lange auch immer - mit Scarratsh ganz alleine verbringen wollte. Andererseits, gerade weil er den Drachen liebte, musste er alles in seiner Macht stehende tun, um ihm die Rückkehr in seine Welt zu ermöglichen. Und wenn der Drache der Meinung war, dass sein Freund in irgendeiner Art und Weise behilflich sein könnte, warum nicht es nicht auf den Versuch ankommen lassen...

„Also gut, ich schreibe ihm. Ich werde ihm alles erzählen und dann sehen wir weiter."

„Tu das", nickte Scarratsh und rückte dichter an Matthias heran, „und dann versuchen wir dem Abend doch noch etwas Positives abzugewinnen. Du schuldest mir noch was."

Die Dusche

Das warme Wasser fühlte sich angenehm an auf den seidig weichen Schuppen und doch hatte es einen anderen Grund, dass Scarratsh wohlig brummelte.

Er stand breitbeinig ein wenig vornüber gebeugt in der Wanne und während von oben das wunderbar temperierte Wasser hernieder prasselte, genoss er Matthias' liebkosende Zunge unter seinem Schweif.

Der Drache hatte Recht gehabt: An und für sich wäre ein vorheriges Baden oder Duschen gar nicht erforderlich gewesen. Der Mensch hatte sein Gesicht feste gegen das Drachenhinterteil gepresst und der schwere, doch sehr angenehme Drachengeruch erregte ihn aufs Höchste, während er mit seiner Zunge die intimsten Zonen des Drachens erkundete. Zuvor hatte er Scarratsh mit edlem Duschgel - Matthias hatte noch eines mit der Duftrichtung Flieder auftreiben können - eingeseift, zärtlich den cremigen Schaum in die Schuppen massiert und dem Drachen auf diese Weise das eine und das andere wohlige Grummeln entlockt.

„Mrrr ja, das fühlt sich wunderbar an, was Du da machst, mein Freund", grollte Scarratsh leise und Matthias spreizte die Hinterbacken des Drachens ein wenig mit seinen Händen auf, um einen noch besseren Zugang zu bekommen. Der Geschmack war ganz leicht bitter und erinnerte ein wenig an Eisen, doch Matthias war so sehr von seiner Leidenschaft zu dem Drachen ergriffen, dass ihm das nicht im Geringsten störte. Er liebte Scarratsh und er wollte ihn glücklich machen auf jede Art und Weise, die der Drache nur von ihm wollte. Es war ihm eine Ehre, auf diese Weise einem Drachen zu Diensten zu sein.

Er verwöhnte leckend und küssend die Drachenrosette und ignorierte dabei sein eigenes Glied, das vollständig ersteift war.

Matthias zuckte leicht zusammen, als er völlig unerwartet etwas an seiner Männlichkeit verspürte: Die Spitze des langen, biegsamen Drachenschweifs liebkoste behutsam das Männerglied und Matthias fragte sich unwillkürlich, ob es nur ein angenehmer Zufall war oder der Drache tatsächlich auch an ihn dachte. Doch die liebkosenden Bewegungen des Drachenschwanzes waren zu präzise, zu geschickt, um nur ein Zufall zu sein und Matthias genoss diese Berührungen zusammen mit dem intensiven Drachengeruch und dem herben Geschmack so sehr, dass er es nicht einmal bemerkte, wie nahe er seinem Höhepunkt kam.

Auch das Drachenglied war mittlerweile vollständig ausgeschachtet und unwillkürlich tastete Matthias danach. Groß und schwer lag es in seiner Hand, pulsierend. Es war faszinierend und doch ein wenig Furcht einflößend, zumal der Drache genau in diesem Augenblick leise fragte: „Möchtest Du es einmal versuchen, mein Freund?"

Matthias errötete wie eine Tomate: „Ich... ich... aber ich weiß nicht so recht, es ist doch sehr groß und dann..."

„Ich werde behutsam sein, das verspreche ich Dir, mein Freund", erwiderte Scarratsh leise und wandte sich vollständig zu dem vor ihm knienden Menschen um. Er blickte zärtlich auf ihn herab, während das warme Wasser immer noch auf beide herabprasselte.

Matthias griff nach einer Tube, die ebenfalls am Badewannenrand aufgestellt war und mit dem Wort Flutschi beschriftet war.

„Und was ist das?" wollte der Drache interessiert wissen und zog seine Nüstern kraus, als er daran schnüffelte, während sich Matthias eine ordentliche Ladung davon in seinen Handteller drückte.

„Ich fürchte, ohne dem wird es gar nicht gehen", lächelte er und verrieb das Gleitmittel an dem mächtigen Drachenglied.

Matthias durchlief ein Schauer. Der Gedanke an die unmittelbar bevorstehende Vereinigung mit dem Drachen, auch der symbolische Charakter dieses Aktes, war extrem erregend für ihn, aber gleichzeitig war es nur allzu offensichtlich, dass es eine schmerzhafte Angelegenheit werden würde.

„Das fühlt sich... seltsam an", brummte Scarratsh leise und man sah ihm an, dass er es kaum noch erwarten konnte.

Dann richtete sich Matthias auf, griff hinter den Drachen zu den Armaturen, um das Wasser abzustellen und stützte sich dann mit seinen Händen am Badewannenrand ab.

„Sei bitte vorsichtig, ja?"

Doch eine innere Stimme sagte ihm, dass man von einem Drachen in dieser Beziehung nicht sehr viel Einfühlungsvermögen erwarten konnte, zumal Scarratsh selbst aufs Höchste erregt war und er sich von hinten gegen den Menschen presste.

„Das wird schon passen. Mir ist durchaus klar, dass es Dir vielleicht auch wehtun wird, aber man wird sehen... Mach Deinen Mund auf."

„Hmmm? Ohhpff..."

Der Drache hatte zwei seiner Krallen in Matthias' Mund geschoben, gerade so, als ob ihm ein Beißholz zwischen die Zähne geschoben hatte. Vielleicht sollten sie ja eine ähnliche Funktion haben...

Der Drache drückte ihn mit seinem Körpergewicht vornüber über den Wannenrand und rieb seine glitschige Gliedspitze an den Hinterbacken seines Freundes.

„Versuch Dich zu entspannen. Wenn es Dir zu sehr wehtut, gebe mir ein Zeichen und ich höre sofort auf - wenn ich das Zeichen bemerke, heißt das", sagte Scarratsh mit beruhigender Stimme.

Der Drache übte ein wenig Druck aus und die gewaltige Penisspitze drang langsam in ihr Ziel ein. Er packte mit seinen krallenbewehrten Tatzen Matthias an den Seiten und hielt ihn fest.

„Ich hab Dich gerne", flüsterte er mit samtig weicher Stimme und just in diesem Augenblick schob der Drache seine Hüfte kraftvoll nach vorne. In einer einzigen, fließenden Bewegung überwand das Drachenglied jeden Widerstand, bis es vollständig in dem Menschenhintern verschwunden war und die freiliegenden Drachenhoden gegen Matthias' Hinterbacken klatschten.

Scarratshs Brust entfuhr ein lustvolles Knurren, während trotz der Knebelung ein schmerzerfülltes Wimmern zu vernehmen war. Tränen rannen Matthias' Gesicht herab und er grub seine Zähne in die Drachenkrallen in seinem Mund, was dieser jedoch freilich nicht einmal bemerkte. Und doch, um nichts auf der Welt hätte Matthias dieses Gefühl jetzt missen wollen. Er versuchte sich zu entspannen und tröstete sich mit dem Gedanken, dass es beim nächsten Mal schon einfacher gehen würde.

„Du bist so schön eng und warm, mein Freund", flüsterte Scarratsh und verhielt noch einige Augenblicke, die Hitze und die Enge genießend. Dann zog er sein Glied langsam - nahezu spielerisch - zurück.

Kraftvoll versenkte er es wieder, nur um dann erneut langsam zurückzuziehen.

Scarratsh verfiel in eine steten, aber harten Stoßrhythmus und Matthias gewöhnte sich tatsächlich allmählich an den Eindringling, konnte sich sogar langsam entspannen.

Zärtlich flüsterte Scarratsh: „Hältst Du es noch aus, mein Freund? Jedenfalls scheinst Du nicht ganz unerfahren zu sein, hmmm?"

Es stimmte, und Matthias war insgeheim froh darüber, denn es war durchaus schmerzhaft für ihn, wenngleich das Lustgefühl deutlich überwog - der Drache ging tatsächlich behutsam mit ihm um, soweit ein Drache überhaupt behutsam sein konnte. Aber er mochte sich gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn er ganz ungeübt gewesen wäre.

Matthias konzentrierte sich darauf, ruhig zu atmen und sich zu entspannen und nach einigen Stößen des Drachens spritzte sein eigener Samen auf den Badewannenrand und an die anschließenden Kacheln.

Scarratsh grollte erfreut auf und zusätzlich erregt durch den - nicht einmal beabsichtigt herbei geführten - Orgasmus seines Gespielen, trieb er sein Glied noch kraftvoller wieder und wieder in sein Ziel.

Der Drache brüllte kehlig seine Lust heraus, als sein Liebessaft tief in Matthias spritzte und diesen füllte. Immer weiter stieß er in seinen Freund, pflanzte Ladung um Ladung seines Samens in Matthias, diesen immer noch in eisernen Griff haltend, bis schließlich der Höhepunkt langsam verebbte.

Ein wenig zittrig auf seinen Beinen ließ er sein Glied aus der überdehnten ffnung heraus gleiten und hielt dabei Matthias im Gleichgewicht, als dieser drohte zu kollabieren.

„Das war wunderbar, mein Freund", seufzte er befriedigt und drehte das Wasser wieder auf, um mit dem Brausebad fortzufahren. „Magst du mich noch säubern, mein Freund?"

„Was für eine Frage", murmelte Matthias mit leicht zittriger Stimme und ließ sich vor seinem Freund gehorsam auf die Knie nieder. Scarratsh rieb sein verschmiertes Glied durch das Gesicht des Menschen; der intensive Geruch des Drachensamens ließ Matthias sein wie Feuer brennendes Hinterteil vergessen.

Zärtliche Drachentatzen liebkosten sein Gesicht, während Matthias mit seiner Zunge sorgfältig das dargebotene Glied von Samenresten befreite.

Dann richtete er sich auf und lächelte den Drachen an: „Soll ich noch einmal Deine Schuppen polieren?"

„Mit dem Handtuch, ja, durchaus", erwiderte Scarratsh, stellte das Wasser ab und trat aus der Wanne.

Er schnaubte genüsslich, als Matthias ihn in ein flauschiges Badetuch einhüllte und er griff seinerseits nach einem, um damit den Menschen abzutrocknen.

„Kommst Du nicht zu mir?"

Scarratsh hatte es sich bereits im Bett gemütlich gemacht.

„Doch gleich", erwiderte Matthias, der immer noch das Badetuch umgeworfen hatte und sonst nichts weiter anhatte.

„Ich will nur gerade nachschauen, er hat schon auf meine Mail geantwortet... Na, toll! So ein Idiot!"

Matthias setzte sich hin und überflog die Zeilen vor ihm auf dem Bildschirm.

„Was ist los?" erkundigte sich Scarratsh, „will er uns nicht helfen? Kann er nicht kommen?"

„Nein, nein, er wird kommen - übermorgen", antwortete Matthias und lehnte sich frustriert zurück.

„Aber das ist doch wunderbar? Oder was meinst Du?"

„Ach, es ist wegen der Geschichte, Anscheinend hat er irgendeine Schreibblockade oder so. Jedenfalls hat er eben angekündigt, nie wieder was schreiben zu wollen."

„Das sagen Schreiberlinge immer, das ist in meiner Welt nicht anders. Und nun ab ins Bett! Lass uns die Zeit, die ich in Deiner Welt bin, sinnvoll nutzen."

Seufzend kletterte Matthias zu Scarratsh ins Bett, doch seine Laune besserte sich schon nach wenigen Augenblicken, als er die samtig weichen Drachenschuppen an seiner nackten Haut spürte und die warme Drachenzunge genoss, die sein Gesicht zärtlich umspielte. Er konnte und wollte sich nicht zurückhalten und er versuchte erfolgreich, Scarratshs Zunge mit der eigenen zu erhaschen. Drache und Mensch gaben einander hin in einem zärtlichen, innigen Kuss. Matthias strich liebevoll über die schuppige Drachenwange.

Er war es dann auch, der nach einer Weile den Kuss löste und sich zum Fußende des Bettes bewegte, so dass er den Unterleib des Drachens vor seinem Gesicht hatte. Zu seiner Freude war das Drachenglied bereits ausgeschachtet und Matthias nahm es als Zeichen, dass er dem Drachen durchaus etwas bedeuten musste, denn sonst würde wohl dieser kaum mit so viel unverhohlener Lust auf ihn reagieren.

Scarratsh lächelte, denn er verstand nur allzu gut, worauf der Mensch hinaus wollte. So beugte er sich vor und seine glitschige Reptilienzunge tastete nach der ihm dargebotenen Männlichkeit, umschmeichelte und liebkoste sie. Matthias stöhnte lustvoll auf und ließ seinerseits das Drachenglied in seinen Mund gleiten, um es zärtlich zu verwöhnen. Er umkreiste mit seiner Zunge die charakteristische Spitze des Gliedes und schmeckte schon bald die ersten salzig-bitteren Tröpfchen der Vorfreude, die der Drache absonderte.

Auch der Drache gab sein Bestes, um den Menschen zu beglücken und so leckten, saugten und liebkosten sie einander, bis sie beide an den Gipfelpunkt ihrer Lust getrieben wurden.

Scarratsh war der Erste, den die Woge ihrer Leidenschaft für einander mit sich riss und sein heißer Liebessaft spritzte tief in den Rachen seines menschlichen Gefährten, der seine Augen weit aufriss und alles schluckte, was der Drache ihm schenkte, während er gleichzeitig sein eigenes Kommen spürte. Matthias' Sahne spritze auf Scarratshs Zunge, der es sich schmecken ließ und weiterhin seinen eigenen Höhepunkt genoss.

Nachdem bei beiden langsam die Lust abgeebbt war, kuschelte sich Scarratsh eng an Matthias und genoss das Nachglühen. Sie verschmolzen erneut in einem leidenschaftlichen Kuss und schmiegten sich aneinander - warme, samtige Schuppen gegen nackte, weiche Haut - und hüllten sich unter der Decke ein, bis beide der Schlaf sie übermannte.

Die Leuchtziffern des Weckers zeigten halb Vier, eine für Matthias absolut unmögliche Zeit zum Aufstehen. Dennoch war er schon seit geraumer Zeit wach und stand am offenen Fenster, auf die menschenleere, neonlichterhellte Straße starrend. Ab und zu fuhr ein Auto durch die Dreißigerzone, irgendein Anwohner auf der Suche nach einem freien Parkplatz. Die meisten Fenster der umliegenden Häuser waren dunkel.

So viele Dinge gingen Matthias durch den Kopf und der neuerliche Austausch von Zärtlichkeiten mit dem Drachen am vergangenen Abend hatte ihn innerlich aufgewühlt, gar zerrüttet.

In den Wochen, bevor Scarratsh in sein Leben getreten war, hatte er sich auch schon des fteren dabei ertappt, dass er nachts am offenen Fenster stand und in den Sternenhimmel starrte.

Als Jugendlicher hatte er sich so oft vorgestellt, dass aus den unendlichen Weiten des Himmels ein Drache herunterschoss und den Menschen entführte, fort in eine bessere Welt und in ein besseres Leben. Mit zunehmendem Alter und Reife hatte er diese Art von Träumerei natürlich aufgegeben, doch seit Scarratshs Ankunft dachte er häufig an diese naive Schwärmerei.

„Dann sage mir doch, mein Freund, was Du machen würdest, wenn wirklich ein Drache vom Firmament herabsteigen würde und Dich mit sich nimmt?" Ohne dass er es bemerkt hatte, war Scarratsh neben ihn getreten und stand neben dem Mann. Eine sich angenehm anfühlende Drachentatze ruhte auf Matthias' Schulter.

„Oh, Du bist auch wach?" fragte Matthias, dem seine Gedanken mit einem Mal furchtbar peinlich waren und dass diese dem Drachen offensichtlich nicht verborgen geblieben waren.

„Nicht ganz die Antwort auf die Frage, die ich Dir gestellt habe, findest Du nicht?" entgegnete Scarratsh sanft. „Also, was hast Du für eine Antwort für mich parat?"

„Ich weiß es nicht, ehrlich gesagt." Matthias sah dem Drachen feste in die Augen. „Soweit habe ich nie darüber nachgedacht."

„Dann tu es jetzt", forderte ihn Scarratsh auf. „Was würdest Du tun, wenn nun ein Drache - klopf! klopf! - vor Deinem Fenster sitzt? Was würdest Du ihm sagen? Und löse Dich dabei von der Vorstellung, dass ich dieser Drache bin. Ich bin nämlich nicht in Deine Welt gekommen, um Dich zu holen."

„Was sehr bedauerlich ist, denn mit Dir würde ich überall hingehen", murmelte Matthias und fügte lauter hinzu: „Wahrscheinlich würde ich ihn fragen, ob er mich auf seinem Rücken fortträgt, weit fort von hier, in eine bessere Welt."

„Wirklich?" höhnte Scarratsh. „Ich denke hingegen, dass Du nichts dergleichen sagen würdest. Du würdest Dich vor Angst am ganzen Leibe zitternd unter Deinem Bett verkriechen und zu Deinem Gott beten, dass Du möglichst schnell aus diesem Albtraum erwachen würdest. Ich erinnere mich noch gut an den Augenblick unserer ersten Begegnung, da bist Du doch ziemlich perplex gewesen - und dabei bin ich ja doch noch ein recht junger Drache und daher nicht von einer solch imposanten Statur wie es meine Artgenossen sind."

„Wahrscheinlich hast Du Recht." Matthias seufzte und schloss das Fenster. „Nun gut, ich denke, wir sollten schlafen gehen."

Als sie sich nieder legten, kuschelte sich Scarratsh ohne Umstände an ihn und stupste ihn mit seiner Schnauzenspitze an: „Angenommen, dieser Drache würde Dich nicht zu einem Häufchen Asche verbrennen und Dich auch nicht fressen, sondern Dir in der Tat anbieten, mit ihm zu kommen. Was wäre Deine Antwort?"

„Ich würde selbstverständlich sofort mit ihm gehen", kam es wie aus der Pistole geschossen.

„Etwas schnell, Deine Antwort, mein Freund", gab Scarratsh zurück. „Würdest Du wirklich mit dem Drachen gehen wollen, auch wenn es bedeutet, dass es keine Wiederkehr gibt und Du alles hinter Dir lassen müsstest?"

„Ich denke schon." Doch in Matthias' Stimme schwang ein Hauch Unsicherheit mit.

„Gibt es wirklich nichts, was Dich auf dieser Welt halten könnte? Familie, Freunde, jemand, den Du liebst? Eine Verantwortung für etwas?"

Matthias schüttelte den Kopf. „Ich will nicht ins Detail gehen, aber es besteht keine sonderlich starke Bindung zu meinen Eltern, wobei ich zu meinem Vater ohnehin schon lange keinen Kontakt mehr habe. Eine eigene Familie habe ich nicht und die paar Freunde... ich glaube, denen ist es irgendwie egal, ob ich da bin oder nicht. Verlassen kann man sich ohnehin auf keinen von denen, das sehe ich tagtäglich in meinem Umfeld. Und was Verantwortung anbelangt... da habe ich auch nichts, meine Arbeit wird wahrscheinlich jeder machen können, dazu bedarf es keiner besonderen Qualifikation - nicht, dass es mir was ausmachen würde. Ich sehe meine Arbeit ohnehin nur als Mittel zum Überleben an, um meine Schulden abzubezahlen und so weiter. Ich war lange genug arbeitslos, um dankbar für jede Arbeit zu sein, die man mir angeboten hat. Aber, wie gesagt, diese wäre bestimmt kein Grund, hier zu bleiben. Und der menschlichen Gesellschaft fühle ich mich erst recht nicht verpflichtet. Meinetwegen kann ein Meteor morgen in diesen Scheißplaneten einschlagen oder Al Quaida eine Atombombe zünden, dann wäre der Mist wenigstens endlich vorbei."

„Du klingst ziemlich verbittert. Doch erscheinst Du mir jedoch nicht wie jemand, der wirkliches Leid, Elend und Not gesehen hat."

„Das mag sein", räumte Matthias ein und errötete leicht. „Aber ich bin auch ganz unten gewesen. Von meinem damaligen Lebenspartner sitzengelassen mit einem Haufen Schulden und einem üblen Leumund dank diesem Kerl. Ich habe es doch immer wieder erlebt: Freundschaft und Liebe nur bis zu dem Punkt, wo ein anderer kommt, der mehr zu bieten hat."

„Und Du meinst, bei Drachen wäre das anders?"

Matthias zögerte. „Naja, es ist ein Wunschdenken, zugegeben. Aber ich gehe schon irgendwie davon aus, denn Drachen, sagt man, seien schließlich ein Hort der Weisheit. Aber es ist müßig, weiter darüber zu reden, denn der einzige Drache, ich meine, _richtige_Drache, der ist aufgrund eines fremden Menschen, der ihn zu sich rufen wollte, bei mir gestrandet und nicht, weil er mich abholen wollte."

„Gefällt es Dir, mich daran zu erinnern, dass ich, so wie es aussieht, nicht in meine Welt zurückkann?" fragte Scarratsh anklagend und löste die Umarmung. Er fügte dann etwas leiser hinzu: „Du glaubst also, dass es eine bessere Welt gibt als die, in der Du jetzt lebst. Das mag vielleicht sogar der Fall sein, doch Du weißt ganz genau, dass es für Dich keine bessere Welt geben wird. Denn Du müsstest Dich dort erst bewähren. Eine bessere Welt ist nicht das Ergebnis einer besseren Gesellschaft, sondern dessen, was Du selber bist."

Bei diesen Worten stiegen kräuselnd feine Rauchschwaden aus den Drachennüstern, dann drehte er Matthias den Rücken zu. „Und nun wünsche ich Dir eine angenehme Nachtruhe."

Der Telefonanruf

„Huh?"

Der Anruf kam entschieden zu früh nach Matthias' Geschmack; es war gerade einmal halb Neun morgens. Gut, er wusste, dass sein Freund ein unverbesserlicher Frühaufsteher war, ein Problem, das jedes Mal zu Tage trat, wenn er für ein Wochenende zu Besuch war, aber trotzdem war er verärgert über diese frühe Störung. Doch wahrscheinlich war es für Peter bereits Mittag oder so etwas und er konnte sich lebhaft vorstellen, wie sein Freund wahrscheinlich seit sechs Uhr morgens im Büro im Fünfminutentakt auf die Uhr blickte, um endlich zu einer seiner Meinung nach christlichen Zeit anrufen zu können. Und offensichtlich redete er wirres Zeugs, das keinerlei Sinn ergab. Das einzig Angenehme an diesem Telefonat war die Drachenpranke, die sich beruhigend auf seine Schulter gelegt hatte.

„Wir sollen da gar nicht hingehen, es wäre unnötig? Aber ich verstehe nicht... Ach so... Bist Du sicher, das kann ich mir so gar nicht vorstellen... Wieso?... Huh? Was willst Du...oh? Ja, also gut. Moment..."

Matthias reichte dem Drachen den Telefonhörer, der zunächst verdutzt auf das Stück Plastik starrte, das sich bizarr ausnahm in der Drachenpranke, und dann Matthias anblickte.

„Er will _Dich_sprechen", erklärte Matthias leise.

„Wer?"

„Peter."

„Wer?"

„Dein Poet!"

„Oh!" Überrascht entfuhr dem Drachen ein Rauchkringel und er versuchte es dem Menschen gleichzutun und mit dem Stück Menschentechnik sich an den Sprecher an dem anderen Ende der Leitung zu wenden.

Anscheinend war es für den Anrufer das Natürlichste von der Welt, mit einem Drachen zu telefonieren und Matthias starrte gebannt auf Scarratsh, dessen roter Kamm sich ab und zu anlegte und dann wieder aufstellte. Dann und wann gab der Drache ein grollendes Geräusch von sich, das fragend klang oder er murmelte klar und deutlich ein Das klingt plausibel.

Und als Scarratsh ein Ja, ich freue mich auch, Dich beschnuppern zu können in den Telefonhörer brummte, zuckte Matthias unwillkürlich zusammen.

Er nahm dem Drachen den Hörer ab und hängte ihn ein.

„Was hat er Dir gesagt?"

„Dass wir uns heute einen schönen Tag machen sollen und wir nicht nach den Übergängen weiter suchen bräuchten. Er hätte schon eine Idee und er wäre sich ganz sicher, dass ich schon morgen wieder in meiner Welt bei Meinesgleichen bin. Das wäre einfach zu schön um wahr zu sein und ich werde alles in meiner Macht stehende tun, diesen Menschen zu entlohnen, wenn es ihm wirklich gelingt, mir den Rückweg zu eröffnen."

Bei diesen Worten zog sich Matthias' Herz zusammen. Er verspürte einen dicken Klumpen in seinem Hals und hörte kaum noch auf das, was ihm Scarratsh weiter erzählte: „Er will uns morgen Früh mit seinem Auto abholen kommen und zu dieser Burg fahren, wo Du anscheinend mit ihm einen Tag verbracht hast, als er Dich das letzte Mal besucht hatte. Den Rest habe ich selber nicht so verstanden."

„Huh?"

Scarratsh schnippte mit seinen Klauen: „Hörst Du mir überhaupt zu?"

„Ja, ja", erwiderte Matthias hastig und fragte sich, was er gerade alles verpasst hatte.

Plötzlich zog ihn der Drache dicht zu sich heran.

„Es besteht kein Grund, traurig zu sein, mein Freund", sagte er leise. „Du hast alles in Deiner Macht stehende getan, dass ich nach Hause kommen kann. Das werde ich Dir nie vergessen und ich werde Dich stets in meinem Herzen tragen. Du bist der erste Mensch, bei dem ich das Bedürfnis habe, an dessen Gesicht meine Schnauze zu reiben. Du weißt, was das bedeutet."

Mit diesen Worten hüllte Scarratsh den Menschen in seine Schwingen ein und Matthias' Kummer schmolz wie Butter in der Sonne dahin. Es gab nichts Tröstenderes als die Wärme und der Geruch, der von einem Drachenkörper ausging.

„Möchtest Du Frühstück?" fragte Scarratsh schließlich mit samtiger Stimme, doch seine Augen blitzen listig.

„Aber immer doch", lächelte Matthias, der natürlich nur allzu gut wusste, welche Art von Frühstück gemeint war, und ließ sich vor dem Drachen auf die Knie nieder.

Erneut kam Matthias nicht umhin, die in seinen liebkosenden Händen rasch anwachsende Männlichkeit des Drachens zu bewundern: Die perfekte Form, das Verheißen von Potenz und Stärke, die darin lag. Matthias rieb das Drachenglied an seinen Wangen entlang und bedachte die Spitze mit zärtlichen Küssen, setzte dabei auch immer wieder seine Zunge mit großer Geschicklichkeit ein.

Scarratsh grummelte genüsslich und krallte sich vor Lust und Erregung ein wenig zitternd in Matthias' Haare.

Vorsichtig umschloss Matthias mit seinen Lippen die Penisspitze und begann zu saugen.

Es war nicht viel mehr erforderlich, denn bereits nach wenigen Augenblicken ergoss sich salzig-bitter der warme Drachensamen und Matthias hätte sich beinahe daran verschluckt.

Mit einer Hand massierte er das immer noch steife Drachenglied, während er eifrig schluckte, was ihm Scarratsh an Liebe schenkte.

Es war reichlich, doch irgendwann verebbte der Höhepunkt des Drachens und Matthias säuberte gewissenhaft Scarratshs Glied.

„Dein Magen gut gefüllt?" lächelte ihn der Drache befriedigt an.

„Ja, diese Art von _Frühstück_schätze ich sehr."

„Dann denke ich, wird es an der Zeit sein, dass ich mir meinen Anteil hole", grinste der Drache und warf in einer fließenden Bewegung Matthias rücklings auf das Bett, um dem Menschen einen ähnlichen Dienst zu erweisen. Im Gegensatz zum Drachen dauerte es jedoch bei Matthias etwas länger, bis Scarratsh zu seiner gewünschten Belohnung kam.

„Sollen wir nicht doch noch einmal zu dem Ort hingehen, an dem ich Dich gefunden habe, um dort nach irgendwelchen Übergängen zu suchen?" fragte Matthias zum wiederholten Male.

Es war mittlerweile Mittag geworden und beide lagen immer noch eng aneinander gekuschelt im Bett.

„Warum sollten wir? Dein Freund sagte doch, er hätte den Übergang für mich und morgen werde ich endlich in meine heimatlichen Gefilde zurückkehren können. Weshalb also jetzt noch suchen? Lass uns lieber die letzten Stunden, die uns noch bleiben, hier gemeinsam verbringen."

Das saß. Auch wenn Matthias wusste, dass ihn sein geschuppter Freund nicht verletzen wollte, dieses Erinnern an den Umstand, dass der Drache bald aus Matthias' Welt und damit aus Matthias' Leben verschwinden würde, das tat furchtbar weh. Scarratsh schien das bemerkt zu haben, denn schon rieb er seine Schnauzenspitze an Matthias' Ohr und knabberte schließlich liebevoll daran, dabei leise flüsternd: „Auch wenn ich in meine Welt zurückkehre heißt es doch nicht, dass es ein Abschied für immer sein muss. Du praktizierst doch auch Magie und Du hast doch auch jenes Buch, um Drachen herbeizurufen. Du weißt doch jetzt, wen Du Dir herbeirufen musst. Und wenn ich zu dem Schluss komme, dass Du mich wirklich brauchst, dann komme ich Dich auf diese Weise besuchen. Nur, mache niemals den Fehler, einen Drachen - am Ende noch gegen dessen Willen - hier in dieser Welt halten zu wollen. Wir Drachen können in dieser Menschenwelt nicht auf Dauer überleben."

Matthias' Miene hellte sich tatsächlich ein wenig auf.

„Daran habe ich noch gar nicht gedacht", murmelte er und vergrub sein Gesicht in der schuppigen Brust seines Freundes, damit dieser nicht sah, wie er errötete.

Behutsam strich der Drache durch Matthias' Haare: „Es tut gut zu wissen, dass nicht alle Menschen auf dieser Welt solche Ignoranten sind und es einige Ausnahmen gibt so wie Dich. Ich werde mich in meiner Welt jedenfalls immer gerne an Dich erinnern, mein Freund."

Doch dann löste der Drache die zärtliche Umarmung und schaute Matthias tief in die Augen: „Wie sieht es nun aber mit etwas Essbarem aus? Von Luft und Liebe können selbst wir Drachen nicht lange leben und Dein Kühlschrank ist leer."

„Oh, stimmt", murmelte Matthias, als er sich mit eigenen Augen von diesem unerfreulichen Zustand überzeugt hatte. „Ich fürchte, da muss ich heute noch einmal einkaufen gehen. Und wenn morgen Peter kommt, brauche ich ja auch noch etwas."

Die Nachmittagssonne brannte erbarmungslos auf das Trottoir hinab und Matthias, dem ohnehin eine Menge im Kopf herumging, musste unwillkürlich an den ersten Tag ihrer Begegnung denken. Ihm lief der Schweiß genauso wie damals gefühlt in Bächen herab und der Weg zu den Supermärkten glich in einem Gewaltmarsch durch die Sahara. Er seufzte. Es war gerade einmal eine Woche her, dass er Scarratsh begegnet war und mehr oder weniger von Anfang an hatte er sein Herz an diesen Drachen verloren, auch wenn dieser sich besonders anfänglich als rüpelhaft und arrogant gegeben hatte, ja, Matthias durchaus auch ein wenig Angst eingejagt hatte. In den paar Tagen war ihm der Drache so sehr vertraut geworden, unabhängig von dem Körperlichen, das sich zwischen ihnen ereignet hatte, dass er das Gefühl hatte, schon immer mit diesem Drachen unter einem Dach zu leben - und ginge es nach Matthias, so würde er in der Tat Scarratsh für immer unter seinem Dach behalten wollen.

Ach ja. Mit einem Drachen zusammenzuleben auf ewig, das wäre fein, sinnierte er und vor seinem inneren Auge entstanden Bilder, wie er dem Drachen den Haushalt führte. Vor allem gefiel ihm das Waschen des roten Jäckchens, das für Matthias in den letzten Tagen eine Art Markenzeichen des Drachens geworden war, obwohl dieser das Kleidungsstück so gar nicht schätzte, es aber Matthias zu Liebe tagsüber stets am Leibe trug.

Als er den Supermarkt betrat, machte er sich eine geistige Notiz, diese Jacke am Abend noch zu waschen, schließlich sollte der Drache sauber gewandet sein auf seinem Weg zurück. Wer weiß, was ihn am anderen Ende des Durchgangs erwarten würde. Schlagartig fielen Matthias auch wieder diese Avvocatunculi ein. Was, wenn sie immer noch auf Scarratsh Jagd machen würden? Wusste eigentlich Peter von ihnen? Erneut fühlte er einen Kloß in seinem Hals, wenn er an seinen Freund dachte. Wie kam dieser auf die Idee zu behaupten, dass es nicht nötig sei, an dem Ort, an dem Scarratsh aufgetaucht war, nach dem Übergang zu suchen sondern mit dem Drachen und ihm ausgerechnet zu diesem Touristenmagneten, dieser Trifelsburg, zu fahren, um dort Scarratsh in seine Welt zu bringen? Sollte es etwa eine Falle sein oder war es wieder einer von Peters bizarren Scherzen, wie es einmal jemand ausgedrückt hatte? Andererseits, nicht Peter, nicht sein drachenliebender Freund. Und erneut überkam ihn eine gleißende Woge von Eifersucht. Scarratsh war sein Drache, er war in sein Leben getreten, nicht in Peters Leben. Nun, er würde morgen auf alle Fälle gleich einer Anstandsdame zwischen den beiden stehen.

„So stehen Sie doch nicht mitten im Weg rum!" grantelte ein älterer Mann, als er sich an Matthias mit seinem Einkaufswagen vorbei zwängte.

Matthias seufzte und machte sich ans Einkaufen. Seine Stimmung änderte sich, als ihm plötzlich die Idee kam, den voraussichtlich letzten Abend mit Scarratsh besonders romantisch zu gestalten. Dass er bei dieser Gelegenheit aus irgendeinem Grund schon wieder bei einem der diversen Aktionsstände, die im Markt verteilt waren, einen höherwertigen Einkaufsgutschein gewann, kam ihm und vor allem seinem chronisch geschundenen Geldbeutel sehr gelegen.

Als er nach Hause kam, fand er, ein wenig zu seiner Überraschung, Scarratsh im Studierzimmer am Boden sitzend vor, erneut vertieft in Thornwing, offensichtlich in dem Schlusskapitel, und rings um ihn herum lag noch ein gutes Dutzend weiterer aufgeschlagener Bücher. Bei einigen von ihnen stellte sich Matthias unwillkürlich die Frage, ob sie ihm wirklich gehörten, da sie ihm absolut unbekannt erschienen.

Der Drache blickte auf und sein Kamm war nach hinten angelegt, ein Zeichen, wie Matthias mittlerweile wusste, dass sich Scarratsh - aus welchen Gründen auch immer - unbehaglich in seinen Schuppen fühlte.

„Ich habe mir noch einmal ein paar Bücher von Dir zu Gemüte geführt."

Scarratsh machte sich nicht einmal die Mühe, die Verlegenheit aus seiner Stimme zu bannen.

„Kein Problem, ich will Dich auch nicht weiter stören", erwiderte Matthias und schickte sich an, das Zimmer zu verlassen. Doch eine innere Stimme sagte ihm, dass der Drache etwas auf dem Herzen hatte. Nach einigen Augenblicken der Stille, man hörte nur das Rascheln des schuppigen Drachenschwanzes, den Scarratsh ein wenig nervös zucken ließ, fügte der Drache hinzu: „Ich habe Angst."

„Angst?" wiederholte Matthias alarmiert. Wenn ein Drache schon einmal Angst verspürte und, noch erstaunlicher, dies vor einem Menschen zugab... „vor den Avvocatunculi?"

„Oh, Du hast Dir den Namen gemerkt", brummelte Scarratsh und versuchte schroffer zu klingen, als er es eigentlich wollte. In der Tat, etwas schien ihn massiv zu belasten.

„Nein, das wohl eher nicht. Aber ich habe Angst, dass Dein Freund mir doch nicht weiterhilft oder weiterhelfen kann und dass ich gar nicht mehr nach Hause komme. Verstehe mich bitte nicht falsch. Ich habe Dich sehr schätzen gelernt und ich liebe es, Dir nahe zu sein. Aber selbst Du kannst mit Deiner Zuneigung zu mir nicht das geben, was ein Drache braucht. Du kannst mir nicht mein Leben als Drache bieten in dieser Welt. Ich werde hier immer ein Fremdkörper sein, immer im Verborgenen sein und nach außen hin kann ich nur als Handpuppe in Erscheinung treten, was nur wirklich kein würdiges Erscheinungsbild für einen Drachen ist. Ich brauche das Brausen des Windes um meine Nüstern, den Auftrieb unter meinen Schwingen und den Geschmack rohen Fleisches zwischen meinen malmenden Kiefern. Um das Feuer meiner Leidenschaft wahrhaft stillen zu können brauche ich einen geschuppten Drachinnenleib unter meinen Pranken, auch wenn ein gewisser Mensch, für den auch ich durchaus empfinde, sein Bestes gibt, mich zu lieben. Auch wenn wir Drachen uns durchaus mit männlichen Artgenossen vergnügen, einfach um des Genusses willen, so ist trotzdem auch in mir der natürliche Wunsch vorhanden, mit einer prächtigen Drachin ein Ei zu machen und mindestens ein Junges großzuziehen. Ich habe einfach Angst, dass ich dieses Leben nicht mehr zurückbekomme, einfach deshalb, weil ich nun sozusagen blind Deinem Freund vertraue, den ich selbst noch nicht beschnuppert habe und ihn nur kenne aus seinen eigenen Geschichten, die stets ein Zeugnis seiner Liebe zu Drachen sind."

Matthias nickte und schluckte. Was sollte er darauf schon antworten, er glaubte ja selber nicht daran, dass ihnen ausgerechnet Peter weiterhelfen konnte. Wie denn auch, er schrieb Geschichten und befasste sich nicht im Geringsten mit Magie oder Mystik, diese Thematik interessierte ihn nicht einmal. Alles deutete darauf hin, dass sie morgen gemeinsam einen Ausflug machten zu einem der wenigen Touristenmagneten in dieser Gegend, für nichts und wieder nichts. Das Positive daran wäre, dass Scarratsh dann wirklich bei ihm bleiben würde - wo sollte er auch sonst hin - aber es war klar, dass er im Grunde nicht viel haben würde von einem permanent unglücklichen Drachen, der sich vielleicht mit seinem Schicksal arrangieren konnte, aber niemals sein Glück und seinen Frieden finden würde in dieser Welt.

Er senkte den Kopf, wohl wissend dass diese Geste seine Worte Lügen strafte, als er nur sagte: „Mach Dir keine Sorgen. Er ist zuverlässig, er wird Dir helfen."

Dann streckte er die Hand aus: „Ich will Dich jetzt nicht weiter in Deinem Studium stören, ich muss ohnehin noch selbst einiges erledigen. Ich habe eine Überraschung für Dich in petto, mein Lieber. Vorher gib mir aber bitte noch Deine Jacke, ich will sie noch waschen und ein wenig aufbügeln. Schließlich soll der Drache doch morgen fein aussehen, wenn Peter kommt und den Fauch-Fauch in seiner ganzen Pracht sieht."

Scarratsh blickte verständnislos auf: „Fauch-Fauch?"

Matthias nahm die Jacke entgegen und ging vor sich hin singend ins Badezimmer. Vielleicht sollten wir uns später gemeinsam die entsprechende Folge der Augsburger Puppenkiste ansehen, dachte er sich, während sich Scarratsh Kopf schüttelnd wieder den Büchern widmete.

Das Candlelightdinner

Er schäumte das Wasser mit dem Handwaschmittel auf und wendete etwas mehr Kraft auf als es eigentlich für das Auswaschen der roten Jacke erforderlich gewesen wäre. Seine Augen schimmerten feucht und sein Herz zwickte und zwackte. Am Tag ihrer ersten Begegnung hatte er ebenfalls genau hier gestanden, in diesem Badezimmer, und die rote Jacke gewaschen, ein Kleidungsstück, das für ihn untrennbar mit dem Drachen verbunden war wie dessen samtigen Schuppen. Die samtigen Schuppen... Alleine der Gedanke daran, wie sich eben diese an seiner nackten Haut anfühlten, jagte ihm einen wohligen Schauer durch den Rücken und gleichzeitig eine neue Welle tiefen Schmerzes ob des Verlustes, den er vielleicht schon binnen der nächsten vierundzwanzig Stunden erleiden würde. Sein Verstand sagte ihm zwar, dass er dankbar sein müsse, schließlich war es nicht allzu vielen Menschen vergönnt, einem Drachen Liebe zu schenken oder von gar von diesem Zärtlichkeiten zu empfangen. Doch diese Erkenntnis half ihm auch nicht weiter, im Gegenteil, irgendwie schien sich dadurch sein Herz nur noch mehr zusammenzukrampfen.

„Ach ja! Warum kann ich keine Drachin sein?"

Er musste diese Worte förmlich heraus geschrieen haben, denn plötzlich stand Scarratsh in der Tür: „Alles in Ordnung mit Dir? Du hast eben irgendwas von einer Drachin gerufen!"

„Oh?" Matthias schoss das Blut in seinen Kopf und er vertiefte sich demonstrativ in den Waschvorgang. Dann sagte er: „Hier, ist wieder ganz sauber, ich hänge sie zum Trocknen auf."

Scarratsh blickte ihn einfach nur an, als Matthias mit zitternden Händen die Wäscheklammern an der Jacke und der Leine anbrachte.

„Bist Du sicher, dass alles mit Dir in Ordnung ist?" fragte Scarratsh schließlich leise, trat an Matthias näher heran und hüllte ihn in einer herzlichen Umarmung in seine Schwingen ein.

Kerzenlicht erhellte den Raum, der nach Stunden langen und harten Schuftens völlig anders aussah wie zuvor, weitaus wohnlicher und gemütlicher.

Von irgendwoher hatte Matthias einen ordentlichen Tisch aufgetrieben, mit Stühlen, und dieser Tisch war liebevoll gedeckt.

Der flackernde Kerzenschein wurde durch glitzerndes Kristall reflektiert und in einem großen Kelch, der wie geschaffen für Scarratshs Schnauze schien, funkelte rubinrot ein edler Wein.

Da Matthias selbst keinen Alkohol trank, war es für ihn ein schwieriges Unterfangen gewesen, den passenden Tropfen für den Drachen zu besorgen. Denn die Aussage des Drachens, dass er Wein liebe, dieser aber trocken, nicht jedoch allzu trocken, sein musste, war für ihn nicht sonderlich hilfreich gewesen. Aber zum Glück hatte man ihm im Einkaufszentrum die Entscheidung leicht gemacht - nicht aufgrund einer kompetenten Beratung seitens des Verkaufspersonals, sondern weil man ihm eine Probeflasche eines Winzereibetriebes, der sich auf dem eng umkämpften Weinmarkt etablieren wollte, mit den Worten lieblich, sehr trocken oder trocken, jedoch nicht allzu trocken? in die Hand gedrückt hatte.

Offenkundig mundete Scarratsh der Wein, so wie ihm auch das gesamte Dinner eindeutig zugesagt hatte. Aber auch Matthias fühlte sich nun angenehm gesättigt und er fragte sich, ob er überhaupt noch seinen Nachtisch schaffen würde.

„Die Creme war sehr lecker, aber Du hast mich nicht gerufen, dass ich die Schüssel auslecken kann. Du weißt doch, wie sehr ich das mag!" beschwerte sich Scarratsh und strich über seinen leicht gewölbten Schuppenbauch. Ein schwefliger Rülpser entfuhr ihm. „Entschuldigung."

„Ich fasse es als Kompliment auf", erwiderte Matthias und stellte überrascht fest, dass sie mehr als zwei Stunden auf das Feinste geschlemmt hatten.

Aus den Lautsprechern seines Computers klangen leise die Klänge von Händels Feuerwerksmusik als MP3, irgendwie erschien ihm dieses Werk als Hintergrundmusik für ein Candlelightdinner mit einem Drachen angemessen.

Doch je weiter der romantische Abend voranschritt, desto schwerer wurde es um Matthias' Herz. Insgeheim hoffte er ja noch auf irgendeine Email von Peter oder einen entsprechenden Anruf, dass dieser nicht kommen könnte, weil... egal. Hauptsache, er würde nicht kommen.

Im gleichen Augenblick schalt sich Matthias für diese egoistischen Gedanken. Lieben heißt auch loslassen zu können, sagte sich Matthias zum wiederholten Male vor, aber leichter würde ihm der bevorstehende Abschied deswegen auch nicht fallen. Aber es gab etwas, womit er dann den Abschiedsschmerz betäuben konnte, zumindest für einige Augenblicke.

Als er sich davon überzeugt hatte, dass Scarratsh auch wirklich satt geworden war - seine Teller sahen nicht nur so aus wie blitzblank geleckt -, stellte er Teller und Besteck zusammen in die winzige Spüle und meinte leichthin: „Abwaschen werde ich dann morgen irgendwann mal. Wollen wir uns zusammen einen Film anschauen und es uns dabei gemütlich machen?"

Scarratsh schmiegte zur Antwort seine Schnauzenspitze an Matthias' Wange: „Vor allem das _Gemütlichmachen_hört sich sehr verheißungsvoll an."

Als ersten Film für den Abend wählte Matthias eine DVD der Augsburger Puppenkiste aus, um Scarratsh in das Geheimnis des Fauch-Fauch einzuweihen, doch so richtig folgten der Handlung weder Scarratsh noch er selbst, wenngleich auch aus unterschiedlichen Gründen.

Die scharfen Spitzen der Drachenkrallen fühlten sich in der Art und Weise, wie sie Scarratsh einsetzte, äußerst angenehm an und schon bald verlagerten sie ihre Zuseherposition von den relativ unbequemen Stühlen in das heute Abend besonders einladend wirkende Bett.

Die Handlung des Videos verblasste immer mehr, denn Scarratsh sprach aus, was sich Matthias dachte: „Lass uns die verbleibenden Stunden nutzen, mein Lieber. Du und ich alleine und ungestört, wir haben nur uns."

Der Drache zeichnete mit einer Krallenspitze behutsam Kreise auf der entblößten Menschenbrust und Matthias zog ihn zu sich, um mit seinem Freund innig zu kuscheln.

„Ich habe es mich nie getraut, Dir das zu sagen", begann Matthias zögernd und fuhr nach einem zärtlichen Schnauzenstubbser mit etwas festerer Stimme fort: „Ich... ich liebe Dich, Scarratsh. Und das eigentlich von Anfang an."

Die Augen des Drachens blitzen auf und er stellte seinen Kamm ein wenig auf.

„Ich dachte schon, Du würdest es Dir niemals von der Seele reden", sagte er sanft und hauchte einen zärtlichen Drachenkuss auf Matthias' Nasenspitze. „Ich habe das immer gespürt und, weißt Du was, ich erwidere die Gefühle für Dich."

Doch dann entzog er sich mit einem leisen Seufzer, richtete sich ein wenig auf und blickte auf seinen Freund herab: „Gleichwohl muss ich in meine Welt zurückkehren."

„Ich weiß", erwiderte Matthias traurig.

„Aber das ist, wie ich Dir schon erklärt habe, kein Grund zum Traurigsein, mein Lieber."

Der Drache strich mit einer Pranke über seine eigene Brust und hob eine Schuppe an.

Das Geräusch klang grausig und Scarratsh tat sein Bestes, sich den Schmerz, den das Ausreißen der einzelnen Schuppe verursachte, nicht anmerken zu lassen. Er reichte sie Matthias.

„Hier, damit werde ich Dir immer nahe sein und zu Dir kommen, wenn Du mich rufst. Ich habe dieses eine unglückselige Buch, mit dem man mich hierher geholt hat, gestern selbst noch einmal gelesen; einen Drachen kann nur derjenige zu sich rufen, der den Drachen, den er ruft, auch wirklich liebt - und von diesem geliebt wird. Nur so funktioniert dieser Zauber."

Dass Matthias' Augen feucht schimmerten, war selbst im flackernden Kerzenlicht zu erkennen, und Scarratsh, dem derart sentimentalen Ausbrüche eher unangenehm waren, presste schnell seine Schnauzenspitze auf Matthias' Lippen. Sie verschmolzen zu einem leidenschaftlichen Kuss und ließen ihre Zungen miteinander spielen.

Scarratsh Tatzen strichen über Matthias' Brust und kraulten ihm auch immer wieder durch die Haare.

Schließlich drückte er ihn mit sanfter Gewalt auf den Rücken und blickte ihn verspielt an.

,,Was hast du vor?", fragte Matthias und blickte zu seinem Freund hinauf.

„Das siehst Du schon noch", schnurrte der Drache leise und setzte sich rittlings auf die Menschenbrust, dabei darauf bedacht, sich nicht allzu schwer zu machen.

Dann rückte er näher vor Matthias' Gesicht und die bereits zur vollen Pracht ausgeschachtete Männlichkeit des Drachens ließ nicht den geringsten Zweifel aufkommen, was Scarratsh von seinem Freund begehrte.

Matthias umfasste das gewaltige Glied mit einer Hand und bedeckte die Spitze mit zärtlichen Küssen, dann begann er zu lecken, hinauf und hinunter, jede Stelle geschickt mit seiner Zunge liebkosend. Er liebte den anregenden Duft und Geschmack seines geschuppten Freundes und wollte mehr. Mit der freien Hand streichelte er die Seite und den unteren Teil des Drachenrückens.

Scarratsh brummelte genüsslich und sein Glied pulsierte und zuckte ein wenig unter der gekonnten Behandlung. Der Drache schob sein Becken noch ein Stückchen vor, so dass Matthias das dargebotene Glied noch besser erreichen konnte.

Er leckte über die empfindsame Spitze und zog mit der Zunge leichte Kreise. Die ersten Tropfen der süßen Vorfreude bildeten sich bereits und wurden sofort von Matthias weggeschleckt. So gut es ging nahm er das Glied in seinen Mund, um sanft daran zu saugen - wie sehr sehnte er sich danach, den Drachen zu schmecken; in ihm keimte sogar die Idee, eventuell etwas von dem Drachensamen abzuzweigen und in einem kleinen Flakon aufzufangen, für einen späteren Genuss sozusagen.

Weiche Drachentatzen wuschelten Matthias' Haare, als dieser seinen Kopf leicht vor und zurückbewegte, um den Drachen die höchste Lust zu bereiten.

Plötzlich rutschte Scarratsh jedoch nach hinten und entzog sich auf diese Weise den Liebkosungen.

„Was ist los?" wollte Matthias erstaunt wissen.

Scarratsh grinste ihn verschwörerisch an: „Was hattest Du vorhin gesagt? Du wärst gerne ein Drachenweibchen, hm?"

Matthias errötete und nickte: „Ja, ich wünsche mir nichts sehnlicher. Und auf diese Weise für immer mit Dir zusammen und ein Ei von Dir gemacht zu bekommen."

Der Drache beugte sich vor und leckte durch Matthias' Gesicht: „Nun, in dieser Nacht mache ich Dich zu meiner Drachin. Ich begehre Dich und ich will mich mit Dir paaren."

Der warme Drachenatem strich über Matthias' Gesicht und dieser genoss die wunderbare Nähe seines Liebhabers.

Scarratsh rollte sich ein wenig zur Seite und Matthias betrachtete den wunderbaren Drachenleib. Er stöhnte leise auf, als Scarratsh behutsam das ebenfalls bereits vollständig ersteifte Menschenglied betastete.

Matthias' Blut kochte und er konnte die Vereinigung mit dem Drachen kaum erwarten.

Scarratsh lächelte: „Du kannst es kaum erwarten, mich in Dir zu haben, hm? Ich rieche Dein Verlangen nach mir."

Drachen konnten extrem direkt sein und sie brachten stets alles auf den Punkt. Die Drachennüstern blähten sich, als er in Richtung Matthias' Männlichkeit schnupperte, die ebenfalls bereits einige Tröpfchen der wohlbekannten klaren Flüssigkeit absonderte. „Da, ich wusste es doch", schnaubte Scarratsh triumphierend. „Und nun sei meine Drachin."

Scarratsh rutschte tiefer und streichelte Matthias' Unterleib. Mit entschlossenem Griff spreizte er Matthias' Beine und kniete sich dazwischen. Er legte seine Pranken auf die Innenschenkel des Menschen und Matthias blickte ihn flehend an.

Der Drache senkte seinen Kopf und schnüffelte, berührte behutsam mit seiner Schnauzenspitze die Eichel, was Matthias ein lustvolles Stöhnen entlockte. Langsam und mit leichtem Druck leckte er darüber und schmeckte schon nach wenigen Augenblicken die ersten Tröpfchen der Vorfreude. Selbst Matthias war ein wenig überrascht darüber, dass er bereits nach so wenigen Berührungen seinem Höhepunkt nahe war, benötigte er doch normalerweise deutlich mehr Stimulation. Andererseits: Niemand, egal welches Geschöpf, war in der Lage, einem Drachen lange zu widerstehen, was schlicht und einfach an deren grundsätzlichen Attraktivität lag.

Matthias' Atem ging schneller und er versuchte, sich am Drachen festzuhalten, doch erreichte er ihn nicht. Langsam schloss sich der Kiefer um seine Männlichkeit, während die Drachenzunge weiterhin auf der Eichel kreisende und zugleich massierende Bewegungen vollführte.

Scarratsh bemerkte an Matthias' Atemstößen und Zucken, dass dieser kurz vor dem Ausbruch stand und wanderte mit einer Tatze an die Hoden, knetete sie behutsam und trotzdem mit einem energischen Griff.

Doch dann ließ er das Glied unvermittelt aus seinem Maul gleiten, worauf Matthias gequält aufstöhnte: „Bitte nicht aufhören... Ich... komme... gleich..."

„Eben darum", schnurrte Scarratsh und zwinkerte Matthias zu.

Er brachte eine Kralle an seine Schnauze und befeuchtete diese mit seinem Speichel. Mit dieser strich er neckisch über den Damm zu Matthias' Hintereingang.

„Ich habe Dir doch gesagt, dass ich Dich zu meiner Drachin mache", flüsterte Scarratsh verschwörerisch und obwohl Matthias ja bereits die Männlichkeit des Drachens in sich gespürt hatte, so war ihm doch immer noch mulmig dabei zumute.

Trotzdem versuchte er sein Bestes, sich bei der ersten Berührung zu entspannen.

Scarratsh nahm Matthias' Glied erneut in sein Maul und zeichnete mit der Krallenspitze langsam die Konturen der Rosette nach, bis er schließlich Druck ausübte und langsam, aber unnachgiebig eindrang.

Immer tiefer drang die Kralle ein und er bewegte sie hin und her, um den Menschen vorzubereiten auf das, was er eigentlich vorhatte. Matthias konnte durchaus eine gewisse Ungeduld erkennen, doch auch er selbst sehnte sich, ungeachtet des möglichen und durchaus sehr wahrscheinlichen Schmerzes, den das große Drachenglied ihm bereiten würde, nach der innigen Vereinigung mit dem Drachen, den er so sehr liebte. Ja, er wünschte sich in der Tat nichts sehnlicher, als als Drachin das Leben an Scarratshs Seite zu verbringen, bis ans Ende aller Tage.

Scarratsh massierte sein Inneres und lockerte die Muskeln mit geschickten Bewegungen.

Und dann konnte sich Matthias nicht mehr halten: Sein Glied zuckte in Scarratshs Maul und unter heftigem Keuchen kam er.

Geduldig saugte Scarratsh alles aus Matthias heraus, was dieser zu geben hat, das Drachenglied bereits vollständig ausgeschachtet. Noch während er sich die letzten Tropfen von Matthias' Liebessaft einverleibte, zog er langsam die Kralle heraus und griff nach einer ganz bestimmten Tube, die neben dem Bett stand.

„Wobei es ohne zumindest für uns Drachen noch viel erregender ist, aber ich glaube, für Dich ist es leichter", grinste er, als er das Gleitgel an seinem Glied verrieb.

Er hob Matthias' Beine ein wenig an, drückte sie auseinander und drückte nun die Spitze seines eigenen Gliedes an die zumindest ein wenig vorbereitete ffnung.

Matthias kniff die Augen zusammen, als das prächtige Werkzeug des Drachens sich seinen Weg in die Enge bahnte. Dieser besondere Reiz entlockte noch einen weiteren, finalen Schub des Menschensamens, den Scarratsh gründlich wegleckte.

„Dir gefällt anscheinend die Rolle als Drachin, hm?"

Matthias stöhnte vor Lust und Schmerz: „Sehr, ja!"

„Entspanne Dich, mein Lieber."

Mit einem kraftvollen Stoß hatte Scarratsh seine Männlichkeit vollständig in Matthias versenkt und dieser hatte das Gefühl, als würde sein Unterleib mit einem glühenden Schwert zerteilt, und doch fühlte es sich auf unbeschreibliche Weise wunderbar an. Der Drache beließ seine Männlichkeit einige Augenblicke in ihm und zog sich dann ganz langsam beinahe vollständig zurück, nur um kraftvoll wieder einzudringen.

Im Vergleich zu dem Liebesspiel in der Badewanne waren die Gefühle noch weitaus intensiver, zumal Matthias in dieser Stellung dem Drachen noch mehr ausgeliefert war.

Scarratsh grollte und schnaubte lustvoll, als er die sogenannte Drachin kraftvoll begattete.

„Ich liebe Dich", stöhnte Matthias und die geknurrte Antwort klang wie ein Ich Dich auch.

Mit der Zeit triumphierte in Matthias das Lustgefühl über den Schmerz und er spürte, wie sein Glied erneut ersteifte. Augenblicklich kümmerte sich Scarratsh darum, während dieser bereits seinem eigenen Höhepunkt nahe war.

Es bedurfte nur weniger Berührungen durch Scarratshs Tatze, schon spritzte Matthias seinen Samen auf seinen und auch auf Scarratshs Bauch, just in dem Augenblick, als sich auch der Drache unter wohligem Knurren in seinem Liebhaber entlud.

Schwall um Schwall seines Samens pumpte er in Matthias, wobei er diesen regelrecht molk, bis Matthias nichts mehr zu geben hatte.

Als auch Scarratsh fertig war, zog er behutsam seine Männlichkeit zurück und ohne dass es irgendwelcher weiteren Gesten oder Worte bedurft hätte, säuberte Matthias das Drachenglied auf das Gründlichste.

Der Übergang

Der Regen prasselte trommelnd auf das Auto, während sich die Blechlawine nur im Schritttempo auf der Bundesstraße vorwärts bewegte.

Peter biss sich auf die Lippen und auch die Drachenklauen, die seinen Nacken kraulten, konnten seine Anspannung nicht abbauen. Matthias saß neben ihm und blickte wortlos aus dem Seitenfenster, das langsam beschlug, und beobachtete die Regentropfen, die daran herunter liefen.

Das trübe Wetter spiegelte genau seinen Gemütszustand wider und er hing seinen Gedanken nach. In Kürze würde er sich für immer von Scarratsh verabschieden müssen und irgendwie war er davon überzeugt, dass es ihm auch trotz der geschenkten Schuppe niemals gelingen würde, seinen Freund herbeizurufen. Er fasste gerade für sich den festen Vorsatz, es nicht einmal versuchen zu wollen.

Scarratsh und Matthias hatten sich die ganze Nacht hindurch geliebt und erst in den frühen Morgenstunden Schlaf gefunden. Sie lagen eng aneinander gekuschelt, als die Türglocke beide aus dem Schlaf gerissen hatte und, wie verabredet, Peter pünktlich vor der Tür stand, um sie beide abzuholen.

Ein Blitz greller Eifersucht durchzuckte Matthias, als Scarratsh Peter wie einen alten, langjährigen Freund begrüßte, ihn umarmte und - das war das Schlimmste - seine Schnauze an dessen Gesicht rieb. Aber es war Peter selbst, der sich höflich distanziert gab und nur meinte, er würde im Auto auf sie warten.

Er brauchte nicht allzu lange warten, denn was man so zum Abschied sagte und sagen konnte, das hatten Scarratsh und Matthias schon in den Stunden zuvor einander gesagt beziehungsweise einander spüren lassen.

Und nun saßen sie in Peters Toyota und nach nur wenigen Kilometer auf der Bundesstraße in Richtung Landau standen sie im Stau. Wahrscheinlich gab es wieder in einem der Tunnels eine Baustelle oder ein Unfall hatte sich ereignet.

Jetzt erst fiel es Matthias auf, dass Peter gar keine Musik im Auto spielen hatte, etwas, das sehr ungewöhnlich war für seinen Freund, der eigentlich ohne Musik gar nicht leben konnte. Und ihm fiel des Weiteren auf, dass sie alle drei, seitdem sie von Matthias' Wohnung losgefahren hatten, kein einziges Wort miteinander gesprochen hatten. Aber ihm war einfach nicht nach Konversation zumute und als Peter schließlich das Wort an ihn richtete, weil er wissen wollte, wo er in den Ort Annweiler am Trifels abbiegen musste, zuckte er zusammen.

„Das dauert bei dem Tempo noch eine ganze Weile. Wieso hast Du eigentlich keine Musik an?"

„Irgendwie ist mir heute nicht danach", kam die prompte Antwort und danach herrschte wieder Schweigen. Auch Scarratsh sagte nichts, er kraulte nur immer wieder einmal Peters Nacken von der Rückbank aus, um seine Verspannungen zu lösen.

Als Peter sein Auto schließlich deutlich später als geplant, aber immer noch so früh, dass noch niemand Parkplatzgebühren kassierte, auf den Parkplatz lenkte, hatte immerhin der Regen nachgelassen, doch das Licht war immer noch diffus und trüb. Extrem tief hängende Wolkenfetzen legten ihre nass-feuchten Finger auf den Gipfel des Trifels.

„Da wären wir", sagte Peter schließlich und sie alle stiegen aus.

„Und Du bist Dir wirklich ganz sicher?" fragte Matthias.

„Ja, aber wir müssen uns jetzt doch ein wenig beeilen", erwiderte Peter mit einem Blick auf seine Armbanduhr.

„Wieso? Besteht ein Zusammenhang zwischen Zeit und Raum bei dem Übergang?" wollte Matthias wissen.

„Nein. Aber ich will im Anschluss weiter nach Düsseldorf fahren."

Matthias war wie vom Donner gerührt. Wenn er nun schon einen solch schweren Abschied vor sich hatte, so hatte er gehofft, dass sein Freund zumindest etwas bleiben würde, um ihn nicht sofort in das tiefe, finstere Loch der Einsamkeit stürzen zu lassen.

„Ich dachte, dass hätte ich Dir geschrieben", schob Peter hinterher.

„Meisterleistung!" flüsterte der Drache Peter zu und legte seinen Arm um Matthias' Schulter. Dann sagte er laut: „Na, dann wollen wir mal."

Scarratsh und Matthias stapften einfach hinter Peter her, der sie den durch den Regen matschigen Touristenpfad in Richtung Burg, die am Gipfel des Trifels thronte, führte. Doch bevor der Weg zu einer asphaltierten, für den öffentlichen Verkehr jedoch gesperrten Straße wurde, bog Peter rechts ab und folgte einem unscheinbaren Trampelpfad, der in einen Wald hineinführte.

Matthias konnte sich gar nicht daran erinnern, dass es hier überhaupt einen Wald im eigentlichen Sinne gab. Freilich, jede Menge Bäume gab es hier schon, aber die waren alles andere als dicht und hier vor ihnen breitete sich nun eine wie es schien unpassierbare Waldfläche aus. Er zögerte und blieb stehen.

„Wo führst Du uns hin?"

„Keine Sorge, ich weiß was ich tue. Erinnerst Du Dich, als wir beide zusammen da waren letztes Jahr? Da wolltest Du doch ein wenig allein sein. Ich bin selber dann ein wenig herumgelaufen und eigentlich mehr durch einen Zufall habe ich das hier entdeckt."

Peter deutete vage in das Dunkel des Waldes und es war Scarratsh, der ohne zu zögern in die ausgewiesene Richtung ging.

„In der Tat!" rief er aus. „Er hat Recht! Hier ist tatsächlich... aber das gibt es doch gar nicht..."

„Was ist lo... verdammt!" Matthias fluchte laut, als er in eine tiefe Pfütze trat und Schuhe und Socken augenblicklich durchnässt waren.

„Also, wonach suchen wir?" wollte er wissen und blickte in Scarratshs Richtung.

Dann sah er es auch, wobei es mehr ein Erahnen als ein richtiges Sehen war: Ein Pulsieren einer vagen Form in der Dunkelheit, zwischen zwei Bäumen. Am ehesten konnte man es mit einem der Wolkenfetzen, die die Bergspitze umhüllten, vergleichen, und doch war es etwas ganz anderes. Ein dunkel pulsierender Punkt, ein Schatten, ein Hauch, der sich für einen flüchtigen Moment nur zu einer silbrig glitzernden Linie wandelte, bevor wieder für einige Zeit gar nichts zu sehen war, bevor sich langsam wieder jener pulsierende Punkt bildete.

Und jetzt wurde Matthias bewusst, dass Scarratsh nicht mehr bei ihnen war.

„Scarratsh?" rief Matthias und Angst befiel ihm. Angst, dass Scarratsh irgendetwas zugestoßen sein mochte und vor allem auch Angst, dass Scarratsh ihn verlassen hatte, ohne _Lebewohl_zu sagen.

Seltsamerweise wirkte Peter absolut emotionslos, er stand einfach nur da, wo der pulsierende Punkt sich langsam wieder in jenen Silberstreif verwandelte.

„Möchtest Du nicht einfach hindurch gehen?" fragte er und machte eine einladende Geste. „Scarratsh ist schon drüben und ich glaube, er wartet auf Dich."

Doch bevor Matthias antworten konnte, erklang eine wohl vertraute Stimme: „Nein, ich bin schon wieder da, Augenblick bitte!"

Zwei grüne Tatzenenden wurden sichtbar und als ob jemand mit seinen Händen einen Vorhang aufziehen würde, zogen diese Tatzen den silbernen Strich auseinander, allerdings in einer vertikalen Bewegung, und kurz darauf drängte sich der schuppige Drachenleib durch diese ffnung, die sofort wieder zu einem dunklen, pulsierenden Punkt wurde.

Kleine Elmsfeuer huschten über den roten Drachenkamm und auch Peter und Matthias standen die Haare zu Berge.

„Es ist es!" rief Scarratsh aus und war drauf und dran, einen Freudentanz aufzuführen.

„Woher wusstest Du das?" fragte Matthias.

Peter zuckte die Achseln: „Wie gesagt, ich habe es eher zufällig gefunden", er errötete leicht, „beim Austreten: Auf einmal verschwand der Strahl. Ich habe mir zuerst gedacht, ich spinne, aber... na, egal."

„Und dann?" drängte Matthias, doch Peter wehrte ab: „Ich kann und darf darüber nicht sprechen."

„Wieso nicht?"

„Bitte nicht! Ich muss Dich bitten, das zu akzeptieren."

„Aber, ich verstehe das nicht", protestierte Matthias, doch Scarratsh legte beschwichtigend seinen Arm um seine Schulter: „Aber ich verstehe es und ich weiß, warum Peter darüber nicht sprechen kann. Ich habe den Grund dafür gerade gesehen. Aber, ich bin so glücklich! Ich kann wieder nach Hause. Es ist da drüben wirklich meine Welt. Zwar nicht genau der Ort, von dem ich in diese Welt gerufen worden bin, aber es ist mein Zuhause."

Dann wandte sich Scarratsh an Peter: „Würdest Du mich nun bitte mit Matthias alleine lassen? Die Zeit des Abschieds ist gekommen."

„Aber sicher doch", sagte Peter leichthin und als er Scarratsh umarmte, flüsterte dieser in Peters Ohr: „Und vergiss bitte nicht, worum ich Dich noch gebeten habe. Das ist ganz wichtig."

„Wie könnte ich", erwiderte Peter leise und drückte dem Drachen einen Kuss auf die Schnauzenspitze, so dass dieser errötete - soweit ein Drache überhaupt erröten konnte.

Dann klopfte er Matthias auf die Schulter: „Sei stark, das schaffst Du schon. Glaub mir, ich weiß, wie Dir zumute ist. Ich warte im Auto auf Dich."

Damit wandte er sich ohne ein weiteres Wort ab und ging schnurstracks in Richtung Parkplatz.

Scarratsh und ein sichtlich verwirrter Matthias blieben zurück.

„Was war _das_denn?" wunderte er sich.

Doch dann schlugen diese Verwunderung und auch ein wenig Entrüstung um in tiefsten Kummer und Matthias konnte die Tränen nicht mehr länger unterdrücken. Nun war er da, der Augenblick, den er von Anfang an gefürchtet hatte, und er schämte sich nicht seiner Emotionen.

„Ich liebe Dich doch, bitte verlass mich nicht", schluchzte er und presste sein tränennasses Gesicht in die schuppige Brust. Scarratsh legte behutsam seine Schwingen um ihn und hielt ihn einfach fest und sagte eine Weile nichts. Doch dann löste er vorsichtig die Umarmung und sprach: „Du weißt, dass ich gehen muss. Ich habe es Dir erklärt. Freut es Dich denn gar nicht, dass ich nun endlich wieder glücklich werden kann? Dass ich endlich das Leben wieder führen kann, das einem Drachen bestimmt ist, ein Leben an der Seite einer Drachin, der ich das eine oder andere Ei machen kann..."

Matthias zog es die Eingeweide zusammen. Wie konnte Scarratsh nur so grausam sein, nach all dem, was zwischen ihnen beiden vorgefallen war, und vor allem jetzt, im Augenblick des Abschieds, der wohl schmerzlichste Moment in Matthias' bisherigem und mit Sicherheit wohl zukünftigen Leben.

Scarratsh blickte Matthias aus kalten, funkelnden Reptilienaugen an: „Hast Du meine Schuppe?"

Matthias schnüffelte und nickte.

„Na also. Komm, nimm Dich zusammen. Ich will nicht als letzte Impression aus dieser Welt das Bild eines greinenden, sich selbst bemitleidenden Menschen mitnehmen. Ich will in die Augen des Menschen sehen, der Drachen liebt, der mich liebt und der weiß, was zu tun ist, wenn die Zeit dazu reif ist."

Matthias nickte und wischte sich die Tränen weg.

„So ist es besser. Und nun höre mir gut zu, denn das, was ich Dir jetzt sage, wirst Du nur einmal in Deinem Leben zu hören bekommen."

Scarratsh deutete auf einen Baumstumpf und forderte Matthias auf: „Setz Dich, so viel Zeit haben wir. Und ja, ich weiß, er ist nass, aber das spielt keine Rolle. Ich setze mich auf Deinen Schoß, wenn Du nichts dagegen hast."

Doch Scarratsh ließ sich jedoch nicht wie angekündigt auf Matthias' Schoß nieder, sondern lief gleich einem dozierenden Lehrer vor seiner Klasse auf und ab, als er begann:

„Als ich vor einigen Tagen in Deine Welt gekommen bin, hätte ich niemals gedacht, dass ich ihr etwas Positives abgewinnen könnte. Aber Du hast es geschafft, dass ich mich nicht allzu unglücklich gefühlt habe, ja, Du hast es sogar geschafft, mich glauben zu lassen, dass ich Dich schon weitaus länger kenne als eben diese besagten Tage. Du hast es geschafft, dass ich mich an Dich gewöhnt habe und dafür danke ich Dir. Aus diesem Grund werde ich Dir nun eine Frage stellen, die Du ehrlich beantworten musst. Doch bedenke Deine Antwort genau, denn Du wirst diese Frage nur einmal in Deinem Leben gestellt bekommen und egal, welche Wahl Du triffst, es wird immer der Augenblick kommen, wo Du Dir wünschst, die andere Alternative gewählt zu haben."

Matthias nickte stumm.

„Also, ich frage Dich hiermit: Möchtest Du meine Tatze ergreifen und mit mir mitkommen, in meine Welt? Möchtest Du alles, und damit meine ich wirklich alles, was Dir hier auf dieser Welt, in diesem Leben etwas bedeutet hat, zurücklassen? Bevor Du antwortest, bedenke, es gibt auf keinen Fall für Dich eine Wiederkehr in diese Welt und bist Du erst einmal bei mir und meinesgleichen, dann musst Du Dich einfügen und bewähren in dieser Gesellschaft. Dir muss auch klar sein, dass Du als Mensch unter Drachen allein sein wirst. Denn ich werde natürlich um eine Drachin werben und mein künftiges Leben in diese Verantwortung stellen. Du kannst in meiner Höhle leben, ich werde mich auch in gewissem Maße um Dich kümmern, aber letztlich bist Du doch auf Dich allein gestellt. Mehr kann ich Dir jedoch nicht anbieten. Treffe jetzt an diesem Ort Deine Wahl, aber überstürze nichts."

Scarratsh legte eine Tatze auf Matthias' Schulter und sagte leise nach einer kleinen Weile:

„Am Besten gehst Du zu dem Auto zurück, setzt Dich hinein und denkst in Ruhe darüber nach. Du kannst auch mit Peter darüber reden. Ich werde hier auf Dich warten, wenn es sein muss bis zum Sonnenuntergang, doch dann werde ich gehen."

Doch der Mensch schüttelte den Kopf und sagte leise: „Da gibt es für mich nichts zu überlegen. Du weißt doch, dass es immer schon mein Herzenswunsch gewesen ist und ich stehe dazu. Ich möchte mit Dir mitkommen, auch wenn es meinen Untergang bedeutet."

„Und Dir ist bewusst, dass Dein bisheriges Leben in dieser Welt sozusagen zu Ende geht? Dass es für Dich in meiner Welt einen absoluten Neubeginn bedeutet, wobei es keine - ich betone - keine Rückkehr mehr in diese Welt geben wird?"

„Ja, mein Entschluss steht fest."

Es lag in Matthias' Natur, zu einem einmal gefassten Entschluss zu stehen, ebenfalls eine Eigenschaft, die in der gegenwärtigen Gesellschaft unüblich war, gar ungern gesehen wurde. Schließlich könnte man sich ja dann auf etwas berufen...

„Wenn es denn Dein wahrer Wille ist, dann lass uns jetzt gehen. Ich freue mich schon darauf, Dir meine Welt zu zeigen. Bereit?"

Mit einer Tatze tastete Scarratsh bereits nach dem pulsierenden Punkt und benutze eine Krallenspitze, um diesen zu dem silbernen Strich, der nun an einen Spalt erinnere, auseinander zu ziehen.

„Noch kannst Du umkehren, noch kannst Du Dich verabschieden, wenn Du es wünschst."

Matthias holte tief Luft und sagte dann mit überraschend fester Stimme: „Ich bin bereit!"

Doch Scarratsh hörte das mit aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr, da er bereits durch die pulsierende ffnung getreten war und nur noch seine Tatze, die Matthias' Hand hielt, in dieser Welt zu sehen war. Selbst wenn Matthias im letzten Augenblick tatsächlich noch einen Rückzieher hätte machen wollen, so hätte er sich dem Drachengriff nicht entziehen können. Insgeheim war er Scarratsh dankbar für die leitende, starke Hand.

Ein knatterndes Geräusch drang an Matthias' Ohren und ihm ihn herum tanzten weiße und blaue Funken. Statische Elektrizität ließen seine Haare zu Berge stehen und seine Haut fühlte sich an, als ob tausende Ameisen auf ihn herumkrabbeln würden.

Gleichzeitig fühlte es sich so an, als ob er durch eine durchsichtige Geleewand schreiten würde und sein Sichtfeld trübte sich. Der Geruch von geschmolzenem Eisen überlagerte den angenehmen Duft der regennassen Erde und des Waldes.

Die Ankunft

Strahlend blauer Himmel und heller Sonnenschein empfingen ihn auf der anderen Seite.

Der Wald war verschwunden, dafür stand er auf einem flachen Bergplateau mit einem grandiosen Blick auf einen großen See, der die Sonne glitzernd reflektierte. Ihm war schwindlig und doch war sein Herz voller Freude, dass er angekommen war. Er hatte seine Welt, die ihm in den letzten Jahren zunehmend düster und grau vorgekommen war, eingetauscht in diese Welt, Scarratshs Heimat. Er war sich sicher, dass er sich hier einleben würde und mit Scarratshs Hilfe würde er vielleicht eines Tages von den anderen Drachen, die hier lebten, akzeptiert werden.

„Momentan würden sie Dich aber vielleicht eher als Futter ansehen", vernahm er Scarratshs Stimme neben sich.

„Meinst Du, die anderen Drachen, oder überhaupt die Bewohner dieser Welt, werden mich hier akzeptieren?"

„Das wird die Zeit zeigen, mein Freund", sagte Scarratsh und fügte hinzu: „Ist bei Dir alles in Ordnung? Du siehst so, wie soll ich sagen, eigenartig aus."

„Eigenartig?"

„Ich kann es nicht beschreiben. Du siehst so anders aus als in Deiner Welt. Und doch bist Du es, daran besteht kein Zweifel. Leider ist hier nirgendwo ein Spiegel, in dem Du Dich betrachten könntest."

In Matthias kam eine Befürchtung auf. Ähnlich wie Scarratsh in der Menschenwelt nicht wie ein in Matthias' Augen typischer Drache ausgesehen hatte, so konnte es nun durchaus sein, dass er hier in dieser Welt nicht mehr dem Bild eines typischen Menschen entsprach.

Er blickte Scarratsh an und er trat erschrocken einen Schritt zurück.

„Na, was sagst Du nun, mein Lieber? Entspreche ich jetzt dem, was Du Dir immer unter einem Drachen vorgestellt hast?"

Der Flammenstoß verfehlte Matthias nur um Haaresbreite.

„Du siehst, hier in meiner Heimat habe ich auch wieder meine normale Gestalt - und vor allem bin ich froh, dass ich dieses dämliche, rote Kleidungsstück nicht mehr an meinen Schuppen ertragen muss. Dir hat das ja anscheinend immer sehr an mir gefallen, aber ich bleibe dabei, es ist entwürdigend, in so etwas herumzulaufen."

„Wo ist die Jacke überhaupt abgeblieben?" wollte Matthias wissen und blickte sich suchend um.

„Das weiß ich nicht", antwortete der Drache und in seiner Stimme schwang Belustigung mit. „Aber eigentlich ist es ganz einfach: Du kannst aus Deiner Welt nichts in diese hinein mitnehmen. Und da dieses Textil von Menschenhand gefertigt in der Menschenwelt war, ging es beim Übergang sozusagen verloren."

Shetty blickte an sich herab und errötete.

Der Drache ließ ein dröhnendes Lachen erklingen: „Sag bloß, Du hast bis jetzt nicht einmal bemerkt, dass Du gar nichts mehr an hast?"

Matthias wollte diesbezüglich eine Bemerkung machen, doch genau in diesem Augenblick durchzuckte seinen Körper einem gleißenden Blitz gleich greller Schmerz, der ihn auf die Knie zwang. Er schrie in Agonie und wälzte sich auf dem Boden.

„Was hast Du" fragte Scarratsh alarmiert und war sofort an der Seite seines Freundes, doch Matthias konnte nicht antworten. Es war, als ob sein Gesicht zu einer Maske aus Wachs geworden war und der Rest seines Körpers schien aus schierem Schmerz zu bestehen.

Sein Körper zuckte hilflos in wirren Krämpfen und er bekam keine Luft mehr. Feuerräder vollführten vor seinen Augen einen wilden Veitstanz. In seinem Kopf war ein Brausen gleich der Brandung des Ozeans und er hörte seinen eigenen Puls hämmern.

Dann wurde es still um ihn herum und auch die Schmerzen ließen nach. Langsam klärte sich auch wieder sein Gesichtsfeld.

Wie intensiv das Gras duftete, auf dem er stand. Er roch im wahrsten Sinne den Sommer, die bunte Farbpalette der Düfte, die der Sommerwind in sich trug, die Felsen und Steine rings um ihn herum und auch Scarratshs charakteristischer Geruch war ihm noch nie so nuancenreich erschienen wie jetzt. Auch die Farben um ihn herum waren anders als er es gewohnt war, seine Wahrnehmung war um ein Vielfaches schärfer geworden - bis auf eine dunkle Fläche in seinem Blickfeld. Unwillkürlich hob er seine Hand, um sich die Augen zu reiben und fühlte eine... Schnauze?

„Aber, das gibt's doch gar nicht!" rief Matthias aus und hörte seine eigene Stimme in einem bisher noch nie vernommenen Klang.

Er spürte Scarratshs Atem an sich.

„Anscheinend doch", sagte der Drache leise.

Auch ihm hatte es offensichtlich die Sprache verschlagen, ein Zustand, der bei Scarratsh absolut ungewöhnlich war.

Matthias blickte hinunter auf seine Hände. Er hatte Klauen, die in sichelartigen Krallen ausliefen. Auch sein restlicher Körper steckte in einem Schuppenpanzer, der von der Färbung her Scarratshs Schuppen entsprach.

Er tastete nach seinem Kopf und erfühlte einen Stachelkamm.

„Du siehst aus wie ich!"

Endlich war auch Scarratsh aus seiner Starre erwacht.

„Aber ich kann Dir nicht sagen, mein Freund, was passiert ist."

„Ein Wunder", erwiderte Matthias glücklich, dem allmählich bewusst wurde, was hier geschehen war, „Du glaubst nicht, wie glücklich bin, oh, was machst Du?"

Scarratsh hatte in der Zwischenzeit Matthias eingehend beschnuppert und auch seine Schnauze kurz unter den Schweif seines Gefährten gebracht. Er zog nach einigen Augenblicken seine Schnauze wieder zurück und grinste.

„Frag mich mal, wie glücklich ich jetzt bin!"

„Wieso?" wollte Matthias wissen.

„Nun", begann Scarratsh und seine Augen blitzten voller Freude, „Du bist nicht nur einfach ein Drache geworden. Mir ist schon gleich Dein Duft während der Verwandlung aufgefallen und ich musste mich gerade nur vergewissern."

„Was?"

„Nun", Scarratsh machte eine kurze Pause. „so wie es aussieht, habe ich meine Gefährtin bereits gefunden!"

Matthias war sprachlos, sprachlos vor Erstaunen ob dieses unfassbaren Wunders und auch vor grenzenloser Freude. Sein größter Wunsch hatte sich erfüllt, er war zu einem Drachen geworden und er konnte auf diese Weise an Scarratshs Seite bleiben. Und was das Beste daran war, der neue Körper fühlte sich absolut richtig für ihn an, so als ob er nie etwas anderes als eine Drachin gewesen wäre.

Sie blickten einander tief in die Augen, dann trafen sich ihre Schnauzen zu einem innigen Schnauzenreiben, das in einem leidenschaftlichen Kuss mündete.

Schließlich löste Scarratsh jedoch den Kuss und strich durch seinen Stachelkamm.

„Nun gibt es aber einiges zu erledigen. Zum einen müssen wir für uns eine schöne, behagliche Höhle suchen, mein Liebes. Und dann müssen wir doch noch den Drachenrat einberufen, denn schließlich gilt es einen neuen Drachen in dieser Welt zu begrüßen."

„Ist das... erforderlich?" Plötzlich fühlte sich Matthias verunsichert.

„Ich fürchte, ja", erwiderte Scarratsh, „es wäre anders, wenn Du hier in Deiner alten Menschengestalt wärst oder als Pferd oder als Einhorn oder was auch immer. So aber musst Du in den Kreis der Drachen aufgenommen werden - und da bekommst Du auch Deinen Drachennamen. Es bedarf dazu jedoch mindestens eines Fürsprechers aus dem Drachenkreis und das darf ich jedoch nicht sein, abgesehen von dem Umstand, dass ich noch zu jung bin, um diesem Kreis anzugehören."

„Oh."

Matthias' Hochstimmung war verflogen. Was, wenn ihn die anderen Drachen nicht akzeptierten, was, wenn sie ihn gar verjagten?

Er sprach seine Sorgen offen aus und Scarratsh konnte nicht viel Tröstendes beisteuern: „Ich kann es Dir beim besten Willen nicht sagen, was dann passiert."

„Diesbezüglich macht Euch keine Sorgen!"

Matthias zuckte zusammen. Diese Stimme kannte er doch! Und auch der Drachenduft, der an seine Nüstern drang, wild und aufregend, war ihm auf eigenartige Art und Weise vertraut.

Der silbern geschuppte Drache war scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht. Doch sein Körper steckte nicht wie der von Scarratsh oder Matthias in einem reinen Schuppenkleid, sondern Bauch und Brust waren bedeckt von ockerfarbenem, sehr flauschig aussehendem Fell.

„Das gibt's doch gar nicht!" rief Matthias.

„Aber wieso..., ich meine woher wusstest Du..., also..."

Der Neuankömmling lächelte: „Wie gesagt, ich habe den Übergang durch Zufall gefunden - und habe ihn einfach einmal ausprobiert. Ich denke, ich habe die gleiche Erfahrung gemacht, wie Du: Mir wurde schwindlig, Schmerzen und dann war ich so."

Er fasste mit einer lässigen Bewegung seiner Tatze sein gegenwärtiges Erscheinungsbild zusammen.

„Du musst nur wissen, dass hier die Zeit anders dimensioniert ist als in unserer Welt. Während in der Menschenwelt nur wenige Augenblicke vergehen, sind es hier Monate. Aber egal! Es würde zu weit führen, Dir das jetzt alles zu erzählen. Ich habe jedenfalls die Option, dass ich zwischen beiden Welten wechseln kann. Darum habe ich, als ich mich beim Rat der Drachen vorstellte, ausdrücklich gebeten. Ich kann also kommen und gehen, wie ich will, musste allerdings als Preis dafür den Eid leisten, mich hier nicht auf Dauer einzurichten. Sprich, ich darf mir hier keine Drachin suchen und mit ihr eine Familie gründen. Natürlich darf ich mich aber durchaus, wenn sie es wollen, mit ihnen vergnügen. Ich habe hier schon so manche lustvolle Zeit verbracht. Im Kreis der Drachen darf ich übrigens trotzdem sprechen, auch wenn ich hier in dieser Welt nicht dauerhaft lebe. Daher kann und werde ich dann, wenn es soweit ist, im Kreis der Drachen für Dich sprechen. Scarratsh hat mich noch in Deiner Welt darum gebeten."

Matthias wandte sich an seinen Gefährten: „Du... Du hast das alles gewusst?"

Scarratsh scharrte ein wenig verlegen mit seiner krallenbewehrten Tatze.

Gewusst ist nicht das passende Wort, denke ich. Aber vermutet. In seinen Geschichten machte er die eine oder andere Andeutung. Und als er aufgetaucht ist, um uns abzuholen, da habe ich an ihm diesen besonderen Geruch wahrgenommen und da war ich mir zumindest ziemlich sicher, dass er wirklich ein Drache ist. Vor allem konnte ich mich mit ihm ohne Worte unterhalten und während der Autofahrt habe ich ihn ein wenig ausgequetscht, ohne dass es irgendwelcher gesprochenen Worte bedurft hätte."

„Dann wusstest Du, dass ich mich in eine Drachin verwandle, wenn ich mit Dir mitkomme?"

„Nein, ich konnte nur hoffen, dass es bei Dir genauso sein würde wie bei Deinem Freund. Und dass Du dann sogar noch zu einer Drach_in_ geworden bist, das ist einfach nur großes Glück gewesen, für das ich den Göttern zu tiefstem Dank verpflichtet bin."

„Das spielt doch alles keine Rolle", unterbrach der Silberdrache. „Es gibt nun anderes zu tun. Erst die Versammlung der Drachen, bei der ich für Matthias sprechen werde. Das wird - denke ich - recht schnell und reibungslos vonstatten gehen. Wichtiger ist dann Eure weitere Zukunft, dass wir eine passende Höhle für Euch finden."

„Wieso betont Ihr beide eigentlich immer den Punkt mit der Höhle?"

Der silberne Drache warf Scarratsh einen vielsagenden Blick zu und dieser grinste: „Soll ich es ihm wirklich jetzt schon offenbaren? Da bringe ich mich ja um das ganze Vergnügen."

„Sag's ihm trotzdem, das eine schließt ja das andere nicht aus. Ich meine, das werdet Ihr ja denn ohnehin spätestens heute Abend wieder tun, das heißt, nach der Versammlung."

„Von was redet Ihr eigentlich?" Matthias verlor allmählich die Geduld.

Scarratsh trat dichter an die Drachin heran und leckte liebevoll über ihre Schnauze.

„Also gut. Anscheinend hat der letzte Abend in Deiner Welt etwas weiterreichende Konsequenzen für uns."

„Was meinst Du damit?" fragte Matthias und fiel aus allen Wolken - nur um gleich daraufhin wieder auf Wolke Nummer Sieben zu schweben, als er die Antwort hörte:

„Du bist guter Hoffnung... und ich, ich liebe Dich, das heißt, Euch beide..."

ENDE