Wolfsblut - Extra 1 Kapitel 2: Fallen des Lebens
Extra 1: Schlacht Kapitel 02: Fallen des Lebens
Shayne rückte seinen Rucksack zurecht und sah sich in der Umgebung um. „Was genau sollen wir finden?" Loyee warf einen Blick zurück zu dem Wolf und erinnerte ihn: „Vier Notizen. Wir sollen innerhalb dieses Waldes vier Notizen finden und sind komplett auf uns allein gestellt. Wir haben eine Woche und wer erfolgreich zurückkommt, bekommt eine Belohnung." „Wow. Ich fühle mich wie ein Haustier." Plötzlich fing Loyee an zu lachen und ließ sich zurückfallen, um neben den Wolf herzulaufen. „Du hast ja doch Humor." Shayne blickte verwundert zu dem Fuchs und sagte: „Konzentrier dich auf unsere Aufgabe." „Hey, wir sind jetzt eine Weile aneinander gebunden. Meinst du nicht, wir sollten einander etwas kennenlernen?" „Auf keinen Fall." Loyee seufzte und sah sich in der Umgebung um. Es war noch früh am Morgen und die Sonne glitzerte durch die Baumkronen hindurch, die die Sicht auf den Himmel fast komplett verdeckten.
„Immerhin schützt uns das Blätterdach vor Regen", dachte Shayne sich. Er hatte wenig Lust darauf, tagelang mit diesem Fuchs in einem Wald festzusitzen und eine Schnitzeljagd zu machen. Er hoffte sogar darauf, dass ein paar Fallen eingebaut wurden, sodass er etwas gefordert wird. Schließlich war er hergekommen, um seine Fähigkeiten weiter auszubauen. „Erzähl was über dich. Hast du Familie?" Loyee riss Shayne aus seinen Gedanken. Der Wolf blickte den Fuchs skeptisch an und sagte schließlich: „Ich bin früh aus dem Elternhaus ausgezogen um meine Ausbildung zu machen. Ich lernte dort Leila kennen und verliebte mich in sie. Schließlich haben wir geheiratet und vor kurzem hat sie unseren Sohn gebärt." Loyee schien von der Aussage etwas schockiert. „Bist also auch einer von denen, die schnell Kinder in die Welt setzen wollen, hm?", fragte er nach einer Weile des Schweigens. „Es ist einfach passiert. War nicht direkt geplant aber es kommt, wenn es kommt." Loyee wandte den Blick von Shayne ab und erzählte: „Wie mein Bruder. Er hat auch sehr früh dieses Mädchen kennengelernt. Jenn heißt sie. Sie haben eine Tochter namens Aline. Lance will Aline auch Magie beibringen und prahlt immer damit, dass er ihr die seltene Technik des Beschattens beibringen will. Das ist eigentlich eine Technik, die nur Dämonen einsetzen. Keine Ahnung, was er sich davon erhofft. Ich jedenfalls habe keine Frau und auch keine Kinder." „Du bist ja auch noch jung", erwiderte Shayne.
Loyee verzog die Miene zu einem wütenden Gesicht und brummte: „Ich bin genauso alt wie du." „Wie alt bist du denn?" „Einundzwanzig." Loyee blieb auf der Stelle stehen und Shayne tat es ihm gleich. „Das ist noch jung. Ich bin zwar auch Einundzwanzig aber ich habe eben schon recht früh damit begonnen, eine Familie zu gründen. Dafür sind meine Eltern recht alt. Bei dem einen geht es eben früher, die anderen brauchen länger." Der Fuchs sah den Wolf skeptisch an, dann lächelte er und meinte: „Und manche gründen erst gar keine Familie." „Aber..."„Da vorne. Ich glaub wir haben endlich die erste Notiz gefunden." Loyee deutete nach vorn. Shayne folgte seinem Blick und entdeckte versteckt hinter Sträuchern ein Mauerwerk, das einen kleinen Eingang bildete. Vermutlich stand hier einst ein großes Bauwerk, doch die Zeit hatte es in die Knie gezwängt und war nun nur noch eine Ruine. „Na dann los." Loyee schritt auf die Ruine zu. Shayne schüttelte den Kopf und versuchte die Sache auch etwas enthusiastischer anzugehen. Vor dem Torbogen blieb Shayne stehen und betrachtete das Mauerwerk. Er fuhr mit den Fingerspitzen über das Gestein. „Das alles ist so baufällig", brummte er, während der Sand von dem Gestein rieselte. „Kommst du endlich oder willst du noch weiter Steine betatschen", rief Loyee, der schon vorangegangen war. Plötzlich trat er auf eine Steinplatte am Boden, die ein Stück versank. Loyee stolperte einen Schritt vor, verlor das Gleichgewicht und fiel auf die Knie. Als er wieder aufblickte, stachen ihm die Mauern, die ihn umgaben, ins Blickfeld. Kleine Löcher waren in den Wänden eingefasst. Loyee riss die Augen auf, doch er konnte sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen. Aus den Löchern schossen Pfeile direkt auf ihn zu. Er schrie auf und riss die Arme hoch, um sein Gesicht zu schützen. Doch dann hörte er ein Zischen und die ersten Pfeile prallten an einer durchsichtigen Wand ab. Noch bevor er realisieren konnte, was geschehen war, schoss schon die nächste Salve auf ihn zu. Jemand packte Loyee am Arme und zog ihn aus dem Gefahrenbereich. Kurz bevor er in Sicherheit war, traf ihn ein Pfeil in den Oberschenkel und kreischend brach er zusammen.
„Ahh! Verdammt! Du tust mir weh!" „Halt endlich still. Du kannst von Glück reden, dass es nur sehr stumpfe Pfeile waren und du nur einen Kratzer hast." Loyee blickte wütend zu dem Wolf, der ihm den Pfeil entfernt hatte und ihm nun die Hose auszog, um die Wunde zu versorgen. „Hättest du mich nicht etwas früher retten können?", fragte er vorwurfsvoll. Shayne sah den Fuchs mit wutverzerrter Miene an und griff ihm hart an den Oberschenkel. Loyee jaulte auf, da er auf seine Wunde drückte. „Ich hätte dich auch einfach deinem Schicksal überlassen können. Ich kann echt nicht verstehen, wie du deine Ausbildung abschließen konntest, wenn du dich nicht selbstständig aus so einer Lage befreien kannst. Das war erbärmlich." Er ließ ihn los und Loyee keuchte erschöpft. „Und nun halt still. Hoffentlich kannst du wenigstens das." Loyee sagte nichts mehr. Er beobachtete, wie Shayne seine Wunde desinfizierte und versorgte. Der Vorwurf tat ihm weh, doch er wusste, dass Shayne recht hatte. Er war in dem Moment wie erstarrt gewesen und wenn er nicht gewesen wäre, hätte er noch einige Pfeile mehr in seinem Körper gehabt. Als Shayne den Verband angelegt hatte, drückte er dem Fuchs die Hose in die Pfoten, doch Loyee sah ihn nicht an. Dem Wolf fiel auf, wie niedergeschlagen der Fuchs war und er fühlte sich schuldig dafür. „Hey. So war das nicht gemeint. Es tut mir leid", versuchte er sich zu entschuldigen. „Nein, mir tut es leid. Du hast recht. Ich hätte mich selbst befreien müssen. Es ist nicht fair von mir, dich wegen deiner Hilfe anzuschreien." Shayne war etwas erstaunt von Loyees Worten, doch dann nickte er. „Nächstes Mal wird es besser laufen. Immerhin haben wir jetzt die erste Notiz. Bis Morgen früh bleiben wir hier und du ruhst dich etwas aus. Ich versuche währenddessen etwas essbares zu finden."
Shayne entledigte sich seiner Kleidung und legte sie ans Ufer. Nachdem er etwas zu Essen für Loyee gefunden hatte, wollte er sich eine Abkühlung gönnen und sich waschen. Er war froh, die kleine Wasserstelle gefunden zu haben und hoffte, hier nun etwas Ruhe zu finden. Er trat ins Wasser und verzog das Gesicht. „Eiskalt." Doch er ließ sich von der Kälte nicht abhalten und ging tiefer. Die Kälte umschloss seinen Körper wie eine eiserne Hand und für einen Moment war er wie gelähmt, doch langsam gewöhnte er sich an die Kälte und er atmete tief ein. Shayne ging nicht weiter ins Wasser, da er damit rechnete, dass es noch tiefer war und er nicht schwimmen konnte. „Wenigstens steht die Sonne noch", dachte er sich und sah in den Himmel, durch den sich bereits rötliche Strahlen zogen und einen weichen Farbverlauf bildete. Shayne tauchte unter und dachte an Loyee. Er konnte nicht verstehen, wie ein Schwertkämpfer so schwach sein konnte und es nicht schaffte, sich selbst zu retten. Wie würde er sich in einer Schlacht anstellen? Shayne vermutete, dass er einfach weglaufen würde, da half ihm auch sein ach so tolles Schwert nichts. Der Wolf tauchte wieder auf und schüttelte sich. Während er sich wusch, fragte er sich, wie es Leila ging. War sie mit Lance in einer ähnlichen Situation? Er konnte sich gut vorstellen, wie sie ihm die Hölle heiß machen könnte, doch er hielt Lance für einen stärkeren Kämpfer. Loyee war nicht so stark wie sein Bruder, zumindest war er das an diesem Tag sicher nicht gewesen.
Shayne watete wieder ans Ufer und band sich seinen Pferdeschwanz zusammen. Als er wieder an Land kam, schüttelte er sich das Wasser aus dem Fell und hielt Ausschau nach seinen Sachen. Seufzend ging der Wolf am Ufer entlang und versuchte seine Klamotten zu entdecken. An einer Stelle blieb er stehen und brummte: „Ich bin sicher, dass ich sie hier gelassen habe. Sind sie etwa ins Wasser gefallen?" Shayne sah zum Wasser. Das Ufer war ein paar Schritte von der Stelle entfernt und es war außerdem die ganze Zeit über windstill gewesen, daher schloss er aus, dass seine Kleidung ins Wasser geweht wurde. Schulterzuckend ging er weiter und suchte in den Sträuchern. Langsam wurde ihm kalt in seinem feuchten Pelz und er fragte sich, wie er seine Sachen aus den Augen verlieren konnte. „Suchst du etwas?", hörte er plötzlich eine ihm bekannte Stimme fragen. Shayne blickte auf und sah jemanden auf einem Ast sitzen. „Loyee, was tust du hier?!" Dem Wolf fiel wieder auf, dass er unbekleidet war und legte seinen Schweif zwischen seine Beine. Loyee sprang von dem Baum und sah den Wolf mit einem breiten Grinsen an. Er hielt ihm eine Unterhose vor die Nase und sofort begann Shayne zu knurren. „Du hast meine Sachen geklaut!" Er schnappte sich die Hose und kehrte dem Fuchs den Rücken zu. „Was regst du dich denn so auf?", lachte Loyee. Nachdem Shayne sich seine Hose übergestreift hatte, griff er den Fuchs am Kragen und brüllte: „Wir sind hier nicht zum Spaß!" Loyee grinste noch immer und machte keine Anstalten, sich aus dem Griff zu befreien. „In solch einer Situation solltest du ernst bleiben. Wir sollen uns für eine mögliche Schlacht vorbereiten. Das hier ist kein Spaß." Loyee rollte mit den Augen und entgegnete: „Du musst mich nicht aufklären, wofür ich hier bin. Das weiß ich selbst schon. Aber warum muss ich immer so ernst drauf sein und keinen Spaß verstehen. Eine Welt, in der es keinen Grund zum Lächeln gibt, wäre doch nichts wert. Ich lebe ja schließlich für etwas und sicher nicht dafür, immer nur stumpfsinnig meine Aufgaben zu erfüllen." Shayne zog ihn am Kragen näher zu sich und knurrte: „Man kann aber auch nicht alles verharmlosen. Du musst wissen, dass der Krieg kein Scherz ist und sicherlich auch kein Anlass ist, mit einem fetten Grinsen durch die Welt zu stapfen und zu meinen, dass alles so sein soll." Er ließ den Fuchs los, entriss ihm noch seine anderen Klamotten und kehrte ihm den Rücken zu. „Und da es dir ja scheinbar sowieso wieder besser geht, hätten wir auch gleich weiterziehen können, statt hier unsere Zeit zu verschwenden."
„Was hältst du davon?", fragte Shayne und deutete auf den kleinen Höhleneingang, der von wilden Sträuchern umgeben war. „Wenn du meinst." Shayne seufzte frustriert und brummte: „Ich geh da jetzt jedenfalls rein und versuche, die Notiz zu finden. Du kannst ja hier bleiben und Däumchen drehen." Der Wolf kroch durch den Höhleneingang und hörte, wie Loyee ihm folgte. Er konnte nicht glauben, dass der Fuchs noch immer eingeschnappt war. „Er ist wie ein kleines Kind", dachte er sich und sah sich in der Höhle um. Durch ein paar Löcher in der Decke und den Wänden drang Licht in die Höhle. Die Höhle war nicht sonderlich groß, doch an dem Ende des tiefen Dunklen konnte Shayne einen weißen Fetzen sehen. „Das muss sie sein." Er rannte auf das Papier zu, doch kurz bevor er es erreichte, brach der Boden unter seinen Füßen weg und Shayne stürzte schreiend in die Tiefe. Der Wolf versuchte sich an der Wand festzukrallen, doch er fand keinen Halt und stürzte tiefer.
_____________________________________________________________________Vorschau: „Was ist los?!", rief der Fuchs ihm zu. „Du musst mir helfen. Ich komm hier allein nicht mehr heraus." Shaynes Kinn klappte schockiert runter. Er konnte nicht glauben, dass Loyee nun seine eigenen Worte gegen ihn einsetzte. „Ich schaff es auch ohne deine Hilfe!" „Bitte. Ich brauch deine Hilfe! Ich kann nicht schwimmen!"
Kapitel 03: Revanche