Basilisk Part 4

Story by Gratus on SoFurry

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Es liegt nun bereits ein paar Jahre zurück, als die junge Naomi zu ihrer schicksalshaften Reise angetreten war. Sie ist sesshaft geworden, lebt jedoch alleine und zurückgezogen. Gerade trifft sie auf alte Bekannte, die eine willkommene Abwechslung und ein freudiges Wiedersehen versprechen, da wird sie auch schon erneut mit Ärger konfrontiert. Dieses Mal scheint sie jedoch selbst die Schuld zu treffen.

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BASILISK

Teil 4 - Ein Neuanfang



Es war ein einziges Getöse aus Gelächter und gegrölten Liedtexten, die von heldenhaften Taten berichteten. Im größten Wirtshaus von ganz Helingjah schien es jede Nacht etwas zu feiern zu geben. Für Reisende war es nach dem Betreten der Stadt die erste Anlaufstelle. Und für viele Heimische war es fast schon Tradition sich dort regelmäßig zu treffen. Ein Ort um Bekanntschaften zu schließen, Geschäfte zu machen, oder sich einfach in Gesellschaft zu fühlen. Auch dieses Mal wollte die Stimmung selbst vor Tagesanbruch noch lange nicht umschlagen. Es war erst etwa eine Stunde her, dass eine Gruppe von völlig erschöpften Männern das Lokal betrat und triumphal ihre Rückkehr von den Gästen feiern ließ. Jeder machte ihnen Platz. Sie bekamen sogar Freigetränke. Plötzlich schien sich alles nur noch um sie zu drehen, um drei Männer mit verschmutzter und zerbeulter Rüstung. Der größte von ihnen war auch der mit Abstand lauteste. Er trug eine schweres Langschwert mit sich, war kahlrasiert und sein Kinn mit einem zerzausten Bart bestückt. Ganz offensichtlich war er das Herz der kleinen Truppe. Die Bewaffnung der anderen zwei fiel weniger üppig aus. Sie führten lediglich ein Kurzschwert mich sich. Der eine etwas kräftig, mit vollem Bart. Wohl auch der mit den meisten Jahren auf dem Buckel. Der andere etwas schmächtiger und von sehr stiller Natur. Zumindest im Vergleich zu seinen Kameraden. Alle hörten ihnen zu, wenn sie sich kopfüber von einer unglaublichen Geschichte in die nächste, noch furioser wirkende Erzählung stürzten. Mit Händen und Füßen schilderten sie ihre Erlebnisse und hinterließen erstaunte Blicke bei den Gästen. Doch mit der Zeit wirkte auch der Alkohol und die Geschichten wurden immer undeutlicher und die Monster immer größer. Schließlich schleppte sich der eine oder andere nach einer sehr langen Nacht doch noch irgendwie zurück in sein Haus. Nur die drei Männer dachten darüber noch lange nicht nach, saßen beieinander an einem Tisch und plauderten amüsiert darüber, was sie in ihrer freien Zeit alles unternehmen werden.

Ein Tisch weiter wurden sie bereits die ganze Nacht über von einer stillen Gestalt beäugt. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, saß die Person noch immer reglos dort, ließ den leeren Krug von einer Hand in die andere schlittern. Ein lautes Pfeifen war zu hören. Die Männer schauten sich zu der unscheinbar wirkenden Person um, die ihren Krug nach einem von ihnen warf. Der Glatzkopf fing den Krug in der Luft, als hätte er ihn kommen sehen.

„Voll machen, bitte!", entgegnete die Person den verblüfften Blicken des Mannes.

„Wie war das?", erwiderte er in einem rauen, plötzlich gar nicht mehr amüsierten Tonfall.

„Der geht doch auf Euch, oder? Das seid Ihr mir schuldig." Mit langsamen Schritten näherte sich die vermummte Gestalt, schlitterte dabei den Stuhl von ihrem Tisch mit sich und setzte sich vor die erzürnte Gruppe. „Oder habt Ihr das schon wieder vergessen?" Sie streifte die Kapuze nach hinten und zeigte ihr Gesicht. Es dauerte keinen Augenblick, bis die drei stammelnd nach den richtigen Worten suchten.

„Verdammt! Naomi?!", kam es schließlich aus dem vollbärtigen Mann am anderen Ende des Tisches mit einem Lallen herausgeschossen.

„Maik, Jenson, Karles... Schön euch wieder zu sehen, Jungs.", antworte sie mit einem Lächeln, wie sie es schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gezeigt hatte.

„Du bist es! W-wie lange bist 'n du schon hier? Warum hast du nichts gesagt?", wollte Maik wissen und fuhr sich mit der Hand immer wieder über den Kopf, als wären dort Haare.

„Ich wollte euch doch nicht stören. Offensichtlich seid ihr immer noch ganz verliebt in eure uralten Anekdoten."

„Meinen letzten Schluck Bier hätt ich drauf gewettet, dass wir uns niemals wiedersehen würden. Und jetzt das!" Jenson strich sich nervös durch seinen Bart, die andere Hand fuchtelte in der Luft herum. „Hey! Noch eine Rund! Und auch was für die Kleine hier. Seht mal wer wieder da ist!", verkündete er feierlich. Einige müde Gesichter erhoben sich von den angrenzenden Tischen, nur um sogleich wieder erschöpft nach unten zu sinken.

„Die kennen mich doch, Jenson.", meinte Naomi mit einem Grinsen. „Ich wohne hier, schon lange."

„Donnerwetter! Hier in Helingjah?", sagte Maik verwundert. „Die Steuern hier zerren einem doch alles aus den Taschen."

„Es ist... nicht billig. Irgendwie kommt man aber trotzdem über die Runden."

„Was ist damals passiert?", meldete sich Karles zu Wort.

„Das würde ich auch zu gerne wissen.", stimmte Naomi zu. „Ich weiß wahrscheinlich genauso wenig wie ihr."

„Hast du ihn denn... gesehen?" Maiks Frage ließ die anderen zwei näher an den Tisch rücken. Fragende Blicke wurden untereinander ausgetauscht.

„Nein.", antwortete sie kurz und knapp. „Sonst wäre ich wohl tot."

„Wohl wahr! Und zum Glück ist das auch nicht passiert." Maik schüttelte mit einem Lächeln den Kopf. „Was habe ich gehofft, dass wir uns eines Tages wieder über den Weg laufen. Irgendwie wusste ich es immer! Sowas kriegt dich doch nicht klein."

„Na ja, über den Weg laufen, das kann man so nicht sagen. Ihr seid seit Tagen das absolute Gesprächsthema hier in der Stadt. Als ich dann mal genau hingehört habe, wusste ich sofort anhand der Beschreibung, dass es sich nur um euch Sturköpfe handeln konnte." Ein herzhaftes Lachen machte die Runde.

„Ich denk wir haben schon genug gequatscht.", meinte Jenson daraufhin. „Jetzt bist du mal an der Reihe. Also, was hast du die letzten drei Jahre gemacht?"

Naomi lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und legte ihren Kopf in den Nacken. „Na schön. Euch erwartet aber eine verdammt lange Geschichte!"

Die Zeit verging wie im Flug, wenn Naomi so ihre Erlebnisse schilderte, die für große Augen bei ihren drei Kameraden sorgten. Sie erzählte von jedem ihrer Abenteuer, mit einer einzigen Ausnahme, die sie für sich behielt.

„Ihr dürft euch in meinem Zuhause natürlich genauso wohlfühlen als sei es euer eigenes.", meinte Naomi abschließend zum Ende eines sehr langen gemeinsamen Wiedersehens. Ein Angebot, das ihr keiner ausschlug. Naomis Haus bot genug Platz für ein Dutzend weitere erschöpfte Helden. Ein langer und breiter Flur mit drei Türen auf jeder Seite, die jeweils in ein anderes luxuriös eingerichtetes Zimmer führten, und das war erst das Erdgeschoss. Eine Wendeltreppe führte nach oben. Zwei weitere Zimmer und ein riesiger Wohnbereich, der zum Verweilen einlud, waren hier zu finden.

„Hier unten sind zwei Schlafzimmer und oben ist auch noch Platz.", erklärte sie ihren taumelden Freunden. Mit unverständlichem Gemurmel wankten sie in die Zimmer und fielen angezogen in die Betten.

„Ich bin sprachlos!", meinte Jenson am Tag darauf, während alle gemeinsam an einem großen Tisch speisten. „Niemals hätte ich vermutet, dass eine Solokarriere lukrativ genug sein kann um sich solch eine Residenz zu leisten."

„Tja, wenn man gut ist.", antwortete Maik mit einem Klopfen auf Naomis Schulter.

„Die Beste!", korrigierte Jenson.

Naomi mochte die Burschen irgendwie. Es war seltsamen, aber sie waren ihr vom ersten Tag an sympathisch gewesen. Und obendrein waren es begnadete Jäger. Die Tage und Wochen, die sie gemeinsam auf Reisen waren, wird sie niemals vergessen. In dieser Zeit wurden sie für Naomi so etwas wie Brüder.

„Sie war wohl die Beste. Du bist also nicht mehr im Dienst?", wollte Karles wissen.

„Nein. Es hat sich viel geändert. Bevor ich mich doch noch irgendwas auffrisst, genieße ich lieber hier ein zurückgezogenes Leben und erzähle meine Geschichten bis ich alt und grau werde."

„Das ist nicht die Naomi, die ich einst kannte.", debattierte Maik. „Du bist doch noch jung."

„Und ich möchte gerne auch noch etwas älter werden."

Karles warf Maik einen auffordernden Blick zu. „Sollen wir fragen?", munkelte er.

„Was denn fragen?", wollte Naomi neugierig wissen.

„Sie hat doch nein gesagt.", meinte Jenson zu Karles.

„Nun, wir dachten wir könnten dich für ein weiteres Abenteuer begeistern." Maik kramte einen zerfledderten Brief aus seiner Hosentasche und legte ihn lesbar auf den Tisch. „Ganz frisch reingekommen. Wir sind nämlich nicht nur hier um dem Wirtshaus einen Besuch abzustatten."

„Ach, nicht?", erwiderte Jenson mit einem herzhaften Lachen. Der Rest blieb stumm.

„Es gibt einen Auftrag zu erledigen.", fuhr Maik fort. „Und zwar handelt es sich um einen Basilisken. Vor ein paar Jahren gab es hier mal entlang einer Hauptstraße einen Zwischenfall bei dem so ein Biest wohl eine Rolle gespielt hat. Dann gab es einige Zeit lang nichts zu berichten, bis immer mehr Meldungen von verschwundenen Menschen eingingen."

„Wirklich? Davon hab ich noch gar nichts gehört.", dementierte Naomi.

„Gut möglich, dass es unter Verschluss gehalten wird. Das hört sich ja auch nicht sonderlich reizvoll für Handelskarawanen an, wenn Helingjah einen Basilisken fürchten müsste. Aber es wird sich bald herumsprechen, das steht fest. Und bevor das passiert, müssen wir uns um dieses Problem kümmern." Maik schaute in die Gesichter seiner Kameraden, deren Blicke erwartungsvoll zwischen ihm und Naomi hin- und herschwenkten.

„Und jetzt wollt ihr mich dabeihaben.", schlussfolgerte sie.

„Wir hatten es schon lange nicht mehr mit so einem Vieh zu tun.", gab Jenson zu. „Jemand mit deinen Kenntnissen über sie wäre eine große Hilfe."

„Seid ihr euch überhaupt sicher, dass es sich um einen Basilisken handelt?"

„Mittlerweile gibt es Augenzeugen. Wir sind uns sicher", bestätigte Karles.

Naomi tippte mit ihren Fingern auf die Tischplatte. Man konnte fast schon behaupten, dass sie es ein klein wenig genoss, wie begehrt ihr Wissen bei Diesen Profis doch offensichtlich war.

„Ein letztes Mal.", versuchte Maik sie umzustimmen. „Und damit tust du dir auch selbst einen Gefallen. Wenn du hier alt und grau werden willst, sollte diese Stadt lieber völlig frei von Basilisken sein."

Sie griff in die Tasche ihrer Weste und holte eine Münze hervor. Ein letztes Mal ließ sie ihren Blick umherschweifen, dann schnippte sie das glänzende Metallstück mit Schwung in die Luft. Es fiel auf den Tisch, rotierte noch einen kurzen Moment lang und blieb schließlich mit der Seite nach oben liegen, auf der ein großer Baum mit vielen Blättern eingraviert war.

„Und was heißt das jetzt?", flüsterte Jenson verwirrt zu Maik.

„Ich bin dabei.", verkündete Naomi mit einem seichten Lächeln.

Der nächste Morgen begann für die kleine und von Tatendrang beflügelte Gruppe bereits vor Sonnenaufgang. Die drei Männer waren alles andere als begeistert von Naomis Plan die Sache so früh wie möglich anzugehen. Einen Basilisken würden sie nicht vor der Abenddämmerung antreffen. Denn wenn er zuschlägt, tut er es im sicheren Schein der Nacht. Tagsüber wird er dann ruhen, und genau dann wollen sie ihn finden. Die Bestie würde erst gar nicht wissen wie ihr geschieht, wenn sie in ihrem eigenen Unterschlupf überrascht wird. So erklärte es Naomi ihnen zumindest.

„Weißt du, eine ganz besondere Jagtrophäe fehlt mir noch.", meinte Maik spontan, als die Gruppe durch das Stadttor schritt.

„Aha. Reden wir jetzt von Ungeheuern oder von Frauen?", entgegnete Naomi.

„Ungeheuer natürlich. Einen Drachen um genauer zu sein."

„Geht das wieder los.", murmelte Jenson und rollte die Augen.

„Ein Drache? Gibt es hier doch soweit ich weiß gar nicht." Naomi erinnerte sich dunkel an alte Geschichten die von diesen Kreaturen in nahen Ländern berichteten. Doch die Tatsache, dass sie in Wirklichkeit weit entfernt auf einem anderen Kontinent lebten und sich bislang nicht weiter verbreitet hatten, ließ sie diese Geschichten schnell vergessen. Das Leben war ohnehin gefährlich genug, auch ohne Drachen.

„Aber es gibt sie in Viridis.", sagte Maik. „Und in Viridis ist gerade ein Krieg in vollem Gange. So sagt man es sich zumindest. Jetzt stell dir mal vor sie schaffen es diese Bestien endgültig zu verjagen. Ihnen würde nichts anderes übrig bleiben, als über den Ozean zum nächstbesten Stück Land zu fliegen, zu uns. Dann haben wir sie vor der Haustür. Und dann hab ich bald neuen Kaminschmuck."

„Wenn das wirklich passieren sollte, sind wir geliefert! Schon mal daran gedacht?", argumentierte Jenson.

„Ich glaube nicht, dass sie mit den Klimaverhältnissen in den vielen Wüsten die wir haben zurechtkommen würden.", meinte Naomi.

„Es sind bloß riesige Echsen." Maik lächelte. „'N bisschen mehr Sonne? Das macht denen nix."

„Na ja, hoffentlich doch."

Naomi zerrte immer wieder an den Lederriemen, die die leichte Rüstung an ihren Armen hielt. Als sie noch regelmäßig ihre Rüstung trug, fühlte es sich irgendwann wie ein Teil von ihr an. Niemals hätte sie sich vorstellen können, dass sich dieser schützende Mantel auf ihrer Haut unbehaglich anfühlen könnte. Doch wenigstens passte alles noch problemlos. Schon bald fühlten sich auch ihre Schritte immer schwerer und schwerer an. Sie konnte nicht mehr klar denken. Allmählich begann sie doch zu zweifeln. Natürlich hatte sie einen Plan, aber nur für den Moment. Alles was nach diesem Tag passieren würde stand noch in den Sternen. Dennoch blieb ihr trotz dieser zermürbenden Unklarheit nichts anderes übrig, als sich aus der momentanen Lage heraus zu manövrieren. Sie würde die Gruppe als erfahrene Spurenleserin zu irgendeiner Höhle oder so etwas in der Art führen. Dort würde sie dann schon irgendwas finden, das sie als eindeutiges Indiz für das Heim des Basilisken betiteln könnte. Schließlich würden sie ohne Beute zurückkehren, jedoch mit dem Gewissen es versucht zu haben. Und wie der Zufall so wollen würde, gäbe es keine Zwischenfälle mehr im Umkreis der Stadt. Naomi missfiel der kurze Gedanke daran ihr erst neubezogenes Haus bereits wieder aufgeben zu müssen.

Sie erreichten die Kreuzung vor der Stadt und schlugen einen Richtungswechsel ein.

„Wieso gehen wir hier entlang?", wollte Naomi wissen.

„Wir gehen heute nicht allein.", sagte Maik.

„Was soll das heißen? Wir sind doch schon zu viert."

„Wir haben da vor einiger Zeit eine tolle Truppe getroffen. Sind Jäger wie wir. Als sie gehört haben, dass die Stadt von einer Bestie bedroht wird, haben sie sich nicht gescheut einen kleinen Umweg einzuschlagen und uns unter die Arme zu greifen."

Naomi beunruhigte diese Tatsache mehr als ihr lieb war. Sie musste sich selbst die Frage stellen, ob noch mehr Menschen ihren Plan hätten scheitern lassen können. Bei ihren drei Kameraden konnte sie wenigstens noch den Überblick bewahren. Sie würden ihr praktisch alles glauben. Doch wenn Fremde dazukamen, könnte sich das Blatt schnell für sie wenden.

„Ist das denn nötig? Könnten wir uns nicht aufteilen? Wir bilden einfach zwei Gruppen."

„Hatten wir sowieso vor. Zuerst treffen wir uns und besprechen wie wir vorgehen. Vielleicht haben wir dieses Vieh dann schon vor Einbruch der Dunkelheit vor unseren Füßen liegen. Sie werden nicht in der Stadt bleiben, sondern reisen nach getaner Arbeit direkt weiter. Die verzichten sogar auf die Belohnung, wenn wir das Biest erwischen. Ist eine Ehrensache, meinten sie."

Naomi überlegte sich bereits eine Ausrede, eine Lüge die sie aus dieser Lage herausbringen würde. Doch egal was sie sich auch auf die Schnelle hätte einfallen lassen können, es wäre unglaubwürdig gewesen. Was würden die anderen nur von ihr denken? Nach den ganzen Jahren der Abenteuer, würde sie ihren Freunden wohlmöglich als Feigling im Gedächtnis bleiben.

Sie machte in der Ferne einen langen Wagen aus und etliche Pferde. Er stand etwas abseits der breiten Straße. Vier oder fünf Mann tummelten sich um das Gefährt, räumten Rüstung und Waffen mit einem Klirren aus mehreren Kisten heraus. Naomi ordnete ihre Gedanken neu.

Alle schienen sofort erheitert über den Anblick des anderen zu sein. Inzwischen der ganzen Wiedersehensgrüße fühlte sich Naomi ein wenig verloren. Sie erntete lediglich skeptische Blicke. Fünf Mann zählte sie bisher. Und jeder von ihnen stellte sich die Frage was eine Frau hier wohl zu suchen hatte, auch wenn es so direkt niemand aussprach. Naomi beobachtete einen der Männer, den der die zahlreichen Waffen vom Wagen laden musste. Sie war ganz fasziniert von dem dunklen Stahl der Schwerter und Äxte, den vielen Verzierungen und den unzähligen Kerben an den Griffen. Maik stellte ihr unterdessen die neuen Gesichter vor, trotz ihrer momentanen geistlichen Abwesenheit. Sie richtete ihren Blick erst wieder auf die interessiert dreinblickende Meute als ihr eigener Name fiel.

„Sie ist in ihrem Fach unumstritten ein Naturtalent.", ließ Maik seine Vorstellung enden.

„Werden wir ja noch sehen.", meinte einer von ihnen, worauf sich die ganze Truppe weiter ihren Vorbereitungen widmete.

„Wo ist Baleck?", wollte Maik wissen.

Eine Hand hob sich und deutet hinter den Wagen. „Is' grade pissen."

Naomi ließ ihre Blicke umherschweifen. Das hier war offensichtlich eine ganz andere Liga. Die Waffen, die Rüstungen und das Equipment mussten zu den kostspieligsten gehören, die sie je gesehen hat. Und sie dachte ihre Truppe wäre bestens ausgerüstet. Sie hatten Langschwerter, Kurzschwerter, Äxte, Streitkolben, die verschiedensten Bögen und Armbrüste, und das alles im Überfluss. In der Mitte des Wagens war eine Holzkonstruktion unter Leinen verdeckt. Sie hatte zunächst noch gehofft sie würden sie vielleicht abdecken, sodass sie Einblick auf die Gerätschaft erhielt die sich darunter verbarg. Die Apparatur blieb jedoch unberührt. Scheppernd fielen einige Schilde zu Boden. Einige aus Eisen, die anderen aus Pelz und Leder. Aber alle trugen ein identisches Symbol, ein Oroboros. Naomi versuchte sich vergeblich an die Schlange, die ihren Körper zu einem Kreis bildete zu erinnern. So wie diese Kerle aussahen, und wie sie auftraten, musste man doch sicherlich schon einmal von ihnen gehört haben.

„Willkommen!", rief ein Stimme. Ein Mann kam hinter den Wagen hervor und schloss gerade seine Gürtelschnalle. „Ist ja gar nicht üblich, dass ihr pünktlich seid."

„Naomi, das ist Baleck. Wir haben uns vor einiger Zeit bei der Jagd kennengelernt. Wenn einer mir hier die Stirn bieten kann, dann er.", meinte Maik.

„Große Worte, für einen kleinen Mann." Und tatsächlich überragte Baleck Maik um einen ganzen Kopf, als er schließlich neben ihm stand und sich seine Hände an seiner Hose abwischte.

„Und das, das ist Naomi. Sie wird uns zu diesem Biest führen. Du wirst keinen finden, der besser Spuren ließ als sie."

Einen unangenehmen Moment lang starrten sich die beiden in die Augen. Baleck schien noch zu überlegen, während Naomi bereits ein ungutes Gefühl überkam. Er wusste nicht, wohin er sie einordnen sollte, doch er war sich sicher sie schon einmal gesehen zu haben. Naomis Herz begann zu rasen.

„Kenne ich dich?", fragte Baleck verwirrt.

„Nein... nein, mit Sicherheit nicht." Naomi drehte ihren Kopf zur Seite.

Baleck zögerte kurz, doch war es schließlich ihre Stimme, die sie verriet.

„Oh, doch. Ich glaube schon." Baleck legte langsam die Hand auf den Griff seines Schwertes. „Du dreckige Hure!", schrie er und zog zugleich sein Schwert, katapultierte es mit immenser Kraft in ihre Richtung. Naomi, gefasst auf diese Reaktion, stürzte nach hinten. Lediglich eine Haaresbreite trennte sie für einen Moment von der tödlich scharfen Klinge. Sofort zogen Maik, Jenson und Karles ihre Waffen, und darauf auch die restlichen Männer.

„Was ist in dich gefahren?!", brüllte Maik.

Naomi zog ihr Schwert mit der gekrümmten Klinge aus der Scheide. Konzentriert versuchte sie den nächsten Angriff ihres Kontrahenten vorauszuahnen. „Ihr seid es!", wisperte Naomi.

„Kann mir bitte jemand erklären was hier gerade vor sich geht?" Maiks Klinge schwenkte von Baleck hinüber zu Naomi und wieder zurück.

Baleck nahm die Fingerspitzen seines rechten Handschuhs zwischen die Zähne und streifte das Leder von seiner Hand, während die andere Hand das Großschwert noch immer mühelos in Naomis Richtung dirigierte. Zum Vorschein kam die übel zugerichtete Hälfte einer Hand. Ein Stück der Handfläche und des Mittelfingers fehlten, lediglich Zeigefinger und Daumen schienen noch intakt zu sein. Naomi konnte sich noch sehr gut an die Nacht damals erinnern.

„Das war sie! Sie und ihr Monster!", rief Baleck aus.

Naomi hatte keine Zeit zu antworten. Mühsam stellte sie sich dem Schlagabtausch mit seiner Klinge. Die mächtigen Hiebe von Baleck ließen sie jedes Mal einen Schritt nach hinten weichen. Das kurze Gefecht wurde von Maik gestoppt. Die wild umherrufende Meute, die Männer von Baleck, richteten ihre Waffen auf ihn, als er zwischen die beiden ging und sich schützend vor Naomi stellte.

„Schluss damit!", fauchte Maik. „Was soll dieser Wahnsinn?"

Baleck hob sein Schwert und rammte es in den Boden. Die Waffen sanken ein Stück.

„Sie ist mit diesem Monster befreundet! Meine ganze ehemalige Truppe starb in dieser einzigen Nacht. Fast wär' ich auch draufgegangen!"

„Was für ein Monster?", wollte Jenson wissen.

„Der Basilisk! Was denn sonst?! Die beiden haben miteinander geredet. Sie waren zusammen unterwegs."

Balecks Worte sorgten für Verwirrung und verdutzt dreinblickende Gesichter. Maik schaute zu Naomi, die mit einem leichten schütteln ihres Kopfes ihre Unschuld beteuerte. Wie hätte sie auch ahnen können, dass einer von dieser zwielichtigen Bande Raiheels Angriff überlebt hatte? Das schlimm genug, doch musste er ausgerechnet ein Freund von Maik sein? Für den Moment hielt sie es für das Beste, einfach alles abzustreiten was ihr vorgeworfen wurde.

„Weißt du was du da sagst?" Maiks Worte waren ruhig und gelassen. Er senkte sein Schwert, genau wie alle anderen.

„Du kennst die Geschichte.", erwiderte Baleck.

„Ja, ich kenne sie. Doch wie zum Teufel kommst du darauf, dass sie es war?"

Man konnte Baleck die Verzweiflung ansehen, sie war ihm quasi ins Gesicht geschrieben. Er suchte nach den richten Worten, nach der glaubwürdigsten Version der Tatsachen.

„Ich erkenne sie doch. Maik, glaub mir. Bitte!" Baleck schaute mit einem verächtlichen Blick an Maik vorbei zu Naomi. „Sie ist nicht die, für die du sie hältst."

„Glaub ihm nicht. Das ist doch völliger Unsinn!", entgegnete Naomi aufgebracht. „Ich lebe schon die ganze Zeit hier in Helingjah in Ruhe und Frieden. Meine Zeit als Jägerin habe ich damit verbracht Basilisken zu töten. Sie haben allen Grund mich zu hassen, mich tot sehen zu wollen."

„Ich hab jeden Grund dich zu Hassen!" Baleck nutze einen kurzen Augenblick, in dem Maiks Blick nicht auf ihn gerichtet war, drehte sich zur Seite und griff nach der Armbrust, die einer seiner Männer gerade eben noch geladen und schussbereit in seinen Händen hielt. „Und ich will nichts lieber als dich tot zu sehen. Für meine tapferen Männer und mich!" Er visierte sein Ziel für nur einen winzigen Augenblick lang an. Viel Geschick brauchte es nicht um aus ein paar Metern Entfernung zu treffen.

„Baleck, stopp!" Maiks Worte kamen zu spät. Der tödliche Pfeil war längst an ihm vorbeigerauscht. Er durchstieß Naomis Lederrüstung mühelos, als sei es nichts weiter als ein Blatt Papier. Das Geschoss hatte sich tief in ihre linke Schulter gebohrt. Sofort erhoben sich wieder alle Waffen, jeweils auf den Trupp des anderen gerichtet. Ein Hauch von Genugtuung legte sich über Balecks grimmige Miene, als er Naomi auf die Knie fallen sah.

„Jetzt bist du nicht mehr so stark. Na, wo ist dein Freund jetzt?"

Die Blicke von Maik, Jenson und Karles pendelten zwischen der schwer verletzen Naomi und dem offenbar wahnsinnig gewordenen Baleck. Doch noch ehe jemand dazu kam ihm ein Wort entgegenzusetzen, richtete sich Naomi mit blutüberströmten Arm wieder auf. Ihre Hand Griff das Stück des Pfeiles, das aus ihrer Wunde herausragte. Mit einem kräftigten Ruck zog sie ihn heraus. Baleck war einen Moment lang verblüfft, im nächsten lud er jedoch bereits erneut die Armbrust.

„Es hatte einen guten Grund, dass dir das alles widerfahren ist. Und das weißt du auch.", sagte Naomi. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. „Entweder du und deine Männer verschwinden auf der Stelle, oder es wird genauso enden wie damals. Mit dem einzigen Unterschied, dass ich dieses Mal höchstpersönlich für deinen Tod sorgen werde."

„Hier wird überhaupt gar niemand sterben, ist das klar?!", rief Maik aus. „Wir klären das jetzt."

„Ja, das tun wir.", stimmte Baleck zu. „Ein für alle Mal."

Erneut setzte er die Armbrust zu einem Schuss an. Doch Maik schaffte es gerade noch mit seiner Hand die Waffe nach unten zu schlagen, sodass sich das Projektil vor Naomis Füßen in den Boden rammte.

„Du Schwachkopf!", beschimpfte er Maik, bevor er ihn mit einem heftigen Ruck zur Seite drängte und einen Dolch aus seiner Hüfte zog. Er preschte auf Naomi los, die kurze aber tödliche Klinge in Position für einen schnellen Hieb. Naomi stellte sich seitwärts und als Baleck in Reichweite kam, richtete sie einen einzelnen gezielten Schlag gegen seinen Brustkorb. Der Mann verharrte in seiner Position, hielt noch immer den Dolch oben. Ein leises Stöhnen, dann öffnete sich seine Hand und die Waffe fiel zu Boden. Unklar darüber was gerade geschehen war, versetzte es Balecks Truppe dennoch sofort in Kampfbereitschaft. Naomi zog ihre Faust zurück. Doch erst als Balecks erschlaffter und blutüberströmte Körper vor ihr zusammenklappte, wurde für alle erkenntlich, dass sich ihre Hand verändert hatte. Spitze Enden schienen aus dem Ärmel ihrer Lederrüstung zu kommen. Wie kleine Messer, die an langen Fingern befestigt waren, alles umhüllt mit einem harten Panzer.

„Tötet sie!", schrie einer aus der Gruppe.

Ungehindert stürzten sich Balecks Männer auf Naomi. Doch sie schrie bereits vor Schmerz geplagt auf ehe sie überhaupt die erste Klinge erreichen konnte. Sie ging auf die Knie, ihr Rückgrat krümmte sich. Hastig versuchte sie die Rüstung von ihrem Körper zu reißen. So schnell gelang ihr es aber nicht. Die Männer blieben stehen, bestaunten mit Naomis Begleitern zugleich das unwirkliche Geschehen, als sich ihre Gestalt allmählich zu verändern begann. Ihrer Haut wischen dunkle Schuppen. Ihre Arme und Beine streckten sich, wurden größer und veränderten ihre Form, genauso wie ihr Kopf. Nicht einmal ihre Rüstung konnte die Veränderung ihres Körpers stoppen, als ihre Knochen wuchsen und ihre Gestalt immer unmenschlicher wurde. Ihre Angreifer erwachten angesichts ihrer monströsen Gestalt wieder aus ihrer Trance und steuerten weiter mit erhobenen Waffen auf sie zu. Sie wollten sie niederschlagen, noch ehe sie ihren obskuren Wandel abgeschlossen hätte. Mit einem mächtigen Hieb ihres scheinbar aus dem Nichts entstandenen Schweifes, schlug sie fast alle ihre Gegner zu Boden. Naomis neue Gestalt bereitete ihr Schmerzen. Ihr ganzer Leib war betäubt, schwer und kaum zu kontrollieren. Sie entgegnete der neuformierten Truppe mit einem kraftvollen Schrei, als sie schließlich das letzte bisschen Menschlichkeit verlor und ganz als das Biest, das ihr innewohnte, vor ihnen stand. Maik, Jenson und Karles hielten sich mit Entsetzen und gezogenen Waffen zurück. Einer der anderen Männer ging mit seinem Bogen in Stellung, versuchte sein Ziel aus der Ferne anzugreifen. Er schoss, doch Pfeil um Pfeil zerbrach oder prallte an den Schuppen der Kreatur ab.

„Verdammt, das ist ein Monster!"

„Tötet es! Es darf uns nicht entwischen!", brüllten sie.

Naomi stürmte dieses Mal vor. Mit einem wutentbrannten Schrei stieß sie ihre Klauen und Zähne in ihre Feinde. Sie mied die schwer gepanzerten Stellen an ihren Körpern und konzentrierte sich auf Arme, Beine und den Kopf, dort wo die Rüstung Lücken aufwies oder noch erst gar nicht angelegt war. Die unvorbereiteten Männer wehrten sich mit allem was sie hatten. Verzweifelt versuchten sie Naomi einzukreisen, doch ihre schnellen Bewegungen scheuchten sie immer wieder auf. Jede einzelne Waffe die sie streifte, verleite ihrer nach Mord lüsternen Rasche nur noch mehr Aufschub. Den Geruch und den Geschmack des Blutes, dass sie vergoss, nahm sie nur beiläufig war. Zu sehr waren alle ihre Sinne darauf erpicht jeden einzelnen dieser Männer zu töten. Einen nach dem anderen bereitete sie ihnen ein schnelles Ende. Keiner der Männer flehte um Gnade oder zog es vor zu fliehen, ehe er an der Reihe war. Blut befleckte den Boden und die Körper der besiegten Männer, zeichnete ein feines Muster auf die dunklen Schuppen von Naomi.

Dann hielt sie inne, und mit ihr schien die Zeit stillgestanden zu sein. Sie lauschte ihren schweren Atemzügen, spürte das Schlagen ihres aufgewühlten Herzens. Allmählich verschwand das Taubheitsgefühl aus ihrem Körper. Ihr Blick kreuzte den der letzten drei übriggebliebenen Männer. Mit unterdrückter Furcht, aber mit Entsetzen in ihren Gesichtern, standen sie ihr gegenüber.

„Was hast du getan?", sagte Maik.

„Ich habe ihn gewarnt. Ich habe sie alle gewarnt." Naomis Stimme war nun etwas dunkler und rauchiger als die ihrer menschlichen Gestalt. „Das hätte nicht passieren müssen."

„Das hätte nicht passieren sollen. Dann warst du das die ganze Zeit? Du bist das Monster von Helingjah?" Maiks Worte konnte man genauso gut Überzeugung wie auch Zweifel anhören.

„Was hattest du vor? Uns in eine Falle locken?", wollte Jenson wissen.

„Ich wollte niemanden von euch eine Falle stellen.", dementierte sie. „Ihr müsst mir zuhören was ich zu sagen habe. Dann versteht ihr das alles auch."

„Nichts kann das hier auch nur ansatzweise rechtfertigen." Maik senkte seine Klinge. Jenson und Karles taten es ihm nach einem kurzen Blickkontakt gleich. „Darum nimmt sich jetzt jeder von uns ein Pferd, und dann werden wir von hier verschwinden."

„Ich möchte nichts rechtfertigen. Ich möchte nur erklären."

„Du wirst gar nichts mehr tun, außer dich zu entscheiden." Der ernste Unterton in Maiks Stimme war sogar für Naomi etwas völlig neues. „Entweder du lieferst dich uns jetzt auf der Stelle aus oder du kämpfst um dein Leben."

„Das gefällt mir beides nicht.", antwortete Naomi. „Was, wenn ich einfach verschwinde?"

„Du meinst, damit alles vergessen ist? Damit du irgendwo anders Angst verbreiten kannst und ungestraft davon kommst? Nein, so läuft das nicht. Wir werden dich jagen und hetzen, bis wir dich irgendwann gefunden haben, um dich für all das zur Rechenschaft ziehen zu können." Karles und Jenson nickten zustimmend.

„Dann soll es so ein.", erwiderte Naomi kalt.

„Bis Sonnenuntergang wird dir jeder fähige Mann aus Helingjah, selbst jeder schmierige Söldner und Kopfgeldjäger auf den Versen sein, dafür werde ich sorgen."

Zügig gingen sie zum Wagen und machten dort die Pferde von der Leine. Naomi wendete ihren Blick ab. Sie hörte nur noch das Getrappel der eilig davonrauschenden Gruppe. Es wurde immer leiser und leiser. Und mit einem Mal schien alles still geworden zu sein. Der Sonnenaufgang badete das grausame Schlachtfeld in einem Meer aus rot. Naomi blickte zum leblosen Körper Balecks. Sie wünschte sich er hätte noch ein letztes Mal ein Lebenszeichen von sich gegeben, wäre nur noch ein letztes Mal zu Bewusstsein gekommen. Dann hätte sie ihn für das alles nochmals strafen können. All das wäre nicht passiert, hätte er in jener Nacht sein Leben gelassen. Und nun musste sie sich ihren einstigen Freunden gegenüberstellen. Menschen die sie schon fast ihre Familie genannt hätte trachteten ihr nun nach dem Tod. Und sie hatten nicht einmal auch nur den geringsten Augenblick Zeit sie anzuhören, damit sie sich erklären konnte. Eine Verräterin, ein Monster. So mussten sie bestimmt über sie denken. Letztendlich durfte sie es ihnen jedoch nicht verübeln, denn damit hatten sie Recht.

Immer wieder versuchte sie sich von diesem schrecklichen Ort ihrer grausamen Tat loszureißen. Doch die Aufregung, dieses quälende Gefühl der Schuld, ließ sie zunächst nicht gehen. Wie konnte das alles nur so schnell passiert sein? Wie ein letzter Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, ließ dieser Tag all ihre Taten der vergangenen Jahre zu viel werden. Schwermütig schleppte sie sich davon. Ihr Verstand von Furcht, Kummer und Verzweiflung geplagt, begann sie schneller zu werden. Ihre starken Glieder trugen sie eilig und elegant durch den dichtbewachsenen Wald hindurch. Sie hatte sich in ihrer Not spontan an Worte erinnert, die sie schon längst für vergessen hielt. Auf keinen Fall hätte sie gedacht wohlmöglich nie wieder nach Helingjah zurückkehren zu können, als sie vor nicht mal zwei Stunden das große Tor der Stadt passierte. Sie musste sich Rat suchen. Und selbst wenn niemand ihr diese Last nehmen konnte, hoffte sie trotzdem auf ein paar verständnisvolle Worte. Jemand der ihr zuhören würde, ihr vielleicht sogar die Angst nahm. Eine Stimme, der sie folgen könnte.

Sie gönnte sich keinen Moment Pause. Auch wenn ihre Glieder bereits schmerzten und jeder einzelne Muskel brannte, trieb sie ihren müden Körper dennoch immer weiter voran. Solange, bis es ihr schließlich völlig ungewiss war wie lange sie bereits die Wälder durchquerte. Sie versuchte sich immer nur auf den nächsten Baumstamm zu konzentrieren, ihnen auszuweichen und sich den schnellsten Weg durch das Dickicht zu bahnen. Ein stechender Schmerz breitete sich in ihrem Brustkorb aus. Und erst als ihr auch allmählich das Atmen deutlich schwer gefallen war, verlangsamte sie ihre Schritte und stoppte. Die Welt um sie herum verschwamm. Sie blickte nach oben zu den Baumkronen. Die Sonnenstrahlen waren schon längst verschwunden. Die Abenddämmerung war angebrochen. Unweigerlich begann sie sich zu fragen wie weit sie nun von ihren Verfolgern entfernt war. Verfolgten sie sie denn überhaupt? Sie hegte nicht den geringsten Zweifel an Maiks Worten. Wenn er wirklich halb Helingjah mobilisieren will, dann schafft er das auch. Die Frage war nur, ob sie ihr bereits auf den Versen waren. Einen Anflug von Paranoia wog sie ganz einfach mit Konzentration dafür, weiter in die richtige Richtung zu laufen ab. Dann setzte sie sich wieder in Bewegung. Langsamer und sehr viel schmerzhafter als zu vor, doch mit dem Wissen Schritt für Schritt die Distanz zu halten.

Letztlich wusste sie nicht wie weit sie gelaufen war. Die Zeit verstrich so langsam, dass es nach ihrer eigenen Auffassung gut möglich Tage hätten sein können. Selbst als sie ihr Ziel erreichte plagten sie keinerlei Bedenken diesen Weg gegangen zu sein. Genauso wenig wie sie Skepsis gegenüber Bahkus Versprechen hegte. Irgendetwas konnte sie vor drei Jahren davon überzeugen, dass er die Wahrheit sagte. Und tatsächlich brauchte sie nicht lange zu warten, bis sich dies bestätigte. Auch wenn sie sich an keinen genauen Ort erinnern konnte, an die Pflanzen und die feuchte Luft erinnerte sie sich schließlich doch. Und genau wie er es damals sagte, fand er sie. Ihn wiederzusehen bereitete ihr ein mulmiges Gefühl. Denn ihn wiederzusehen bedeutete einen Fehler zu machen. Zumindest hatte sie sich das so eingeredet. Naomi war zunächst gar nicht in der Lage sich richtig auszudrücken, die richtigen Worte für das Geschehen zu finden. Bahku schien sofort gewusst zu haben wer sie war. Und überraschend subtil behandelte er ihre neue Gestalt, verlor nicht mal ein einziges Wort darüber. Er schien vielmehr besorgt um ihre schlechte Verfassung gewesen zu sein. Man hatte ihr die Erschöpfung deutlich ansehen können.

Seit er sie zu einem Felsüberhang am Boden geführt hatte, wo sie sich ausruhen konnte, fühlte sie sich in Sicherheit. Sie konnte nicht mit Gewissheit sagen ob es ganz einfach die Tatsache war nicht länger alleine zu sein oder ob es doch ganz speziell an Bahku lag, dass sie sich für den Moment sicher fühlte. Alles erinnerte sie an damals, als sie mit Raiheel diesen Wald durchstreifte, mit der plagenden Ungewissheit darüber was ihr der nächste Tag wohl bringen würde. Nun wieder dort zu sein, erneut in einer bedrückenden Lage und mit schleierhaften Blick in die Zukunft, hatte fast schon etwas ironisches.

„Wovor warst du auf der Flucht?" Bahku setzte sich neben die dösende Naomi, die nun endlich ihren tauben Muskeln eine Pause gönnen konnte.

„Das ist eine lange Geschichte.", meinte Naomi halb im Schlaf versunken.

„Ich möchte ja nur wissen was dich hierhergetrieben hat. Bist du in Gefahr?"

Naomi verstand seine Worte, doch brachte sie nicht den Willen hervor zu antworten. Ein langer tiefer Schlaf überkam sie.

Er ließ sie den ganzen Tag über ruhen, bis in die Nacht hinein. Dann erst erwachte sie wieder, wenn auch nach wie vor noch etwas erschöpft. Bahku saß noch immer dort, wo er auch schon saß als sie die Augen schloss. Als hätte er geduldig auf sie gewartet.

„Wundert es dich denn gar nicht?", wollte Naomi als erstes wissen.

„Was denn?"

„Als wir uns das letzten Mal sahen war ich noch ein Mensch."

„Ehrlich gesprochen, habe ich sogar fest hiermit gerechnet.", erwiderte Bahku. „Du hast mir von Anfang an nicht den Anschein gemacht wie jemand, der sich gegen das Leben entscheidet."

„Warum hast du es mir nicht gesagt? Das mit der Pflanze. Du wusstest es doch, hab ich Recht?"

„Ja. Ich hätte es dir vielleicht sagen sollen. Allerdings hatte ich auch Sorge, dass du aufgeben würdest, so kurz vor dem letzten Stück. Ich wollte dir nicht sofort die Hoffnung nehmen."

Naomi bestaunte sich selbst für die Gelassenheit, die sie angesichts dieser Tatsache aufbrachte. Es gab Zeiten, da hätte sie ihn dafür verflucht, dass er nicht gleich gesagt hatte wobei es sich bei dem weißen Basilisken in Wirklichkeit handelte. Doch mittlerweile konnte sie ihm nur zustimmen. Es hätte ihr wirklich jegliche Hoffnung genommen. Und wohlmöglich hätte sie sich damals tatsächlich gegen das Leben entschieden. Eine Entscheidung, die ihr aus der momentanen Sicht der Dinge jedoch wieder Kopfschmerzen bereitet hätte.

„Und du wusstest, dass ich wiederkomme?"

„Auch damit habe ich fest gerechnet.", antwortete Bahku erneut. „Es ist schön zu sehen was aus dir geworden ist. Und ich bin froh, dass du wieder hierhergefunden hast, auch wenn das vielleicht andere Gründe hat als die, die mir mehr belieben würden."

„Ich habe sonst niemanden, an dem ich mich hätte wenden können."

Bahku stellte Naomis Worte in den Hintergrund. Er war ganz und gar damit beschäftigt sie zu begutachten. Die Farbschemen ihrer Schuppen erinnerten an einigen Stellen sehr an die von Raiheel. Den größten Kontrast zu den dunklen und hellen Brauntönen, bildeten jedoch die sehr viel dunkleren -fast schon schwarzen- Details an den Klauen, dem Kopf und entlang des Schweifes. Sie war noch ein kleines Stück zierlicher als Bahku, der ohnehin nicht sehr groß war.

„Wie fühlt es sich an?", fragte er.

„Anders." Naomi blickte an sich herunter zu den Klauen, die einst Hände waren. „Noch immer ungewohnt. Es passt nicht zu mir. Ich habe mich wenig mit dieser Form beschäftigt. Die meiste Zeit blieb ich Mensch. Wenn es schnell passiert, dann kann es sehr schmerzhaft werden."

„Geschieht es denn ungewollt?"

„Ich habe es unter Kontrolle.", versicherte Naomi.

„Ich finde, es passt zu dir.", brachte Bahku mit einem eindringlich belustigten Lächeln zum Ausdruck.

„Natürlich tust du das. Du kennst nichts anderes."

„Das stimmt nicht. Ich hatte noch nie... ein Weibchen."

„Hast du nochmal etwas von Raiheel gehört.", wisch Naomi zügig dem unangenehmen Thema aus.

„Ich dachte ihr hättet vielleicht noch Kontakt. Seit jenem Tag habe ich ihn jedenfalls nicht mehr gesehen."

„Unsere Wege trennten sich. Wahrscheinlich weiß er gar nicht was aus mir geworden ist."

Bahku rückte etwas dichter an sie heran. „Du hast sicherlich so viel zu erzählen.", sprach er leise. „Aber bist du denn nun in Gefahr oder nicht?"

„Im Moment, glaube ich nicht. Ich weiß nicht wo ich anfangen soll."

„Dann denk einfach diese Nacht darüber nach." Seine gewisperten Worte gesellten sich zu einem intensiven Blick des Verlangens. Begeistert über das Feuer, das er damit in ihr entfachte, musste sie sich fragen wie er sie wohl sah.

„Welche Farben haben meine Augen?"

„Ein wunderschönes Goldgelb.", antwortete Bahku amüsiert. „Hast du denn nie dein Spiegelbild gesehen?"

„Nein.", erwiderte sie eingeschüchtert. „Ich wollte es nie sehen, dieses Monster."

„Es kränkt mich so etwas von dir zu hören."

„Es war nicht gegen dich gerichtet.", entschuldigte sich Naomi.

„Eher geht es um dich. Ist es denn wirklich so schlimm? So unerträglich, dass du deinen eigenen Anblick scheust? Das sollte es nämlich nicht. Du hast dich doch immerhin hierfür entschieden. Mir ist bewusst, dass du ganz einfach das geringere Übel gewählt hast. Trotzdem solltest du keinen blinden Hass schüren."

Naomi antwortete nicht. Auch wenn seine Worte zum Teil sehr überzeugend klangen, waren da noch immer altbekannte und manifestierte Prinzipien die sie hegte, die sie um die Akzeptanz herumführten und sie im Kreis laufen ließ. Bahku rückte ein weiteres Stück auf. Ihre Körper berührten sich an der Seite. Sofort fiel ihr die wohlige Wärme auf, die sich bildete.

„Meine Art stirbt, Naomi.", flüsterte er. „Wir sind sehr wenige geworden. Anders als auf Kontinenten wie Viridis, sind die Menschen hier sehr viel weiter verbreitet. Bald wird es uns nicht mehr geben. Und ich weiß nicht ob das so richtig ist. Man gab uns erst gar keine richtige Chance. Ich lebe schon mein ganzes Leben lang an diesem Ort hier. Ich habe vielleicht ein halbes Dutzend Menschen seit jeher gesehen. Keinem einzigen habe ich ein Leid zugefügt. Dennoch bin ich mir sicher, dass sie mich töten würden, wenn sich die Gelegenheit dazu ergeben würde." Bahku berührte ihren Hals, strich mit seinem Kopf über ihren Nacken. „Vielleicht war es ja zu voreilig, aber ich dachte du könntest das ändern."

„Wie meinst du das?", wollte sie wissen.

„Indem du bei mir bleibst. Wir könnten uns einen sicheren Ort suchen. Dort existieren und für weitere Existenzen sorgen. Etwas eigenes erschaffen, verstehst du?" Sie spürte seinen sanften Hauch an ihrem Ohr, seine warme und feuchte Zunge auf ihrer Wange.

„Das... geht nicht. Nein, das kann ich nicht tun."

„Willst du es dir nicht einmal überlegen? Vielleicht ist das ja dein Schicksal."

Naomi hatte bereits geahnt zu was ein Wiedersehen mit Bahku führen könnte, doch dass es ihm dabei um den Fortbestand ihrer Art gehen sollte und er so schnell so direkt werden würde, damit hatte sie wiederum nicht gerechnet.

„Du wirst jemand anders finden. Jemanden, der geeigneter dafür ist."

„Wie denn?", antwortete Bahku mit Ernüchterung in seinen Worten. „Und wo? Ich habe mein ganzes Leben niemand anderes gefunden, obwohl ich viel umhergereist bin. Als ich dich das erste Mal sah,... wenn ich dich jetzt wieder so betrachte, dann schöpfe ich Hoffnung. Wäre das nicht eine große Ehre, ein Teil von etwas so Bedeutungsvollem zu werden?"

„Ich hatte vielleicht auch vor nach Raiheel zu suchen.", meinte Naomi und hoffte somit eine ausreichende Ausrede gefunden zu haben.

„Warum? Glaubst du, du bist ihm eine Erklärung schuldig? Ich rate dir davon ab. Dich mit ihm zu umgeben, könnte dich verderben."

„Was redest du da? Er hat mir geholfen. Er hat mich damals den ganzen Weg über begleitet. Einmal hat er mir sogar das Leben gerettet. Es tut mir leid, wenn du so etwas wie Konkurrenz in ihm siehst. Ich jedoch sehen ihn als einen Freund."

„Einen Freund, den du die letzten Jahre nicht für nötig gehalten hast aufzusuchen?", sagte Bahku und hörte noch immer nicht auf zu versuchen Naomi weiter mit Berührungen zu überreden. „Ich sehe ihn auch nicht als einen Konkurrenten. Ich sehe ihn viel mehr als Bedrohung. Eine Bedrohung für dich und deinen Geist."

„Dich habe ich die letzten Jahre auch nicht gesehen.", argumentierte Naomi.

„Und ich habe jede Nacht an dich gedacht, von dir geträumt, gehofft. Dass du nur von Furcht getrieben den Weg hierher gefunden hast, auf der Flucht vor deinen Taten, macht diese Begegnung nicht weniger wundervoll für mich. Ich bin froh, dass du überhaupt hier bist. Jeden Moment genieße ich, in dem ich dir so nahe sein kann."

„Von welchen Taten sprichst du? Was weißt du?" Naomi überkam das ungute Gefühl erwischt worden zu sein. Selbst wenn sie wusste, dass sie sich vor Bahku deswegen nicht zu verantworten hätte und er unmöglich genaueres wissen konnte, machte es sie dennoch nervös.

„Diese Gabe die du hast, kann ein fürchterlicher Fluch sein. Das zweite Ich in dir kann sich von dir losreißen. Dann überkommt es dich, übernimmt deine Gedanken und infiziert deinen Geist, bis nichts mehr von deiner einstigen Person übrig ist. So hat es sich zumindest damals bei Raiheel zugetragen."

Naomi horchte erschrocken auf. „Was willst du damit sagen?"

„Du weißt nicht sehr viel über Raiheel, nicht wahr?" Bahku hielt inne, als Naomi ein Stück zur Seite wisch. Ihre Blicke schienen genauso verwirrt wie erstaunt. „Ich habe dir doch Mal von einem anderen Fall erzählt. Es gab jemanden vor dir, der das gleiche Schicksal erlitt. Nun, dieser jemand ist Raiheel. Ich fand ihn damals am Rande der Wüste, völlig erschöpft und dem Tode nahe. Zu dieser Zeit konnte er bereits seine Gestalt wandeln."

Bahkus Worte warfen unzählige Fragen bei Naomi auf. Sie versuchte sich einen Reim darauf zu machen, doch einfach nichts wollte zusammenpassen. Tatsächlich wurde ihr erst da richtig bewusst, wie wenig sie doch über ihn wusste, wie mysteriös ihre erste Begegnung doch war. Und dann gab es da diese vielen Fragen, auf die Raiheel nie eine Antwort zu wissen schien. Er sprach immer nur von verschwommenen oder bruchstückhaften Erinnerungen. Hatte er sie die ganze Zeit über angelogen?

„Wenn du wirklich die Wahrheit sagst, wieso hat er mir dann nie davon erzählt?", wollte Naomi wissen.

„Wahrscheinlich weil er sich gar nicht mehr daran erinnern kann. Er kam mir schon am ersten Tag unserer Begegnung merkwürdig vor. Zwei verschiedene Persönlichkeiten schienen seinen Körper zu behausen. Egal ob in dieser oder seiner menschlichen Form, wechselte sein Gemüt ständig. Die geringsten Umstände konnten ihn wütend werden lassen. Anfangs gelang es ihm das alles noch einigermaßen zu unterdrücken. Später wurden seine Wutanfälle schlimmer und brutaler. Das war der Zeitpunkt, als wir wieder getrennte Wege gingen. Dennoch behielt ich ihm weiter im Auge, unbemerkt. Seine Geschichte interessierte mich einfach zu sehr. Er gewöhnte sich schnell an seine neue Gestalt. Ich sah ihn nur noch sehr selten wandeln. Schließlich schien er sich ganz und gar dafür entschieden zu haben, seiner menschlichen Form zu entsagen. Dennoch hielt er sich vermehrt in der Nähe des kleinen Dorfes Fargjoth auf. Es war Zufall, als ich ihm eines Nachts über den Weg lief. Er wirkte völlig gelassen. Wir sprachen miteinander und ich versuchte subtil zu bleiben. Raiheel redete viel wirres Zeug, dann verschwand er. Wie ich später erfuhr, löschte er in dieser Nacht nahezu alle armen Seelen in diesem Fischerdorf aus. Daraufhin versuchte ich erneut Kontakt zu ihm herzustellen. Ich vermutete selbst um mein Leben fürchten zu müssen, würde ich ihm ein weiteres Mal gegenüberstehen. Doch anders als gedacht, gestand er seine Tat. Er sprach ständig von einer Strafe, einer Lektion, die er sich selbst erteilen musste und dass es keine würdigen Richter auf dieser Welt gäbe, die dies tun könnten. Er verletzte sich einige Male selbst. Einmal sogar lebensgefährlich, als er sich mit seinen eigenen Klauen tiefe Wunden zufügte. Irgendwie fühlte ich mich für ihn verantwortlich. Also blieb ich immer in seiner Nähe. Bald ignorierte er mich vollkommen und begann einen langen March. Mehrere Tage durchstreifte er das Land fast pausenlos, bis er zu einer Ruine gelangte."

„Das Grabmal von Jalameel. Soll das heißen, er hat sich dort selbst eingesperrt?"

Bahku nickte. „Ich gab ihn damals auf, dachte ich würde ihn nicht mehr wiedersehen. Doch dann kommst du und hast ausgerechnet ihn an deiner Seite."

„Du hast doch mit ihm gesprochen.", meinte Naomi. „Da muss er doch ein Wort darüber verloren haben, oder nicht? An was konnte er sich noch erinnern?"

„An sehr wenig. Es scheint ihn wie eine Krankheit befallen zu haben. Manche Dinge scheinen seinen Verstand restlos verlassen zu haben. Ich hatte das Gefühl, dass er sich noch an mich erinnern konnte, aber trotzdem nicht genau wusste wer ich eigentlich war. Wer weiß was in seinem Kopf vor sich geht? Ich will nicht, dass dich dasselbe Schicksal ereilt, Naomi. Verstehst du jetzt meine Sorge? Ich möchte dich in meiner Nähe haben, dich Glücklich machen, damit sich sowas nicht wiederholt."

Naomis Gedanken kreisten umher. Sie versuchte irgendein Argument zu finden, doch das gab es nicht. Es war vielleicht das erste Mal, dass sie Bahkus Worten keinen Glauben schenkte. Vielleicht wollte sie aber auch einfach nicht wahr haben, dass er die Wahrheit sagte.

„Egal was du getan hast, vergiss es.", flüsterte er und kam wieder näher an sie heran. „Fang einfach neu an, zusammen mit mir."

„Sicher? Vielleicht willst du mich gar nicht mehr kennen, wenn ich dir erzähle was ich getan habe.", meinte Naomi daraufhin.

„Das kann ich mir nicht vorstellen. Erzähl es mir, wenn du darüber reden möchtest."

„Drei Jahre habe ich Leid und Elend über viele Menschen kommen lassen. Es würde viel zu lange dauern dir alles zu erzählen. Und wenn ich mir so anhöre was du über Raiheel sagst, weiß ich nicht einmal ob mich diese Geisteskrankheit nicht schon längst selbst befallen hat."

„Dass du hier bist und mir dich anvertraust, ist Beweis genug, dass überhaupt gar nichts verloren ist." Bahku streifte mit seiner Zunge zärtlich über ihren Hals. „Deine Taten sind mir egal, wenn sie der Vergangenheit angehören. Willst du denn keinen Neuanfang? Bist du denn nicht genau deshalb hierhergekommen?"

„Ich wollte Trost. Ich wollte jemand der mir zuhört und mich versteht. Ein Neuanfang?" Naomi blickte Bahku in die Augen, so wie sie es noch nie getan hatte. Noch nie konnte sie mehr Worte und Versprechungen aus einem einzigen Augenkontakt heraus deuten als bei diesem einen Mal.

„Ich höre dir zu und kann dich verstehen. Und Trost, den hast du hoffentlich bereits schon etwas gefunden." Bahku äußerte so etwas wie ein verlegenes Lächeln. Für einen Augenblick erinnerte er Naomi an diesen Jungen aus ihrem Heimatdorf. Er war damals in ihr verliebt, dabei waren sie fast noch Kinder. Niemals vergas sie die Enttäuschung in seinem Gesicht, als sie ihm klar machte, dass sie ihn nicht mehr sehen wollte. Für diesen Moment fühlte sie sich fast wieder so unschuldig wie damals. Sie fühlte sich für einen Moment lang normal und nicht so, als würde eine Bestie in ihr hausen. Letztendlich war es genau das, wonach sie sich am meisten sehnte, Normalität. Und wie auch immer Bahku es schaffte, er konnte ihr genau das geben.

„Ich schätze ein Neuanfang klingt gar nicht so übel.", wisperte Naomi. Dann übergab sie sich in seine sanfte Berührung und schloss ihre Augen.

Bahku setzte seine sinnliche Reise fort, begierig darauf endlich ihren Körper erforschen zu dürfen. Sein Kopf und seine Zunge streiften über ihren Nacken, berührten auch ihre Schultern, und kehrten wieder zu ihrem Hals zurück. Er wirkte ziemlich unbeholfen. Dennoch genoss sie jeden Moment seiner vorsichtig heranschreitenden Versuche. Seit Naomis letztem Mal war eine lange Zeit vergangen. Sie hatte oft überhaupt kein Verlangen verspürt. Erst jetzt wurde ihr jedoch klar, dass es sogar das erste Mal für sie war, dass sie in dieser Gestalt so etwas wie Lust verspürte. Es war ein völlig anderes Gefühl als das, das sie als Mensch hatte. Dieses war intensiver. Vielleicht lag es auch einfach an Bahku. Sie fand es amüsant und aufputschend zugleich, seine ersten Versuche mit zu verfolgen. Schließlich entschied sie sich jedoch trotzdem alles ein wenig zu beschleunigen. Sie legte sich auf die Seite. Mit einer verführerisch spielerischen Geste entblößte sie ihre Unterseite. Bahkus Blicke amüsierten sie. Er betrachtete sie von oben bis unten, als wüsste er nicht wo er als erstes beginnen sollte. Letztlich entschied er sich für ihren weichgeschuppten Bauch. Sein feuchter Muskel kitzelte sie und ließ sie zugleich die Wärme zwischen ihren Beinen fühlen. Naomi war bereits jetzt überwältigt von den überraschend wohligen Gefühlen, die dieser Körper ihr offenbarte. Vorsichtig legte er seine Klauen auf ihre Hüfte nieder. Es war ihr unverständlich wie jemand wie er, der sein ganzes Leben lang quasi auf einen Moment wie diesen gewartet hat, die Sache nun so ruhig angehen konnte. Naomi hob ihr Bein an, sich sicher damit eine unwiderstehliche Einladung zu vergeben. Doch Bahku zeigte sich scheu. Er getraute sich zunächst nicht weiter.

„Ist das der Duft von dem du einst sprachst? Hast du mich so gefunden?"

Bahku antwortete mit einem kurzen und unverständlichen Gemurmel.

„Na los, zeig mir wie sich das anfühlt."

Erst jetzt konnte er sich dazu überwinden. Seine Zungenspitze berührte ihr zartes Fleisch. Er hielt inne, kostete den betörenden Duft und ließ seine Schnauze dann langsam zwischen ihre Lippen fahren. Naomi stöhnte auf, überrascht welchen Effekt diese sanfte Berührung in ihr regte. Bahku rief seine Zunge hinzu. Genüsslich betäubte er seine Sinne in einer Flutwelle aus Reizen. Ihr Duft, ihr Geschmack, ihre Wärme, sie überkamen ihn. Sie hinterließen eine Erregung, die für den Augenblick schier unmöglich zu sättigen schien. Und auch Naomi verspürte solch ähnliche Gefühle in ihrem Körper. Als würde sie dies das erste Mal tun. War einfach nur schon so viel Zeit vergangen, dass sie ganz vergessen hatte wie wundervoll es sich anfühlte, wenn sie solche Begierde in jemanden weckte, oder hatte es mit diesem Körper zu tun? Vielleicht beides.

Bahku nahm seine Klauen zu Hilfe und spreizte mit ihnen ihre Lippen weit genug, damit mehr seiner Schnauze und seiner Zunge Platz finden konnte. Es war wohl unnachahmlich, wenn ein Basilisk das erste Mal von einem Weibchen kostete, hielt Naomi in Gedanken fest. Bahku murrte und genoss die feuchte Wärme ihrer Erregung. Er hob seine Hüften, entblößte seine Männlichkeit. Sein Glied, prall und geradeausgerichtet, hing zwischen seinen Beinen und entfachte ein animalisches Verlangen bei Naomi. Unbeirrt machte er mit stärker werdendem Einsatz seiner Zunge weiter und weiter. Das Stöhnen und zittern ihrer Beine ließen ihn wissen, dass er offensichtlich alles richtig machte. Ein jedes Mal wenn er seine Zunge wieder nach vorne schob, führte auch seine Hüfte die gleiche Bewegung aus. Immer wieder stieß er sein erregtes Glied in die Luft, so als würde er sie bereits bestiegen haben, sie fest mit seinen Klauen umgreifen um schließlich in ihr zu kommen. Er konnte an nichts anderes mehr denken. Und dennoch wollte er sich auch von dieser Haltung nicht trennen. Ohne damit aufzuhören sie weiter zu befriedigen, stöhnte er auf und sein Körper verharrte. Naomi konnte spüren wie die warmen Tropfen seines Spermas auf ihren Schweif trafen. Und noch immer ließ er nicht von ihr ab. Sie wollte ihn schon darum beten endlich weiter zu machen, da erhob er seinen Kopf. Genüsslich leckte seine Zunge um seine Schnauze herum alles ab, was dort noch verblieben war. Ein weiteres Mal nahm er ihren Duft auf. Dann ging er von ihr herunter. Mit erwartungsvollem Blick starrte er sie an, worauf sich Naomi erhob. Wohlwissend wie er sie jetzt haben wollte, präsentierte sie sich ihm mit angehobenen Schweif. Bahku erklomm sogleich das Ziel all seiner Gelüste. Sein Glied nach wie vor erregt, ganz unweigerlich durch ihr überwältigendes Aroma. Mit starken Hieben verschaffte er sich Eintritt. Er genoss den Moment, als er seine Männlichkeit in ihren Körper versank, in ihr vordrang und zwar ganz und gar. Naomi wimmerte, bis an ihre Grenzen erregt und kaum in der Lage zu glaube noch mehr zu ertragen, bevor sie diese Flutwelle der Reize kollabieren lassen würde. Bahku umschloss Naomis Hüften mit seinen Klauen und presste seinen Leib an den ihren. Es fühlte sich noch sehr viel intensiver an als er es sich erträumt hatte. Er spürte jeden Muskel, jedes erregte Zucken ihres Körpers, wenn sein Glied ihre Lippen spreizte und langsam in ihr eindrang. Er war so sanft, so zärtlich wie kein anderer zuvor zu ihr war. Sie genoss jeden seiner sachten Stöße. Es fühlte sich an, als sei ein völlig neues Gefühl geboren. Wenn er am tiefsten in ihr war, presste Naomi gegen seine Richtung, nur um einen Augenblick länger diese pulsierende Fülle in ihrem Körper spüren zu können. Wenn sie zu Wort gekommen wäre, hätte sie ihn angefleht nicht aufzuhören, immer weiter zu machen. Doch ihr Körper ließ es einfach nicht zu, dass sie mehr als ein Stöhnen und befriedigendes Wimmern von sich geben konnte. Bahku biss mit Versessenheit nach ihrem Körper in ihren Nacken. Er beschleunigte seine Bewegungen und brachte sich damit selbst in Ekstase. Sein Griff wurde stärker, seine Atemstöße kürzer. Er ließ von ihrem Nacken ab und streifte seine Zunge über ihren Hals, wollte dass sie seinen warmen Atem spürt, während er die letzten Male in ihr vorstieß. Ein unvergleichlich sinnesbetäubende Gefühl löschte für einen berauschenden Moment alle Gedanken aus ihren Köpfen, um ganz allein das befriedigende Erlebnis ihres Höhepunktes existent sein zu lassen. Wärme breite sich in Naomis Körper aus, die sie wohlig erzittern ließ. Bahku, lockerte seinen Griff und atmete lange aus, während er auch noch die letzte Ladung seines Samens in ihren zierlichen Körper zwängte.

„Warte...", hechelte Naomi, als Bahku sich von ihr lösen wollte. „Bleib noch so für einen Moment.", wisperte sie. Jeden Atemstoß lang genoss sie es, wie er noch immer in ihr verweilte, während sein Sperma bereits an einem ihrer Beine hinablief und dabei eine warme Spur hinterließ.

Ohne weitere Worte verharrten sie so eine ganze Weile. Ihre Augen geschlossen, ihre Gedanken verweht, hörten sie nur einander Atmen und schnaufen. Ein betörender Duft lag in der Luft. Naomi spürte wie die Kraft in ihren Glieder zurückkehrte, wie die Wärme zwischen ihren Beinen allmählich verflog und Bahku auf ihren Rücken erschlaffte. Sie blickte hinab, zu ihren Klauen, die sich tief in den lockeren Erdboden gegraben hatten. Dies war das erste Mal, dass sie sich in dieser Gestalt wohlgefühlt hatte. Sie lächelte und tat, was sie seit langer Zeit nicht gewagt hatte; sie dachte an morgen.