Selestral 1 - Genros Vermächtnis - Kap 35,36,37
Kapitel 35
Es war bereits 8.45 Uhr als endlich alle erwacht waren und sich so nach und nach bewusst wurden, was letzte Nacht alles geschehen war.
Besonders Tristan und Syrgon sahen sich betroffen an und mussten ihre Gedanken und Gefühle sortieren.
„Das war ein sehr ungestümes und vor allem wildes Erlebnis letzte Nacht", sagte der Greif und küsste Syrgon sanft auf die Nase. Der Rüde kratzte sich am Kopf und überlegte.
„Das stimmt. Ich hatte bisher noch nie ein so intensives Erlebnis wie mit dir. Wobei, wenn ich ehrlich sein soll, dann muss ich gestehen, dass ich noch nie ein sexuelles Erlebnis hatte. Du warst mein erster Partner."
Der Greif schaute den Wolf betroffen an. „Das hättest du mir eher sagen sollen. Dann wäre ich bestimmt sanfter gewesen."
„Ach was. Es war schön, so wie es war." Syrgon lächelte Tristan zärtlich an und küsste ihn auf die Stirn. „Ich hoffe nur, dass ich zurückkehren werde und du dann noch da bist, damit wir das Ganze wiederholen können."
Syrgon wurde melancholisch und zog den Greif in seinen Bann. Der nickte zustimmen und freute sich sichtlich. Beide verließen Tristans Haus und trafen auf die anderen Chafren ihrer ehemaligen Truppe. Einige grüßten im Vorbeigehen, manche blieben kurz stehen, schauten die Beiden schräg an, überlegten kurz und wünschten nach einigem Zögern einen guten Morgen. Die Beiden waren als Pärchen ertappt und viele die Syrgon kannten, waren mehr als nur erstaunt über diese Wendung. Sie nahmen sich bei der Hand und gingen zum Dorfplatz. Alle sollten sehen, dass sie zusammengehören wollten und alle sollten sehen, dass sie sich gefunden hatten und dass sie glücklich dabei waren.
„Sieh an, sieh an", sagte Wotan leise zu Sirius. „Wenn das nicht unser frischgebackenes Liebespaar ist."
Sirius hörte auf seine Sachen zu sortieren und schaute in die Richtung, in die auch Wotan sah.
„Tja, da hat Andrew wohl einen Volltreffer gelandet mit seiner Vermutung. Wobei man bei ihm wohl kaum von Vermutungen sprechen kann. Der Kerl hat bei so was scheinbar den siebten Sinn."
Sirius wühlte wieder in seinen Klamotten und überprüfte ob er alles bei hatte. Immerhin war es ein Abschied für lange Zeit, für sehr lange Zeit, wenn nicht sogar für immer.
„Weißt du was aber schmerzlich ist?", fragte Sirius plötzlich.
Wotan schüttelte den Kopf.
„Syrgon kommt mit uns, aber Tristan bleibt zurück. Die beiden müssen sich jetzt trennen."
Wotan stand da, als hätte ihn der Blitz getroffen und er musste daran denken, wie er sich fühlen würde, wenn er sich von seinem Partner trennen müsste. Der seelische Schmerz musste den armen Syrgon fast zerreißen.
Aber was machte der?
Er gab sich ganz seiner neuen Beziehung hin und tat so als würde er eine kurze Runde um die Häuser drehen. Er zeigte keinerlei Anzeichen der bevorstehenden Trennung.
*
Es wurde Zeit. Die letzten Vorbereitungen waren getroffen und alle hatten ihre persönlichen Sachen dabei.
„Okay Leute. Wir müssen jetzt los und zurück zur Station", rief Cyron laut über den Platz.
Es entbrannte eine wahre Abschiedszeremonie. Die Chafren überhäuften sich mit Küssen, Streicheleinheiten und guten Wünschen. Keiner wollte den Anderen so recht gehen lassen, aber alle wussten, dass es keinen Aufschub gab. Syrgon umarmte Tristan nochmals sehr heiß und innig, stieg dann in den Mech und schaltete die Hauptenergieversorgung ein. Der Computer gab alle Systeme als Betriebsbereit und im Normbereich an. Er schloss die Kanzel und ergriff den Joystick. Widerwillig wie sein Bediener setzte er sich in Bewegung, stampfte aus dem Dorf und erreichte nach kürzester Zeit seine Höchstgeschwindigkeit. Syrgon schaltete die Maschine auf Autopilot und ließ sie ihrem Ziel entgegen rennen. Er selbst hing seinen Gedanken hinterher und ließ seinen Tränen freien Lauf.
*
Die Übrigen hatten ihre Gleiter besetzt und waren ebenfalls schon auf dem Weg zur Station.
„Fein. Wenn wir angekommen sind, machen wir alles dicht in der Station, schauen noch mal nach verwertbaren Sachen und fliegen gleich weiter zur Raumbasis, wenn man die so nennen will", erklärte Cyron.
Alle nickten, waren aber trotzdem nicht sonderlich begeistert. Sie alle hatten Freunde und Bekannte zurückgelassen und drohten in der Unendlichkeit zu verschwinden. Dreißig Minuten später war es soweit und sie verließen auf dem Vorplatz der Station die Gleiter. Wenige Minuten später traf auch Syrgon ein, den sie unterwegs überholt hatten.
„Wie geht's dir?", fragte Sirius besorgt.
Der Wolf schaute ihn seinen Artgenossen aus verquollenen Augen an und brauchte nichts zu sagen, sein Blick und die Tränenränder unter den Augen verrieten ihn.
„Kopf hoch, großer Krieger", sagte Sirius aufmunternd. „Wir verschwinden nicht für ewig und kehren bestimmt bald zurück. Abgesehen davon wissen wir überhaupt noch nicht, ob wir den Planeten verlassen können."
Syrgon nickte und sein Blick wurde etwas heller. Die Beiden betraten als letzte die Station, die für Monate ihr Quartier geworden war und in der sie sich mittlerweile sehr gut auskannten. Es herrschte rege Betriebsamkeit und ein jeder versuchte sich einzureden, dass er was vergessen hat, letztendlich nur, weil er sich scheute den entscheidenden Schritt zu gehen und sein bekanntes Leben endgültig hinter sich zu lassen.
„So, Schluss jetzt", wetterte Torus. „Ich denke mal, dass wir alle unsere Sachen beisammen haben und alles andere ne sinnlose Verzögerungstaktik ist. Also, los jetzt."
Die Anderen fixierten ihn mit ihren Blicken. Der Augenblick war gekommen. Sie verließen ein letztes Mal die Station, bestiegen die Gleiter und gaben die Daten der auf der Rückseite gelegenen Station ein. Es dauerte einige Zeit bis die Navigationscomputer der Maschinen das neue Ziel erkannten und auch akzeptierten. Aber es klappte. Sie programmierten einen direkten Kurs ein und reduzierten die Höchstgeschwindigkeit auf ein erträgliches Minimum. Zwei der Gleiter waren nur mit einem Piloten besetzt und flogen gekoppelt, als eine Einheit. Sie mussten so nebeneinander fliegen, dass sie sich seitlich berührten und in jedem der Gleiter stand mit einem Bein der Mech. Eine der Flugmaschinen war nicht kräftig genug die hundert Tonnen Maschine zu transportieren.
*
Die Gleiterrechner protestierten anfangs und spuckten wenigstens den Wert für die Höchstlast, die auf 50,7 Tonnen begrenzt war. Nach einigem Grübeln und vielem Hin und Her, hatten sie den Entschluss gefasst, dass es das Beste wäre, zwei Gleiter miteinander zu verbinden und damit das zu tragende Gewicht zu halbieren. Kira hatte wie immer ganze Arbeit geleistet. Sie hatte den Steuerungscomputern glaubhaft vermitteln können, dass es rechtens ist was sie vor hatten und dass keinerlei Gefahr für das Fluggerät bestand, wenn beide Gleiter sich während des Fluges berührten. Abstriche musste sie jedoch bei der Geschwindigkeit machen. Die automatische Schließfunktion der Kanzel musste deaktiviert werden und somit auch die Geschwindigkeit herabgesetzt. Am Ende hatten die Gleiter und Kira sich auf 60 km/h geeinigt und schienen damit glücklich zu sein.
„Mehr kann ich beim besten Willen nicht tun", hatte sie gesagt und die Arme in die Luft gehoben. Die übrigen Gleiter wurden, wie schon erwähnt auf eben diese Geschwindigkeit programmiert und errechneten die Flugdauer.
*
Kira trommelte ungeduldig auf die Konsole. „Mann, das dauert", herrschte sie in die Runde.
„Bleib doch ruhig. Du scheinst es ja auf einmal mächtig eilig zu haben", merkte Pedro an.
Sie drehte sich zu ihrem Bruder um. „Ist doch wahr. Es kann doch nicht so schwer sein, ein paar lumpige Daten zu korrelieren."
Pedro blickte auf die Anzeige und machte große Augen. „Ach du Schande. Schwesterlein, das wird dir jetzt nicht gefallen."
Kira drehte sich abrupt zur Anzeige und erstarrte. „WAS? Acht Stunden Flugzeit?"
„Die Höchstgeschwindigkeit kann bei den momentanen Witterungsverhältnissen auf der Planetenrückseite nicht bis zum Schluss konstant gehalten werden. Wir fliegen am Ende nur noch mit 20 km/h", erklärte Pedro an Stella und Cyron gewandt.
„Also ne Blumenpflücktour ohne Blumen", sagte der Tigerkater entgeistert. Er schaute auf die Uhr. „Wir haben es jetzt 11.10 Uhr, wenn ich die Reisezeit dazu rechne, komme ich am Ende auf 19.10 Uhr. Na ja, hätte schlimmer kommen können."
Kira schaute aus der Kanzel und orientierte sich zu den Anderen. Sie hob den Daumen nach oben und die anderen Piloten bestätigten ihre Geste.
„Wamanos", sagte sie und aktivierte die automatische Steuerung. Der Gleiter erhob sich und folgte einer Schneise durch den Wald, die anderen Fluggeräte folgten ihr, mittendrin die beiden Gleiter mit dem Mech.
„Vielleicht hätten wir den Roboter hier lassen sollen", sagte Kira plötzlich.
„Lieber nicht oder weißt du ob wir den eventuell nicht doch noch brauchen?", entgegnete Stella.
Kira schüttelte mit dem Kopf.
„Wir haben alles maximal ausgenutzt. Zwei Gleiter mit je einem Piloten, einem Passagier und dem Mech und einen Gleiter mit den restlichen sieben Chafren. Wir haben zwei Gleiter bei Felgan stehen gelassen und dazu auch zwei ausgebildete Piloten. Damit ist die Versorgung aller gewährleistet", gab Finlay zu bedenken. Sitara nickte und schmiegte sich an seine Schulter.
Syrgon und Torus flogen die anderen Gleiter und es klappte alles hervorragend. Nach anderthalb Stunden hatten sie die Grenze des Waldes erreicht und vor ihnen lag die Weite des genroischen Ozeans.
„Der Anblick ist überwältigend", flüsterte Tarja. „Ich glaube, dass hier noch niemand vor uns war."
In der Luft flogen unzählige Vogelarten und hin und wieder sah man im Wasser große Fische auftauchen und wieder verschwinden.
„Tja, meine Lieben. Der Anblick wird uns für immer in Erinnerung bleiben. Genießen wir also für die nächsten guten vier Stunden den Anblick von Wasser", intonierte Diana.
Nach zwei Stunden Flugzeit hatten alle genug von dieser Ansicht und wollten endlich wieder festen Boden unter die Füße bekommen.
„Mann, ist das langweilig", grollte Syrgon über Funk.
„Halte durch, wir haben es bald geschafft", beruhigte ihn Torus.
Ihre Flugkünste waren perfekt und der Mech stand felsenfest auf den beiden Gleitern. Nach einer weiteren Stunde trübte sich der Himmel ein und es begann zu regnen.
„Leute, wir kriegen früher oder später ein ernstes Problem", sagte Torus plötzlich.
„Was ist los? Wieso das?", fragte Diana.
Die Antwort kam sofort von Kira. „Die Kanzeln der Gleiter sind offen und der Regen lässt die Sitzräume vollaufen."
Diana schlug sich vor die Stirn. „Au verdammt. Da hätte ich auch selbst drauf kommen können. Er hat Recht, dass wird sehr schnell ein Problem werden."
„Japp, vor allem, wenn man bedenkt, dass sich das Gewicht der Gleiter nicht nur erhöht, sondern ab einer gewissen Überladung diese dann die Grätsche machen."
Sie warfen sich sorgenvolle Blicke zu.
„Syrgon, schau mal nach was auf dem Display bei dir steht. Wie hoch ist die momentane Zuladung?", fragte Kira den Wolf.
„Liegt jetzt noch fünfhundert Kilogramm unter der Maximalgrenze."
Kira schaute auf die Entfernungsanzeige, die Flugdauer und die momentane Geschwindigkeit. Sie verglich die Daten und tippte alles in ihren Laptop ein. „Wir müssen auf Risiko gehen und die Geschwindigkeit um 20 km/h erhöhen. Ich habe ausgerechnet, um wie viel sich die Zuladung pro Minute erhöht und das ins Verhältnis gesetzt zur momentanen Geschwindigkeit. Wenn wir verhindern wollen, dass wir Torus und Syrgon verlieren, dann müssen wir schneller werden."
Cyron nickte. „Okay, sieh zu das du den Rechner überreden kannst auf 40 km/h zu gehen, selbst wenn wir den Mech verlieren."
Die Luchsin verband ihren Laptop mit der Konsole und fing an, die Tastatur zu quälen. Nur fünf Minuten später spürte man deutlich, dass sie schneller wurden.
„Ausgezeichnet", lobte der Tiger. „Jetzt müssten wir es schaffen. Wir haben jetzt noch eine Stunde Flugzeit vor uns, wenn ich die Geschwindigkeitserhöhung mit einrechne."
„Mehr können wir nicht tun. Also hoffen wir, dass es klappt."
Der Mech stand nicht mehr so stabil wie vorher und die beiden Gleiter ließen sich nur sehr schwer beherrschen. Syrgon und Torus gaben alles und schonten ihre Kräfte nicht. Der Wind peitschte in ihre Gesichter, nahm ihnen zwischenzeitlich die Sicht und riss an den Gleitern. Aber sie schafften es.
Nach vierzig Minuten erkannte man in der diesigen Luft die Umrisse der Stationsplattform, hoch in der Luft. Nach weiteren zehn Minuten erkannte man die komplette Station und die Landmasse auf der sie stand. Nach weiteren fünf Minuten, versagte die Steuerung von Syrgons Gleiter. Er begann zu schwanken. Die Zuladung hatte die kritische Grenze erreicht. Torus merkte es, steuerte gegen und hielt den Kontakt zum Gleiter des Wolfs.
Kapitel 36
Die Zeit schien plötzlich stillzustehen. Es waren nur noch fünf Minuten bis zum rettenden Festland, aber die dehnten sich zur Unendlichkeit. Die beiden Chafre leisteten Schwerst-arbeit und erreichten schließlich die Insel. Unsanft, aber weich genug setzten sie auf festem Boden auf und schalteten die Energieversorgung aus. Torus' Fluggerät hatte kurz vor der Landung ebenfalls die kritische Masse erreicht und Syrgons lag in den letzten Zügen. Sie hatten es geschafft und das grenzte fast an ein Wunder. Jetzt gab es kein zurück mehr. Sie waren auf der Insel gestrandet.
„Los, packt eure Sachen zusammen, Syrgon schnappt sich den Mech und dann sollten wir schnellsten in die Station rein", rief Tarja.
Sie hielten sich ran. Der Wolf hatte den Mech schon aktiviert und lief auf die Station zu. Es erfolgte keinerlei Gegenwehr. Er fand den Eingang und postierte sich davor. Die Anderen hatten ihre Sachen aus den Gleitern geholt und rannten was das Zeug hält. Der Regen wurde immer stärker und durchnässte sie unangenehm. Kira stand vor der Tür, betrachtete sie, fand ein Eingabeterminal und zog einen ihrer bekannten Zettel aus einer Tasche. Sie tippte die Codierung ein und Sekunden später wechselte die Kontrollleuchte auf grün. Brummend fuhr die Tür auseinander und gab den Blick auf einen kleinen Eingangsbereich und einen Lastenaufzug frei.
„Los, rein da, aber seid leise und haltet die Augen offen. Vergesst nicht, dass es sich um Feindgebiet handelt", flüsterte Chiron.
Wie selbstverständlich betrachteten sie die Konstrukteure dieser Stationen als Feinde. Kein Wunder, hatten sie doch um ihr Leben kämpfen müssen und ständig den Tod im Nacken.
Als alle eingetreten waren schloss sich die Tür und es kehrte eine unheimliche Stille ein. Man hörte nicht mal mehr den Regen der von außen gegen das Stahlbauwerk klopfte. Tarja stellte sich vor den Aufzugsschacht und drückte den Rufknopf. Es ratterte und klapperte, als die Kabine sich näherte. Sie war durch Gittertüren abgesichert und diese mussten von Hand aufgezogen werden. Die Fahrt nach oben gestaltete sich als recht abenteuerlich und war gepaart mit einer unvorstellbaren Geräuschkulisse und immer wiederkehrenden Erschütterungen der Kabine.
„Sehr grobschlächtige Konstruktion", grollte Finlay.
„Ist halt nur ein primitiver Lastenaufzug. Wobei es auch mich wundert, dass eine so hochentwickelte Technologie so etwas wie das hier zu lässt", entgegnete Grey. Sinja hatte ihn am Arm gepackt und hielt sich fest. Die Aufwärtsfahrt dauerte ganze zehn Minuten. Und manchmal hatten sie das Gefühl, dass der Aufzug gleich stecken bleiben würde. Mit einer starken Erschütterung hielt die Kabine schließlich an und Tarja und Kira zogen die Gittertüren auf.
Sie standen in einem großen Gang, der sich am Ende teilte und an deren Enden sich Türen befanden. Eine der Türen war relativ klein und sie trug die Aufschrift Operations. Die zweite Tür war groß genug um den Mech hindurch zu lassen und trug die Aufschrift Landing and Cargo Bay.
Sie entschieden sich für die erstere Tür und kamen in einen großen Raum. Dieser war voll gestopft mit vielen bekannten Dingen, wie Computern, Monitoren und Datenleitungen. Allerdings gab es einen gravierenden Unterschied zu den anderen Stationen. Dieser Raum hier hatte Fenster und man konnte den herrlichen Ausblick über die Rückseite des Planeten genießen. Durch ein anderes Fenster sah man in die Landungshalle und da stand es.
Es war ein großes Schiff. Es wirkte gewaltig, hatte einen schlanken Rumpf, lange und breite tragflächenartige Konstruktionen an den Seiten, welche in schmalen Längsträgern endeten. Es erweckte einen schnellen Eindruck, aber, dass es so schnell sein sollte wie sie es gelesen hatten, konnte sich keiner vorstellen.
„Okay, wir sollten es uns hier bequem machen. Wie es aussieht ist ja wohl keiner weiter hier, außer uns natürlich", sagte Cyron.
Sie hatten ihre Decken von der Urwaldstation mitgebracht und breiteten sie auf dem Boden aus. Kira, Pedro und Andrew begaben sich derweil in die Frachthalle und somit zum Schiff. Sie umkreisten es fast ehrfürchtig und Kira strich mit ihrer rechten Hand über seine Oberfläche. Sie war spiegelblank, absolut eben und kalt.
„Das soll also unser neues Zuhause werden", sinnierte sie laut.
„Wenn es das hält, was es verspricht, ja. Ansonsten sollten wir uns unseren Plan noch mal gut überlegen", sagte Pedro.
„Ich fliege auf jeden Fall", sagte Andrew und sein Entschluss schien felsenfest zu stehen.
„Dann komme ich auch mit. Egal was du sagst, aber ohne dich will ich nicht mehr leben", entgegnete Kira und schaute ihm in die Augen. Der Säbelzahnlöwe lächelte sie an und gab ihr einen hingebungsvollen Kuss.
Pedro rief plötzlich nach den Beiden. „Kommt mal her, ich habe den Zugang gefunden."
Augenblicklich standen sie neben ihm und Kira strahlte über das ganze Gesicht. „Volltreffer", flüsterte sie.
Es handelte sich um einen Scanner, der die Form einer Hand hatte und scheinbar darauf ausgerichtet war, dass sich die Schleuse nur von einer Hand mit vier Fingern und einem sehr kurzen Daumen öffnen ließ.
„Da haben wir aber Glück gehabt", sagte die Luchsin mit einem Blick auf ihre Hände. Sie legte ihre rechte Hand auf das Gerät und fauchend öffnete sich das Zugangsschott. Mit weit aufgerissenen Augen standen sie da und schauten ins Innere. Wieder einmal blickten sie in einen Raum. Es handelte sich dabei um den Frachtraum, an dessen Ende sich ein Gang fortsetzte. Sie betraten das Schiff und folgten dem Gang. Er war recht kurz und endete an einer Tür. Nachdem sie diese geöffnet hatten, erblickten sie einen weiteren, aber wesentlich längeren Gang, von dem links und rechts weitere Türen abzweigten und der an seinem Ende ebenfalls von einer Tür begrenzt wurde.
„Türen, Türen, Türen und Gänge über Gänge", murmelte Andrew. „Ich habe das Gefühl, dass die ganze Technik die wir sehen nur aus Gängen und Türen besteht. Zumindest haben wir nicht sehr viel anderes bisher gesehen, wenn man von anderen kleineren Sachen absieht."
Kira musste kichern und Pedro knurrte, wobei man nicht beurteilen konnte ob er zustimmte oder angesichts der zurückliegenden Gefechte eher ablehnend knurrte.
Sie liefen weiter, direkt auf die Tür zu, die sich am hinteren Ende des Gangs befand. Warum sie das taten, wussten sie nicht, aber sie wurden regelrecht von ihr angezogen. Kira machte sie auf und die drei standen an der Schwelle zur Kommandobrücke.
„Volltreffer Nummer zwei", triumphierte sie.
Sie setzte sich, wie selbstverständlich, auf den Sitz des Navigationsoffiziers und betrachtete die Schriftzeichen. Sie waren vollkommen fremdartig, aber irgendwie vertraut. Sie schaltete die Kontrollen ein. Nichts passierte.
„Kira an Technik. Kira an Technik. Technik bitte melden. Hallo Technik, jemand zu hause?", ulkte sie herum und dreht sich zu Andrew.
Plötzlich erwachte das Schiff zum Leben und sie schraken zusammen.
„Verdammt, was hast du getan?", fragte Andrew unwirsch.
„Ich? Ich habe gar nichts gemacht", rechtfertigte sie sich. „Das Ding war es von allein."
„Entschuldige bitte, aber ich hatte mich erschreckt. Ich wollte nicht so grob reagieren."
„Ist schon okay." Sie lächelte mild. „Aber das ist gut. Wir sollten die Gunst des Augenblicks nutzen und ein paar Sachen herausfinden."
Andrew nickte und setzte sich auf den Platz des Piloten. Er tippte auf der Konsole vor dem Sitz herum und aktivierte die verschiedensten Kontrollen. Die Anderen saßen derweil im OP-Zentrum und beobachteten die Vorgänge am Schiff, nachdem Kira, Andrew und Pedro darin verschwunden waren.
Zunächst war alles so wie sie es vorgefunden hatten und das Raumschiff ruhte friedlich aus dem Cargodeck. Jetzt, nur wenige Minuten später, schwebte es wenige Zentimeter über dem Boden, stand aber stabil in der Luft und war hell erleuchtet. Man erkannte die glänzende Oberfläche, verschiedene Schriftzüge und dass es eine durchgehende Reihe von Fenster besaß, hinter denen ebenfalls das Licht anging.
„Das sollten wir uns mal aus der Nähe ansehen", stellte Cyron fest und zog alle Anwesenden mit sich. Kurze Zeit später standen sie ebenfalls auf der Kommandobrücke.
„Na, ihr Drei. Was habt ihr rausgefunden?", fragte Cyron.
„Rausgefunden? Gibt es auch andere Fragen von dir? Rausgefunden, jetzt schon? Wir haben gerade mal herausbekommen wo sich die Energiezufuhr versteckt, wie man sie aktiviert, wie die Kontrollen aussehen und wie die Rechner arbeiten."
„Das ist doch schon mal was."
Nachdem sich alle ein Bild von der Brücke gemacht hatten, verließen sie die meisten wieder und untersuchten die Räume, welche vom Gang abzweigten. Es handelte sich ausnahmslos um Mannschaftsquartiere, einen Sanitätsbereich mit angeschlossenem Labor, eine Küche mit kleinem Speisesaal und angeschlossenem Vorratsraum und eine Waffenkammer.
„Wir haben etwas vergessen", sagte Chiron.
„Was denn?", fragte seine Partnerin.
„Wir haben nicht an Lebensmittel gedacht."
Syrgon fing an zu lachen. „Ihr denkt wohl, dass wir umsonst hier sind. Wenn das Wetter besser ist, dann fahren Torus und ich runter und holen die Vorräte aus den Gleitern. Wenn ihr schon nicht daran gedacht habt, wir haben es."
Ihnen fiel ein Stein vom Herzen. Somit schien das Problem der Versorgung gelöst zu sein.
„So", hub Kira an. „Jetzt werde ich mal nach verwertbaren Daten schnüffeln." Sie klapperte auf der Tastatur ihres Laptops herum, welchen sie in der Zwischenzeit schon mit den Kontrollen verbunden hatte. Es vergingen Minuten, Stunden, Tage und am Ende befanden sie sich drei Wochen in der Station und pendelten ständig zwischen den Räumen und dem Raumschiff.
Apophis hatte sich ebenfalls mit den Computern und Daten beschäftigt, dass Wissen und die Informationen förmlich aufgesogen und sich als extrem große Hilfe erwiesen. Es stellte sich sehr schnell heraus, dass er die Fähigkeit besitzt soeben erworbenes Wissen sofort umzusetzen und anhand von Fallbeispielen zu nutzen. Das war mehr als ungewöhnlich und übertraf alle Vermutungen, die seine Person betrafen. Tarja machte sich derweil Gedanken, ob man dem Schiff nicht einen Namen geben sollte.
Kapitel 37
Anfangs schüttelten alle den Kopf, aber sehr schnell lenkten sie ein.
Immer nur vom Schiff zu sprechen war irgendwie uninteressant und ermüdend. Also setzten sich Tarja und Andrew hin und tüftelten was aus. Am Ende überraschten die Beiden nicht nur mit dem Namen des Schiffs, sondern auch gleich mit dem passenden Schriftzug und einem Symbol auf der Außenhülle. „Anthros Voyage. Damit sind wir unverwechselbar", sagten beide gleichzeitig.
Als mehrere Wochen vergangen waren, hörte man Kira plötzlich über die interne Kommunikationsfrequenz. „Ich habe etwas gefunden!"
Alle versammelten sich so schnell es ging auf der Schiffsbrücke.
„Dann sprich zu uns, oh große Expertin", intonierte Andrew.
Kira schaute ihn schief an und grinste mehrdeutig. „Warts ab! Zunächst was Gutes. Das Schiff ist tatsächlich zwanzig Mal schneller als das Licht. Dann was Schlechtes. In Wirklichkeit ist das Schiff nur so schnell wie das Licht."
„Du sprichst in Rätseln, meine Liebe", sagte Tarja.
„Nicht unbedingt. Nicht, wenn man berücksichtigt, dass ein Schiff niemals schneller sein kann wie das Licht."
„Und was bedeutet das im Klartext?", fragte Diana.
„Im Klartext heißt das, dass die Reise zur Erde laut den verfügbaren Daten zweihundert Jahre dauert."
Sie wurden alle plötzlich sehr blass um ihre Nasen. Das warf alles über den Haufen, die ganze Planung war zunichte gemacht. Wochen und Monate der Arbeit umsonst. Sie würden nie zur Erde kommen oder niemals ihre Freunde wieder sehen.
„Aber wie zur Hölle, haben es die Menschen geschafft in annehmbaren Zeiten hierher zu kommen?", fragte Sitara.
„Ganz einfach", erwiderte Kira. „Sie haben einen zusätzlichen Trick angewandt."
„Oh und der wäre?"
„Sie benutzen einen Generator um den Raum interdimensional aufzufalten."
Den Blicken sah man an, dass keiner verstand was Kira jetzt gesagt hatte.
„Kannst du das bitte mal so ausdrücken, dass wir Deppen es auch verstehen?", fragte Finlay und sprach damit für alle, außer Apophis.
Der drängte sich plötzlich vor und ergriff das Wort. „Es ist ganz einfach. Ein Raumschiff kann nicht schneller sein als sein eigenes Licht. Es kann sich zu keiner Zeit selbst überholen. Würde es schneller sein als das Licht, wäre die Materie eher am Ziel als die von ihm ausgehenden visuell wahrnehmbaren Wellenlängen, also das Licht."
„Schön, das leuchtet jetzt ein. Aber das Schiff hier, fliegt angeblich zwanzig Mal schneller. Also geht es doch."
„Nicht in Wirklichkeit. Es sei denn man versetzt nicht nur das Schiff, sondern auch den Rest des bekannten Universums in einen Zeitraffer."
Man sah über den Köpfen langsam aber sicher Rauchschwaden aufsteigen.
„Angenommen, wir würden mit Lichtgeschwindigkeit fliegen. Dann würde innerhalb unseres Schiffs die Zeit langsamer vergehen. Wir würden nur zwanzig Jahre altern, während der Rest um das Schiff herum zweihundert Jahre älter wird. Setzt man jedoch den genannten Generator ein, dann werden diese zweihundert Jahre gerafft. Das Schiff bewegt sich am Ende nicht schneller als das Licht, aber die Zeit im Schiff und rundherum wird kürzer. Wenn ich Kira und auch die verfügbaren Daten richtig verstanden habe, dann brauchen wir zur Erde somit nur zwei Jahre und auch für unsere Umgebung vergehen nur zwei Jahre, wegen des genannten Effekts."
Das war ein echter Hammer und kam dann auch noch aus dem Munde eines Tigerwelpen. Cyron war verblüfft und schüttelte nur noch den Kopf.
„Gut, also brauchen wir zur Erde nur zwei Jahre und auch auf Genro vergehen nur zwei Jahre. Das bedeutet, dass wir insgesamt vier Jahre unterwegs wären."
Apophis und Kira nickten gleichzeitig.
„Aber, wenn das so ist, dann würde der Einsatz dieses Antriebs doch bedeuten, dass jedes Mal, wenn er aktiviert würde dem Weltall Zeit gestohlen wird", überlegte Sinja.
„Genau und zwar genau die Zeit, in der der Antrieb aktiviert ist", ergänzte Grey ihren Gedanken.
Plötzlich entgleisten Chiron die Gesichtszüge. „Der Antrieb war schon mal in Betrieb und zwar vor etwa sechshundert Jahren."
Stella schaute ihn schief an und riss die Augen auf.
„Dann sind unserer Entwicklung zweihundert Jahre gestohlen worden."
Apophis nickte bestätigend. „Du hast vollkommen Recht. Wir haben somit nicht das Jahr 3000, sondern schon das Jahr 3198, wenn man die erlebten zwei Jahre abzieht."
„Aber wir brauchen uns darüber nicht aufzuregen. Diese 198 Jahre fehlen überall und keiner vermisst sie, weil es keiner weiß. Außer uns natürlich", warf Kira ein.
„Okay", sagte Cyron und klatschte in die Hände. „Man hat allen Lebewesen 198 Jahre geklaut. Aber was bringt es uns, das zu wissen und uns vielleicht noch darüber aufzuregen. Die Technik funktioniert und bringt uns in zwei Jahren zur Erde und in zwei Jahren wieder zurück. Überall vergehen nur zwei Jahre und das ist es was am Ende zählt. Keiner nimmt wirklich Schaden daran."
„Und wir beteiligen uns genauso am Zeitklau wie die Menschen. Nur mit dem Unterschied, dass wir am Ende für das verschwinden von 396 Jahren verantwortlich sind", schloss Grey.
Betroffenheit machte sich auf allen Gesichtern breit. Konnten sie es wirklich wagen und selbst ihre eigene Entwicklung dermaßen blockieren? Fast 400 Jahre würden spurlos verschwinden und das war kein Pappenstiel. Andererseits würde es keiner merken, die Zeit würde niemand vermissen.
„Okay Freunde, lasst es uns angehen. Wir haben ein Ziel und davon sollte uns nichts abhalten. immerhin sorgen wir dafür, dass auch den Menschen 396 Jahre fehlen", sagte Cyron aufmunternd.
Die Anderen überlegten kurz und stimmten schließlich zu. Egal wie sie es drehten, es kam am Ende immer das gleiche Ergebnis raus. Würden sie nur mit Lichtgeschwindigkeit fliegen, dann würden sie für alle Außenstehenden 400 Jahre benötigen und selbst würden sie es innerhalb ihrer eigenen Lebensspanne auch nicht schaffen. Würden sie den Generator einsetzen, dann würde der Flug zur Erde und zurück gelingen und auch ihre Freunde würden sie wiedersehen. Der einzige Unterschied wäre der, dass sie mit dem Wissen leben würden, dass sie dem ganzen Weltall 396 Jahren schulden.
Sobald das Wetter sich in erträglichen Maßen hielt, schnappten sich Torus und Syrgon einen der Gleiter und flogen auf die Jagd. Nach und nach ergänzten sie die Bestände und der Vorratsraum füllte sich. Als sie fertig waren stellten sie jedoch fest, dass Essen und Getränke lediglich für 8 Monate reichen würden und das war trotz allem zu wenig.
„Cyron, wir müssen noch mal weg. Unsere Nahrungsmittelvorräte sind zu knapp. Sie reichen nicht mal für ein ganzes Jahr aus und wir benötigen sie mindestens für den angegebenen Zeitraum", sagte der Wolf.
Cyron kam ins Grübeln. „Hmhm, ohne geht's nicht. Meinetwegen. Seht zu, dass ihr noch Wild erlegt und es her schafft."
„Moment, meine Lieben. Ich habe gerade in einem Seitenraum etwas Interessantes gefunden, was einiges in unserer Planung ändern dürfte. Vor allem aber was die Nahrungsmittelmengen betrifft, die wir mitnehmen müssen", mischte sich Kira ein.
Die Beiden sahen sich an und begleiteten die Luchsin. Die ging zielstrebig auf eine der Türen zu. Zischend öffnete sich diese und sie trat in den dahinterliegenden Raum.
„Da. Seht euch das mal an und sagt was ihr denkt."
„Hmmm ... ja ... also", begann Syrgon. „Die Dinger sehen aus wie Betten, allerdings unter einer Glashaube."
„Das nenne ich eine präzise Beschreibung", kicherte Cyron. „Aber Kira wird uns bestimmt gleich sagen, was genau wir hier sehen."
„Japp, das habe ich vor. Ihr seht da Kälteschlafkammern. Es sind exakt dreißig Stück. Das Schiff hat aufgrund seiner Geschwindigkeit einen begrenzten Laderaum und damit konnte nie genügend Nahrung für die ganze Besatzung transportiert werden. Das war und ist logischerweise ein Handicap. Also entschied man sich für den Einbau dieser Kälteschlafkammern. Der größte Teil der Mannschaft konnte auf diese Art und Weise zum Ziel gelangen, musste aber bei der Bevorratung nicht berücksichtigt werden."
„Aha. Und wie funktionieren die Dinger?", fragte Sinja, die sich angeschlichen hatte und in Begleitung von Stella erschienen war.
„Huch", sagte Syrgon. „Ihr könnt euch vielleicht anschleichen."
Sie grinsten und schauten neugierig auf die Kammern und zu Kira. „Derjenige der tiefgekühlt werden soll, legt sich auf das Bett, die Kammer wird geschlossen und versiegelt anschließend wird der Innenraum mit einem sehr kalten Gas geflutet. Die Person im Innenraum fällt in einen tiefen Schlaf, ihre Lebensfunktionen werden auf ein Minimum reduziert, er stirbt jedoch nicht. Seine Körperfunktionen werden durch einen autonomen Rechner überwacht und Diskrepanzen ausgeglichen. Am Ziel der Reise wird das Gas abgesaugt, die Person langsam erwärmt und somit wiederbelebt. Ernähert wird er während dieser Zeit über eine Kanüle und direkt über das Blut. Mehr benötigt er nicht."
Das war verblüffend und löste ihr Nahrungsmittelproblem auf der Stelle.
„Dann würde ich sagen", setzte Cyron an. „Dass Kira und Andrew sowie Tarja, Apophis, Chiron und ich munter bleiben, während der Rest sich schlafen legt."
Stella überlegte kurz. „Du solltest dich auch schlafen legen und nicht den starken Kater spielen", erwiderte sie.
Cyron grummelte mal wieder etwas unverständliches, denn darin war er wirklich gut.
„Grummle nicht, Liebster", sagte Stella bestimmt. Sie war mittlerweile direkt hinter ihn getreten. „Du wirst mich doch nicht etwa wirklich allein in den kalten Halbtot schicken wollen?"
Cyron seufzte. „Du hast ja Recht. Die fünf können das Schiff auch ohne uns fliegen. - Okay, gehen wir kurz nach dem Start schlafen."
„Nein am besten noch vor dem Start. Wir müssen uns sicher sein können, dass die Kammern auch korrekt funktionieren. Sind wir erstmal gestartet und stellen dann fest, dass die Dinger nicht funktionieren, haben wir ein wirklich ernstes Problem am Hals", gab Kira zu bedenken. Ihre Zuhörer nickten eifrig, denn die Luchsin hatte absolut Recht.
„Gut, dann seht zu, dass wir einen Kurs zur Erde programmiert kriegen. Die Anderen und auch meine Wenigkeit werden derweil das Schiff beladen. Zeit unseren Möchtegernschöpfern gegenüber zu treten."
Gesagt, getan. Kira fand dank ihres Laptops und eines arbeitsfreudigen Schiffscomputers sehr schnell die benötigten Koordinaten und ließ einen Kurs errechnen. Die Flugzeit betrug bei nomineller Energieversorgung, maximaler Schubleistung und bei der momentanen Beladung ein Jahr und fünf Monate. Damit waren sie sogar noch schneller als ursprünglich angenommen. Kira freute sich darauf interessante Gespräche mit Apophis zu führen. Der kleine Tiger hatte ein extrem helles Köpfchen und eine unglaublich schnelle Auffassungsgabe. Das faszinierte sie und sie hatte auch mehr als ausreichend Zeit sich mit ihrem Liebsten zu befassen, sich um ihn zu kümmern, ihn zu verwöhnen und sich von ihm verwöhnen zu lassen. Immerhin waren die beiden immer noch frisch verliebt und hatten Schmetterlinge im Bauch. Außerdem störten sie dann auch niemanden und das musste redlich genutzt werden. Tarja und Chiron freuten sich ebenfalls auf ihre Ungestörtheit und auch darauf sich ausgiebig mit ihrem Sohn beschäftigen zu können.
Kira trat in den Frachtraum, sah sich um, entdeckte Cyron, Syrgon und Torus und ging auf sie zu. „Okay Kater, Rüde und Stier. Wenn ihr alles verladen habt, dann kann es losgehen. Der Kurs ist programmiert und sollte uns in nicht mal zwei Jahren zur Erde führen."
Sie lächelte begeistert und ihre Begeisterung wurde erwidert.
„Das klingt wie Musik in meinen Ohren", sagte Syrgon.
„Wir haben alles verstaut. Der Mech ist an der Seitenwand verankert und gesichert. Wir haben noch zwei Laderoboter entdeckt und sie für das Verladen der Fracht genutzt. Dadurch ging alles wesentlich schneller als geplant. Der Vorratsraum ist aufgefüllt und sollte euch Fünfen für etwa 2 ½ Jahre Nahrungsmittel spendieren können", ergänzte Torus.
„Okay, dann ist es wirklich Zeit geworden. Machen wir uns auf den Weg", bestimmte die Luchsin.
Der Stier ging zur Frachtluke und betätigte den Schließmechanismus. Fauchend schloss sich das Schott und das Schiff war hermetisch abgeriegelt und somit startklar. Wenige Minuten später hatten sich alle in der Kälteschlafabteilung eingefunden. Apophis und Kira standen in vorderster Front und Torus legte sich bereitwillig als Versuchskaninchen auf eines der Betten.
Kira legte ihm die Überwachungssonden an den Körper. Der Rechner nahm seine Lebensdaten auf und stellte sich automatisch auf ihn ein. Apophis schloss die Glaskabine und verriegelte sie, anschließend leitete er den Tiefschlafvorgang ein. Torus sah sich nervös um und sah plötzlich sehr unglücklich aus. Er schien Beklemmungen zu bekommen, versuchte aber ruhig zu bleiben. Nach zehn Minuten sah man auf dem Kontrollmonitor der Kammer, dass der Stier tief und fest schlief. Seine Lebensfunktionen waren sehr stark reduziert, aber er lebte.
Die Anderen sahen zunächst beunruhigt zu. Die Nervosität gab sich aber rasch, als sie das Endergebnis sahen. Somit wanderte Einer nach dem Anderen in die Betten und ließ sich vom Schlaf gefangen nehmen.
„Vergesst uns bloß nicht", sagte Cyron noch schnell, bevor auch er erstarrte und wie leblos auf dem Laken ruhte. Die übrig gebliebenen gingen zur Brücke. Sie hatten jetzt den schwierigsten Teil der Reise übernommen. Kira setzte sich an die Navigation, Apophis an die Leittechnik, Andrew in den Pilotensitz und Tarja und Chiron teilten sich die Stationen für die Energie und die Verteidigung.
„Alles fertig?", fragte Andrew betont männlich. Alle stimmten zu.
„Gut, dann machen wir uns auf den Weg." Er sah sich kurz um. „Kira, bring uns zur Erde."
Die Luchsin tippte ein paar Zahlencodes auf der Steuerungskonsole ein und krachend öffnete sich das Dach der Station. Die Triebwerke des Schiffes wurden hochgefahren. Unter leichtem Beben erhob es sich, verließ seinen Ruheplatz, stieß durch die ffnung ins Freie, fing die letzten Sonnenstrahlen des vergehenden Tages ein und startete in den nunmehr azurblauen Himmel. Das Schiff flog noch eine ganze Zeit durch die Planetenatmosphäre.