Schneeweißchen und Rosenrot Teil 05
#10 of Praxis van Fur
Hallo,
der fünfte Teil.
Schneeweißchen und Rosenrot Teil 05
Autor: Gendori Kabashi
28.10.2012 ?
Vorwort
Hallo Werter Leser,
die nachfolgende Geschichte verdankt ihr der Anfrage von jemandem, der auch dieses mal im Hintergrund und anonym bleiben möchte. Johann und Aruna machen den letzten Schritt, der notwendig ist um Ihr Menschsein endgültig hinter sich zu lassen. Inklusive neuer Namen!
Der letzte Schritt
In den nächsten Tagen lebten sich die beiden ein. Sie futterten das Cat-Chow. Anfangs irritierte sie der Geschmack, doch nach und nach gewöhnten sie sich daran und bald schon genossen sie das nahrhafte Futter. Jeden Tag unternahmen sie ausgedehnte Läufe. Dabei umrundeten die drei das Anwesen mehrfach. Zu Anfang übernachtete die drei auch noch gemeinsam in Jorges Unterkunft, doch Johann entschloss sich eines Abends nicht mehr das Gehege zu verlassen. Er legte sich in eine Windgeschützte Ecke. Als Aruna das bemerkte fragte sie ihn unumwunden warum.
„Je eher wir uns daran gewöhnen, um so besser!" war seine knappe Antwort.
Das leuchtete ihr ein und sie schloss sich ihm an. Sie kuschelten sich zusammen und übernachteten gemeinsam im Freien. Am nächsten Tag erfuhr Doktor van Furr davon und untersuchte sie. Bereitwillig ließen es sich die beiden gefallen, auch wenn man ihnen Ansehen konnte, dass die Anwesenheit des Menschen sie nervös machte. Als er mit der Untersuchung fertig war, hing er sich das Stethoskop um den Hals und überlegte, dann kam er zu einer Entscheidung.
„Mit euch ist alles in Ordnung. Alle Werte sind stabil und im optimalen Bereich um weiterzumachen. Ich gebe euch jetzt ein paar Injektionen und dann starten wir den nächsten Schritt."
„Müssen wir dafür zurück?"
„Zurück? Du meinst in die Praxis?"
Er nickte.
„Das wird nicht notwendig sein, es sei denn es gäbe Komplikationen; was ich nicht glaube; oder Ihr wollt dorthin. Wollt Ihr ins Haus?"
„Nein, nicht!" Antworteten beide im Chor, blickten sich überrascht an und schmunzelten.
Van Furr öffnete seinen Arztkoffer und entnahm ihm einen Kasten, in dem zwei aufgezogene Spritzen lagen. Nacheinander verabreichte er Johann und Aruna die schimmernde Flüssigkeit, dann holte er seinen Tablett-Computer hervor und startete ein Programm. Ohne weiter zu zögern aktivierte er die Sequenz und übermittelte diese an die Naniten in den Körpern des Anthropomorphen Paares.
„So, meine Lieben. Bald werden die finalen Änderungen in Gang kommen."
Johann rieb sich den Oberarm. Der Stich war nicht so schlimm, aber er fühlte ein leichtes jucken und brennen unter der Haut. Was immer in der Spritze war, es entfaltete seine Wirkung.
„Wie lange wird es dauern?"
„Nicht sehr lange! Es geschieht in kleinen Schüben. Nach und nach wurden eure Körperzellen bereits mit der neuen DNA ausgestattet, das brauchte seine Zeit, doch mit der letzten Injektion wurden eure Zellen so aktiviert, dass bald Johann und Aruna nicht mehr da sein werden. Habt Ihr euch schon Namen überlegt?"
„Namen?" die beiden sahen sich an. „Nein haben wir nicht!"
„Hatte ich euch das nicht gesagt? Nein. Hatte ich wohl vergessen. Nun was haltet Ihr von Schneeweißchen und Rosenrot?"
„Ist das nicht etwas zu niedlich?"
„Findet Ihr das? Also ich meine Schneeweißchen ist ein ausnehmend hübscher Name für dich Aruna!"
„Dann soll ich wohl Rosenrot sein."
„Ist ja nicht so, dass Ihr euch selber so nennen sollt. Das ist mehr für die Akten der Auswilderung."
„Wenn es für die Akten ist geht es schon in Ordnung, glaube ich, was sagst du?"
„Wenn du damit leben kannst, dann kann ich es auch. Schneeweißchen!"
„Du Schlingel!" sie klappste mit ihrer Hand auf seine Nase.
Van Furr wandte sich von den beiden ab und ging zu Jorge. Der Jaguar hatte sich etwas abseits der beiden hingelegt und genoss die Sonne, die langsam wieder höher hervorkam, denn der Winter war fast vorbei. Van Furr kniete sich nieder und fing an zu sprechen.
„Jorge, hör mir bitte genau zu.Wenn du eine Veränderung bei den beiden bemerkst, verschließt du umgehend den Zwinger! Sie dürfen dann nicht mehr heraus."
„Veränderungen?" brummte er, „was für Veränderungen?"
„Verhaltensänderungen. Sie werden bestimmt bald aggressiver werden und wilder. Und bald dürfte Schneeweißchen Rollig werden!"
„Schneeweißchen? Rollig?" er leckte sich verwirrt die Lefzen.
„Du lässt die Pranken von Ihr! Jorge, Rosenrot würde dich Kaltmachen!"
„Rosenrot? Doc, Sie sprechen in Rätseln."
„Schneeweißchen und Rosenrot so heißen die beiden jetzt! Muss ich dir Rolligkeit auch noch erklären?"
„Nein, nein, Doc, nicht nötig! Aber was soll das bedeuten?"
„Die beiden werden in den nächsten Tagen die letzte Umwandlung vollziehen und im Gegensatz zu dir, wird nur ganz wenig menschliches in Ihnen verbleiben. Ungefähr so wie du damals im Dschungel gewesen bist. Ihre Intelligenz wird höher sein, als die eines durchschnittlichen Schneeleoparden, sogar deutlich höher. Aber sie werden wild sein!"
Jorge verstand. Er würde darauf achten.
In den nächsten Tagen schien sich nichts weiter zu ereignen, doch Jorge bemerkte, das die beiden immer unruhiger wurden. Johann und Ar ..., nein, Rosenrot und Schneeweißchen klagten über Kopf und Rückenschmerzen. Sie lagen oftmals eng aneinander geschmiegt im Gehege und wollten nicht trainieren. Doch Jorge setzte sich durch und sie liefen ihre üblichen Runden, wenn auch vorgebeugt und langsamer als sonst. Als sie die Runde beendet hatten fiel Jorge auf das Schneeweißchen ihn und Rosenrot mit einem seltsamen Blick betrachtete. Es machte ihn immer nervöser und auch Rosenrot wurde unruhig. Irgendetwas lag in der Luft. Sie roch anders, schärfer, aufregender und dann fiel es Jorge wie Schuppen von den Augen. Schneeweißchen musste Rollig sein! Fieberhaft überlegte Jorge was als nächstes zu tun sei, dabei näherte er sich unbewusst der Katze und sah sich plötzlich Rosenrot gegenüber, der seine Zähne gefletscht hatte und ein aggressives Knurren ausstieß, das vom Halsband nicht übersetzt wurde. Jorge zuckte zurück und nur dank dieses Reflexes wich er gerade noch der Faust aus, die haarscharf an seinem Kopf vorbeisauste. Der Schneeleopard wollte zu einem zweiten Angriff ansetzen, doch mit einem gewaltigen Sprung schaffte es Jorge sich aus der unmittelbaren Gefahrenzone zu retten und sauste in Richtung Ausgang. Rosenrot setzte ihm nach und versuchte auf allen Vieren den Jaguar einzuholen. Dank seines Halsbandes aktivierte Jorge den Mechanismus des Tores und das schmale Tor begann sich knirschend in Bewegung zu setzen und senkte sich langsam herab. Jorge schätzte, dass es knapp werden dürfte und wirklich er konnte noch gerade so durchschlüpfen. Für Rosenrot war die ffnung bereits zu klein und nur eine Hand, mehr schon Pfote, grapschte hinter dem Jaguar her. Ganz außer Atem sah Jorge noch, das die Fingernägel innerhalb der kurzen Zeit sich zu scharfen Krallen verformt hatten, die nun über den Beton kratzten. Dann schloss sich die Schleuse endgültig und er hörte wie Rosenrot wieder und wieder wütend gegen das Metall des Tores schlug und schrie. Dann wurde es ruhig.
„War eine schöne Zeit Ihr beiden, aber anscheinend hat für euch die Stunde geschlagen." seufzte er.
Jorge überlegte kurz was zu tun sei, dann setzte er sich mit dem Haupthaus in Verbindung und wartete, das jemand das Gespräch entgegennahm. Endlich wurde der Anruf angenommen.
„Hey Jorge, was liegt an?" meldete sich Karolus.
„Sagst du dem Doc, dass es losgeht!"
„Wirklich?"
„Jep. Rosenrot hat mich sogar schon angegriffen!"
„Bist du verletzt?"
„Nein, das nicht, nur ... mein Stolz vielleicht." gab er zu.
„Dann ist es ja gut. Jorge, ich sage ihm Bescheid. Mal sehen, ob er zu euch herüberkommt, oder er überwacht es von hier, das wird er dann entscheiden. Die Überwachungssysteme laufen ja eh und viel machen können wir auch nicht mehr, die Naniten sind fertig programmiert gewesen und werden es auf jeden Fall zu Ende bringen. Willst du zu uns herüberkommen oder möchtest du im Zwinger bleiben?"
„Ich bleibe."
„Wie du willst. Wenn was ist, dann meldest du dich!"
„Mache ich!"
Sein Blut kochte, er schlug noch einmal gegen die Wand, hinter der sein Rivale verschwunden war und schrie triumphierend. Er hatte ihn vertrieben und nun konnte er sich um die Quelle dessen kümmern das ihn zu der Attacke getrieben hatte. Seine Nase bebte und er drehte sich um. Vorgebeugt lief er zu seinem Weibchen. Gelegentlich stützte er sich mit einer Hand ab, um nicht zu straucheln. Es war noch nicht richtig, fühlte sich falsch an, er wusste nicht wieso, aber er sollte anders laufen. Schließlich gelangte er bei ihr an. Er schnupperte und stupste sie mit seiner Nase an. Die Quelle, er hatte sie gefunden. Sie fauchte und schlug mit der Hand nach ihm, aber sanft, ihre Krallen waren eingefahren. Er musste sie dominieren, musste sie niederringen, musste sich sein Recht erkämpfen! Selbst wenn sie willig war, es wurde von ihm erwartet. Woher er das wusste? Es war halt so und er hinterfragte es nicht. Es war richtig! Sie rangen miteinander und immer wieder wechselte die Dominanz, doch schließlich übermannte er sie.
Van Furr saß im Büro über ein paar Rechnungen gebeugt und hakte die offenen Posten ab. Die letzten Tage waren recht Ereignislos verlaufen, den Bürokram schob er immer vor sich her, doch das musste auch mal gemacht werden, deshalb hatte er sich heute daran gesetzt. Die Dokumente würde er dann einscannen und den Rest Jorge überlassen, der Jaguar hatte sich als guter Buchhalter erwiesen und geschickt beherrschte er den Computer und das Verwaltungssystem. Es klopfte an der Tür und Karolus betrat den Raum.
„Doc!"
„Was ist?"
„Jorge hat sich gemeldet. Es scheint loszugehen."
„Wirklich?"
Van Furr legte die Dokumente beiseite und erhob sich. Der Schreibkram konnte warten, er hatte nun wichtigeres zu tun."
„Was hat er gesagt?"
„Nun nicht besonders viel, nur das Rosenrot ihn angegriffen hat. Er ist aber wohl ohne Blessuren davongekommen." fügte Karolus hastig hinzu, als er den erschrockenen Blick seines Chefs sah.
„Nun, dann scheint es wirklich begonnen zu haben."
Schneeweißchen hatte sich den ganzen Tag über schon seltsam unruhig gefühlt, doch nach dem abschließenden Lauf überkam sie eine Hitze, die nichts mit der Anstrengung des Trainings zu tun hatte. Sie spürte die Nässe zwischen ihren Beinen und als sie in einem unbeobachteten Augenblick Ihre Pussy befühlte, war sie sich sicher, das sie für den nächsten Schritt bereit war. Sie nahm ihren eigen Duft auf und leckte Ihre Fingerspitzen ab. Sie brauchte einen Partner und die beiden Männchen würden es untereinander ausmachen müssen. Der Schwarze, verdammt sie wusste doch seinen Namen, warum fiel er ihr jetzt nicht ein? Der Schwarze näherte sich ihr und auch der andere trat näher. Sie leckte sich die Lippen. Wer würde es sein? Der Schwarze war ein hübscher, aber der Weiße. Auch dessen Name war fort, vergessen, hatte sie selber nicht auch einen? Wie lautete er nur? Was ist überhaupt ein Name? Sie schüttelte Ihren Kopf um ihn von diesen seltsamen Gedanken zu befreien. Der Weiße schien auf jeden Fall richtiger zu sein, irgendwie. Sie hoffte, dass er es sein sollte. Die nächsten Augenblicke überraschten sie. Der Weiße schrie auf und griff den Schwarzen an. Geschickt wich dieser der Attacke aus, doch anscheinend wollte er nicht kämpfen, denn er wandte sich zur Flucht. Er war schnell auf seinen vier Beinen doch der weiße, der auf zwei Beinen lief. Wieso auf zwei? Vier sollten es doch sein. Sie blickte an sich herab und sah auch zwei seltsam lange Beine und ihre Arme, die Hände sollte das nicht alles anders sein? Der Weiße holte auf. Schließlich entkam der Schwarze in einer Höhle, die sich hinter ihm schloss und der Sieger schlug gegen die Sperre, die vorher nicht da war und brüllte seinen Triumph heraus. Sie war beeindruckt und fühlte sich geschmeichelt, das der Weiße einen so schnellen Sieg errungen hatte, doch wenn er seine Belohnung haben wollte, musste er die sich erst noch verdienen. Als er sich ihr näherte, fauchte sie und als er dann noch näher kam, schlug sie ihn. Er sollte wissen, dass sie nicht so einfach zu bekommen war und er reagierte, wie sie es erwartet hatte. Sie rangen miteinander, sie fauchten, knurrten und spuckten sich an. Für einen Außenstehenden schien es wie ein Kampf auf Leben und Tod zu sein, doch es war nur ein Kräftemessen. Und Sie stellte fest, dass er es Wert war. Sie ließ sich von ihm übermannen. Sie ging vor ihm nieder und schwang ihren buschigen Schwanz zur Seite, so dass er das Ziel seiner Begierde, seinen Preis, den er errungen hatte, vor Augen hatte. Beide waren zu abgelenkt um zu registrieren, das sich während ihres Gerangels ihre Statur deutlich zu verändern begann. Ihre Hände wurden kräftiger und auf den Handflächen bildeten sich dicke Ballen, zwischen den Ballen sprossen weitere Haare, die die künftigen Pfoten vor der Kälte des Erdbodens schützen sollten. Die Finger verkürzten sich und bald verfügten beide über Pfoten, ganz so, wie man es von Katzen zu erwarten hatte. Ähnlich veränderten sich die Füße, die zwar auch schon mehr Hinterpfoten ähnelten. Die Zehen waren noch als solche erkennbar gewesen, doch innerhalb weniger Minuten waren diese menschlichen Spuren auch Vergangenheit. Rosenrot bestieg Schneeweißchen, die sich vor ihn gehockt hatte, Ihre Beine spreizten sich in einem seltsamen Winkel, doch nach und nach änderten die Knochen in Ihren Leibern die Position und Form und die Stellung der Beine schienen immer natürlicher zu wirken. Rosenrot stieß tief in seine Gefährtin und Ihre inneren Muskeln spannten sich an und hielten ihn im Griff. Schmerzen schienen beide nicht zu empfinden, wenn auch ein versteckter Beobachter neben dem Knurren und Grollen, dass die beiden von sich gaben, auch deutlich das Knacken der Gelenke und quietschen der Sehnen vernehmen konnte.
Jorge saß in einer verborgenen Galerie oberhalb seines Geheges und beobachtete das Geschehen, dass sich einige Meter tiefer abspielte. Bei jedem Knacken zuckten seine Ohren nervös und anstelle der beiden Liebenden schien er die Schmerzen zu verspüren. Jorge erschrak, als sich plötzlich eine Hand auf seinen Kopf legte und ihn sanft kraulte. Er blickte auf. Unbemerkt war van Furr zum Gehege gekommen und war so wie Jorge zur Galerie gestiegen und nun stand der Mediziner neben dem schwarzen Jaguar und betrachtete wortlos sein Werk. Ein leichtes Lächeln huschte über das sonst so ernste Gesicht und offenbarte feine Lachfältchen. Er schien mehr als zufrieden zu sein, mit den Fortschritten der Verwandlung, der beiden Anthros, die gerade wenige Meter unter den beiden Beobachtern vonstattenging.
„Hab ich dich erschreckt?" fragte der Arzt belustigt, ohne seinen Blick von dem Geschehen abzuwenden.
„Etwas." gab Jorge zu und er begann zu schnurren, denn der Mann kraulte ihn weiter und es fühlte sich so gut an.
„Die beiden machen gute Fortschritte!"
„Wie?"
„Die Umwandlung! So wie es aussieht hat jeder nun 4 Beine. Und die Köpfe haben anscheinend nun auch die richtige Position."
„Stimmt!"
Rosenrot hatte Schneeweißchen nun bereits zum zweiten mal bestiegen und er hatte sein Maul um ihren Nacken gelegt. Er schien genau die richtige Kraft einzusetzen, um sie zu fixieren und nicht dabei zu verletzen. Seine Hüften waren erkennbar schmaler und hatten ihre finale Form angenommen, seine Beine sahen vollkommen natürlich aus, für einen Schneeleoparden. Ebenso wie die von Schneeweißchen, die Ihrer Hinterbeine nun unter ihrem Körper angewinkelt hatte und Ihr Hinterteil ihm entgegenstreckte. Die buschigen Schwänze der beiden Katzen zuckten im Gleichklang ihrer Bewegungen. So gut wie nichts erinnerte noch an die Menschen, die die beiden nur wenige Tage zuvor noch gewesen waren.
„Doc?"
„Ja, Jorge. Was liegt dir auf dem Herzen?"
„Ich würde gerne dabei helfen sie noch weiter auf die Zukunft vorzubereiten."
„So? Hast du das nicht schon?" fragte van Furr neugierig.
„Das hier reicht nicht aus, es müsste in der neuen Heimat der beiden geschehen. Sie müssen Jagen lernen und das geht nur mit echter Beute!"
„Wie hast du dir das vorgestellt? Du bist ein Jaguar! Zudem noch so schwarz, dass Kohlen neben Dir grau erscheinen."
„Sie könnten mir doch auf jeden Fall ein entsprechendes Fell verpassen und, ... und ..."
„Und dich so zumindest optisch in einen Schneeleoparden verwandeln?" van Furr überlegte. „Ja, das müsste funktionieren. Allerdings würdest du nur ein paar Monate dort bleiben. Anschließend schaffen wir dich wieder zurück. Wir brauchen dich nämlich auch hier!"
Jorge war erfreut zu hören, dass sein Vorschlag machbar sein dürfte und dass er als Teammitglied angesehen wurde, das gebraucht wird. Er erhob sich und strich eng an den Beinen des Menschen entlang und rieb seinen Kopf an van Furr und zeigte so seine große Zuneigung zu dem Arzt, den er als Freund ansah. Van Furr kraulte den großen Kater hinter seinem linken Ohr und Jorge revanchierte sich mit einem sanften Schnurren. Van Furr bewunderte die Art und Weise, wie der frühere Mensch sich mit seinem seltsamen Schicksal abgefunden hatte und ganz offensichtlich die Katze in sich ausleben konnte. Die beiden Katzen unter Ihnen schienen es auch ziemlich gut hinzubekommen.
Schneeweißchen maunzte immer lauter und Rosenrot stieß immer schneller zu. Die Katze versteifte sich plötzlich und der Kater reckte seinen Kopf gen Himmel und brüllte. Kurz verharrten beide in dieser Position, dann schwang Schneeweißchen ihren Kopf zurück und brüllte selber laut auf. Dann bäumte sie sich auf und stieß Rosenrot von sich. Unwillig rutschte der Kater von ihrem Rücken und sein Glied flutschte aus der Vagina der Katze. Vereinzelte Tropfen seines Spermas fielen zu Boden und aus ihrer ffnung floss ein schmales Rinnsal weißen Schleimes und verfing sich in ihrem Fell. Kaum das die Last des Katers von ihr genommen war, sprang Schneeweißchen auf, trottete zum Wasserbecken und trank ein paar Schlucke Wasser. Rosenrot setzte sich und leckte sich instinktiv seine Genitalien, doch die blauen Augen des Katers wanderten immer wieder zu seiner Gefährtin, die sich ebenfalls säuberte. Sie schienen vor Lust zu glühen und trotz des kalten Wetters ragte die Spitze seines Gliedes aus seiner schützenden Hülle. Der Kater erhob sich und langsam näherte er sich seiner Gefährtin. Sie hatte sich auch erhoben und die Spitze ihres Schwanzes zuckte. Ihre Grünen Augen verfolgten jede seiner Bewegungen mit wachsendem Interesse, denn auch wenn er sie zuvor übermannt hatte und sich seinen Preis geholt hatte, so wollte die frühere Frau mehr. Er musste sie nun bezirzen, umgarnen und sein bestes tun sie wieder zu verführen und in den folgenden Stunden tat er genau das, was sie von ihm erwartet hatte.
Van Furr wandte sich an den zu seinen Füßen sitzenden Kater.
„Komm Jorge wir haben hier zur Zeit nichts mehr zu tun. Die beiden werden die nächsten Stunden miteinander beschäftigt sein und wir könnten sie nur beobachten. Die Naniten versorgen die Überwachungssysteme mit genügend Daten und wenn etwas schiefgehen sollte, dann können wir immer noch schnell genug reagieren."
„Wie das? Der Weg zur Praxis ist recht lang?"
„Keine Sorge. Die Naniten haben eine Art Not-Aus Funktion. Sollte etwas außer Kontrolle geraten würden die beiden ins Reich der Träume gebeamt. Hätte dich Rosenrot ernsthaft angegriffen, wäre er wie ein Sack Kartoffeln zusammengeklappt!"
„Ich war also nie in ernsthafter Gefahr?"
„Nö!"
„Das beruhigt mich jetzt. Ich hätte es aber etwas eher erfahren dürfen, oder?"
„Dann hättest du aber nicht so natürlich reagiert!"
Van Furr schwieg und Jorge bohrte nicht weiter nach, es war schließlich nichts schlimmeres geschehen, als das er etwas von seinem Stolz verloren hatte und das zählte im Grunde ja kaum. Jorge blickte hinab und ein weiterer Gedanke kam ihm. Ob der Angriff vielleicht notwendig gewesen war, um Rosenrot und Schneeweißchen in die Richtige Stimmung zu bekommen? Van Furr schien mit dem Fortschritt zufrieden zu sein, denn er setzte sich, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, schließlich in Bewegung und Jorge raffte sich auch auf, um ihm zu folgen. Sie stiegen eine Wendeltreppe herab, deren Stufen für Jorge nicht so einfach zu bewältigen waren, doch van Furr legte nur ein gemächliches Tempo vor, so das Jorge nicht in die Verlegenheit kam den Doktor zu bitten etwas langsamer zu machen. Sie gelangten in den Vorraum zu Jorges Unterkunft, der den Eingangsbereich des Zwingers bildete. Gemeinsam verließen sie dann das Gebäude und begaben sich zur Praxis. Hinter ihnen erklangen immer wieder die lustvollen Laute der beiden frischgebackenen Katzen. Sie schienen sich ihren neuerworbenen animalischen Instinkten hemmungslos hinzugeben und sorgten für die Zukunft ihrer neuen Spezies. Jorge dachte auf den Weg immer wieder an seine eigenen Nachkommen und nahm sich vor seinen Vater zu kontaktieren, um mal wieder Neuigkeiten zu erfahren. Doch dass musste noch etwas warten, denn das aktuelle Projekt würde ihn wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Familienangelegenheiten I
Janus Gallbrink saß an seinem Schreibtisch und erledigte die alltäglichen Arbeiten, für die ihn sein Arbeitgeber weitestgehend frei Hand ließ. Gallbrink war direkt nach seinem Studium in die Dienste der Familie derer von Löwenberg-Raifenstein getreten. Damals noch für den alten Baron Leopold, dem älteren Bruder des jetzigen Barons. Anfangs als Privatsekretär und Rechtsberater. Leider verstarb Leopold wenig später bei einem absurd zu nennenden Vorfall in einem Bordell und es war Gallbrinks Verdienst, dass es nicht zu einem Skandal wurde, der den Ruf der hoch angesehenen Familie beschädigen konnte. Es gelang ihm die Eigentümer und die beteiligte Prostituierte zum absoluten Stillschweigen über den bedauerlichen Vorfall zu bewegen. Einem Stillschweigen, dass diesen durchaus gelegen kam. Und als wenige Monate später die Hure vor dem Anwesen stand und ein Baby in Armen hielt, regelte er auch diese Herausforderung. Der kleine Junge war tatsächlich der illegitime Sohn des verstorbenen Barons. Antonius von Löwenberg-Raifenstein adoptierte das Kind seines bedauerlichen Bruders, der ansonsten Kinderlos gewesen war, und zog es auf, wie es sich gehörte. Nun weniger der Baron, es war Gallbrink, der sich um das Kind kümmerte. Johann wuchs unter seinen Augen heran und wurde zu einem eigentlich ganz ordentlichen jungen Mann, wenn nicht ständig seine Eskapaden für Aufregung gesorgt hätten. Gallbrinks Verdienste um die Familie sorgten dafür, das sich sein Aufgabegebiet Jahr um Jahr immer weiter vergrößerte. Er war mittlerweile weit mehr als nur ein einfacher Angestellter. Er war das Faktotum, die Person, die der Vermittler zwischen dem Baron und dem Konglomerat der vielen Unternehmungen, an denen die Familie Eigentumsrechte besaß, war.
Gallbrink schrak aus seinen Gedanken hoch, als sein Telefon klingelte. Es war eine direkte Durchwahl zu seinem Telefon und die Nummer war ihm bekannt. Ein Anruf aus der Praxis van Furr.
„Janus Gallbrink hier. Guten Morgen!" meldete er sich recht leger.
„Guten Morgen Herr Gallbrink, Wolf van Furr am Apparat."
„Herr Doktor, was darf ich für Sie tun? Es ist schon eine Weile her, dass Sie sich gemeldet hatten."
„Dafür entschuldige ich mich. Ich hatte viel zu tun und wenig Zeit, Sie und den Herrn Baron auf dem Laufenden zu halten."
„Wie geht es den beiden?"
„Prächtig! Zwei Prachtexemplare und sie sind bereit!"
„Bereit? Bereit wofür?"
„Na für die Umsiedelung!"
„Wie, aber ... So schnell?"
„Kaum zu glauben, aber wahr. Sie sind bereit für das neue Leben und kosten es bereits aus. Sie sollten die beiden Kätzchen mal sehen."
„Dann sollte ich wohl den Herrn Baron darüber verständigen. Wir werden dann alles weitere in die Wege leiten."
„Herr Gallbrink das freut mich zu hören, doch sagen Sie, wie geht es dem Baron?"
Gallbrink schluckte.
„Um offen zu sein Herr Doktor, mach ich mir um den alten Herrn große Sorgen. Die letzten Wochen waren für ihn sehr hart gewesen. Er würde es nie offen zugeben, aber ich kenne ihn einfach zu lange und zu gut. Die ganze Affäre hat seiner Gesundheit doch sehr zugesetzt."
„Das tut mir leid zu hören. Vielleicht sollte ich ihn mir mal genauer ansehen. Wissen Sie, mir stehen ja Mittel und Wege zur Verfügung, über die meine Kollegen; und seien die noch so gut; einfach nicht verfügen."
Gallbrink überlegte. Sollte er seinen Herrn wirklich diesem Arzt überlassen, wäre es dem Baron überhaupt Recht? Gallbrink wog das Für und Wider ab und kam zu einer Entscheidung. Er mochte seinen Chef zu sehr, als dass er den Verfall tolerieren konnte und außerdem war da ja auch noch Johann und Aruna, die zwar ein ganz anderes Leben vor sich hatten als gedacht, trotzdem musste für die beiden gesorgt werden.
„Wenn Sie das Einrichten könnten, wäre ich Ihnen zutiefst dankbar und es wird Ihr Schaden nicht sein!"
„Warten Sie nur ab, bis Sie meine Rechnung erhalten! Vielleicht denken Sie und der Herr Baron dann anders!" lachte van Furr.
„Also wann kommen Sie vorbei?" fragte Gallbrink.
„Nein, Herr Gallbrink, Sie beide werden sich schon zu mir bemühen müssen! Meine Praxis ist für diesen Zweck der beste Ort. Und machen Sie sich keine Gedanken wegen der Privatsphäre, wie Sie sicher bereits wissen liegt das Anwesen schön isoliert und abgelegen. Außerdem können Sie und der Baron auch den Erfolg der, sagen wir es etwas diplomatischer, der Behandlung überprüfen."
Gallbrink sah dieser Entwicklung mit gemischten Gefühlen entgegen. Der Baron lebte recht zurückgezogen und erledigte seine Geschäfte vom heimischen Büro aus. Nur selten begab er sich unter Menschen, hauptsächlich, wenn er den Zoo aufsuchte. Doch er müsste es schaffen den alten Herrn zu einem Ausflug zu überreden. Auch wenn er ihm verheimlichen musste, dass dahinter mehr stecken wird, als ein einfacher, wenn auch längst überfälliger, Kontrollbesuch.
„Ich werde zusehen, den Baron zu überzeugen, dass er sich persönlich über den Erfolg der Unternehmung einen Eindruck verschaffen muss. Wann ist es Ihnen Recht?"
Er schlug den Terminplaner des Barons auf und wartete auf die Antwort seines Gesprächspartners.
„Nun, je eher je besser, Herr Gallbrink. Wie sieht es denn noch heute Nachmittag so gegen 15:00 Uhr aus?"
„So schnell?"
„Ist keine Große Sache. Ist ja nicht so, als ob die Spezies geändert werden müsste." scherzte van Furr
„Gut, ich werde den Herrn Baron davon überzeugen noch heute zu kommen." stimmte Gallbrink dem Vorschlag zu.
„Sehr gut. Und bevor ich es vergesse, eigentlich wollte ich mich auch nach dem Stand der Dinge im Altai erkundigen."
Gallbrink hatte diese Frage bereits erwartet.
„Nun der Baron konnte eine beachtliche Fläche erwerben. Sie liegt weit abseits der Siedlungsgebiete und mit den dort lebenden Hirten wurde bereits ein Abkommen geschlossen, das für eventuelle Verluste aufkommen wird, so dass von der Seite weniger Gefahr droht."
„So?"
„Die meisten wurden in einem neu gegründeten Unternehmen eingestellt, so dass Sie von nun an auf jeden Fall ein gesichertes Einkommen haben. Die restlichen haben Lieferverträge erhalten, mit ein paar Zusatzvereinbarungen. Sollte es zu Verlusten kommen, müssen wir keine bösen Überraschungen befürchten."
„Und die Behörden?"
„Die waren sehr hilfsbereit, besonders als der Baron ein paar langfristige Förderprogramme gestartet hatte konnten wir uns vor zuvorkommender Behandlung kaum Retten!"
„Und das in der heutigen Zeit?"
„So ist es halt. Gibt es sonst etwas, womit ich Ihnen helfen kann?"
„Nein Herr Gallbrink, nichts was am Telefon besprochen werden müsste. Und wenn, dann eben heute Nachmittag!"
„So ist es. Danke für den Anruf und noch einen guten Tag Herr Doktor!"
„Nichts zu danken, bis heute Nachmittag!"
Van Furr legte auf und lehnte sich zurück.
„Sie werden also heute Nachmittag kommen." stellte Karolus fest.
Katti schenkte den beiden Männern und sich selber Kaffee ein. Jorge saß vor einer Schale kühlem Früchtetee. Der Jaguar war kaum wiederzuerkennen. Er hatte sich in der vergangenen Woche einer Behandlung unterzogen, um für den geplanten Aufenthalt im Altai gerüstet zu sein. Der Wechsel seiner Erscheinung verlief dabei ziemlich unauffällig, was wohl auch noch damit zusammenhing, dass er sein Winterfell verlor. Karolus jedenfalls war schwer am fluchen, denn auch Katti haarte wie verrückt, und überall in der Praxis lagen die Haare der beiden Katzen fein verteilt. Katti zeigte wie jedes mal die reinste Unschuldsmiene. Dafür revanchierte sich Karolus gerne mit Neckereien, wie zum Beispiel er hätte bei Ihr eine kahle Stelle gefunden, wenn er sie mal wieder mit einer Bürste ab-gestriegelt hatte. Obwohl der Witz eigentlich auch schon uralt war, so reagierte Katti jedes mal etwas panisch. Sie war auf ihr schönes kupferfarbenes Fell furchtbar stolz. Jorge dagegen nahm es gelassen hin, das sein vorher so tiefschwarzes Fell nun stellenweise so bleich und gemustert war, wie das der beiden Schneeleoparden, die er in den Altai begleiten wollte. Sein Schwanz war auch um einige Zentimeter länger gewachsen und noch buschiger, als zuvor. Sein Rumpf dagegen war immer noch so massig und muskulös wie eh und je. Im Vergleich mit seinen beiden Schützlingen war er jedenfalls ein Riese.
Wenige Tage zuvor.
Schneeweißchen und Rosenrot hatten sich mittlerweile mit ihrer neuen Erscheinung abgefunden, die beiden früheren Menschen schienen ganz und gar in ihrer neuen Rolle aufgegangen zu sein und zeigten kaum noch menschliches Verhalten. In den Tagen nach der letzten Umwandlung waren beide von Ihren Instinkten vollkommen übernommen und konzentrierten sich nur auf die Fortpflanzung. Und das mehr als ausgiebig. Sie fraßen während der Zeit so gut wie gar nichts und erst als die beiden abgemagert und offensichtlich hungrig im Zwinger auf und abliefen, wagte sich van Furr in Begleitung von Karolus an das Gehege. Die beiden Katzen maunzten freudig auf, als sie die beiden erblickten. Rosenrot lief sofort zum Gitter; die beiden Männer sahen dabei, wie sein Fell an ihm schlackerte; und kratzte vor dem Gitter im Sand herum. Als er fertig war, sprang er zur Seite, blickte die drei an und grollte leise. Van Furr blickte auf den Sand und sein Gesicht hellte sich auf. Karolus lachte erleichtert. Deutlich konnte man Buchstaben erkennen. „Hunger!" hatte der magere Kater in den Sand geschrieben. Ihre Intelligenz war immer noch menschlich genug um abstrakte Gedanken umzusetzen. Die Halsbänder funktionierten allerdings nur noch rudimentär. Liebevoll wurden die beide Katzen in den nachfolgenden Tagen wieder aufgepäppelt, bald sahen sie proper und wohlgenährt aus. Das Fell der beiden glänzte seidig, nachdem es doch etwas gelitten hatte und da der Frühling auch endlich Einzug gehalten hatte, wechselten auch sie von ihrem dickem und mittlerweile viel zu warmen Winterpelz, in das noch prächtiger anzuschauende Sommerfell.
Wenig später wurde Jorge von beiden fast überschwänglich begrüßt, als er sich nach seiner unfreiwilligen aber notwendigen Abwesenheit, wieder in seiner Heimstatt blicken ließ. Schneeweißchen lief freudig auf ihn zu, doch abrupt stoppte sie. Der Jaguar hatte sich aufgrund der Behandlung bereits stark verändert und Anfangs meinte sie jemand fremdes wäre in den Zwinger gekommen, doch sein Duft war eindeutig. Leichtfüßig kam sie dann doch näher und die beiden stupsten ihre Nasen zur Begrüßung aneinander. Dann strich sie um ihn herum und Jorges feine Nase fing ihren Duft ein. Der Duft erinnerte ihn an seine Partnerin. Die Paarung der beiden musste erfolgreich gewesen sein. Rosenrot näherte sich ihm als nächstes. Der Kater schien unsicher zu sein. Möglicherweise dachte er an das letzte Zusammentreffen der beiden und fürchtete eine Attacke der größeren Katze als Revanche. Doch Jorges Duft änderte sich nicht und dadurch ermutigt kam Rosenrot nun auch hinzu und begrüßte Jorge, wie einen lang vermissten Freund, der sich die Haare gefärbt hatte. Als die Begrüßung abgeschlossen war setzten sich beide vor ihm hin. Die Fragezeichen in ihren Augen waren unübersehbar und Jorge erklärte beiden gerne und ausführlich warum er nun fast genauso wie sie aussah. An ihrer Körpersprache konnte Jorge deutlich die freudige Erleichterung der beiden darüber ablesen, dass er für kurze Zeit ihnen beistehen würde, um sich in der neuen Heimat einzuleben. Als er ihnen allerdings erzählte, dass van Furr den alten Baron einladen wollte, schien ein Schatten über die beiden zu fallen, doch Jorge konnte sich auch irren.
„Jorge?"
„Jorge? Bist du da?"
Jorge fuhr aus seinen Gedanken hoch und glotzte van Furr etwas dümmlich an.
„Da war wohl jemand ganz woanders?" kicherte Katti und nippte an Ihrem Milchkaffee.
Jorges Hals fühlte sich trocken an und er schleckte etwas Tee aus seiner Schale.
„Sorry, was haben Sie gefragt? Ich war mit meinen Gedanken nicht ganz bei der Sache." fragte er und leckte sich ein paar Tropfen von seinem Kinn.
Van Furr grinste und wiederholte seine Frage.
„Was meinst du Jorge, sind die beiden für dieses Treffen bereit?"
„Bereit? Für so ein Treffen ist man nie bereit, aber sie werden es verkraften, da bin ich mir sicher! Sie sollten sich um den alten Herrn mehr Sorgen machen denke ich. So wie es sich Gallbrink anhörte, scheint es um den alten Herrn nicht gut zu stehen."
„Da hast du wohl Recht. Katti, Karolus was meint Ihr beide denn dazu?"
„Ich kann nur Jorge zustimmen."
Karolus brummte. Van Furrs Assistent war in letzter Zeit sehr wortkarg gewesen und schien sich Gedanken um etwas ganz und gar anderes zu machen. Van Furr ließ es darauf beruhen, wenn sein Assistent sich ihm anvertrauen wollte würde er es schon zu gegebener Zeit tun. Manchmal war Karolus eben in einer sehr schweigsamen Phase.
Am Nachmittag hielt eine schwarze Limousine vor dem Tor der Praxis. Die alte Mercedes S-Klasse war in bestem Zustand, doch anstelle des alten Benzinmotors summte ein moderner Brennstoffzellengenerator unter der Haube des massigen Fahrzeuges. Der Umbau musste ein Vermögen gekostet haben. Das Fenster auf der Fahrerseite glitt herunter und Gallbrink betätigte die Klingel. Der kleine Lautsprecher neben dem Knopf knackste und die Stimme von Katti erklang.
„Wen darf ich melden?" fragte sie betont formell.
„Baron von Löwenberg-Raifenstein! Er komm zum vereinbarten Termin."
„Wir haben Sie bereits erwartet. Das Tor wird sich gleich sofort öffnen."
„Danke!"
Gallbrink schloss das Fenster und tatsächlich schwangen schon die Eisernen Torflügel vor dem Wagen auf. Er gab behutsam Gas und die schwere Luxuslimousine setzte sich in Bewegung und rollte fast lautlos den Weg zum Anwesen entlang. Kaum das der Wagen auf dem Anwesen war, schlossen sich die schweren Tore auch schon wieder und riegelten das Grundstück ab. In gemächlichen Tempo fuhr der Wagen den leicht gewundenen Weg hinauf zum Platz vor dem Haupthaus und der Praxis van Furrs. Die Fenster im Fond der Karosse waren dunkel getönt und man konnte von außen nicht einmal erahnen, ob jemand weiteres im Wagen saß. Schließlich kam der Wagen zum Stillstand.
Vor der Praxis hatten sich bereits van Furr und Karolus aufgestellt, um ihren hochgestellten Gast zu empfangen. Gerade noch rechtzeitig gesellte sich Katti zu den beiden. Sie hatte sich in Anbetracht des Besuches für ihre Begriffe sehr züchtig gekleidet. Sie trug ein weißes, hochgeschlossenes Kleid, das ihr bis zu den Pfoten reichte, die in einer Art Galoschen steckten, die nur die Zehen und Ballen freiließen. Zwischen ihren Ohren saß eine weiße Schwesternhaube mit einem roten Kreuz auf der Stirnseite. Ihr langes Haar hatte sie zu drei Zöpfen geflochten, zwei dünneren, die Ihr von der Seite herabhingen und einem dicken, der ihr den Rücken weit hinabreichte. Ihr langer Schwanz zuckte hin und her. Jedes mal wenn sie nervös war, hatte sie diesen Tick. Und an diesem Tag war sie nervös, denn es geschah nicht häufig, dass sie sich einem Besucher zeigte, ohne voll maskiert zu sein. Sie stellte sich neben Karolus und wartete ab.
Gallbrink stieg aus dem Wagen und warf einen kurzen Blick in die Runde, dann trat er an eine der hinteren Türen, öffnete Sie und half seinem Herrn aus dem Wagen. Karolus Augen weiteten sich vor Schreck und Katti konnte auch kaum glauben, was sie sah. Der Mann, der aus dem Wagen stieg hatte kaum eine Ähnlichkeit mit dem alten Herrn, den sie vor so langer Zeit gesehen hatte. Der Baron schien in den letzten Wochen um Jahre gealtert zu sein. Sein Gesicht war bleich wie ein Leintuch und von tiefen Falten durchzogen. Er zitterte, aber an der Temperatur konnte das nicht liegen.
Der Baron blinzelte, als sein treuer Privatsekretär die Tür öffnete. Mühsam stieg er aus dem Wagen. Die helfende Hand, die Gallbrink ihm reichen wollte, ignorierte er, sein Stolz war zu groß. Ihm war kalt und trotz des schönen Wetters trug der Baron warme Kleidung, doch das half alles nichts. Er bibberte. Mühsam stützte er sich auf seinen Stock und mit kleinen Schritten näherte er sich den drei wartenden. Van Furr, Karolus seinem Assistenten und einer dritten Gestalt. Einer Frau? Katze? Beidem? Ja, sie war wirklich eine Katzenfrau und sie kam ihm bekannt vor, weniger ihr aussehen, ihre Statur war es, die ihm bekannt war.
Van Furr trat ihm mit ausgestreckter Hand entgegen.
„Herr Baron, ich bin sehr erfreut Sie wiederzusehen!"
„Ganz meinerseits!"
Die beiden schüttelten sich die Hände.
„Sie haben hier sich ja ein hübsches Reich aufgebaut Herr Doktor. Ich kann mich noch gut an die Geschichten über dieses Landgut erinnern. Hatte selber vor vielen Jahren mal daran gedacht es zu kaufen, doch dann war mir jemand zuvorgekommen, aber das waren nicht Sie oder?"
„Ich, nein! Der Vorbesitzer hat es mir überschrieben, wegen einiger Gefälligkeiten, aber das ist..."
„Schon gut, schon gut. Sie brauchen nichts darüber zu sagen. Ärztliche Schweigepflicht, ich verstehe."
Van Furr atmete auf. Diese Geschichte wollte er wirklich nicht erzählen.
„An meinen Assistenten erinnern Sie sich sicherlich noch."
„Ja sicher, Herr Karolus, stimmt es?"
„Ja genau. Willkommen."
Karolus verbeugte sich leicht und schüttelte dann die Hand des Barons. Schließlich wandte sich van Furr Katti zu.
„Und dies hier ist meine Assistentin. Katti."
„Ich bin erfreut Sie kennenzulernen!"
Sie machte einen angedeuteten Hofknicks und zeigte ihr hübschestes Lächeln. Das zerknitterte Gesicht des Barons straffte sich etwas und ein erfreutes Lächeln erschien. Es war fast so, als ob ein Ruck durch seinen gezeichneten Körper ging und er sich plötzlich wieder erholt hätte. Er ließ seinen Stock fallen und ergriff Kattis rechte Hand mit beiden Händen, beugte sich vor und hauchte ihr einen Handkuss auf den Handrücken. Er war ganz und gar old school und erwies sich, trotz seines angeschlagenen Zustands, als wahrer Gentleman.
„So trifft man sich also wieder." sagte er und fügte dann noch hinzu., „Ich ahnte damals schon, dass Sie etwas ganz Besonderes sein müssen!"
Katti errötete unter ihrem Fell. Ihre Ohren fühlten sich plötzlich so heiß an und Ihre Ohrmuscheln wurden innen dunkelrot.
„Hah, sehen Sie Gallbrink, mein Charme ist so wie eh und je. Ach wäre ich doch dreißig Jahre jünger.
Der Baron feixte, doch dann strauchelte er plötzlich und nur die schnelle Reaktion Gallbrinks verhinderte einen Sturz.
„Herr Baron, bitte seien Sie vorsichtiger!"
„Ist, ist ja gut! Mein lieber Gallbrink."
Katti hatte sich derweil schnell hingekniet, den Stock ergriffen und als sie wieder Stand überreichte sie dem Baron den Stock, der ihn dankbar entgegennahm.
„Herr Baron, was ist Ihnen geschehen?" fragte van Furr.
„Das Alter, etwas wovor sich niemand schützen kann."
Van Furr wechselte einen kurzen Blick mit Gallbrink, der leicht den Kopf schüttelte. Er hatte also dem Baron nichts von van Furrs Angebot erzählt.
„Kommen Sie herein, ich werde mir das mal ansehen!"
„Was, einen alten Mann untersuchen? Als wenn meine Ärzte mich nicht schon oft genug untersucht hätten!"
„Ich bin kein Mann der leeren Worte, Herr Baron und ich bin mir Ihres Zustandes sehr bewusst! Es ist reiner Selbstzweck und ich denke da nicht nur an zwei Katzen, die auf Sie angewiesen sind! Ich kann es mir einfach nicht leisten einen Klienten zu verlieren, um mich dann mit dessen Erben auseinandersetzen zu müssen. Selbst wenn unser Vertrag so wasserdicht und klar formuliert ist, Anwälte finden immer irgendetwas."
„Also so eine Art Vorsichtsmaßnahme von Ihnen? Hätten wir dann vielleicht vorher machen sollen?"
„Im Nachhinein haben Sie mehr als nur Recht Herr Baron."
„Nun schaden kann es wohl nicht."
„Nein, das wird es nicht! Das kann ich Ihnen versichern, wenn Sie mir also bitte folgen würden."
Van Furr geleitete den Baron in die Praxis. Dessen Faktotum, Gallbrink, folgte dichtauf. Immer auf dem Sprung seinem Herrn im Fall der Fälle beizustehen. Katti und Karolus bildeten die Nachhut.
„Katti, was ist denn? Hat der alte Herr so großen Eindruck auf dich gemacht?" flüsterte er.
„Er weiß zumindest wie man eine Dame begrüßt!" gab sie zurück.
„Dame? Kätzchen, wo ist hier eine Dame?" neckte er sie.
„Der Baron hat zumindest eine bessere Erziehung genossen, als du."
Er hielt Ihr die Tür offen.
„Da könntest du Recht haben."
Seine Augen blitzten schelmisch. Und als sie hineinging gab er Ihr einen Klaps auf den Po. Blitzschnell drehte sich Katti um und bevor der freche Mann reagieren konnte hatte sie ihn am Ohr gepackt und zog ihn ins Haus hinein.
„Oh, du Schelm! Warte nur."
Dann schloss sich hinter den beiden die Tür mit einem leisen Klicken.