Die Welt des goldenen Mondes - Band 2 - Kapitel 2: Die Prüfung der Freundschaft
#2 of Die Welt des goldenen Mondes - Band 2: Auf der Suche nach dem Schwert der Unendlichkeit
Hallo ihr Lieben!!!
Hier ist auch schon das zweite Kapitel meiner Geschichte um Reiga und sein Rudel. Ich peile zurzeit an, dass ich euch ein Kapitel pro Woche liefern werde. Je nachdem wie ich es fertig bekomme, wird es dann von mir dienstags, mittwochs oder spätestens donnerstags hier auf Sofurry gepostet. Sollte donnerstags kein neues on sein, so wird es für die Woche leider keins geben. Küsst mich jedoch eine Muse und ich bekomme zwei oder vielleicht sogar drei in einer Woche fertig, dann bekommt ihr natürlich diese auch am nächsten Upload-Termin geliefert.
Nun das übliche Blabla: Wie immer sind alle Figuren und Inhalte der Geschichte meiner Fantasie entsprungen und daher sind eventuelle Übereinstimmungen reiner Zufall. Für Kommentare, Favs und Sterne bin ich natürlich immer Dankbar und sollte euch etwas besonders gut gefallen haben oder eventuell gar nicht, dann zögert nicht es mir zu sagen. :D
Aber nun genug der Umschweife: Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!
Viele liebe Grüße von eurem Meister Fuchs :3
Kapitel 2: Die Prüfung der Freundschaft
Reiga rannte zur Ratshöhle und ging eilig den Tunnel entlang. Als er die Höhle betrat, sah er erfreut, dass die Prüfung wohl noch nicht begonnen hatte. „Reiga, da bist du ja wieder! Nanu? Wo hast du den meinen Vater gelassen?", erkundigte sich Rika erstaunt und begrüßte dabei schweifwedelnd ihren Leitwolf. „Der kommt gleich. Er hat mir bereits erklärt was hier abgehen soll und ich bin nicht wirklich begeistert davon." „Leider lässt es sich aber auch nicht vermeiden. Unsere Gesetze sind eindeutig und wir können sie nicht einfach ignorieren, nur weil es einem von uns nicht gefällt. Dann würden sie alle jegliche Bedeutung verlieren", erwiderte Meisterin Cira.
Reiga nickte zustimmend. So schwer es ihm auch fiel, aber er wusste, dass die Wölfin recht hatte: „Ja das habe ich mir bereits gedacht." „Wir schaffen das schon, Reiga. Ich glaube nicht, dass der Wolf, der die Prophezeiungen geschrieben hat, uns damit absichtlich in den Tod schicken wollte. Ich bin davon überzeugt, dass wir diese Prüfung bestehen können, wenn wir uns nur genug anstrengen", erklärte Thomas schließlich und sah dabei auch zu Marie, um ihr etwas Mut zu machen. Sie nickte zustimmend, bat jedoch: „Aber ein bisschen Glück könnte nicht schaden, also drück uns die Daumen, Reiga."
„Ja natürlich, das werde ich. Ihr schafft das schon", erwiderte der und setzte sich dabei wieder zu den Anderen dazu. Die Nihama, Muna, sah nochmal fragend zu den Meistern, woraufhin Meisterin Kuwani nickend befahl: „Dann möge die Prüfung der Freundschaft nun beginnen." Die weiße Wölfin nickte ebenfalls und wandte sich Thomas und Marie zu. Die beiden Menschen waren natürlich nervös und es dauerte auch nicht lange, da griff Marie nach der Hand von Thomas. Die Nihama erklärte schließlich: „Okay, macht euch bereit. Ich schicke euch jetzt zu dem Ort eurer Prüfung und noch ein kleiner Rat von mir: Vertraut auf euer Herz und eure Fähigkeiten, dann kann nichts schiefgehen."
Wortlos nickten die beiden Menschen und erhoben sich dabei von ihrem Platz. Muna konzentrierte derweil ihre magische Energie und stellte sich dabei den Zielort vor. Fasziniert sahen Thomas und Marie wie das Symbol auf der Stirn des Wolfes langsam anfing zu leuchten. In einem kräftigen gelben Licht schienen die vier übereinander gelegten Mondsicheln und der darum gezogene Kreis im weißen Fell der Wölfin und schließlich wirkte die Nihama den Zauber zur Transportation.
Thomas und Marie machten langsam die Augen auf und sahen sich verwirrt um. „Oh Mann, was war das denn?", fragte der Junge verwundert, da ihm so ziemlich jede Stelle seines Körpers wehtat. Auch Marie erhob sich nur unter leisem Jammern, fragte dabei aber: „Wo sind wir hier?" Thomas stützte sich ab und wollte gerade aufstehen, da bemerkte er einen merkwürdig geformten Stein unter seiner linken Hand. Da diese sich jedoch hinter seinem Rücken befand, sah er es nicht und konnte es somit nicht zuordnen. Aus reiner Neugier nahm er den Stein, um sich diesen kurz ansehen zu können und musste mit Entsetzen feststellen, dass es sich um einen menschlichen Schädel handelte.
Erschrocken sprang er auf und ließ den Schädel dabei fallen. Marie hatte das natürlich gesehen und war ebenso geschockt aufgesprungen. Sie sahen sich eilig um. Sie befanden sich in einer kleinen Höhle, mit rundherum festen Steinwänden und einem normalen Erdboden, auf dem jedoch einige menschliche Knochen herumlagen. „Was glaubst du ist dem denn passiert?", fragte Thomas, doch kurz darauf wurde seine Frage bereits beantwortet, denn plötzlich kam eine der steinernen Wände auf sie zu. „Du musstest das ja auch jetzt fragen oder?", meckerte Marie direkt zurück.
„Ja sorry!", rief der Junge und sah sich dabei eilig nach einem Ausgang um. Nur langsam kam die Wand näher, jedoch waren es nur noch knappe drei Meter. „Red' nicht, sondern such nach dem Ausweg! Es muss hier irgendwo einen Ausgang geben", konterte Marie sofort und suchte dabei die Steinwände nach einer Geheimtür oder etwas Ähnlichem ab. Thomas fand schließlich einen lockeren Stein und konnte diesen eindrücken. Plötzlich waren alle Steine um diesen herum ebenfalls locker, sodass auch diese einfielen und sich so ziemlich schnell ein kleines Loch bildete. Erfreut sah der Junge hindurch in einen schmalen Gang und rief: „Ich hab den Ausgang gefunden!"
Marie drehte sich erleichtert um und wollte zu ihm gehen, da fiel sie jedoch beinahe zu Boden, denn irgendetwas hielt ihren rechten Fuß fest. Entsetzt sah sie, dass um ihren Fuß ein dickes Seil gebunden war, das schon nach knappen fünfzig Zentimetern in der steinernen Wand verschwand. „Verdammt, wo kommt das denn jetzt her?", meckerte Marie erschrocken und versuchte dabei den Knoten zu öffnen. Thomas kam eilig zu ihr und versuchte das Seil aus der Wand zu ziehen, doch nichts geschah. Es bewegte sich keinen Zentimeter, während Marie immer noch verzweifelt am Knoten herumfummelte, aber auch der ließ sich nicht ansatzweise lockern.
Immer näher kam die steinerne Wand und schließlich hatten sie nur noch etwas mehr als einen Meter. Da Marie auch das Seil nicht abstreifen konnte, selbst nachdem sie ihren Schuh ausgezogen hatte, kam ihr nun ein letzter Gedanke. Thomas mühte sich mit aller Kraft ab das Seil irgendwie aus der Wand zu ziehen, aber es war unmöglich und das sah auch Marie ein. Sie nahm Thomas bei den Schultern und schubste ihn in Richtung Ausgang, während sie rief: „Thomas, raus hier!" Der Junge kam jedoch sofort zu ihr zurück und konterte: „Auf keinen Fall! Ich gehe nicht ohne dich!"
Marie sah ihn ernst an und brüllte: „Verschwinde von hier! Na los!" Thomas rang mit sich und sah schließlich ein, dass er nichts mehr tun konnte. Mit Tränen in den Augen lief er in den Tunnel. Marie versuchte derweil wieder den Knoten zu öffnen, doch auch jetzt rührte sich da nichts. Plötzlich landete vor ihr ein dicker Stein, etwa so groß wie ein Football. Sie sah erschrocken auf und sah Thomas. Dieser lehnte sich mit dem Rücken gegen die eine Wand und stemmte sich mit den Füßen gegen die herankommende Mauer, während er eilig erklärte: „Schlag den Stein gegen die Wand, damit eine scharfe Kannte entsteht und schneid' das Seil damit durch!"
Mit aller Kraft drückte er seine Füße gegen die Wand, die noch immer näher kam. Unter größter Anstrengung des Jungen wurde sie schließlich langsamer und Marie folgte wortlos seiner Anweisung. Erst beim dritten Mal platzte ein großes Stück des Steines ab und bildete so eine scharfe Kannte. Eilig rieb sie diese gegen das Seil und stellte erfreut fest, dass es funktionierte. „Mach schneller! Ich kann gleich nicht mehr", drückte Thomas durch seine Zähne und gab dabei immer noch alles was er hatte, um die Mauer aufzuhalten. Der Schweiß rann ihm das Gesicht runter, das er durch die Anstrengung verzogen hatte.
„Ja, ich hab's gleich! Halte noch ein bisschen aus!", stammelte Marie hastig und schnitt dabei die letzten Millimeter des Seiles durch. „Ich hab's!", rief sie und ließ dabei den Stein fallen. Thomas winkte sie unter sich durch und folgte ihr sofort. Gerade als er aufgehört hatte, sich gegen die Wand zu stemmen, kam diese deutlich schneller näher und der Junge musste den letzten Meter springen. Sofort zog Marie ihn weiter in den Tunnel und schon in der nächsten Sekunde knallten die beiden Wände aufeinander und eine kleine Staubwolke wurde aus dem Spalt geweht.
Erleichtert sackten die beiden Menschen auf dem Boden zusammen. „Das war verdammt knapp!", hechelte Thomas noch völlig außer Atem und versuchte sich dabei langsam zu beruhigen. Marie atmete ebenso schwer und entgegnete: „Ja allerdings." Sie sah nach ihrem Fuß, wo noch das Seil dran hing, doch dieses löste sich plötzlich auf. „Das war also der erste Test. Körperliche Stärke. Wenn wir das hier durchgestanden haben, dann können diese Wölfe aber was erleben", murmelte Thomas und erhob sich dabei vom Boden. Gerade als er weitergehen wollte, griff sich Marie seine Hand, zog ihn an sich und umarmte ihn. „Du hast mich gerettet. Ich danke dir", sprach sie schließlich, woraufhin der Junge sie auch kurz umarmte und antwortete: „Gern geschehen."
Nachdem sie sich noch kurz gesammelt hatten, gingen sie den schmalen Gang weiter und damit unweigerlich auf den zweiten Test zu. Plötzlich wurde Marie durch eine der Wände gezogen. „Thomas!", rief sie noch, doch als sich dieser umdrehte, war sie schon verschwunden. „Marie?! Wo bist du?", fragte er geschockt und sah sich dabei erstaunt um. Er prüfte die Steine nach einem versteckten Gang oder einer Falle, aber alles wirkte normal.
Marie traute ihren Augen nicht. Sie war durch die steinerne Wand gezogen worden und befand sich in einer anderen Höhle. Was sie jedoch vor sich sah, war zu schön um wahr zu sein. Gold. Wohin sie auch sah, überall lag Gold auf dem Boden. Kleinere und größere Goldklumpen, vergoldete Behälter in verschiedenen Größen bis zum Rand mit Goldmünzen gefüllt. Juwelen in allen möglichen Farben vom roten Rubin bis hin zu einem Diamanten so groß wie ein Tennisball. Ketten, Ringe, Kronen und anderer Schmuck, alles besetzt mit den schönsten Edelsteinen und aus reinem Gold gefertigt. Ein Schatz so groß, dass er für mehrere Leben reichen würde.
Was jedoch deutlich dazu im Kontrast stand, war der alte graue Wolf, der auf einem kleinen Felsen hinter dem Schatz lag und dort scheinbar schlief. Es dauerte aber nicht lange, da hob der Wolf den Kopf und fragte: „Hallo. Wer bist denn du?" Marie antwortete: „Mein Name ist Marie. Ist das hier alles deins?" Der Wolf nickte nur wortlos, worauf sie fragte: „Kann ich davon bitte etwas haben? Das ist alles sooo schön!" Wieder nickte der Wolf, fügte jedoch hinzu: „Du kannst alles haben, wenn du willst. Ich brauche das glänzende Zeug nicht. Du musst mir dafür nur einen Gefallen tun."
Geschockt nickte Marie immer wieder und antwortete: „Ja natürlich. Ich mache alles was du willst!" Der alte Wolf erklärte erfreut: „Sehr schön, es ist auch gar nicht schwer. Wenn du diesen Weg dort drüben lang gehst, kommst du zum zweiten Test. Dort wartet schon der andere Mensch. Ich weiß zufällig, dass die blauen Säulen sicher sind, die roten jedoch nicht. Lass den anderen Menschen also auf den roten Säulen laufen, sodass er bei der Prüfung scheitert, dann darfst du wiederkommen und alles nehmen, was du willst."
Marie erwiderte jedoch: „Aber dann stirbt er! Das mache ich nicht." Der Wolf konterte direkt: „Nein keine Angst. Ich verrate dir ein kleines Geheimnis: Diese Prüfung ist nicht echt. Ihr könnt hier nicht sterben. Und nun geh. Er wartet schon." Ohne ein weiteres Wort ging sie den Weg, den er ihr gezeigt hatte und verließ wieder die Höhle. Kurz darauf kam sie zurück in den Gang, wo sie in die Wand gezogen wurde und lief diesen eilig entlang. Thomas wartete tatsächlich bereits bei dem nächsten Test auf sie.
„Thomas! Warte auf mich!", rief sie. Dieser trete sich erfreut um. „Da bist du ja wieder! Ich habe mir Sorgen gemacht", antwortete er. Marie sah sich derweil neugierig um. Die Höhle war deutlich größer, als die Letzte, jedoch gab es hier ein riesiges Loch, wovon man nicht mal den Boden sah. In dem Loch standen jedoch einzelne Säulen. Die einen gefärbt in Rot, die anderen waren blau. Sie sollten wohl über die Säulen laufen, um auf die andere Seite zu kommen. Marie sprach schließlich: „Ich habe eben einen alten Wolf getroffen. Er hat gesagt, dass die blauen Säulen sicher sind, die roten jedoch nicht. Aber ich glaube, dass er gelogen hat, denn wenn ich mich richtig entsinne, dann sind doch Wölfe farbenblind. Woher soll er also wissen welche Säulen rot und welche blau sind."
Thomas hob zwei kleine Steine vom Boden auf und warf den Ersten auf eine blaue Säule. Diese fiel daraufhin ins dunkle Nichts des Loches. „Zum Glück habe ich ihm kein Wort geglaubt", erwiderte Marie erfreut, doch gerade als sie loslaufen wollte, hielt Thomas sie zurück und warf den zweiten Stein auf eine rote Säule. Auch diese verschwand daraufhin ins Nichts. „Wölfe sind nicht farbenblind. Sie nehmen Farben nur anders wahr als wir und haben einen leichten Grauschleier davor, aber Farben unterscheiden können sie", erklärte Thomas auf den überraschten Blick von Marie und fügte hinzu: „Mir hat der alte Wolf gesagt, dass die Roten sicher wären."
Die Beiden hörten plötzlich ein leichtes Donnern und spürten, dass der Boden etwas bebte. Erstaunt sahen sie dabei zu, wie sich die linke Höhlenwand etwas zurückzog und neben dem Loch somit einen kleinen Weg preisgab. Grinsend sprach Thomas: „Zweiter Test, geistiges Wissen. Bestanden." Erfreut nickte Marie wortlos und gemeinsam liefen sie den schmalen Weg an der Wand entlang. Auf der anderen Seite der Höhle öffnete sich erneut ein kleiner Gang und dieser führte nun wohl zum dritten und letzten Test.
Thomas und Marie kamen schließlich nach etwa drei Minuten in der dritten Höhle an, doch was sie dort vorfanden, war alles andere als erfreulich. Erneut gab es hier ein großes Loch, das sich von der linken bis zur rechten Höhlenwand erstreckte, jedoch sah man diesmal den Boden recht gut. Zumindest an den Stellen wo keine Schlangen oder Spinnen waren. Das Loch war nur knapp einen Meter tief, allerdings dafür reichlich gefüllt mit diesem Getier. Marie plärrte genervt: „Oh Gott nein! Ich hasse Spinnen! Und die sind auch so groß. Okay das war's, ich bin raus."
Sie drehte sich um und wollte gerade den Gang zurückgehen, da rief Thomas nur: „Marie!" Sie drehte sich wieder zurück und antwortete direkt: „War nur ein Witz." Thomas betrachtete einen Augenblick die beiden dünnen Steinpfade, die sich über die Grube erstreckten. Sie reichten von ihrer Seite der Höhle bis rüber zur anderen. Jedoch waren diese Pfade aus Stein maximal fünfzehn Zentimeter breit, also gerade mal etwas mehr als ein Fuß und auch nicht wirklich dick. Unter ihnen befand sich nämlich keine kleine Mauer, deswegen überlegte Thomas, ob dieser dünne Stein sie überhaupt halten könnte.
Während der Junge die beiden Steinpfade kritisch untersuchte, fand Marie an der linken Höhlenwand einige Bilder. Diese waren in die Steinwand reingekratzt worden. „Thomas, schau dir das hier mal an. Kommt dir das auch irgendwie bekannt vor?", fragte Marie verwundert und betrachtete dabei weiter die Bilder an der Wand. Er kam natürlich direkt neugierig angelaufen und sah sich ebenfalls die Bilder an. „Hmmm, sieht aus wie Höhlenmalerei. Ach ja, natürlich - wir sind ja auch in einer Höhle", stellte Thomas spöttisch fest, worauf Marie direkt meckerte: „Ach komm, sei nicht so. Das könnte auch ein Hinweis für den Test sein." „Ja, da ist was dran. Also gut, was haben wir denn hier", gab der Junge nur zurück.
Marie kamen diese Bilder sehr bekannt vor: „Ich glaube, sowas habe ich schon mal gesehen. Das sind so Sinnbilder, die einem etwas Bestimmtes sagen sollen. Wie ein Rätsel oder sowas." „Naja, ist aber nicht besonders schwer, wenn es ein Rätsel ist", konterte Thomas daraufhin und fügte hinzu: „Das Erste steht sicherlich für die beiden Pfade. Ich meine, ein Kreis mit zwei parallelen Strichen, das ist ziemlich eindeutig." Marie erklärte: „Ja und das Zweite ist ein Bär. Bei vielen Indianern-Stämmen steht der Bär für Mut und Stärke und das dritte Bild ist ein Mensch mit einem Herzen."
Thomas entgegnete: „Dann soll das sicherlich sowas heißen wie: Die Pfade sind so stark wie unser Herz. Aber was bedeutet die Spirale mit dem Pfeil?" Marie überlegte kurz. Das Bild hatte sie auch schon mal gesehen. „Ach, mir liegt es auf der Zunge, aber ich komme einfach nicht drauf", meckerte sie, worauf der Junge erwiderte: „Ist auch erstmal egal. Was ist mit der zweiten Reihe. Da ist wieder der Kreis mit den beiden Strichen, also sind wieder die Pfade gemeint. Die beiden Menschen, die Händchen halten, sollen wohl wir darstellen, aber die beiden anderen Zeichen danach kenne ich nicht."
Marie gab die Spirale auf und sah sich die beiden Bilder an, die Thomas meinte. „Das sind auch indianische Symbole. Zwei Mondsicheln, die sich berühren. Dieses Bild steht für Unterstützung und das letzte Bild, eine Mondsichel nach unten geneigt mit einer Kugel oben drauf. Ich glaube das Bild steht für Vertrauen oder Glaube." Plötzlich kam ihr auch die Bedeutung der Spirale mit dem Pfeil wieder in den Sinn: „Jetzt weiß ich wieder was die Spirale mit dem Pfeil bedeutet. Sie steht für Anfang und Ende oder auch Leben und Tod."
Thomas nickte zustimmend und sprach: „Ich glaube, ich hab's jetzt. Die erste Reihe sagt uns, dass die Pfade nur so stark sind wie unsere Herzen und dass das über unser Leben und Tod entscheidet. Also ob wir bestehen oder nicht. Die zweite Reihe soll uns sagen, wie wir am besten vorgehen müssen, um zu bestehen. Wir sollen gemeinsam die Pfade entlanglaufen, uns mit einer Hand gegenseitig festhalten und uns so unterstützen. Wir sollen dem Anderen vertrauen. Ich denke mal, das ist die ganze Botschaft oder was meinst du?"
Marie sah sich nickend nochmal die Bilder an. Alles schien stimmig zu sein. „Ja, ich denke auch, so passt es", bestätigte sie es nochmal auf den fragenden Blick von Thomas. „Okay, dann - auf geht's", verkündete der Junge nur und ging zu dem rechten Steinpfad. Marie stellte sich vor den Linken, sah nochmal in die Grube darunter und schon fing ihr Pfad an zu bröckeln. „Marie!", rief Thomas als er es bemerkte. Sie schreckte kurz auf und sah ihn verwundert an.
„Ich bin als kleines Kind mal in eine Schlangengrube gefallen. Sie waren überall und ich wurde ein paar Mal gebissen. Seitdem kann ich diese Viecher nicht ausstehen und auch jetzt habe ich eine Scheißangst davor, aber das hält mich nicht ab. Ich will nämlich Reiga helfen und mit Rika zusammen sein. Ich will mit den Anderen wieder am Lagerfeuer sitzen und Marshmellows futtern, bis mir schlecht wird. Denk nicht an das, was da unten ist. Denk einfach nur an Reiga, Honi und die Anderen."
Sie nickte lächelnd und nahm schließlich seine rechte Hand mit ihrer linken. Langsam setzten sie den ersten Fuß auf den Pfad. „Wir laufen am besten nicht, sondern schieben unseren rechten Fuß einfach immer ein Stück vor und ziehen den linken nach. So kann gar nichts schiefgehen", erklärte der Junge noch kurzerhand, was Marie wortlos annahm. Dadurch, dass sie sich an der Hand hielten, konnten sie ihr Gewicht gut ausbalancieren und kamen der anderen Seite der Höhle zwar nur langsam, aber dafür sehr sicher näher.
Auf den letzten zwei Metern sah Marie zu sehr auf die Spinnen in der Grube unter sich. Sie konnte es nicht vermeiden und wurde erneut von ihrer Angst heimgesucht. Kurz darauf hörte Thomas das leise Bröckeln von Stein. Er sah überrascht hinter sich und bemerkte mit Entsetzen, dass sich Maries Pfad auflöste und bereits keine Verbindung mehr mit der anderen Seite hatte. Er drückte ihre Hand etwas fester und antwortete auf ihren verwunderten Blick: „Marie, wir springen den Rest!" Auch wenn es nur noch etwas mehr als ein Meter war, so war ein Sprung aus dem Stand auf so einem schmalen Untergrund nicht gerade einfach.
Mit aller Kraft stießen sie sich ab und genau in dem Moment zerfiel Maries Pfad endgültig. Beide landeten geradeso an der Kannte der Grube, doch Thomas hatte einen recht guten Stand. Bei Marie aber war es zu knapp und sie hing mit ihren Fersen noch in der Luft. Als sie auch noch anfing nach hinten zu schwanken, zog Thomas sie schnell nach vorn, da er noch immer ihre Hand festhielt. Das reichte um auch sie auf festen Boden zu holen. Erleichtert schnaubten die beiden Menschen kurz durch und freuten sich innerlich, denn nun hatten sie auch den dritten Test bestanden.
Nachdem sie sich etwas beruhigt hatten, sahen sich Marie und Thomas verwundert um. Hier gab es keinen Ausweg, kein Gang oder etwas Ähnliches. „Und jetzt? Haben wir nun bestanden oder nicht?", fragte Marie verwirrt, aber auch Thomas hatte darauf jetzt nicht wirklich eine Antwort. „Hmm, keine Ahnung", gab der Junge nur ebenso verwirrt zurück. Plötzlich kam ein alter Wolf durch die Wand vor ihnen gelaufen. Marie und Thomas erkannten ihn sofort. Sie waren ihm kurz vor dem zweiten Test begegnet.
Noch bevor die beiden Menschen fragen konnten, verwandelte sich der alte Wolf in eine schneeweiße Wölfin. „Muna? Du warst der alte Wolf?", erkundigte sich Marie erstaunt, Thomas jedoch fragte nur: „Haben wir bestanden?" Die Wölfin antwortete mit ernstem Blick und ohne eine Miene zu verziehen: „Marie hat bestanden. Thomas, du jedoch nicht." Entsetzt starrten die beiden Menschen die Wölfin vor sich an. Marie fragte geschockt: „WAS?! Warum nicht? Warum hat Thomas nicht bestanden?" Muna rührte noch immer keinen Muskel und antwortete kühl: „Weil es so ist."
Marie stieg das Blut in den Kopf. Sofort schnauzte sie: „Was ist das denn für eine bescheuerte Begründung?! Das ist doch Blödsinn vom Feinsten! Wir haben uns zusammen für die Prüfung entschieden und haben zusammen diese drei dämlichen Tests gemacht, also haben wir entweder beide bestanden oder keiner! Alles andere wäre unfair!" Die weiße Wölfin sah noch immer regungslos Marie an, lächelte jedoch schließlich auf und nickte nur wortlos. Noch bevor einer etwas fragen konnte, löste sich der Wolfskörper in Luft auf und Muna verschwand.
(c) by Meister Fuchs (Micki the Fox)