Drachenmenschen - 10. auf der Flucht

Story by Lord_Eldingar on SoFurry

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#11 of Drachenmenschen

Weg... nur weg... weit weg!

Ich mache mich auf den Weg und verschwinde - allerdings so weit weg, wie ich plötzlich bin, wollte ich eigentlich auch nicht. Und da gibt es mehr Drachen, als mir lieb ist. Immerhin lassen sie mich wieder gehen und ich finde schließlich einen Unterschlupf.

Teil 10 der Story um einen Menschen, der erkennen muss, dass ein Drache in ihm steckt.

Es hat etwas gedauert, denn das geplante Ende dieses Kapitels zieht sich schon über 12 Seiten... Daher habe ich in diesem Teil noch etwas eingefügt und einen neuen Schnitt gemacht


Drachenmenschen

  1. auf der Flucht

Ich drehe auf etwa Südost, da komme ich über den Elbdurchbruch und dem Riesengebirge zur Hohen Tatra. Auf diesem Weg gibt es im Elbsandstein und Riesengebirge je eine Drachenhöhle, in der ich unterkriechen kann, aber mein Ziel ist die Höhle in der Tatra, denn ich möchte möglichst schnell Abstand zu den Drachen haben - Ti hat mir eine Liste mit Ortsangaben aller Verstecke auf diesem Kontinent mitgegeben, damit finde ich bis Japan immer ein trockenes Versteck.

Theoretisch sollte ich die etwas über 600 km Luftlinie zur Hohen Tatra heute Nacht schaffen, denn wie Ti mir sagte, kann ich dauerhaft ohne weiteres etwas über 100 Stundenkilometer schaffen - allerdings bin ich vorsichtig. Immerhin wird das praktisch mein Jungfernflug, wer weiß, wie lange ich so ein Tempo durchhalte.

Jetzt jedenfalls lasse ich es noch geruhsam angehen. Ich will mich erst mal dran gewöhnen so auf durchschnittlich 100 Meter Flughöhe immer weiter und weiter vor mich hin zu fliegen. So jedenfalls macht es direkt Spaß, mit gerade mal 50 Sachen schnurgerade über das Land zu ziehen. Meiner Nachtsichtigkeit - die ja auf hoher Lichtempfindlichkeit und dazu auf der Fähigkeit zum Sehen von Infrarotlicht beruht - verdanke ich ein sehr klares Bild der Umgebung, nur die Farben sind sehr matt und 'pastellig' im Vergleich zum Tag. Immerhin kann ich Farben noch sehen, wenn ich mir überlege, wie ich als Mensch nachts rumgestolpert bin, weil ich fast nichts gesehen habe...

Huch, warum eiere ich hier so... ah, eine Verwirbelung, die mich etwas verreißt, aber ungefährlich. Aha, es kommt Wind auf, aus Osten - dann muss ich ein wenig mehr nach links drehen um das auszugleichen. Aber ich fliege jetzt langsamer... - ja klar, der Wind kommt zwar nicht direkt von vorne, aber er bremst mich doch. Ich beschleunige etwas und beherzige dabei die Ratschläge von Ti, diese ruhigen, gleichmäßigen Schwünge sparen wirklich sehr viel Kraft und machen mich trotzdem überraschend schnell. Wieder etwas weniger stark durchschwingen, im Moment fühle ich mich mit den 50 km/h ganz wohl, aber gut zu wissen, dass auch mehr kein Problem ist.

Langsam gewöhne ich mich an den freien Luftraum, die ständig auftretenden Verwirbelungen im Wind machen mir keine Probleme mehr. Ich beginne mich zunehmend auf meine Instinkte zu verlassen, erkenne - ohne zu wissen, wie - Luftwirbel oft schon, bevor ich in sie hineinfliege, reagiere mit der Zeit immer weniger bewusst auf den Wind und überlasse es zunehmend meinen Reflexen - und es gelingt gut. So kann ich mich immer mehr mit der Umgebung befassen, den Boden vor mir beobachten, potentielle Beute erfassen... Überrascht merke ich, dass ich tatsächlich unbewusst registriere, wo ich Beute machen könnte, wo sich Tiere verstecken - natürlich auch die Herden der Landwirte - die sonstigen Aktivitäten der Menschen beachte ich nur am Rande, hauptsächlich um ihnen notfalls ausweichen zu können.

Zwanzig Minuten bin ich jetzt unterwegs, länger bin ich bisher nicht durchgehend in der Luft gewesen, - auch noch nie gleichmäßig so schnell, obwohl 50 ja eher gemütlich ist - das Wettfliegen gegen Kyrrah war ja zeitlich deutlich kürzer.

Kurz in mich gehorcht... alles in Ordnung, ich fühle mich gut, fast sogar etwas unterfordert, habe Lust, schneller zu werden. Das nehme ich mal als gutes Zeichen, mal sehen... die Schwingen ein paar Zentimeter weiter durchschwingen, dadurch muss ich etwas schneller schlagen um den Takt beizubehalten und beschleunige entsprechend etwas... auf jetzt ungefähr 70 Sachen.

OK, das jetzt ein paar Minuten halten, mal sehen wie es geht und anschließend noch weiter beschleunigen. Wenn ich Strecke machen will, sollte ich die 100 Sachen schon dauerhaft erreichen. Sonst komme ich heute kaum weiter als bis zum Elbdurchbruch. Obwohl das eigentlich auch nicht so tragisch wäre - zumindest wenn Kyrrah in einer anderen Richtung nach mir sucht.

Ich darf nur nicht vergessen, diese Tinktur zu benutzen, um meinen Geruch abzudecken, sonst braucht er nur von Versteck zu Versteck zu fliegen und seine Nüstern kurz reinhalten, um zu wissen, in welche Richtung ich mich bewegt habe.

Aber Ti meinte ja, dass ich leicht eine Dauergeschwindigkeit von 130 halten können müsste. 160 dann noch über zwei, drei Stunden. Und kurzfristig mit vollem Einsatz, liegt die Spitze bei den Fliegern angeblich bei 250 im Geradeausflug. - Als Anthro... ein Feral fliegt schneller, bis zu 100 Sachen mehr. Da sollte eine Geschwindigkeit von 100 als Ziel für den Anfang doch möglich sein...

Na, dann wollen wir mal etwas Gas geben... - Nanu, was ist das da vorne? Beleuchtung mitten im Wald? - Ah eine Burg... hier? Obwohl - die liegt auf einem Hügel neben einem kleinen Fluss, vielleicht sollte die einen Übergang einer wichtigen Handelsstraße sichern. Und offensichtlich ist die derzeit auch bewirtschaftet, da scheint eine Veranstaltung zu laufen, wohl ein Mittelaltermarkt oder so was.

Besser ich mache da einen Bogen drum, kein unnötiges Risiko... - nur... was riecht das hier so... das habe ich doch schon mal gerochen... richtig, das hatte Kyrrah mir mal unter die Nase gehalten - das ist der Geruch eines Tores. Natürlich riecht das Tor selber nicht, aber die Umgebung wird mit diesem Geruch markiert. - Ich will ja nicht rüber, weiß ja nicht mal, wie das gehen soll... aber nachsehen kann ich ja mal, ich bin doch neugierig, wie so ein Tor aussieht. Also los, immer den Nüstern nach.

Die führen mich an der Burg vorbei in Richtung auf ein Gebäude, das irgendwie wie eine Funkstation aussieht. Keine Ahnung was das wirklich ist, ich setze meinen Kurs drumherum. - Nanu... hier über dem Wald lässt der Geruch wieder nach... Ist etwa... Mal sehen, umdrehen und zurück, jetzt auf der anderen Seite an der Funkstation vorbei - wieder wird der Geruch schwächer, wenn ich vorbei bin.

Also doch, das Tor muss in der Station sein - nur wie soll ein Drache da reinkommen, ohne die Tür einzutreten...?

Na gut, eine letzte Runde, jetzt tiefer - mal sehen, ob ich irgendwas entdecken kann. Und dann schnell weiter, ich habe schon genug Zeit verloren.

Mal sehen, ich fliege deutlich tiefer an, etwa auf Höhe des Antennenturmes, knapp vorbei und über das eigentliche Gebäude hinweg. Nichts zu sehen...

Scheiße, was ist das jetzt? Ich habe das eigenartige Gefühl, irgendetwas würde an mir zerren und mich dabei in die Länge ziehen... Und dann - nein gleichzeitig - das saublöde Gefühl zu fallen... Meine Augen sagen mir, dass ich immer noch normal fliege... oh shit... alles schwarz, ich sehe nichts mehr... wie kann das sein - ich müsste doch wenigstens noch Infrarot sehen können, wenn schon gar kein Licht mehr da ist... und ich fühle auch keine Luftströmung über meinen Schwingen mehr...

Oooooh - blind ins schwarze Nichts zu fallen... Scheiiiißeeee... - Halt. Ruhig bleiben ist die erste Drachenpflicht. Jetzt nur nicht instinktiv zusammenrollen... lass die Schwingen ausgebreitet... ja gut so... ich bin noch in der Luft und ohne Tragflächen würde ich unweigerlich abstürzen. Dass ich meine Hände schützend nach vorne gestreckt habe, ignoriere ich, damit ich nicht versehentlich die Schwingen mit einklappe - so ohne jedes Gefühl einer Luftbewegung bin ich mir nicht sicher, ob meine antrainierte Gewöhnung an meine Flugarme richtig funktioniert, also konzentriere ich mich voll auf sie.

Luft... ich spüre wieder eine Luftströmung auf meiner Schwingenhaut - und muss meine Augen schließen, weil mich grelles Licht blendet.

Ach Mist, sie haben mich entdeckt und Scheinwerfer auf mich gerichtet - was die Menschen da unten jetzt wohl denken, wenn sie im Lichtkegel einen Drachen sehen... -

Moment... das Licht ist so grell... das sind keine einfachen Handscheinwerfer - das müssten schon große Flakscheinwerfer mit Lichtbogen sein, um so viel Licht zu werfen - und davon war weit und breit nichts zu sehen.

Und... ich spüre Wärme. Von oben. Genau genommen ist auch das Licht oben heller als unten... Flakscheinwerfer von oben? Quatsch.

Vorsichtig blinzele ich. Das Licht ist immer noch sehr grell, aber ich werde nicht mehr geblendet. Es ist Tag... heller Tag... - wieso ist jetzt plötzlich Tag? Das sollte doch noch zehn, zwölf Stunden dauern - und auch wenn ich der Sonne entgegen fliege - so schnell kann ich nun wirklich nicht fliegen.

Oha, ich bin schon kurz über dem Boden - naja, ich war ja auch nur noch 30 Meter hoch, bevor das hier los ging. - Am besten erstmal landen, ich muss mich zuerst neu orientieren. Aufrichten, abbremsen - naja, ich war noch etwas hoch, der 'Sturz aus zwei Metern war nur leicht durch meine noch ausgebreiteten Schwingen abgebremst. Aber das ist problemlos, ich stehe im Gras... - oder was auch immer diese eigenartigen schmalblättrige Gewächse sind, die zwar irgendwie wie Gras aussehen - aber diese Wiese ist blau... -

Ich atme tief durch... blaues Gras... und es riecht auch ... anders ... nicht schlecht, im Gegenteil - würzig, aromatisch, natürlich - ich rieche Wasser, Erde, Pflanzen und eindeutig auch Tiere - weiter weg allerdings - aber alles ist fremd, nichts riecht so, wie das, was ich in den letzten Tagen kennengelernt habe. Wo verdammt bin ich? - Jedenfalls nicht in der Nähe der Burg - nicht mal mehr in Deutschland, denn sowas kann es dort nicht geben. Ich bin über Wälder und Felder geflogen - und stehe nun auf einer sanft welligen, blauen Wiese, die vor mir langsam ansteigt und in höchstens 2 Kilometern in ein Hochgebirge übergeht, das aus dem Morgendunst herausragt. Jedenfalls denke ich, dass es Morgendunst sein könnte.

Das sieht hier aus, wie auf einer großen weiten Almwiese, die sich rechts und links weit erstreckt - und hinter mir... oh, vielleicht 200 Meter, dann bricht die wellige Ebene anscheinend senkrecht ab - jedenfalls, wenn es auf dieser Seite genauso aussieht, wie auf der Gegenseite in etwas mehr als einem Kilometer Entfernung. Die gesamte Ebene hier wird von sehr steil abfallenden Schluchten durchschnitten, denn nicht nur direkt vor mir, auch weiter weg sehe ich diese scharfen Einschnitte, die alle in einen rechts von mir sich in der Ferne verlierenden Canyon münden.

Auf dem Weg zum Rand komme ich an einen recht breiten, munter sprudelnden Bach, der sich über den Klippenrand ohne Zögern wagemutig in die Tiefe stürzt. Hallo... das geht gut einen Kilometer steil nach unten, das Wasser fällt hier mindestens die Hälfte davon völlig frei, ehe es zum ersten Mal wieder auf Fels trifft und in kleinere Wasserfälle zerstäubt. -Und es gibt offensichtlich viel Wasser hier, denn auf der gegenüberliegenden Seite sehe ich mindestens vier solcher tief fallenden Wasserströme - und in anderen Tälern noch mehr.

Um so mehr wundert mich daher, warum hier nur dieses blaue Gras wächst, Wasser ist doch eigentlich genug da, aber Bäume kann ich nur unten in den Tälern sehen. - Bäume mit blauen und blaugrünen Blättern in den unterschiedlichsten Schattierungen...

Oh shit... wo bin ich hier gelandet... wie komme ich hierher... Die Landschaft könnte ja noch irgendwie ein wenig zu Hawaii passen - aber dafür ist es viel zu weitläufig, das Gebirge hinter mir zu hoch - und das Blau der Pflanzen... - Wenn das die Erde ist, bin ich durchgedreht, ein Fall für den Psychiater...

Das merkwürdige Gefühl eben... das lichtlose Nichts - war das etwas das Tor? Bin ich ungewollt jetzt doch bei den Drachen gelandet? Leben die in dieser eigenartigen Welt?

Wo ist dann aber dieses Tor? Ich rieche es nicht, sehe nichts... eigentlich müsste es doch irgendwo in meiner Nähe sein, so weit bin ich hier schließlich nicht geflogen, vielleicht 100 Meter. - Oh nee... wenn ich das Tor nicht finde, bin ich hier gestrandet. Zwar bin ich sicher vor Kyrrah, aber auch weit weg von Zuhause - so wie es aussieht, sogar richtig weit weg, denn von blauen Pflanzen habe ich noch nichts gehört.

Zudem ist hier rundrum nichts außer dieser Wiese. Keine Bäume, keine Büsche, eine nasse Steppe - zumindest hier oben. Nicht mal an den Hängen der Berge da hinten kann ich Wälder erkennen. Eigenartig - und nicht gerade ermutigend in so einer fremden Umgebung praktisch gestrandet zu sein. Verdammt, wenn ich wenigstens ein Anzeichen des Tores hätte, aber ich kann nur grob vermuten, wo ich hier aus dem Tor rausgekommen bin, denn ich habe ja dummerweise die Augen zu gemacht und bin ein Stück blind geflogen. Das Tor kann 200 Meter rechts, oder 500 Meter links sein, alles würde noch passen. Dann die Höhe... 20 Meter, 200 Meter... - ich weiß ja nicht mal, ob es über der Wiese ist, oder draußen über dem Tal.

Leicht verzweifelt setze ich mich auf einen blaubemoosten Felsen neben dem Bach und direkt an der Kante der Klippe, nehme den Rucksack ab, lass die Schwingen hängen und schaue über die Landschaft vor mir, um zu überlegen. Sogar die Farben meiner Schuppen schimmern jetzt leicht bläulich... - ja klar... jetzt begreife ich: die Sonne hier ist blau! Unsere ist ja gelb, aber diese muss deutlich heißer auf der Oberfläche sein, über 10.000° statt den 6.000° bei uns. Und eine blaue, oder blauweiße Sonne produziert ja deutlich mehr hochenergetisches Licht im blauen und UV Bereich - das brauchen die Pflanzen nicht, müssen sich vielleicht sogar davor schützen und reflektieren es deshalb - darum sind sie hier blau. Auf der Erde benötigen sie die mittleren, gelben und grünen Frequenzen nicht und reflektieren daher grün.

Allerdings muss diese Sonne eine der seltenen kleinen blauweißen sein, die nur wenig größer als unsere Sonne sind, sonst hätte sich hier nicht so ein umfangreiches Leben entwickeln können. Denn nur die kleinen Blauen haben eine Lebenserwartung von fünf bis sieben Milliarden Jahre und erlauben damit höheres Leben auf ihren Planeten. -

Woran ich schon wieder denke... ich sollte mir lieber Gedanken machen, wie ich hier wegkomme - oder wo ich notfalls was zu essen finde, denn ich bin wirklich sehr, sehr weit weg von Zuhause... - oder im äußersten Notfall, wie ich Kontakt zu den Drachen hier aufnehmen soll, ohne dass die mich als Appetithappen ansehen.

Aber ich glaube, diese letzte Option hat sich gerade nach vorne gedrängelt, ich höre kräftige Schwingenschläge, sehr viel wuchtiger als meine, oder die von Kyrrah und Ti. Das kann nur ein Drache sein - ein Feral... soll ich mich verstecken? - Quatsch, wo denn. Außerdem wird er mich schon gesehen haben. Wenn ich jetzt nur wüsste, wie ich seinen Anflug direkt von hinten deuten soll. Denn so nähert er sich in meinem toten Winkel - zudem niedrig genug, dass ich ihn auch oben nicht sehen kann. So könnte ein Angriffsversuch durchaus anfangen... obwohl er sicher weiß, dass ich ihn bereits wahrgenommen habe. - Klar könnte ich mich umsehen, aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass ruhig sitzenbleiben und scheinbar ignorieren gar nicht so übel wäre.

Der Drache landet hinter mir, der Abstand von sicher 200 Meter, die ich aus den Geräuschen abschätze, beruhigt mich etwas, er will mich zumindest nicht direkt verspeisen...

Deutlich höre ich sein Schnuppern, der leichte Wind kommt von vorne, er kann mich also leicht riechen, ich dagegen nehme noch nichts wahr. - Er kommt, immer noch schnuppernd, langsam näher, ich höre seine Schritte, die aber überraschend leise für ein so großes Lebewesen sind.

Dann ein schnelles Flattern seitlich hinter mir. Das ist ein kleiner Drache, aber kein Anthro - er landet nur wenige Meter entfernt, dann Schritte, die etwas eigenartig klingen - lautes Schnuppern, viel lauter als von dem Feral hinter mir, dann schiebt sich ein geschuppter, auf Händen mit angelegten Flughäuten laufender Vierbeiner in mein Blickfeld, dessen Kopf auch ohne Hörner etwas drachenartiges an sich hat. Ein Wyvern, etwas kleiner als ich, betrachtet mich neugierig und schnuppert mit etwas Sicherheitsabstand. Irgendwie macht er auf mich den Eindruck eines neugierigen Hundes. Er kommt weiter heran, ich strecke langsam meinen Arm aus und halte ihm meine geöffnete Hand hin. Nach kurzem Schnuppern lässt er sich, ohne Angst zu zeigen, von mir mit den Fingern über die Schnauze streicheln.

Mit einem merkwürdigen Quietschton klettert er dann auch auf den Felsen und setzt sich direkt neben mich, beschnuppert intensiv meinen Hals und den Kopf und blickt dann in die gleiche Richtung wie ich über das Tal.

„Ich habe noch nicht erlebt, dass Rrrag so schnell Freundschaft mit einem Drrékh schließt." -

Eine kräftige, kehlige Stimme - und doch irgendwie weiblich im Klang. Eigenartig, dass die größeren, kräftigeren Drachenweibchen doch eine etwas hellere, weichere Stimme als die Männchen haben.

Also ist der Drache hinter mir anscheinend ein Weibchen. Wenn das stimmt, was alle mir gesagt haben, habe ich dann wohl keinen Angriff zu erwarten.

Rrrag sieht sich kurz um, gibt ein kurzes - so was ähnliches wie ein tiefes Kreischen - von sich und schnuppert dann wieder an meiner Schnauze. Ich hebe meine Hand und kraule ihm den Nacken, was er mit einem schnurrenden Knurren anscheinend positiv bewertet.

„Ich habe auch noch nie Freundschaft mit einem Wyvern geschlossen." -

Nur gut, dass ich die äußerst knappe Sprechweise der Drrá'Kin beherrsche, so verstehe ich sie und kann ebenso knapp antworten und die eigentliche Bedeutung der Worte mit der Betonung ausdrücken.

„Du bist neu hier - ich rieche noch die Maschinen an Dir." -

Aha, man kann also eindeutig riechen, wo ich herkomme.

„Ja. Gerade angekommen - unbeabsichtigt." -

„Aus eigener Kraft?" -

„Ja." -

„Verzeih, darf ich Dir in die Augen sehen?" -

Nanu... eine Feral bittet einen wehrlosen Anthro darum, ihm in die Augen sehen zu dürfen?

„Ich verstehe nicht..." -

„Und doch handelst Du, wie nur ein starkes selbstbewusstes Männchen handeln würde. Wie ein Drrá'Kin, nicht wie ein Drrékh." -

„Weil ich Dich nicht ansehe..." -

„Richtig. Du weißt es wirklich nicht?" -

„Nein, ich bin erst vor 16 Tagen meiner Welt als Drache erwacht." -

Deutlich höre ich ein überraschtes Einatmen.

„Du bist T'Ánh'Aáh... - ich danke der Lebenskraft, dass sie mich heute hierhergeleitet hat." -

Was soll das nun wieder heißen...?

„Auch das verstehe ich nicht." -

„Verzeih. Natürlich kannst Du vieles von uns noch nicht wissen. Darf ich Dich dennoch bitten, dass Du mir einen Blick gewährst?" -

Warum verhält sie sich so eigenartig, fast unterwürfig?

Auf eine Kopfbewegung von mir geht Rrrag etwas beiseite, ich stehe auf und drehe mich um.

Wow... da steht nur ein paar Schritte entfernt eine große, schlanke - ja elegant wirkende Drachin, auf deren glitzernden, silberweißen Schuppen das Licht dieser Sonne einen leicht blauen Schimmer legt. Ihren schmalen gestreckten Kopf mit drei großen Finnen, die fast wie eine Löwenmähne wirken, fassen mehrfach gedrehte Widderhörner ein und leuchtend blaue Augen blicken auf mich herab, deren Pupillen so schmale Schlitze bilden, dass sie fast nicht zu erkennen sind. Es wirkt, als würde ein blaues Licht aus ihnen strahlen.

An ihren Fingern trägt sie lange, schlanke, tiefschwarze Krallen - sie ähneln meinen so deutlich, dass sie sicher auch eine Fliegerin ist.

Sie betrachtet mich mindestens ebenso eingehend.

„Verzeih... aber wenn Du das Tor ohne Hilfe passieren kannst... würdest Du mir erlauben, Deine wahre Gestalt zu sehen...? - Du bist so klein..." -

Was soll bitteschön meine wahre Gestalt sein... ach... ich soll ein Feral werden.

„Du könntest auch eine Anthro werden, wenn Du mir näher in die Augen sehen möchtest..." -

Deutlich verlegen blickt sie unsicher umher.

„Ja... ich... natürlich... aber..." -

„Die Drrá'Kin mögen die Form eines Anthro nicht...?" -

„Ja... nein... Große Lebenskraft, hilf..." -

„Schon gut. Einen Moment." -

Ganz offensichtlich hat sie eine Abneigung gegen die Form eines Anthros. Sie sprach ja auch von der 'wahren Gestalt' - was soll's, mir kribbelt es ohnehin ein wenig unter den Krallen, endlich mal ein 'richtiger' Drache zu sein.

Ein paar Schritte gehe ich sicherheitshalber vom Rand weg, aufmerksam von zwei Augenpaaren beobachtet. Dann hocke ich mich hin und konzentriere mich kurz - ein gutes hatte die Scheißnacht gestern - ich kann praktisch ansatzlos die Transformation einleiten.

Heilige Wasweißich, das geht aber ab hier... der Energiestoß, der durch mich zuckt ist mehrfach kräftiger, als alles, was ich bisher erlebt habe. Fast schmerzhaft schnell fühle ich mich in die Länge gezerrt und aufgeblasen. Ehe ich es richtig begriffen habe, stehe ich schon auf allen Vieren auf der Wiese und blicke auf einen an meinen Händen schnuppernden Wyvern herab.

Aber etwas ist anders als beim ersten Mal... meine Schuppen. An den Außenseiten der Arme und Beine, auf dem Handrücken, vor allem auch auf meinem Rücken - sogar auf meiner Schnauze... alle größeren, als Schutz dienenden Schuppen sind jetzt größer, kantiger als ich sie in Erinnerung habe - sie haben Spitzen und Zacken und wirken rauer und irgendwie... gefährlich.

Ich breite meine Schwingen aus... sogar die wirken härter und eckiger - und die Hinterseite der Flughaut macht einen fast ausgefransten Eindruck, als ob ich schon etliche Kämpfe hinter mir hätte.

Obwohl meine Schuppenfarbe sich nicht verändert hat, eher noch metallischer wirkt in diesem Licht, mache ich auf mich selber einen sehr viel härteren, gefährlicheren, ja fast diabolischen Eindruck. Wenn ich mir jetzt den von gezackten Schuppen bedeckten Kopf, mit den wuchtigen gefährlich wirkenden Hörnern dazu vorstelle, dann dürfte ich jetzt fast wie ein Drache direkt aus der Hölle wirken...

Nur warum das jetzt... ich kann mir nur erklären, dass die Energie dahinter hier wesentlich stärker wirkt und meine Transformation ein deutliches Stück weiter getrieben hat.

Bisher hatte ich einen eher freundlichen, friedlichen Eindruck von meiner Drachengestalt - aber jetzt... jetzt sehe ich aus, wie das gefährliche, tödliche Geschöpf, das viele Menschen leider pauschal in den Drachen sehen - nur vielleicht ein wenig farbenprächtiger.

Hoffentlich verschrecke ich mit diesem harten, brutalen Aussehen dieses dagegen so elegante Weibchen nicht.

Nein - ganz offensichtlich nicht. Denn der Blick, mit dem sie mich betrachtet ist eher begierig als ängstlich...

„Du... - verzeih, Du bist ausgesprochen attraktiv... dazu so groß... Du bist ja genau so groß wie ich... Jetzt verstehe ich Deinen Stolz und Mut einem Weibchen gegenüber." -

„Du findest mich attraktiv? - Menschen würden mich fürchten, so wie ich aussehe..." -

„Davon habe ich gehört. Ihr bevorzugt daher glatte, weich erscheinende Schuppen, weil ihr dann nicht so gefährlich ausseht. Aber für eine Drachin sind Deine starken, kantigen Schuppen attraktiver, denn die können kaum von Krallen oder Zähnen bezwungen werden. Du machst den Eindruck jederzeit Dein brütendes Weibchen und Deinen Nestling gegen jeden Angreifer verteidigen zu können - sogar gegen andere Weibchen, was nicht viele Männchen wirklich können." -

Sie kommt näher und beginnt mich eingehend zu beschnuppern. Ich lasse sie gewähren, denn ich kann eine Freundin hier sicher brauchen.

„Mir wurde gesagt, dass Drachenmännchen nur sehr selten kämpfen..." -

„Mmmh..." kommt zwischen meinen Beinen hervor, wo ich gerade deutlich spüre, dass sie meine Geschlechtsspalte sehr eingehend beschnuppert. Und was... das ist doch ihre Zunge... oooh...

Sie hebt ihren Kopf, setzt sich vor mich und sieht mich mit einem irgendwie zufriedenen Ausdruck in ihren Augen an.

„Du musst wissen, die Männchen drehen einem Weibchen nicht den Rücken zu, wenn sie angesprochen werden, so ist die Regel unter uns. Eigentlich hätte ich Dich nicht gebeten, sondern von Dir verlangt, dass Du Dich zu mir umdrehst - aber ich hatte schon gerochen, dass Du anders, reifer und stärker bist. Und dass Du ein geeigneter Partner bist, darum war ich... bin ich... interessiert...

Und ja, stimmt, Männchen messen ihre Kräfte normalerweise durch Vergleichen - manchmal wird daraus ein harmloses Gerangel. Wer stärker scheint, oder ist, gilt ihnen dann als Sieger. Aber wenn sie ihr Nest mit ihrem Weibchen und Nestlingen verteidigen müssen, stellen sie sich sogar gegen viel größere Weibchen. Notfalls bis zum Tod..." -

„Oh..." -

„Sei unbesorgt, kein Weibchen wird ihr Leben riskieren und gegen Dich antreten. - Wir kämpfen zwar oft und sogar gerne gegeneinander, es ist auch blutig und viele Weibchen tragen mit Stolz ihre Narben - aber es ist trotzdem nicht das Ziel, sich zu töten. - Ihr dagegen umgeht Kämpfe so oft es nur geht - aber wenn ihr kämpft, dann solange, bis der Gegner flieht oder tot vor euch liegt - oder ihr selber sterbt. Und wenn ihr einmal soweit seit zu kämpfen, dann habt ihr auch gegen sehr viel größere Weibchen eine Chance, denn wir riskieren unser Leben nur sehr ungern. Naja, Du wirkst schon sehr kräftig und bist sogar größer als viele Weibchen... - ich jedenfalls würde nicht freiwillig gegen Dich kämpfen."

Ihr irgendwie erwartungsvoller Blick wird fragend.

„Willst Du nicht?" -

„Was sollte ich wollen?" -

„Du hast mir erlaubt, mir Deinen Geruch einzuprägen - und Du riechst gut, stark und gesund, ein vielversprechender Vater. - Willst Du nicht auch mich...?"

Jetzt wird ihr Blick sogar fast ängstlich.

„Oder bist Du...? Ich habe den Geruch eines fremden Männchen an Deiner Geschlechtsspalte wahrgenommen... Das Weibchen dagegen hauptsächlich nur an den behandelten Wunden..." -

Jetzt klingt sie wirklich etwas ängstlich. Ganz offensichtlich will sie um mich werben und fürchtet nun, ich könnte schwul sein. Ich bin für Drachen wohl wirklich attraktiv...

„Nur ein wenig. Ich mag Weibchen als Partner, aber ein Männchen hat meine Aufmerksamkeit erregt und wir haben uns gestern zum ersten Mal gepaart. Trotzdem möchte ich Nachwuchs und ich möchte auch lieber mit Weibchen zusammen sein. - Das Weibchen ist übrigens Ti - T'Irrh, meine Schwester, wir haben den selben Vater." -

Sie atmet sichtlich auf.

„Ah, T'Irrh, die Organisatorin. Sie ist also Deine Schwester. Hmmmm... ja da ist eine gemeinsame Note in eurem Geruch. - Dann los..." -

„Verzeih, aber es gilt bei Menschen als unhöflich, ein fremdes Weibchen so..." -

„Das gilt doch nicht bei uns Drachen - für uns ist es völlig normal, sich zu beschnuppern, also mach schon." -

Etwas zweifelnd gehorche ich. Am Kopf beginnend, atme ich besonders im Bereich ihrer Duftdrüsen im Nacken ihren extrem angenehmen Geruch ein. - Ti riecht schon gut, aber diese silberweiße Drachin...

Da ist der elektrisierende Geruch eines Weibchens, den auch Ti verströmt - aber darunter liegt etwas fremdes, wildes... faszinierendes... etwas das weder Ti noch Kyrrah haben - der Geruch von einer wirklichen Drachin, einer geschlüpften... - und über allem die individuelle Note dieser attraktiven jungen Drachenlady, deren erregende Aromen mir sagen, dass ihre Gene ideal zu mir passen würden und mich auf angenehme Weise zu fesseln beginnen...

Ich schnuppere noch ein wenig ihren angenehmen Duft, dann hebe ich wieder den Kopf und sehe sie an.

Sie blickt wieder verwundert.

„Was ist? Willst Du Dich nicht vergewissern, dass ich Dir gesunde starke Nestlinge geben kann?" -

„Äh... was...?" -

Lächelnd legt sie mir eine Hand in den Nacken und drückt meinen Kopf nach unten, zwischen ihre Beine.

„Mach schon - das gehört doch dazu." -

Anscheinend war mein Blick wohl doch etwas sehr fragend.

Na gut, sie hat mich wieder los gelassen, aber wenn ich schon mal hier unten bin... Jedenfalls geht ein deutlich anregender Duft von ihrer Geschlechtsspalte aus... sehr anregend... und irgendetwas daran sagt mir noch deutlicher, dass sie eine gesunde, kräftige und fruchtbare junge Drachin ist... Ohne groß zu überlegen züngele ich ein wenig über den Spalt, unter der sich ihre Vagina verbirgt, ein wenig dringe ich ein, und was ich schmecke wirft mich fast um. Was für ein eigenartig wunderbares Aroma... würzig, erdig, irgendwie wild und gleichzeitig erregend süß... sie ist fruchtbar... wenn ich jetzt...

Nein. Ich hebe meinen Kopf und blicke in ein angeregt lächelndes Gesicht. - Als Mensch hätte ich jetzt sicher Angst um mein Leben, denn sie zeigt mir ihre Fangzähne - als Drache weiß ich, dass es nur ein freundliches Lächeln ist - und eine weitere Präsentation ihrer Gesundheit und Vitalität. Ich mache es ihr nach, was ihre Augen aufblitzen lässt und sie nur noch mehr ihrer Zähne zeigt.

„Du schmeckst nach... Du hat ein reifes Ei..." -

„Das erkennen nicht viele Männchen... - Du weißt, was Du gerade machst?" -

„Äh... Dich - Deinen Geruch kennenlernen?" -

„Ja - auch. Du bist so angenehm Unerfahren - als Drache meine ich... T'Ánh'Aáh... - Wir beide sind gerade dabei, umeinander zu werben - die Zunge... das ist der erste Schritt in der Werbung um einen Partner." -

„Oh... nun, Du hast damit begonnen. Aber es war für mich irgendwie... es schien mir richtig..." -

„Richtig, ich habe mein Interesse an einer möglichen Partnerschaft damit bekundet und nebenbei Deine Fruchtbarkeit geprüft. - Du hast dann meine geprüft... und damit Dein Interesse an mir gezeigt. Und dann das präsentieren unserer Fangzähne - wir sind beide in der Lage alleine den Partner und die Nestlinge zu versorgen..." -

„Ich verstehe... sind wir schon...?" -

„Nein. Noch ist das nur der Beginn. Wir beide können immer noch andere Partner wählen. Wir Drrá'Kin werben eine Zeitlang umeinander und sind länger mit einem möglichen Partner zusammen, ehe wir uns binden - denn das ist auf Lebenszeit und will gut überlegt sein. - Rrrag allerdings würde jetzt seinem Weibchen nicht mehr von der Seite weichen, bis der Nachwuchs flügge ist. Aber er sucht sich auch jedes mal eine neue Partnerin." -

„Und vorehelicher Verkehr? Oder ein Seitensprung? - Verzeih, wenn ich dummes frage..." -

„Wenn Du mir kurz erklärst, was Du damit meinst?" -

„Eine Paarung bevor wir die Partnerschaft endgültig begründet haben. Und Paarungen oder engere Kontakte zu anderen, solange wir eine ... Beziehung miteinander haben... wie soll ich das sagen..." -

„Das meinst Du. Keine dummen Fragen, woher sollst Du das nach 16 Tagen schon wissen, zudem unter den so menschlichen Drrékh... Da waren andere Dinge sicher wichtiger." -

„Ja, laufen lernen, riechen, sehen, fliegen... - dumm nur, dass ich immer noch nichts auf den Schuppen fühle..." -

„Fühlen? Das muss man doch nicht lernen, das ist doch immer da..." -

Ich ahne, dass sie sich gerade veräppelt fühlt.

„Das wäre normal, richtig - nur funktioniert das bei mir nicht. Ich kann auch mit meinen Flugarmen und auf der Flughaut etwas fühlen, vermutlich normal wie alle anderen. Aber der Rest von meinem Körper ist, als ob die Schuppen nicht zu mir gehören würden, als hätte ich sie mir zum Schutz angezogen." -

Kurz schaut sie mich fragend an, dann begreift sie, was ich sagen will.

„Ja richtig... die Menschen tragen ja ein künstliches Fell. Nennen sie das anziehen?" - ich nicke -

„Das muss sich wirklich eigenartig anfühlen... Am ganzen Körper?" -

„Ich fühle nur etwas an Lippen und Nüstern - und direkt an der Geschlechtsspalte. An den Fußballen noch, aber das Gras unter meinen Händen spüre ich nicht." -

Ihr Blick wird ernst.

„Das klingt nicht angenehm. Leider weiß ich darüber nichts. Aber ich werde mich informieren. Vielleicht hat Vater einen Rat."

Sie schaut mich nachdenklich an, dann fällt ihr etwas ein.

„Entschuldige, ich muss Dir ja noch eine Frage beantworten... - ja, schon, ich wäre auch interessiert, aber nur wenn ich kein reifes Ei trage und eine gelegentliche Paarung kann ich schon akzeptieren." -

Äh... was...? Ach so, ich hatte ja nach Paarungen vor der eigentlichen Partnerschaft und nach „Seitensprüngen" gefragt.

„Also habe ich ein paar Tage Ruhe..." -

Ihr Ausdruck wird irgendwie freundlich listig...

„Oh - wir können das Paarungsritual noch heute abschließen, wenn Du willst..."

Ich bekomme einen sanften Nüsternstubser von ihr.

„Aber ich möchte Dich schon vorher noch ein wenig kennenlernen, auch wenn meine Instinkte Dich sofort wollen..." -

„Oh, Liebe auf den ersten Blick?" -

„Interessante Redewendung... - Nein... doch, ich glaube schon, Du gefällst mir. Und meine Instinkte wollen Dich - genauer Deine Gene für meinen Nachwuchs. Eigentlich ideale Voraussetzungen." -

Ich betrachte dieses hübsche und gleichzeitig kräftig wirkende weiße Weibchen und atme nochmal bewusst ihren Duft ein.

Doch, ich könnte mir vorstellen mit ihr länger in Kontakt zu treten, als für das Übergeben meiner Gene notwendig ist... - aber, sie ist ein Drache... zudem eine Feral... zum einen weiß ich noch gar nicht, wie das gehen soll und zum anderen gehört sie genau zu der Spezies, mit der ich eigentlich nichts mehr zu tun haben wollte.

„Entschuldige... mmh... könntest Du mir bitte zeigen, wo ich das Tor hier finde? Ich rieche es leider nicht." -

Sie sieht mich an, als ob ich bekloppt wäre.

„Du bist doch nicht blind... - das ist doch da... groß und deutlich."

Ihre Kopfbewegung geht in die Richtung, in der ich es eigentlich auch schon vermutet habe - aber ich sehe da nichts. - Mit einem leichten Kopfschütteln sehe ich sie fragend an.

„Sag nicht, Du siehst das nicht..." sie blickt mir scharf in die Augen.

„Ach so... Du hast die Nickhäute zu... - Hier brauchst Du das noch nicht, das UV-Licht ist in dieser Höhe für unsere Augen auch noch ohne Nickhäute ungefährlich. Na los, mach die Augen mal richtig auf." -

Leichter gesagt, als getan, wenn man keine Nickhäute gewohnt ist. Bisher habe ich sie immer unbewusst eingesetzt - aber bewusst... Ich mache ein paar Mal meine Augen zu und wieder auf, bis ich bemerke, dass auch die Nickhäute sich mit öffnen.

Wow... plötzlich liegt ein irisierendes Farbspektakel über dieser Welt... offensichtlich interpretiert mein Auge das Licht im UV-Bereich nicht nur als violett. Dazu zeigen sich Strukturen, die vorher nicht sichtbar waren, auf den Blättern der Pflanzen, ja sogar auf den Felsen und Kieseln hier am Bach. Diese vorher - und nicht nur wegen den Pflanzen - irgendwie blaustichige Welt ist auf einmal fast schon kitschig bunt. Die Pflanzen sind zwar weiter überwiegend blau, aber die Strukturen ihrer Blattadern und was auch immer sonst noch, leuchten jetzt irisierend rot, grün, gelb bis hin zu violett. Und sehr deutlich sehe ich jetzt im Tal die Blüten, die sich vorher mit meist blassblauen Farben versteckt hatten.

Und jetzt sehe ich auch das große, auf dem Bauch liegende Oval, das da höchstens 50 Meter von mir entfernt in 20 Meter Höhe unbewegt in der Luft steht. Im 'sichtbaren' Licht unsichtbar, reflektiert es das UV-Licht sehr deutlich, besonders der Rand strahlt regelrecht. Schon logisch, dass die weiße Drachin mich für blind gehalten hat.

Ich betrachte sie, sehe ein irisierendes Lichtgewitter schon bei der kleinsten Bewegung über ihre Schuppen zucken... wow... allerdings... - wo Ti eine gute Tarnung mit ihren Schuppen hat, ist diese Drachin geradezu ein Leuchtfeuer...

Ein schneller Blick zeigt mir, dass meine Schuppen zwar auch so irisieren, aber immer noch wie metallisches Kupfer und Gold aussehen - nur wirkt es jetzt bei jeder Bewegung wie flüssig.

Natürlich bemerkt sie meinen Blick auf mich selber.

„Eine schöne Farbe trägst Du in Deinen Schuppen, T'Ánh'Aáh. Flüssiges Metall ist sehr selten. Wasser oder Lava ist häufiger bei euch Männchen." -

„Nun, ich dachte, die Weibchen tragen eher gedeckte Schuppenfarben... Deine sind dagegen sehr auffällig, wenn auch sehr schön - wie ein lebendiger Juwel..." -

Oha... ich muss aufpassen, ich fange schon an, Süßholz zu raspeln... - ich will doch gar nicht mit einer Drachin zusammen sein. Ich will überhaupt nicht hier sein...

Sie grinst.

„Ja, ich bin der ideale Blickfang in einer Brutkolonie... ich ziehe die Blicke der Feinde auf mich und die anderen werden in Ruhe gelassen..." -

„So würde ich es nicht sagen... - äh... habt ihr Feinde hier?" -

„Nein hier nicht. Nach der Geschichte unserer Herkunft gab es aber kleine Räuber, die den Eiern unserer Vorfahren nachstellten." -

„Ah. Ich verstehe. Aber wie ist das mit der Farbe? Wirklich keine Tarnung?" -

„Doch. Viele Fliegerinnen haben Farben, die in die Berge passen - und ich würde mir eine Eishöhle oder so etwas suchen." -

„Ah, ich verstehe. Deine Schuppen glitzern wie Eis... - Aber ist eine Eishöhle nicht zu kalt zum Brüten?" -

„Nicht, wenn man weiß, wie man ein Felsennest baut und es mit dem Feueratem vorsichtig wärmt. - Aber das ist heute auch nicht mehr nötig. Wir haben jetzt angenehme warme Wohnhöhlen und bauen unsere Nester nicht mehr draußen in der Natur. Auch wir haben eine Zivilisation und Kultur - nicht nur die Menschen." -

„Oh, entschuldige. Ich wollte Dich nicht beleidigen." -

„Hast Du nicht. Wir tun ja gerne so, als wären wir noch wilde Drachen, dabei haben wir schon lange gemütliche Wohnstätten, die wir auch nicht missen wollen. Du wirst Dich wundern, wie ähnlich unser Leben dem euren geworden ist. - Oh, verzeih... Du bist ja kein Mensch..." -

„Was sollte ich denn sonst sein?" -

„Du bist ein Drache. In Deinem Geruch ist nichts fremdes, so wie bei den Drrékh, auch wenn sie die wahre Gestalt annehmen können." -

„Wie kann das sein - ich bin nicht geschlüpft. Jedenfalls weiß ich nichts davon, dass meine Mutter mich als Ei bekommen hat. Und sie ist sicher auch keine Drachin." -

Sie blickt mich ernst an.

„Ich weiß es nicht. Du hast sicher Recht, es kann eigentlich nicht sein - aber Dein Geruch ist der eines Drrá'Kin. Meine Nüstern täuschen sich nicht." -

Sie ist sich da wirklich sicher. Für diese Drrá'Kina bin ich ein Drrá'Kin, ein Drache - als wären wir im selben Nest nebeneinander aus unseren Eiern geschlüpft.

Einen Moment blickt sie mich noch mit ernster Ruhe an, dann rückt sie ein Stück näher und legt ihren Kopf an meinen.

„Versuche einfach, es zu akzeptieren. Du magst ja als Mensch gelebt haben - aber als Drache bist Du nun mal ein richtiger Drache. Das ist doch wunderbar." -

Ich seufze. So wunderbar finde ich das gar nicht, andererseits schadet es mir ja auch nicht weiter. Sie hebt kurz den Kopf und beginnt vorsichtig, ihren Kopf und besonders ihren Nacken sanft an meinem Hals zu reiben.

„Was machst Du?" -

Fast erschreckt hört sie auf damit.

„Verzeih... ich hätte Dich fragen sollen. Ich erhebe meinen Anspruch auf Dich - Da kommt T'Zania, Du hast sie noch nicht gesehen, sie ist hinter Dir, aber... das erspart uns einen Kampf um Dich." -

„Du markierst mich? Wie Dein Eigentum?" -

„Nein... bitte verzeih... - Ich hätte es Dir sagen sollen... - Zugegeben, es ist so ähnlich, aber doch nicht als mein Eigentum - es ist nur, dass wir zusammen gehören. Ein Männchen lässt sich nur freiwillig von einem Weibchen markieren - aber das verhindert unnötige Kämpfe unter interessierten Weibchen." -

„Ah, so ist das. Nun, wenn es einen Kampf verhindert, bin ich einverstanden damit." -

„Nur um einen Kampf zu verhindern...?" -

Oh scheiße... sie will mehr von mir... und ich hab sogar Lust darauf...

„Nein. Ich... ich möchte Dich auch..."

Sofort reibt sie wieder ihren Duft auf meinen Hals - wenn ich das nur richtig spüren könnte...

„Äh... soll ich auch...?" -

„Nur wenn Du es wirklich willst - denn wenn ich meinen Geruch an Dir hinterlasse, ist das nur eine Information an die Weibchen, dass ich Anspruch darauf erhebe, um Dich zu werben und Du es akzeptiert hast. Dadurch gibt es keine unnötigen Kämpfe. - Wenn Du mir jetzt auch Deinen Geruch gibst, ist das schon ein Versprechen auf eine Partnerschaft..." -

„Ah, verstehe... Bitte verzeih..." -

„Schon klar. Ich bin mir sicher, Du wirst mir bald Deinen Geruch geben. Mach Dir keine Gedanken deswegen." -

Sie lächelt mich an, es macht ihr anscheinend wirklich nichts aus, dass ich mich noch zurückhalten möchte. Oh shit... ich will eigentlich so schnell wie möglich weg hier... und möchte doch länger mit diesem Weibchen zusammen sein...

Mittlerweile höre ich die Schwingenschläge eines Drachen näherkommen, das wird wohl T'Zania sein. Ich schaue mich um, ja da ist sie - die elegante, langgestreckte Gestalt, die ausgestreckten Schwingen - die allerdings etwas stumpfer in der Form sind, kürzer und breiter als von uns Fliegern. T'Zania kreist einmal um uns und setzt dann zur Landung an.

Eine zärtliche Berührung meiner Schwingenarme und der Schwingenhaut lenkt mich ab. Die Weiße... wie verdammt heißt sie eigentlich? - Sie streichelt mir gerade sanft über die Schwingen.

„Du sollst auch ein wenig von mir spüren... - Tatsächlich... nur auf den Schwingen..." -

„Du hast es mir nicht geglaubt, oder?" -

In ihrem Blick liegt eine Mischung aus leichter Empörung, Verständnis und Verlegenheit.

„Verstehe bitte, es ist so ungewöhnlich... Wir sollten Vater fragen, er weiß sicher einen Heiler, der Dir helfen kann." -

„Ja, vielleicht..." -

Sie sieht mich fragend an, wird aber durch T'Zania abgelenkt, die gerade landet und direkt mit eleganten Schritten auf uns zu kommt. Sie ist dunkelblau, passend zu den Wäldern hier, dazu im UV-Bereich bunte Linien und Punkten ohne bestimmtes Muster, alles nur leicht seidig glänzend. Eine gute Tarnung hier - und ihr Name, der in etwa 'Baumkrone' bedeutet, in der Sprache aber einen edleren Klang hat, passt demnach gut zu ihr.

„Ah, Prinzesschen hat sich den Neuen schon gekrallt." -

Oha, sie kommt recht aggressiv rüber. Aber auch meine Weiße kann das.

„Früher Drache macht Beute... - Du hättest eben früher aus Deinem Nest krabbeln sollen." -

T'Zania knurrt böse - beide starren sich an, dann plötzlich, fällt alle Spannung und beide grinsen breit.

„Ach Prinzessin, Du hast ja Recht. Aber es war ja auch kein Neuer zu erwarten, oder? - Oder ist das etwa...?" -

„Ja, er ist T'Ánh'Aáh. Etwas früher als erwartet und ohne Ankündigung durch seinen Khrrah'Sszanorr." -

„Oh, ein spontanes Männchen. Erlaubst Du, dass ich seinen Geruch aufnehme?" -

Moment... T'Zanias Duft ist ja angenehm, sogar sehr angenehm - aber kann nicht mit dem der Weißen mithalten. Und noch entscheide ich, wer an mir herum schnuppert, kein Weibchen. Meine Weiße scheint das deutlich zu spüren, ihr leicht schelmischer Blick zu mir zeigt eine leichte Vorfreude.

„Mein Einverständnis hast Du..." -

Ihre leichte Betonung von 'mein' hätte T'Zania warnen sollen...

Aber die hat nichts eiligeres zu tun, als ihre Nüstern in meinen Nacken zu stecken... genau genommen will sie es gerade, als meine laut zusammenklappenden Zähne, die nur knapp ihre Kopffinnen verpassen, sie zurückschrecken lässt.

Ich hatte mich ein wenig zusammengekauert und klein gemacht, als meine Weiße mich 'markiert' hat und hocke noch so - aber jetzt richte ich mich auf, stelle mich vor T'Zania hin, atme tief ein und recke kurz meine Schwingen hoch in die Luft. Mein kurzes, drohendes Knurren und die Tatsache, dass ich größer bin als sie, lässt T'Zania langsam zurückweichen.

„Was... Bei der Lebenskraft... Warum... Ist der groß... - Prinzessin... der wird doch nicht..." -

'Prinzessin' - mir fällt erst jetzt auf, dass sie mir ihren Namen noch nicht gesagt hat... - also die Weiße, setzt ein fast grimmiges Lächeln auf.

„Doch, vielleicht wird er. Und ich möchte nicht gegen ihn kämpfen müssen, ich habe seine Muskeln gespürt..." -

T'Zania blickt verwirrt von ihr zu mir und zurück. Ich überlege kurz, knurre noch mal und lege mich dann einfach hin. Aufrecht natürlich, die Hände aufeinander gelegt und die Blaue fest im Blick. Die sieht mich jetzt noch verwirrter an, was mir ein grimmiges Grinsen entlockt.

„Nein, ich werde nicht. Für mich sind die Fronten klar, sie ist vor mir zurückgewichen und hat mich als Stärkeren anerkannt. Das kannst Du ihr sagen, Prinzessin. Und sage ihr auch, dass ich nicht wünsche, von ihr beschnuppert zu werden."

Meine Weiße grinst nur, ihr ist klar, warum ich so reagiere.

„Ach ja, sage ihr noch, dass ich Dich akzeptiere, aber nicht Dein Eigentum bin." -

T'Zania ist jetzt endgültig von den Socken.

„Was... was soll das heißen?" -

„Dass Du ihn nicht behandeln kannst, wie die anderen Neuen. Du hättest ihn auch fragen müssen, so wie es üblich ist."

Die Weiße blickt mich an.

„Verzeih, ein Neuer ist hier zuerst immer verwirrt und wurde meistens von den Berichten über die Weibchen hier verschreckt. Natürlich achten wir die Männchen, aber bei den neu angekommenen fragen die meisten nicht lange. Etwas später, wenn die Neuen sich ein wenig auskennen, ändert sich das natürlich." -

„Vielleicht solltet ihr mal ein wenig an eurer Art, wie ihr mit Neuen umgeht, arbeiten. - Obwohl ich mich ja nicht wirklich beschweren kann. -

Entschuldige T'Zania, aber ich habe heute kein Interesse mit weiteren Weibchen in engeren Kontakt zu treten." -

Sie senkt ihren Kopf.

„Natürlich. Verzeih meine direkte Art, ich hätte einen Edlen nicht so behandeln sollen." -

Ich stehe wieder auf und wende mich der Weißen wieder zu.

„Gut. Doch nun verzeiht mir, ich möchte zurück. Ich habe bereits zuviel Zeit hier verbracht." -

Sie blickt mich verwirrt an.

„Du willst zurück? - Ja, natürlich... aber doch noch nicht jetzt sofort. Vater wartet auf Dich..." -

„Nein, tut mir leid, aber ich bin nur zufällig hier, ich habe hier nichts verloren. Ich bin ein Mensch, ich kann kein Drrá'Kin sein, denn ich wurde als Mensch geboren - und ich will auch ein Mensch bleiben." -

Ihr Blick wird zweifelnd, fragend.

„Du willst ein Mensch bleiben? Wieso? Du riechst nicht wie die Drrékh, Du hast den Geruch eines Drrá'Kin... bist ein Drache... - Das verstehe ich nicht... entschuldige. Darüber solltest Du mit Vater sprechen." -

Kopfschüttelnd blicke ich zu Boden, wenn ich länger in ihre vorher Saphirblauen und jetzt wie Amethyste funkelnden Augen blicke, verliere ich mich doch noch vollends. Eigentlich wollte ich so schnell wie möglich wieder weg hier - und nun sabbele ich mich mit zwei Drachinnen fest.

„Nein. Verzeih, aber ich möchte wieder zurück auf die Erde. Ich will kein Drache sein - und ich möchte auch nichts weiter mit euch Drachen zu tun haben." -

„Aber... Du bist ein Drache, als Mensch hättest Du nicht hierher kommen können... - Das kannst Du nicht ändern, soweit ich weiß. Du bist ein Drache, mehr als die anderen von euch und Du bleibst ein Drache... - und ein Mensch... entschuldige, aber willst Du wirklich ein Mensch bleiben...? - Die sind doch so..." -

Sie verstummt, wohl um mich nicht zu verletzen.

„Ich will vor allem kein Drache sein, dann lieber ein Mensch, der war ich schließlich lange genug... - genau genommen ist es mir ziemlich egal, nur will ich nichts mit euch Drachen zu tun haben. - Entschuldige, ich meine nicht Dich persönlich damit, das liegt an anderen Gründen. Lass mich jetzt bitte wieder gehen. Verzeih, dass es nichts mit unserer Partnerschaft werden wird." -

Ich drehe mich Richtung Berge, also auch zum Tor, aber sie ist mit schnellen Schritten wieder vor mir - dicht vor mir...

„Bleib... sprich erst mit meinem Vater, bevor Du Dich entscheidest zu gehen. Er erwartet Dich." -

Ich atme ihren Duft ein, der mich geradezu umwebt - und muss mich beherrschen.

„Nein. Du müsstest mich schon gewaltsam daran hindern - und T'Irrh hat mir ein paar Tricks für den Kampf gezeigt..." -

„Kein Kampf. - Du bist sehr groß für ein Männchen und kräftig für einen Flieger. Ein Kampf gegen Dich wäre mir zu gefährlich, ein Männchen kämpft zu verbissen, wenn es kämpfen muss, wir müssten schon beide gleichzeitig gegen Dich kämpfen - aber das kommt nicht in Frage, so etwas ist nicht unsere Art. - T'Ánh'Aáh, ich bitte Dich, nur einen Tag hier zu bleiben und mit Vater zu sprechen, dann kannst Du gehen, wohin Du willst - obwohl ich das bedauern würde." -

Wieder schüttele ich entschieden den Kopf.

„Verzeih bitte, aber ich möchte jetzt gehen." -

Sie blickt mir tief in die Augen.

„T'Ánh'Aáh..." -

„Nenne mich bitte nicht so. Ich bin zwar ein Sohn von Tssa'Rán, aber ich heiße Ralf. Wenn Du unbedingt einen Namen aus eurer Sprache nehmen willst, dann Tan'Náh." -

Lächelnd nickt sie.

„Stimmt, wie uraltes Eis in den tiefen Höhlen..."

Sie wird wieder ernst.

„Ich verstehe. - Vater wird enttäuscht sein, aber ich werde Dich nicht weiter hindern... - Pass auf Dich auf, ein einsamer Drache lebt gefährlich in eurer Welt, nur sehr wenige wissen von euch und Du hast nur als Feral etwas Schutz vor den Waffen der Menschen. Und ich hoffe, Dich bald wieder zu sehen. - Oh verzeih... ich habe ja völlig vergessen Dir meinen Namen zu nennen... - Ich bin T'Álirrah. Und ich werde Deine Schwanzschuppen im Auge behalten, Männchen... -

Komm Rrrag." -

Ein letzter Blick von ihr, von dem ich nicht weiß, ob er böse oder traurig ist, dann dreht sie sich um und ist mit wenigen schnellen Schritten über den Rand der Klippe verschwunden. Rrrag sieht mich mit schiefgelegten Kopf an und gibt noch so einen Quietschlaut von sich ehe er - sichtlich zögernd - seiner Herrin folgt. Einen Moment später sehe ich ihr irisierendes Weiß über dem Tal davongleiten. Sie sieht sich nicht um, aber ich bin mir trotzdem sicher, dass sie mich so lange es geht noch im Blick behält.

Ich lasse den Kopf hängen... hätte ich sie - oder T'Irrh nur früher getroffen, vor ein paar Tagen... alles wäre wohl anders gelaufen - aber jetzt... Nein, ich bleibe dabei. Weg von hier. Weg von den Drachen. Weit weg...

„Nicht so einfach, seiner gerade gefundenen Liebe so einfach lebewohl zu sagen..." -

T'Zania steht noch da und sieht mich ernst an.

„Ja, nicht einfach - aber wie soll ein Mensch eine Drachin lieben können? Oder eine Drachin einen Menschen..." -

„Auch ich kann nur einen Drachen riechen..." -

„Dann habt ihr alle Schnupfen... - nein verzeih. Vielleicht habt ihr ja Recht, aber ich kann mich selber nicht als Drache sehen. Lass mich einfach wieder gehen..." -

„Du willst also nicht mit ihrem Vater sprechen? Er erwartet Dich wirklich und er ist der Erste unseres Rates - darum nenne ich T'Álirrah ja scherzhaft 'Prinzessin', wir sind schon lange befreundet." -

„Nein. Ich habe kein Interesse daran, für euch Drachen zu arbeiten." -

„Ich verstehe. Sei vorsichtig und halte Deine Kraft unter Kontrolle. Wenn ich Dir raten darf: rufe nie das Himmelsfeuer. Du weißt nicht, ob Du es kontrollierst oder es Dich kontrolliert - und es würde uns Drachen rufen." -

„Danke für Deine Warnung. Ich habe es auch nicht vor, aber trotzdem." -

„Pass auf Dich auf, es ist wirklich gefährlich geworden in der Welt der Menschen. Ich hoffe, ich sehe Dich irgendwann wieder, gerne auch als Partner vom Prinzesschen." -

Sie nickt mir zu und springt dann ebenfalls mit ausgebreiteten Schwingen über die Klippe. Ich bin wieder alleine... - Es scheint zu stimmen, dass die Weibchen hier hinter mir her sind. Aber damit ist Schluss jetzt, ich will wieder zurück - das hier ist nicht meine Welt.

Schnell wieder zum Anthro transformiert, denn das Tor sieht nicht wirklich groß aus. Einmal tief durchatmen - und noch mal die ungewohnten, aber nicht unangenehmen Gerüche dieser Welt eingeatmet - den Rucksack schnappen und los. Der Wind hier an der Klippe ist kräftig genug, dass ich keinen Anlauf brauche, ich springe nur hoch und schon geht es ab.

Hier über dem Tal kann ich sofort voll durchziehen. Ein paar schnelle Schwünge später bin ich schon hoch genug, um zu wenden und in einem schnellen Gleitflug in Richtung auf das vor mir leuchtende Tor zu fliegen.

Wieder dieses dumme Gefühl zu fallen... in die Länge gezerrt zu werden, Dunkelheit, absolutes Nichts - und dann schlagartig wieder eine Luftströmung über meinen Schwingen, gleichzeitig die Lichter einer trüben Nacht... der Geruch... nein... der Gestank nach Technik, Chemie und l... Große Galaxis, was haben wir unserem Planeten nur angetan... wenn ich da an die reine Natur auf dem Planeten unter der blauen Sonne denke... - ich nicht mal ansatzweise kennengelernt habe...

Schluss jetzt, sonst denke ich gleich wieder an T'Álirrah... wie sie wohl als Anthro aussehen wird...

Mist, ich fliege in die falsche Richtung, wieder zurück nach Westen... schnell eine Kampfkurve und wieder Richtung Südost... obwohl ich die Wärme von Ti jetzt brauchen könnte.

Oh Mann... Weibchen... mit Ihnen hast Du nur Stress - aber dieses angenehm warme Gefühl, dass sie einem vermitteln... -

Ich muss auf andere Gedanken kommen. Die Weiße ist ohnehin nichts für mich, sie ist schließlich eine Geschlüpfte... ein richtiger Drache, eine fremde Spezies... fremd, außerirdisch... - und auch wenn sie mir bewusst das Gefühl vermitteln wollte, wir wären gleich... ich wäre ein Drache wie sie... - ich bin doch nur ein Mockup eines Drachen... Ich sehe vielleicht so aus, funktioniere aber nicht...

Scheiße... ich muss diese Gedanken loswerden. Am besten ist, ich konzentriere mich auf das Fliegen - und zwar auf schnelles Fliegen... will doch mal sehen, was ich rausholen kann aus diesem Körper. Kurze Hübe mit erhöhter Taktrate beschleunigen mich zwar, aber da müsste mehr gehen. Ich versuche anderes... am Ende bin ich bei Schwüngen von etwa einem Drittel des vollen Hubes mit einer Taktrate von einem Auf- und Abschlag in der Sekunde mit entsprechend angestellten Fingern... und fliege relativ locker, bummelige 250 Sachen... - naja locker... es kostet schon einiges an Kraft, aber ich denke, das kann ich ein, zwei Stunden durchhalten.

Da ich jetzt deutlich schneller vorankomme, lasse ich Bautzen schon nach etwas mehr als einer halben Stunde rechts liegen und bin eine halbe Stunde weiter schon mitten über dem Riesengebirge. Der Ort da unter mir müsste Spindlermühle sein und der Bach da die Elbe... für einen in Hamburg geborenen Drachen irgendwie ein wehmütiger Gedanke, so was wie ein letzter Gruß der Heimat...

Ich bin jetzt etwas südlich der direkten Linie, muss also ein wenig Richtung Nord korrigieren um in die Hohe Tatra zu kommen. Es sind jetzt noch etwa 360 km bis ich in dem Tal bin, in dem ich eine sichere Höhle für mich finde. Hier in der Gegend gibt es zwar auch eine, aber Ti hatte mir abgeraten, da diese Höhle sehr klein ist und nur ein einfaches Lager zum Schlafen bietet. Die Höhle in der polnischen Tatra dagegen ist für einen Anthro angenehm groß, hat ein warmes Nest, wird gepflegt, ist aber nur wenig bekannt. Somit ist die Gefahr, dass ich auf einen Drrékh treffe, eher gering.

Da ich von hier aus in zwei Stunden dort sein kann, fliege ich dann lieber weiter in die Tatra. Es ist etwa 23 Uhr, da kann ich mir auch etwas Zeit lassen. Ich nehme etwas Kraft aus den Schwüngen und reduziere den Hub, eine Reisezeit von 2 Stunden ab hier erscheint mir schnell genug, also runter auf 180 Sachen, was mir mit meiner Stromlinienform recht leicht fällt. Fast sogar leichter als das langsame Tempo vorhin auf den ersten Kilometern. Vermutlich eine Spezialität der Flieger, dass wir über einen großen Geschwindigkeitsbereich kräftesparend fliegen können.

Unterwegs betrachte ich die Landschaft unter mir - natürlich achte ich auch darauf, nicht in irgendeinen Berg zu fliegen. Aber ich registriere, wie sehr die Menschen sich überall angesiedelt haben, selbst mitten in den Bergwäldern sind immer wieder Lichtinseln von Hotels zu sehen. In den landwirtschaftlich genutzten Ebenen fliege ich ohnehin von einer Siedlung zur nächsten. Selbst mit meiner geringen Flughöhe von 100 bis 150 Metern sehe ich immer schon die Lichter der nächsten Ansiedlung vor mir. - Wo soll ich in dieser Welt nur einen Platz für mich finden... - als Mensch habe ich den falschen Beruf, um irgendwo im Ausland leicht Fuß fassen zu können, dazu die Sprache. Und als Drache werde ich wohl nur wenig Raum finden, um wirklich sicher und unbemerkt leben zu können. Natürlich gibt es noch einige wenige menschenleere Gebiete, nur gibt es da dann auch kein jagdbares Wild.

Das war ziemlich unüberlegt, so einfach auf blauen Dunst in die Fremde zu fliegen... Ja, wenn ich mir einen Platz irgendwo im Himalaya oder so suche, dann kann ich notfalls sogar eine ganze Zeit von dem Geld leben, dass Ti mir mitgegeben hat. Zudem will sie ja die Karte immer wieder aufladen... aber soll ich von ihrem Geld leben? Soll ich mich von ihr abhängig machen? Sicher wird sie mich einige Jahre unterstützen, aber irgendwann wird das auch vorbei sein... sicher macht sie das nur, weil sie hofft, dass ich mich wieder für sie und die Drachen entscheide und zurück komme. Passiert das nicht, werde ich in ein paar Jahren mit Sicherheit ohne Unterstützung dastehen, ob nun Familie oder nicht.

Oder soll ich weiter ziehen... Ich kann ja einigermaßen Englisch, da bietet sich Nordamerika ja regelrecht an... Und wie war das mit Skandinavien...? Da oben in Alaska oder den kanadischen Provinzen Yukon, Northwest Territories oder British Columbia gibt es noch große, menschenleere Gebiete mit viel Wild... Nur halt Arschkalt im Winter, da muss die Versorgung geplant und eine warme Höhle vorhanden sein. - Gut, das gibt es auch in Sibirien, nur ist da wieder das Problem mit der Sprache... Andererseits machen auf Kamtschatka warme Quellen den Winter erträglicher...

Sieh an, es wird dunkler vor mir und waldreicher, offensichtlich wieder ein Gebirgsausläufer. Richtig, ich muss steigen, das ist aber noch nicht die Tatra, es kann auch noch nicht die Fatra sein... Das Schneegebirge vielleicht... Auf jeden Fall sieht es hier schon deutlich besser aus für einen Drachen auf der Suche nach einem Revier - allerdings sind auch hier immer wieder Lichtinseln im Wald, kleine Siedlungen und auch einzelne Gebäude, wohl Hotels und so was.

Und schon bin ich wieder über Feldern, das war ein kleiner Mittelgebirgsrücken - aber ich halte jetzt die Höhe - ich musste immerhin auf 1000 m steigen - denn bald erreiche ich sicher die Ausläufer der Fatra und gleich danach dann die Tatra. -

Allerdings fliege ich erstmal über eine eher flache Ebene, ein Dorf folgt dem nächsten, eine Kleinstadt, wieder Dörfer und Siedlungen, dann vor mir eine Lichtflut... ein paar Minuten später fliege ich über einer Stadt. Wobei das alles 800 m über dem Geschehen mehr wie eine Modelbahnlandschaft aussieht. Dann wieder Dörfer, jetzt aber weiter auseinander liegend.

Lange kann es jetzt nicht mehr dauern, bald müsste ich die Ausläufer der Karpaten erreichen. Richtig, vor mir sehe und vor allem rieche ich jetzt wieder zunehmend dichte Wälder in denen nur wenige Lichter aufblitzen. Das beruhigt mich doch wieder ein wenig, es gibt also sogar hier in Europa noch halbwegs leere Gebiete, in denen ich mich sicher jahrelang unbemerkt verstecken könnte. Oder mit ein paar wenigen Vertrauten, mit denen ich Kontakt habe, die mich aber nicht verraten, vermutlich sogar jahrzehntelang.

Vielleicht sollte ich schon mal weiter steigen, ich muss am Ende über knapp 2.200 m hohe Berge fliegen, um in das Tal zu kommen, in dem mein Ziel liegt. Und auch wenn ich den Tälern folge, muss ich auf über 1.600 Meter um zur Höhle zu kommen. Wenn ich jetzt schon anfange, kann ich langsam und mit weniger Kraftaufwand die Höhe erreichen, als wenn ich nachher dem Gelände folgen und steil steigen muss.

Die bewaldeten Höhenzüge unter mir reichen noch lange nicht bis zu mir hoch. Hier wird es auch nochmal deutlich dunkler in den Wäldern als bisher, nur in den Tälern sind noch Siedlungen. Und nur noch einzelne Lichter weit verstreut in den Wäldern, Hotels und Wanderunterkünfte die schon - oder noch - bewirtschaftet werden. Dann wieder ein breiteres Tal, ein Höhenzug, ein Stausee unter mir, dann wieder Wälder und immer weniger Licht, selbst in den Tälern hier in der Slowakei.

Irgendein Sinn sagt mir, dass ich mittlerweile auf 1.400 m Höhe bin und die Lichter vor mir sagen, dass ich bald da bin, denn das muss Zakopane sein.

Einige Minuten später bin ich über einer weit verstreuten Siedlung auf einer Ebene etwas oberhalb von Zakopane und dann schlagartig über den Wäldern der Hohen Tatra. Hier sind nur noch weit verstreut ein paar Wanderunterkünfte, einige größere davon bewirtschaftet, wie ich weiß. So langsam habe ich die Höhe erreicht, aber vor mir ragt die erste Gebirgswand der Tatra auf - für die ich nochmal 600 Meter steigen müsste. Spontan entschließe ich mich, die links zu umgehen und dann gleich dahinter dem Tal zu folgen, dass mich zur Höhle führen wird.

Ich bleibe also auf dieser Höhe, fliege ein paar Minuten parallel zu Zakopane und schwenke dann rechts Richtung Südwest und folge dem Tal, in dem zunehmend noch Schnee liegt.

Holla... da vorne sind ja schon die Lichter der Wanderherberge - und etwas unterhalb an einer Steilkante ist die Höhle. Ich schau mir das erstmal an, bin ja dem Gelände folgend unbewusst noch ein wenig höher gestiegen und kann jetzt im Gleitflug ein paar Kreise ziehen.

In der Herberge ist nicht mehr viel Licht, unten - wohl ein Gemeinschaftsraum - und auf zwei, drei Zimmern, auch außen ist die Beleuchtung eher sparsam. Naja, es ist ja auch schon Ein Uhr und ich denke, dass viele Wanderer morgen früh raus wollen.

Die Steilwand westlich liegt nur etwa 100 Meter entfernt - genau genommen sind es ein paar Klippen in einem sonst nicht allzu steilen Hang - und die Höhle ist etwa 60 Meter unterhalb des Hotels. Für die Augen eines Drachen ist der Eingang auch deutlich markiert, ein Mensch müsste schon direkt davor stehen um ihn zu sehen.

Um diese Zeit sind natürlich keine Wanderer unterwegs, also kann ich unbesorgt anfliegen und kurz unterhalb des Höhleneingangs mit ein paar schnellen Schwüngen landen. Ich bemerke dabei, dass Kyrrah recht hatte - meine Zehen und Krallen klammern sich im Eis hier regelrecht fest, dass ich sofort sicher stehe. Und auch beim kurzen Anstieg zum Eingang bin ich absolut trittsicher. Gleich nach dem Eingang ist der Boden hier im Gang schon eisfrei, ich brauche meine Krallen da drin also nicht mehr.

Es riecht nur sehr schwach nach Mensch, gar nicht nach Drrékh, keiner da. Also schnell rein... diese Höhle ist nur für Anthros, wie die meisten auf der Liste von Ti. Feralhöhlen sind deutlich seltener, allerdings ist eine in der Nähe, ein paar Täler weiter. Aber Ti hat mir geraten die Anthrohöhlen zu bevorzugen, da sie meistens gemütlicher und wärmer sind. Und auch wenn wir Kälte ganz gut ertragen, mögen wir es doch lieber warm.

Der Gang windet sich um ein paar Ecken, dann stehe ich vor einer offenen Tür, die in eine kleine Höhle führt. Die allerdings ist stockfinster... nicht mal mit meiner Infrarotempfindlichkeit kann ich etwas sinnvolles erkennen. Wie soll ich...? Meine instinktiv nach einem Lichtschalter tastende Hand findet doch tatsächlich einen... Also los...

Ein sanftes Leuchten rundum an den Wänden taucht die Höhle in ein Dämmerlicht, das für meine Augen aber mehr als ausreichend ist - ich werde nicht geblendet, da hat einer mitgedacht. Die Höhle ist nicht sehr groß, größtenteils auch naturbelassen, was durch die an den Wänden angebrachten Leuchten noch hervorgehoben wird. Offensichtlich hat die Höhle nur über den Zugang eine Verbindung nach draußen. Die Tür wird wohl nur für den Winter gebraucht um hier ein wenig Wärme zu halten, denn das Licht dringt durch den stark gewundenen Gang nicht nach draußen. Mir ist die Tür aber trotzdem sehr angenehm, da es mir so irgendwie heimeliger wird.

Auch hier rieche ich kein Drrékh, nur Mensch, genau genommen zwei Menschen - aber auch nur Reste, die an der Einrichtung haften... vermutlich versorgen sie die Höhle. - Gleich neben der Tür steht ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen, ein Stück weiter etwas, das wie ein großer Sitzsack aussieht, dann eine Nische in der Wand - hier gibt es frisches Quellwasser und eine Toilette. Dann ein Schrank und schließlich ein großes Bett - ein gemütliches, weiches Bett, wie ich schnell feststelle.

Ja, hier lässt es sich aushalten - ein Drache mag anscheinend solche Höhlen... Und auch wenn ich mich noch recht gut fühle, kann es nicht schaden, wenn ich mich ein wenig ausruhe - immerhin bin ich jetzt etwas über 600 km geflogen. Für's erste Mal nicht schlecht, finde ich... Also Rucksack runter, Tür zu - es ist hier oben doch noch sehr kalt nachts, teilweise ist der Schnee im Tal draußen zwar schon weggetaut, aber insgesamt liegt doch noch recht viel. Wo ist... ach da, die Flasche mit der Tarnkappe. Kurz den Finger benetzt und in den Nacken im Bereich meiner Duftdrüsen einreiben... hoffentlich wirkt es.

Hmm, gibt es hier eine Möglichkeit zu heizen...? Kein Ofen, kein Kamin... allerdings ein paar Dinger an der Decke, die wie Heizstrahler aussehen... Soll ich hier elektrisch heizen? Mal sehen... auf dem Tisch liegt eine Mappe, sieht aus, wie die Infomappe in einem Hotel... Ja, ist auch sowas ähnliches, zum Glück in Englisch, mit Polnisch hätte ich Probleme gehabt. Zuerst eine Begrüßung... ja Danke... Ah ja, eine kleine Einweisung... richtig, das sind Heizstrahler, die punktgenau Wärmeinseln hier am Tisch, auf den Sitzkissen und im Bett schaffen. Sogar der Grund wird erklärt: die Höhle wird so selten genutzt, dass ein Anschluss an die Heizung der Herberge oder ein getarnter Rauchabzug für einen Ofen zu aufwändig wäre. Und die Strahler bringen sofort gezielte Wärme, eine Heizung oder Ofen würden länger brauchen. Die notwendige Energie der ganzen Anlage hier oben kommt aus Solarzellen und einer kleinen Wasserturbine im Seeablauf. Ich brauche mir also keine Gedanken machen, wenn ich die Strahler anschalte.

Weiter bin ich eingeladen, mich aus dem Vorrat im Schrank zu bedienen. Getränke und Trockenfleisch. Dazu kann ich mir morgen auch in der Herberge Frischfleisch kaufen, die Betreiber sind Eingeweihte und versorgen auch diese Höhle. - Na, das klingt doch mal gut. Trockenfleisch ist ja brauchbar, aber wenn ich frisches Fleisch bekommen kann... - Sogar an angemessene Kleidung wurde gedacht, im Schrank ist auch die typische Kleidung eines Bergwanderers, damit ich nicht als Drache oder nackt zum Hotel laufen muss.

Alles klar, hier wird für den Gast gesorgt. Ich schalte den Heizstrahler über der Sitzecke ein und wähle dann eine kleine Packung getrocknetes Gazellenfleisch, das ich mal probieren möchte, und einen naturtrüben Apfelsaft.

Damit mache ich es mir bequem - und spüre auch gleich die angenehme Wärme auf meinen Schuppen. Ein interessantes Gefühl, aus der Kälte so in die Wärmeinsel zu kommen. Ich knabbere an den Fleischsticks - die nicht mal schlecht schmecken und schlürfe den Saft, während ich auf dem Smartphone von Ti nach der nächsten Höhle suche.

Am besten direkten Kurs auf das Knie am südlichen Ende des Karpatenbogens, kurz bevor die wieder nach Westen abknicken, also quer über Transsylvanien, da ist eine Höhle, dann rüber auf die Krim, da gibt es eine im Höhenzug an der Ostküste, weiter in den Kaukasus, dann weiter nach Baku, über das Kaspische Meer ins Grenzgebiet Iran/Turkmenistan. Aber dann wird's happig. Dann muss ich gut 1.000 km Strecke Richtung Sarmakant machen - danach allerdings bin ich bald im Pamir und dann ist auch der Himalaja nicht mehr weit. Oder über den Tian Shan und Altai Richtung Baikal...

Das Trockenfleisch ist aufgeknabbert, der Saft ausgetrunken und ich fühle eine wohlige Müdigkeit in meinen Flugmuskeln. Also ab ins Nest. Ich schalte den Heizstrahler über der Sitzecke ab und den über dem Bett auf niedriger Stufe an. Kurz darauf überfällt mich die Kälte und ich beeile mich, ein wenig aufzuräumen um schnell wieder in die Wärme zu kommen. Das Bisschen ist ja schnell weggeräumt, noch schnell über die Zähne gebürstet und ich bin Bettfertig. Nicht vergessen, das Handy wieder aufladen, hier ist eine Steckdose am Bettschrank - wer weiß, wann ich das wieder machen kann - auch das war ein Grund, warum ich meine Strecke schon so weit vorgeplant und mir die Standorte der Höhlen eingeprägt habe.

Jetzt noch die Beleuchtung auf Nachtschaltung - wegen der fehlenden Fenster geben dann noch drei Leuchten ein wenig Licht, um sich orientieren zu können. Und dann schnell ins Nest - sofort spüre ich die angenehme, leichte Wärme die der Strahler vermittelt. Das Bett ist nicht ganz so bequem wie die Schlafkugeln von Kyrrah und Ti, aber doch angenehm weich.

Ob ich T'Álirrah wohl wiedersehen werde? Diese faszinierende weiße Drachin, deren Duft mich wieder zu umgeben scheint?

T'Álirrah...