Unter Drachen 16 - Der Rote
#16 of Unter Drachen
Kapitel 16 der Story um Eldingar.
Eine Jagd endet mit einem Zweikampf.
Und im Zorn kommt es zu einem Steit mit Tyria - der Zorn eines Drachen ist schwer zu bändigen, auch für geschlüpfte Drachen.
Unter Drachen
16.Der Rote
...
Die Gruppe Bergziegen, auf die ich es abgesehen hatte, hat uns zwar nicht bemerkt, sind aber weitergezogen, wir müssen uns also andere Beute suchen.
„Los jetzt, wir sind auf der Jagd und nicht in einer Diskussionsrunde."
Atum grinst breit - er erinnert sich wohl an Begebenheiten damals mit mir, die er ähnlich beendete. Wieder führe ich, achte jetzt aber darauf, dass sie mich nicht wieder verlieren.
Ein paar Minuten später erreichen wir den Waldrand, wo wir zwischen Büschen Deckung suchen. Sofort bemerke ich, dass die Bergziegen sich wieder sicher fühlen und auf der Wiese in Gruppen nach schmackhaften Kräutern suchen. Das macht das anschleichen schwieriger, aber das jagen einfacher.
Schnell haben wir uns abgesprochen. Atum wird ein Stück nach rechts gehen und dann eine Buschgruppe auf der Wiese als Deckung nehmen. Seine für die Savanne geeignete Tarnfarbe ist hier aber weniger gut - ein leuchtend gelbbrauner Fleck im satten Grün der Bergwiese. Aber er winkt ab, wichtiger ist das vorsichtige Anschleichen, das hat er mir damals schon beigebracht, wo mir manchmal nur die schwarzen Spitzen seiner Ohren zeigten, wo er gerade war und ich deutlich im Nachteil war.
Das gleiche gilt aber auch für Padmini, deren Schuppen ja fast die gleiche Färbung haben, ein wenig mehr braun vielleicht. Mein tiefdunkles Blau ist zwar nicht unauffällig, leuchtet aber nicht so deutlich im Grün. Aber egal, wenn wir uns langsam und leise bewegen, sind wir für die Bergziegen nur irgendwelche bunten Felsen im Gras, mehr nicht. Ich gehe mit Padmini ein ordentliches Stück links herum wo wir auch die Deckung einer Buschgruppe ausnutzen können um uns an einige Gruppen heranschleichen zu können. Unser Ziel ist es, mit einem kurzen Sprint unsere Beute zu greifen, gleichzeitig treiben wir so die anderen vor die Pfeile von Atum. Wieder ein Stück im Wald zurück geht es in schnellen Lauf um die Wiese herum zu einer vorstehenden Waldzunge, die uns den Weg zur Buschgruppe verkürzt.
Padmini bleibt an mir dran, aber am Ziel arbeiten ihre Luftsäcke schon im kontinuierlichen Wechsel - auch ein Zeichen ihrer Drachengene, denn die meisten Draccier haben eine eher menschliche Lungenfunktion. Sie sieht mich verwundert an und bemerkt, dass ich zwar schneller atme, aber noch im Wechsel ein- und ausatme.
„Große Erce, strengt Dich das gar nicht an? Du bist schließlich extrem schnell unterwegs." -
„Doch, aber wir Großen haben da mehr Reserven. Das ist also ganz normal. Nun aber vorsichtig, bis da vorne ist es noch einfach, aber dann heißt es vorsichtig und leise sein. Nutze Dein Sprachorgan, wenn Du mir etwas sagen möchtest und konzentriere Dich dabei auf mich." -
„Herr, ich weiß nicht..." -
„Du kannst es, probiere es kurz aus." -
Seufzend gehorcht sie. Ich bemerke, wie sie versucht mir etwas zu sagen, aber noch findet sie ihre Stimme nicht. Wenn ich daran zurückdenke, wie schwer mir am Anfang so manches gefallen ist, weiß ich, wie es ihr jetzt geht.
Dann höre ich ein paar Töne, die eindeutig aus ihrem Sprechorgan kommen und nicke ihr aufmunternd zu. Das gibt ihr Auftrieb und sie konzentriert sich neu, hält sogar ihren Mund zu, damit sie nicht versehentlich normal spricht. Ich unterdrücke mühsam mein Grinsen, denn das sieht so süß aus, dass ich sie am liebsten in den Arm nehmen möchte.
Wieder ein paar undefinierbaren Töne, dann:
„Hörst Du mich?" -
„Ja, jetzt höre ich Dich." -
„So geht das also... wenn man erstmal weiß wie, gar nicht schwer." -
„Das soll Sprechen ja auch nicht sein, sonst würden wir uns nur mit Grunz- und Knurrlauten grob verständigen." -
Sogar ihr Kichern übermittelt sie jetzt mit dem Organ.
„Stimmt. - Irgendwie komisch, sich den Mund zuzuhalten und trotzdem mit Dir zu sprechen..." -
„Dann halte Dir den Mund einfach nicht zu." antworte ich mit einem Grinsen.
„Du sprichst übrigens jetzt nur direkt zu mir, andere würden nichts hören, dabei bleiben wir jetzt, das andere kannst Du später üben." -
„Woher weißt Du, dass nur Du mich hören kannst?" -
„Das höre ich an der Stimme, Du wirst es irgendwann auch hören, reine Übungssache. - Naja, mir hat Erce das wieder mitgegeben. Bereit?"
Sie nickt und lässt sich auf alle Viere sinken. Ich dagegen nutze zusätzlich meine Schwingenarme als Vorderbeine und habe so bei Bedarf meine Hände frei. Padmini beobachtet mich interessiert dabei und probiert es mir nachzumachen, aber nach ein paar Metern, noch in Teildeckung des Waldrandes, gibt sie auf. Grinsend zuckt sie kopfschüttelnd mit den Schultern, es will wohl nicht so klappen, wie sie es gerne möchte. Sie legt die Schwingen wieder an und nutzt weiter ihre Hände.
Aber beim Anschleichen ist sie so gut, dass selbst ich sie kaum bemerken würde, selbst so dicht neben mir. Sie nutzt das hohe Gras für ihre Deckung, von den Bergziegen aus gesehen ist sie praktisch unsichtbar. Sie legt das Gras so geschickt und vorsichtig um, dass praktisch keine Bewegung zu bemerken ist. Nur der Pfad im Gras, den sie hinterlässt, aber so eine Spur hinterlasse ich auch, das geht gar nicht anders auch wenn ich weniger tief dahinschleiche und mich auf meine dunkle Farbe verlasse.
Überraschend schnell erreichen wir die Buschgruppe, die Bergziegen interessieren sich nur sehr nebensächlich für uns und geben uns reichlich Zeit zum vorankommen. Wir spielen jetzt Stein unter der Blättertarnung und beobachten die Tiere. Das Jagdglück ist uns hold, eine größere Gruppe kommt bei der Futtersuche langsam auf uns zu und verkürzt uns so den Weg dann doch erheblich. Ich suche Atum und recke vorsichtig meinen Kopf etwas zwischen den Blättern heraus, damit er mich sehen kann. Gleich hebt auch er langsam seinen Kopf etwas und nickt kurz, ehe er wieder in der Deckung verschwindet.
„Hast Du Atum gesehen?" -
Es dauert eine Sekunde, dann:
„Ja." -
„Da wir alle bereit sind, können wir gleich loslegen." -
„Gut." -
„Dann folge mir. Wenn ich Dir dies Zeichen gebe..." ich zeige mit der Hand 'drei, zwei, eins' und dann die Faust.
„---dann sprinten wir auf unsere ausgewählte Beute zu. - Ich werde den großen Bock dort nehmen, noch ist er recht stark, hat seine beste Zeit aber hinter sich. Hast Du schon eine Beute ausgewählt? -
„Die dunkle Ziege dort rechts. - Aber Du könntest es mir doch auch sagen, wenn Du loslegen möchtest, die hören Dich doch nicht, wenn Du es nicht willst." -
„Richtig. Habe ich nicht dran gedacht, eine alte Gewohnheit aus meiner Zeit als Krieger. - Gut. Möchtest Du ein paar Tipps haben?" -
„Verstehe. Bleiben wir bei den Zeichen, das kenne ich ja auch. - Ja, etwas Hilfe, wie es geht, wäre mir sehr lieb." -
„Natürlich. Bleibe an Deiner gewählten Beute dran, kümmere Dich nicht um andere, die Dir in den Weg kommen - es sei denn, Du erwischt sie mit einem kurzen Sprung direkt, dann nehme die Gelegenheit mit. Und gehe nicht jeden Haken den sie schlagen mit, meistens kommen sie wieder zurück, weil sie darauf vertrauen, dass der Jäger ihnen immer folgt. Aber wir Drachen jagen mit Intelligenz, nicht wie simple Wölfe."
Ein aufmunternder Blick von mir lässt sie etwas schief lächeln.
„Und wenn Du sie gepackt hast, werfe sie um, verkralle Dich in sie. Ihre Klauen werden Dir zwar Schmerzen verursachen, wenn sie um sich tritt, aber die dringen nicht durch Deine Schuppen. Achte nur auf die Hörner, die könnten Dich verletzen. Nutze Deine Schwingen, wir haben den Vorteil, zwei Arme mehr zu haben als sie." -
„Ja, Herr." -
„Und wenn Du sie am Boden hast, genieße es. Schmecke das Blut, spüre ihren Kampf und Deine Macht über ihr Leben. Lasse den Drachen zu, er steckt in Dir, ich weiß es." -
„Ja, Herr..." -
Ihr Blick zeigt deutlich ihre Zweifel. Aber auch ihre Entschlossenheit es jetzt durchzustehen. Schließlich ist sie der Schatten eines Elementals...
Innerlich grinsend richte ich meine Aufmerksamkeit auf die Bergziegen und schleiche langsam aus der Deckung. Meine Fähigkeit jetzt voll einsetzend gehe ich langsam, aber immer startbereit, auf die Gruppe zu, Padmini folgt mir auf dem Fuß in meiner Deckung und daher für die Bergziegen auch nicht deutlich wahrnehmbar. Dass meine Fähigkeit funktioniert, beweist mir eine kurze Information von Padmini.
„Es ist schwer, Dir zu folgen Herr."
Aber sie bleibt in meiner Spur, vermutlich folgt sie der einfach. Langsam bewegen wir uns mitten in die Gruppe hinein, was Padmini zusätzlich verwirrt, denn die Tiere reagieren nicht auf uns. Das ist aber einfach erklärbar, sie erwarten einfach nicht, dass ein Jäger mitten zwischen ihnen schleicht, also können wir keine Jäger sein und ignoriert werden.
Kurz darauf bleibt Padmini stehen und macht sich bereit, los zu sprinten. Sie hat ihre anvisierte Beute erreicht und beobachtet diese bewegungslos aus den Augenwinkeln um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Ich bin ein paar Schritte weiter auch kurz vor 'meinem' Bock und mache mich bereit. Ich beginne mit dem Handzeichen an Padmini und löse gleichzeitig meine Tarnung. Wie die Hirsche bisher, starrt auch der Bergziegenbock mich an, ehe er begreift, dass da ein Feind vor ihm steht. Und genau in dem Moment, in dem er endlich reagiert, gebe ich Padmini das Startzeichen. Ich bemerke noch, dass sie sofort los sprintet, dann verlangt meine Beute meine Aufmerksamkeit.
Verdammt flink sind diese Bergziegen, nicht so schnell wie die großen Hirsche, aber wesentlich wendiger. Mehr als einmal springt er im letzten Moment noch zur Seite und ich kann meinen Angriff gerade noch abfangen und auf seinen Fersen bleiben. Aber bei seinem fünften Versuch, mir zu entkommen, macht auch er den Fehler und springt mir genau in meine Bahn. Ich muss nicht einmal springen, einfach nur zupacken und schon liegt er unter mir am Boden.
Mein Kehlbiss sitzt perfekt, meine Fangzähne zerfetzen seine Halsschlagadern und schon zwei, drei Sekunden später geht das letzte Zucken durch seinen Körper. Mir ging das zwar etwas zu schnell, aber so ist nun einmal die Jagd. Immerhin schnell für meine Beute, was eigentlich mein Ziel sein sollte als intelligenter Jäger. Meine Sinne befriedigt das leider nicht recht. Und so bin ich auch schnell wieder klar, danke ihm kurz für sein Opfer als meine Nahrung und richte mich auf, um nach Padmini zu sehen.
Ihre Beute hat sich auch gerade für die falsche Richtung entschieden und läuft ihr genau in die Arme. Sofort umklammert Padmini die Ziege und schon liegen beide auf dem Boden, Padmini oben und bemüht, das Tier auf den Boden zu drücken und dort zu halten. Ich setze zu einem kurzen Sprint an, als mich ein anderer, jüngerer Bock halbfrontal von links angreift. Mit gesenkten Hörnern springt er direkt auf mich zu, will mich wohl aufspießen der Bursche... Nun, vielleicht war diese Entscheidung der erste Fehler seines Lebens - auf jeden Fall war es der letzte.
Mit einer schnellen Linksdrehung weiche ich seinen Hörnern aus und lasse die voll ausgefahrenen Krallen meiner rechten Hand durch seine Nackenwirbel fetzen. - Sein Kopf sinkt sofort nach unten, er stolpert und überschlägt sich, bleibt ein Stück weiter liegen.
„Auch Dir danke ich, auch wenn es nicht notwendig war. Gehe in Frieden in die Lebenskraft ein."
Ich habe laut gesprochen und sehe wie Atum, der sich um seine erlegte Beute kümmert, sich aufrichtet und mich ansieht.
Er ist aber später dran, erstmal will ich jetzt nach Padmini sehen.
Ein paar Schritte später bin ich bei ihr und sehe mir das Schauspiel an. Padmini erinnert mich irgendwie an einen Falken, der mit seinen Flügeln seine Beute deckt, so wie sie da auf der Ziege liegt und ihre verzweifelt zappelnde Beute mit Händen und Füßen festhält, auch mit ihren Schwingenhänden, wie ich es ihr geraten hatte.
Jetzt sieht sich mich hilfesuchend an. Ganz kann ich mein Grinsen wohl nicht mehr verstecken.
„Erfolgreiche Jagd, mein Schatten. Aber was jetzt? Entweder wir warten, bis das Tier an Altersschwäche stirbt, oder Du musst aktiv werden. Gut wäre ein Kehlbiss, mit dem Du ihr die Luftröhre zudrückst, vielleicht auch die Halsschlagadern aufschlitzt, oder ein kräftiger Hieb mit Deinen Krallen, mit dem Du ihr die Halswirbel durchtrennst." -
Seufzend verdreht sie die Augen, überlegt kurz und entscheidet sich dann für den Kehlbiss. Sehr zögernd nähert sie sich der Kehle, öffnet fast widerstrebend den Mund und beißt dann - immerhin entschlossen - fest zu.
„Gut angesetzt. Die Halsschlagadern sind zumindest aufgeschnitten. Konzentriere Dich auf den Geschmack des Blutes, auf die Eindrücke, die Du von Deiner Beute aufnimmst..."
Ich stocke, denn sogar hier glaube ich das Adrenalin im Blut zu schmecken und spüre sehr deutlich den verzweifelten, aber schon jetzt erfolglosen Kampf, den die Ziege gegen den Tod führt. Ich atme tief durch, das ist es, was mir durch den schnellen Tod der beiden Böcke entgangen war. Aber auch die Ziege hat ihren Kampf schnell verloren, die aufgeschlitzten Halsschlagadern geben ihr nur sehr wenig Zeit. Noch ein letzter Atemversuch, ein Zucken, dann erlöschen ihre Augen.
„Danke für Dein Opfer, uns Nahrung zu sein. Gehe ein in Frieden."
Ich spüre, wie ihre Lebenskraft zum großen Strom findet.
Padmini lässt ihre Beute los und sieht mich - ja wie... fast bewundernd an. An ihren Lippen und Fangzähnen glänzen ein paar Blutstropfen.
„Ich habe es eigentlich immer für eine Art Märchen gehalten - aber ihr begleitet wirklich die Seelen in den Strom? Und dankt eurer Beute dafür, dass sie euch ernährt?"
Sie spricht auch jetzt noch mit dem Sprachorgan, entweder ist so so verwirrt, oder es gefällt ihr. -
„Ja, wir geleiten die Seelen in den Lebensstrom, wenn es uns gewährt wird. - Auch wenn die Seelen den Weg alleine finden würden. Und wir danken denen, die uns als Nahrung dienen für ihr Opfer, gerade wenn es nicht freiwillig war." -
„Alle?" -
„Ich denke ja." -
„Und wie ist das mit dem Bitten um Erlösung?" -
„Wenn Tiere spüren, dass sie nur noch Leid und Schmerz zu erwarten haben, rufen viele nach uns. - Frage nicht wie, es ist wie ein Ruf. Ich biete ihnen dann die Erlösung an, einen schnellen Tod. Bisher haben alle freiwillig diesen Weg genommen. Irgendwie verstehen wir uns dann." -
„Und das machen nur Tiere?" -
„Gestern hat ein Mensch diesen Weg gewählt. Das geschieht selten, sie haben andere Wege, aber der Alte gestern hatte sich in die Einsamkeit zurückgezogen um seiner Sippe nicht zur Last zu fallen, Vermutlich sind sie arm und haben nur wenig Nahrung übrig für einen, der nicht mehr arbeiten kann. Und er hat die Gelegenheit genutzt, dass ich gerade drei verletzte Bants hinüber geleitet habe und mich auch darum gebeten." -
„Verzeih, ich wollte nicht..." -
„Nein. Es war für mich nicht anders, als bei den Tieren. Er war eindeutig sehr alt, krank und nicht mehr in der Lage sich am Leben zu erhalten. Er wäre langsam verhungert, so hatte er einen schnellen Tod. Seine Seele ist dankbar und glücklich in die Kraft eingegangen, es ist mir vergönnt, das zu spüren." -
„Die Bants hattet ihr dann ja mitgebracht... Aber der Mensch? - Verzeih, ich bin zu neugierig. Ich muss irgendwie diese Empfindungen verarbeiten." -
„Die Empfindungen waren nicht angenehm für Dich? Das war mir nicht bewusst. - Den Menschen habe ich nach ihren Gewohnheiten unter einen Stein in die Erde gelegt. Er bat mich darum, mir nicht als Nahrung zu dienen, was ich auch nicht vorhatte." -
„Ich verstehe und muss zugeben, dass ich euch Große wohl nicht richtig eingeschätzt hatte. Ich dachte immer, es wäre nur eine schöne Geschichte, die ihr verbreitet. Verzeih..." -
„Naja, die anderen meines Volkes fördern diesen Verdacht ja durchaus. Aber auch wenn wir uns oft sehr arrogant verhalten, das ist eine unserer Aufgaben und die erfüllen wir. - Aber zu Dir: Dir hat die Jagd nicht gefallen?" -
Padmini hat sich inzwischen die Lippen sauber geleckt.
„Nein, das nicht. Die Jagd an sich war spannend, ein ganz anderes Erlebnis in dieser Form. Nur das Töten... Das ist so direkt, so unmittelbar. Mich hat die Empfindung, wie das Tier starb, erschreckt. Nein, nicht erschreckt, das war mir ja eigentlich klar, aber es war nicht angenehm, ich hatte Mitleid mit dem Tier..." -
„Ich verstehe. Da geht es uns beiden also so, wie es Atum mit mir damals gegangen ist. Auch ich sollte ja lernen, eine Beute zu erlegen. Einfach war das sicher nicht für ihn, da auch ich lange Zeit Mitleid mit den Tieren hatte und sie eigentlich nicht töten wollte. - Andererseits habe ich gerne eine frischgebratene Ente, oder eine Antilopenkeule gegessen, also musste es sein..." -
Atum, der gerade mit seiner erlegten Ziege näherkommt, hat alles mitgehört.
„Erinnere mich nicht daran. Ich bin fast verzweifelt, weil mein Welpe keine Tiere töten wollte. - Aber im Grunde hat er sich nicht dumm angestellt - für einen Menschen. Nur dass er dann oft absichtlich daneben geschossen hat, dabei war er ein guter Bogenschütze, schon als Knirps." -
„Als was?" Padmini legt ihren Kopf nach rechts. -
„Einen männlichen Menschenjüngling, der gerade das menschliche Nestlingsalter überstanden hat, nennt man manchmal so. Es bedeutet in etwa 'Kleiner'." erkläre ich.
„Aber wenn es Dir nicht so gut gefallen hat... Eigentlich wollte ich Dich jetzt auffordern, etwas zu essen, dieses ganz frische Fleisch, das eigentlich noch lebt, ist ein besonderer Genuss für einen Drachen. Aber das überlasse ich Dir." -
Padmini sieht mich an und überlegt kurz.
„Nein, heute möchte ich lieber nicht. Aber ein anderes Mal sicher. Ich möchte das noch weiter probieren, denn ich glaube, ich werde schon noch erkennen, was Du meinst, wenn Du gerne jagen gehst. Darf ich fragen, wie Deine menschliche Seele sich dabei fühlt?" -
„Ja natürlich. Meine menschliche Seele liebt dieses intensive Gefühl und die Empfindungen bei der Jagd. Mehr als meine Drachenseele sogar, die sieht das viel pragmatischer."
Bevor Atum ganz zu uns kommt, mit seiner Beute, stoppe ich ihn.
„Atum, lege bitte Deine Beute dort zu meinen beiden, dann kann ich die nachher alle zusammen mitnehmen." -
„Hey, gleich zwei? Du hast wohl ordentlich Hunger." -
„Nein, das nicht, aber der junge Bock war etwas übermotiviert und wollte mir seine Hörner in den Bauch rammen, tja, das kommt dabei raus, wenn man einen Drachen angreift..." -
„Du siehst, warum ich so vorsichtig euch gegenüber bin..."
Er dreht um und geht die paar Schritte zu den beiden Böcken zurück.
„Hast Du etwas dagegen, wenn ich die beiden aufbreche und die Eingeweide entferne?" -
Das machen wir zwar meist nicht, aber bitte, gerne. Wenn ich ehrlich bin, rechtzeitig ausgenommen, ist das Fleisch doch milder im Geschmack, es bleibt länger frisch im Aroma." -
„So sehe ich es auch. Ist ja schnell erledigt - wie machst Du es eigentlich so ohne Messer?"
Ich zücke die Kralle von meinem rechten Zeigefinger und hebe die Hand.
„Oh, ja. Natürlich. Ich vergesse immer wieder, wie scharf eure Krallen sind. Und dazu Deine schlanken Katzenkrallen... - Brechen die nicht ab, wenn Du damit auf Fels triffst?" -
„Nein, bisher nicht. Zwar kann ich nicht ganz so gut durch Fels graben, wie die anderen, dazu sind die Krallen zu schmal, aber sie sind mindestens ebenso hart. Die Brustplatten einer Magmadrachin sind kein wirkliches Hindernis... - das erkläre ich später mal."
Die Sache mit Tyrias Wunsch nach einer Bestrafung mag ich jetzt nicht erzählen, das ist was für einen Abend bei einem Becher Wein.
Ich sehe mich um.
„Oh, Padmini, Deine Beute hätte Dich beinahe noch überlistet. Nur zwei Schritte weiter und ihr wärt über die Felskante gefallen. Zum Glück sind es nur etwas über einen Meter und unten ist Gras." -
Sie richtet sich auf.
„Ja, das habe ich dann auch bemerkt, darum war ich so bemüht, dem Tier keine Bewegungsfreiheit zu geben - was...?"
Padminis Kopf ruckt hoch, im selben Moment melden mir meine Sinne Gefahr und ein Schatten huscht kurz über uns weg. Sofort lasse ich mich über die Felskante fallen um hier aus der Bahn zu kommen.
„Weg Großer!" schreit Padmini jetzt mit ihrer normalen Stimme, springt auf mich zu und rammt mich mit voller Wucht, meinen Sprung/Sturz noch zusätzlich beschleunigend. Sie gleitet dann mit ausgebreiteten Schwingen über mich weg, während ich durch ihren Stoß in eine Drehung gerate, die mir im Moment einen Gleitflug unmöglich macht.
Durch die Drehung sehe ich, wie die Ziege von Padmini aufglüht, zusammenschrumpft und dann zu Asche zerfällt, wie auch das Gras im Umkreis von einigen Metern. Dann lande ich schon auf dem Boden unterhalb der kleinen Klippe und lasse mich den Hang herabrollen, denn auch der Fels der Klippe glüht hell auf und beginnt als Schmelze herabzulaufen.
Das Geräusch des Feuers, das aus dem Himmel herabzufallen scheint und der Geruch sagt mir sofort, dass es der Feueratem eines Drachen ist - eines Feuerdrachens. Atum ist weit genug weg, außer Gefahr, höchstens eine intensive, aber kurze Hitze wird er spüren. Und Padmini ist ja über mich weggeflogen, also auch außer Gefahr, denn einem Feuerdrachen wird sie sicher nicht lange standhalten können, selbst mit den Schuppen einer Drakari.
Das Drachenfeuer hat aufgehört, ich stoppe meine Rollen in einer großen Buschgruppe mit niedrigen Bäumen und suche den Himmel ab. Da ist er, dreht gerade in meine Richtung, ein dunkelroter, eindeutig ein Großer und - natürlich - als Feral. Das muss der Fremde sein, den Tyria bemerkt hatte und jetzt weiß ich, was er hier will. - Mich.
Aber was treibt einen Großen Drachen dazu, einen Revierinhaber einfach so anzugreifen? Es gibt noch freie Reviere, wir sind ohnehin zu wenige und unsere Reviere sind viel zu groß um sie wirklich kontrollieren zu können. Er hätte von Eldflóð jederzeit ein Revier bekommen und wenn er mich gefragt hätte, könnte er gerne ein Stück übernehmen, das dann sein Revier ist. Warum also greift er mich an? Dazu noch so - aus dem Hinterhalt und als Feral einen anderen Großen, der als Anthro vor ihm steht? Das ist so vollkommen gegen jede Regel der Drachen, dass selbst ich als Mensch nie auf diese Idee gekommen wäre. Was erwartet er sich davon? Wenn er mich so besiegt, wird er nie anerkannt werden und wenigstens sechs Große würden ihn ächten deswegen, vermutlich etliche mehr. Nicht weil er mich besiegt hat, sondern wie.
Ich warte nicht ab, bis er wieder in Reichweite seines Feueratems ist. Hier kann ich nicht abheben, die Büsche und Bäume sind zu dicht, also sprinte ich hangabwärts zwischen den Bäumen hindurch. Kurz darauf höre ich hinter mir wieder sein Drachenfeuer, aber er verfehlt mich weit. Doch er ist mir auf den Fersen, der nächste Feuerstoß ist schon deutlich näher, ein dritter bleibt aus. Ein Kampfschrei, der eindeutig von Padmini kommt, sagt mir warum.
Große Erce, Kleine - übertreibe es nicht, mir kann er nicht mehr viel anhaben, der Überraschungsmoment ist weg, ich brauche nur meine Kräfte aktivieren und fege ihn vom Himmel. - Aber Du bist verletzlich, Deine Schuppen halten seinem Feuer nicht lange stand, ebensowenig Deine Schwingenhaut. Ich achte ja Deinen Mut, aber...
Wieder ihr Schrei, dann ein kurzer Feuerstoß. Ihr fast triumphierender Ruf der folgt, sagt mir, dass er sie verfehlt hat. Offensichtlich ist sie auch nicht sein Ziel, er will nur eine Störung vertreiben - das Ziel bin ich.
Das Rauschen seiner Schwingen kommt näher, ich zacke nach rechts, meide die vor mir liegende Lichtung, auf die auch schon sein Feuer herabfällt, er hätte mich voll erwischt. Vor mir taucht eine Lichtung auf, eigentlich eher eine Zone mit Buschwerk - aber das reicht mir, ich habe genug Raum meine Schwingen auszubreiten, aus dem vollen Lauf schnelle ich mich ab und schon steige ich mit aller Kraft senkrecht in die Höhe. Ehe er in meine Richtung wenden kann, bin ich schon ein gutes Stück höher als er - nun sind die Karten neu gemischt, ich habe eine Dimension mehr zum Bewegen und vor allem habe ich ihn jetzt im Blick. Ich überlege nicht lange, aus dem Bauch heraus entscheide ich mich dagegen, meine Kräfte einzusetzen - dieser Drachen hat meinen Zorn geweckt, ich werde ihn so bekämpfen, nur mit meinen Krallen und Zähnen. Ihm zeigen, wozu einer der Ältesten fähig ist, denn so haben wir untereinander gekämpft, nur mit unseren natürlichen Waffen. Wir hatten zwar auch schon das Drachenfeuer, nur war das im Kampf keine wirkliche Hilfe, da wir gegen unser, noch nicht so starkes Feuer ausreichend geschützt waren. Ein Volltreffer auf den Kopf hatte höchstens eine ablenkende Wirkung.
Padmini fegt jetzt wieder mit blitzschnellen Wendungen um ihn herum und stört ihn ganz offensichtlich. Zum Glück scheint sie nicht verletzt zu sein, seine Angriffe haben sie verfehlt - fast zumindest, denn ihre Haare sind doch ziemlich angesengt, von ihrem Zopf ist nicht mehr viel übrig.
„Du hast mir sehr geholfen, mein Schatten. Ziehe Dich jetzt zurück, es ist unsinnig, Dich weiter in Gefahr zu bringen, ich bin jetzt bereit zum Kampf." -
„Ja Herr."
Sie taucht blitzschnell ab und sieht zu mir rüber.
„Aber Herr, Du bist immer noch ein Anthro!" -
„Ich hatte noch nicht die Zeit zum transformieren - keine Sorge, ob Anthro oder Feral, er muss gegen einen Ältesten kämpfen." -
„Ich verstehe Herr, bitte sei nachsichtig, er ist jung und unerfahren." -
Der Fremde brüllt wütend auf als er ihre Worte hört. Ich grinse breit - Padmini führt nicht nur Psychokrieg gegen ihn, sie ist von meiner Überlegenheit tatsächlich überzeugt, ihrer Stimme nach zu urteilen - übrigens wieder ihre Drachenstimme, sonst hätten wir sie nicht hören können.
Der Rote blickt wild um sich um Padmini zu finden, er will sie wohl für ihre Worte bestrafen, aber sie ist schon so weit weg und zackt gerade um einige Felsen, dass er das sofort wieder aufgibt und sich mir zuwendet.
Mit kräftigen, aber schwerfälligen Schwingenschlägen kommt er höher und damit mir näher. Ich warte ruhig ab und als er seine Luftsäcke füllt um einen neuen Feuerstoß auf mich zu richten, lege ich meine Schwingen an und lasse mich einfach fallen - auf seinen Rücken, denn er hat nicht darauf geachtet, dass er sich fast genau unter mir positioniert hat. Ich drehe mich im Sturz in die richtige Position und ehe er reagieren kann, lande ich mit allen Vieren auf seinem Nacken. Mit den Füßen kralle ich mich in seinen Schultern fest und greife tief an seinem Hals nach unten, die Krallen meiner Finger schießen heraus und bohren sich tief in seine Schuppen. Er stöhnt kurz auf, es ist schmerzhaft, aber nicht tödlich, die Krallen eines Anthros, selbst meine sehr langen und schlanken Krallen, sind zu kurz um wichtige Organe oder an dieser Stelle wichtige Adern zu treffen - aber ich kann ihm starke Schmerzen bereiten. Und das mache ich, mit aller Kraft ziehe ich meine Krallen durch seine Schuppen, ziehe ihm auf jeder Seite vier tiefe Schnitte, die seine Schuppen durchtrennen und das Blut fließen lassen. Sein brüllender Schmerzensschrei und die verzweifelten Versuche mich abzuschütteln zeigen mir meinen Erfolg.
Schnell drehe ich mich um, schlage meine Fingerkrallen links und rechts von seiner Wirbelsäule in seinen Rücken und laufe mit Einsatz meiner Zehenkrallen gebückt zwei, drei Schritte seinen Rücken entlang, acht lange Schnitte in seinem Rücken entlang seiner Wirbelsäule zurücklassend. Auch diese nicht direkt gefährlich, nicht sehr tief und auch nicht alle durchschneiden seine Schuppen, aber alle Schnitte bluten stark und schmerzen anfangs extrem. Die Schnitte entlang des Rückens behindern zwar nicht direkt seine Flugmuskeln, aber der Schmerz besonders der zerschnittenen Schuppen ist so stark, dass er sich zwingen muss, weiter zu fliegen.
Ich springe über seinem Schwanz ab und steige sofort wieder mit kräftigen Schwingenschlägen hoch.
Der Rote brüllt jetzt zwar bei jedem seiner Schwingenschläge vor Schmerz, aber er gibt nicht auf. Er dreht wieder auf mich zu und versucht, mich mit einem Feuerstoß zu treffen, ich lasse mich wieder einfach fallen und tauche unter seinem Bauch durch, rolle blitzschnell, treibe meine Krallen in seinen Bauch und ziehe, ähnlich wie auf seinem Rücken, weitere Schnitte in seine Bauchschuppen, wenn auch nicht so lang, da die Schuppenplatten hier sehr hart sind. Wieder schreit er seine Schmerzen heraus und versucht mich zu greifen, fast hätte er mich auch erwischt, aber ich lasse mich gerade noch rechtzeitig wieder fallen und fange mich einige Meter unter ihm ab. Schnell gehe ich auf Abstand um ihn zu beobachten und ihm so auch einen Rückzug zu ermöglichen. Aber er greift stur wieder an, entweder er kann oder will nicht begreifen, dass ich selbst als Anthro von ihm kaum zu besiegen bin.
Wieder weiche ich im letzten Moment blitzschnell aus, tauche wieder unter seinen Bauch und nehme mir jetzt die Innenseiten seiner Arme und Beine vor, in die ich im schnellen Vorbeiflug meine Spuren ziehe. Auch diese Stellen sind mehr schmerzhaft als direkt lebensgefährlich, aber gerade hier fließt auch schon viel Blut.
Er gibt immer noch nicht auf. Ob er vor Schmerzen nicht mehr klar denken kann, der Blutverlust bereits wirkt - obwohl das noch nicht sein kann - oder der Stolz ihn treibt, weiß ich nicht. Es ist mir jetzt auch egal, meine menschliche Meinung zählt schon lange nicht mehr. Dieser Drache hat es verdient, vernichtet zu werden. Schon die Art seines hinterhältigen Angriffs auf mich, aber auch seine uneinsichtigen ständigen Angriffe, obwohl ich ihm bereits gezeigt habe, dass ich ihm selbst als Anthro überlegen bin, verdammen ihn dazu.
Sein Flug wird deutlich schwerfälliger, dadurch erhalte ich die Gelegenheit etwas Abstand zu gewinnen. Als Anthro dauert es zu lange ihn zu besiegen, also gehe ich in einen engen Kreisflug um ihm das Zielen zu erschweren und leite die Transformation ein. Wieder nimmt er Kurs auf mich, sieht wohl seine Chance, doch noch bevor er seinen Feueratem auf mich blasen kann, hat er einen Feral als Gegner vor sich, einen zornigen Feral... - ich weiche dem Feuer ohne Probleme aus, tauche unter ihm durch und schlage ihm einige weitere, jetzt tiefere, Schnitte in die Bauchschuppen. Mittlerweile blutet er so stark, dass er sogar eine Blutspur am Boden hinterlassen müsste. Sein Blut perlt bei jedem weiteren Angriff von meinen Schuppen.
Jetzt greife ich an, wende so eng es geht direkt vor ihm und peitsche dabei meine Schwanzspitze mit voller Kraft von unten gegen seinen Hals. Dadurch verkrampft seine Luftröhre kurz und er ringt nach Atem, taumelt unkontrolliert in der Luft.
Er fängt sich aber schnell wieder, versucht einen weiteren Angriff, doch sein Feuerstoß ist ungezielt, nur grob in meine Richtung und unregelmäßig, mein Schlag zeigt noch Wirkung. Ich jage über seinen Rücken hinweg, wende mit einem Immelmann und stoße auf seinen Rücken hinab. Mit Händen und Füßen kralle ich mich an ihm fest und bohre meine Krallen dabei tief in seine Muskeln. Er versucht, nach mir zu beißen, aber ich bin schneller und beiße mich, ein Stück hinter seinem Kopf in seinem Nacken fest, bis das Blut zu fließen beginnt. Der Rote versucht sich aus meinem Biss zu befreien und ruckt heftig seinen Kopf, ja seinen ganzen Körper hin und her, erst als hörbar seine Schuppen unter meinen Zähnen knirschen und ich schon deutlich seine Nackenwirbel spüre, begreift er die akute Gefahr, in der er jetzt schwebt. Sofort gibt er seinen Widerstand auf und erstarrt fast, was für mich das Problem bringt, dass wir jetzt durchsacken, da ich alleine uns beide nicht tragen kann. Vorher hatte er zwar gegen mich gekämpft, aber mir dabei auch geholfen, die Höhe zu halten. Wir sind durch den Luftkampf aber inzwischen so hoch gestiegen, dass noch reichlich Höhe vorhanden ist. Einen Moment warte ich noch ab um ihm zu zeigen, dass er mir ausgeliefert ist, dann löse ich den Biss und lasse ihn los. Sofort sackt er ein ganzes Ende durch, ehe er sich mühsam abfangen kann, immer noch in sicherer Höhe. Noch will ich ihn nicht töten...
Eigentlich müsste er jetzt verstanden haben, dass er mir deutlich unterlegen ist, dass ich ihn eigentlich jetzt schon hätte töten können, - einmal kräftig zugebissen und es wäre vorbei gewesen - aber immer noch will er nicht aufgeben. Mühsam kämpft er sich wieder hoch, sein Blick sagt mir, dass er es nochmal versuchen will - Ich begreife nicht, was ihn immer noch dazu treibt. Wäre er jetzt abgedreht, ich hätte ihn ziehen lassen, aber so...
Mir reicht es jetzt, ich mache Schluss mit ihm, er will es offensichtlich nicht begreifen. Mein Ehrgefühl als Drache verbietet es mir allerdings, ihn noch länger so weiter zu quälen, auch wenn mein Zorn es fordert. Immer noch entscheide ich mich gegen einen abschließenden Blitz. Aber trotz allem hat er es verdient, dass ich es wenigstens versuche, ihn zum Aufgeben zu bewegen, immerhin hat er sich ja standhaft immer wieder zum Kampf gestellt.
„Gib den Kampf auf, unterwerfe Dich und ich lasse Dich leben." -
„Du oder ich, Paladin. Ich bin bereit." -
Seine Stimme unterdrückt mühsam die Schmerzen, das ist deutlich zu hören.
„Wie Du willst."
Meine Antwort ist knapp und kalt. Auch wenn ich anerkennen muss, dass er zu Ende bringen will, was er angefangen hat.
Wir fliegen genau aufeinander zu. Ich beschleunige, ignoriere seinen Feueratem einfach und fliege ohne Probleme einfach hindurch. Zwar hat er noch einmal alle Kraft hineingelegt, sein Drachenfeuer ist kaum schwächer, als bei seinem ersten überraschenden Angriff, aber meine Schuppen wehren es ohne Schäden ab. Ganz erreicht er Eldflóðs Feueratem auch nicht, jedenfalls scheint es mir so. Vielleicht in fünf- oder sechstausend Jahren mit entsprechender Übung - aber das hat sich gleich erledigt für ihn. Kaum bin ich über ihm, schlage ich die Krallen meiner Finger - auch die meiner Flugfinger, ich habe meine Schwingen schnell halb gefaltet - in seine Flughäute und schlitze die Armhäute zwischen seinem Körper und dem kleinen Flugfinger vom Arm bis zum Ende in jeweils fünf Streifen. Wieder schreit er vor Schmerz laut auf und kommt sofort ins Trudeln. Ein wenig kann er sich noch mit den Flughäuten zwischen seinen Fingern bremsen, aber ein wesentlicher Teil seiner Schwingen flattert nutzlos im Wind.
Verzweifelt mit seinen Schwingen flatternd und vor Schmerz schreiend schlägt er hart auf dem Boden auf. Ein Stück rutscht er noch den Hang herab und bleibt dann auf einer Wiese neben einem Bach wie tot liegen. Aber er atmet noch, noch ist Leben in ihm, soll er es dort aushauchen, ich jedenfalls rufe meinen Sieg mit einem dröhnenden Triumpfschrei heraus. Dieser Narr, hätte er mich nach den Gebräuchen der Drachen herausgefordert, hätte ich ihm einen regelgerechten Kampf geliefert, den er ehrenvoll als verloren hätte anerkennen können. So aber ist ein ehrloser, elender Tod sein Los, es war seine Wahl, nicht meine. Allerdings hätte ein heutiger Drache ihn wohl jetzt erlöst und in die Kraft geführt. Ich aber bin noch einer der wilden, ersten Drachen. Ich habe kein Interesse daran, ihn zu schonen, ich will dass er elend verreckt für seine unehrenhafte Art wie er mich angegriffen hat.
Ohne mich weiter um ihn zu kümmern, fliege ich zurück in das Tal, wo sein Angriff begonnen hat. Das war gar nicht so weit weg von meiner Wohnstätte und unser Kampf hat uns bis an den Bergrücken meiner Höhle geführt, allerdings weiter oben in den Bergen.
Padmini taucht an meiner Seite auf, sie war offensichtlich die ganze Zeit in der Nähe.
„Willst Du ihn einfach so liegen lassen, Herr?" -
„Das geht Dich nichts an, Dracci!"fauche ich zurück. -
Padmini sieht mich erschreckt an, begreift aber, dass meine Stimmung nicht gegen sie gerichtet ist. Nur mein Zorn noch nicht verraucht ist und der Ursprüngliche Drache seine Emotionen vom Kampf erst wieder unter seine Kontrolle bringen muss.
„Ich verstehe, Isha Rajesh."
Auch wenn ihre offizielle Anrede die Erkenntnis tief in mir weckt, dass ich momentan sehr den alten Drachen auslebe, grunze ich nur halb bestätigend, halb beruhigend. Noch hat der Drache die Kontrolle, aber nach dem erfolgreichen Kampf fange ich mich schnell wieder - nur habe ich gerade keine Lust darauf, jetzt schon wieder diese unverständlichen menschlichen Emotionen und Gedanken zuzulassen. Das Leben ist als Drache einfach logischer und direkter. Der Mensch ist schon früh genug wieder dran.
Sie beobachtet mich, offensichtlich glaubt sie, die Gelegenheit sei jetzt günstiger, jedenfalls startet sie noch einen Versuch.
„Herr, erlaubst Du, dass wir nach ihm sehen?" -
„Nein."-
„Wie Du befiehlst Herr. - Verzeih, dass ich dennoch darauf hinweise, dass es nicht mehr viele von Deinem Volk gibt, Herr. Ich will Dich keinesfalls belehren, aber könnt ihr es euch leisten..." -
Ich fauche sie an.
„Dracci...!"-
„Ich gehorche, Herr. Nur habe ich Dich so verstanden, dass es meine Aufgabe ist..."
Mein kurzes wütendes Knurren lässt sie verstummen.
„Verzeih Herr, ich gehorche Deinem Befehl." flüstert sie noch. -
„Gut. - Ich verstehe Deine Gedanken. Aber die Großen brauchen keinen ehrvergessenen Drachen in ihrem Volk - und wäre er der letzte von ihnen, würde ich genau so entscheiden." -
„Herr, es ist doch Dein Volk." -
„Sie sind mir am nächsten, aber sie sind nicht mein Volk, mein Volk gibt es nicht mehr." -
„Herr...?" -
„Ja."-
„Verzeih, ich will Dir nicht ins Gewissen reden - aber die Großen haben Dich aufgenommen... und sind sie nicht die Nachkommen von euch Ältesten?" -
„Ja."-
„Verzeih Herr, das reicht mir als Antwort nicht." -
„Du verlangst von mir, dass ich Dir eine Erklärung gebe...?"-
„Ja." -
Ich war zu lange Mensch - ich kann nicht anders, als laut zu lachen. Mein kleiner Schatten ist frech bis zum Anschlag, aber mutig - und erfolgreich darin, meine Drachenseele zu bremsen.
Mein Heiterkeitsausbruch erschreckt sie, sie kann es wohl nicht einordnen, was das jetzt bedeutet. Jedenfalls nimmt sie mehr Abstand zu mir - was mich noch mehr belustigt. Wenigstens hat sie doch ein wenig Respekt vor mir - vor dem Drachen.
„Du hast Angst vor mir?"-
„Ja Herr, etwas. Ich habe noch nie gehört, dass ein Großer laut gelacht hat - ich weiß nicht, wie ich das deuten soll. Solche Gefühlsausbrüche bei euch Großen sind meist gefährlich." -
„Ich sagte ja, ich bin kein Großer - nicht ganz jedenfalls. Wir unterdrückten unsere Gefühle nicht so vollständig, wie unsere Nachfahren heute. Nur unseren Zorn versuchten wir zu bändigen, was dazu führte, dass wir auch andere Emotionen weniger zeigten. Für uns war es noch normal, laut zu lachen, aber auch unseren Ärger zu zeigen - das machte es mir einfacher unter den so stark emotionalen Menschen zu leben. Und ja, die Großen haben mich aufgenommen und ich bin ihnen dankbar dafür. Ich werde ihnen immer zur Seite stehen. -
Und bevor Du jetzt fragst, denn Dir scheint ja irgendetwas an dem Roten zu liegen: Er hat sich selber aus der Gemeinschaft ausgeschlossen und muss nun mit den Folgen zurechtkommen."-
Padmini ist wieder näher herangekommen, meine Erklärung scheint sie beruhigt zu haben.
„Verzeih Herr, ich weiß selber nicht, warum - aber ich habe kein gutes Gefühl dabei, ihn dort einfach verbluten zu lassen - oder verhungern. Vielleicht das Unbehagen der Krieger, selber so enden zu müssen..." -
„Ich verstehe. Aber Du wirst von mir keine Erlaubnis bekommen. - Erkläre Tyria die Situation, wenn sie Dir die Erlaubnis gibt, werde ich es akzeptieren." -
„Ja Herr. Danke für Dein Verständnis." -
Ich schnaube nur. So richtig weiß ich nicht, warum ich ihr erlaubt habe, Tyria mit einzubinden, denn Tyria wird ihr sicher erlauben, den Roten zu versorgen und seine Wunden zu behandeln. Tyria wird es als Strafe genug ansehen, dass er sich von Dracciern helfen lassen muss, wenn er überleben will. - Aber vermutlich dient Padmini mir gerade als das Gewissen, dass ich selber nicht zulassen will.
Wir sind langsam geflogen, denn unser Jagdgebiet liegt eigentlich kaum mehr als eine Stunde Fußweg von meiner Höhle entfernt. Ich lande mit einem kurzen Schwingenschlag in der Nähe unserer erlegten Beute - den drei übrigen, Padminis Beute ist ja im Feuer des Roten verglüht. Atum sitzt hier auf einem Felsen und wartet auf unsere Rückkehr. Er müsste das meiste von hier beobachtet haben.
„Das war ganz schön heiß vorhin. Ein interessanter Kampf, wie Du ihn langsam in der Luft zerfetzt hast. Ist er tot?" -
Ich bin die zwei Schritte zu ihm gegangen und halte ihm meine Hand zum aufsteigen hin. Er sieht mich fragend an, aber Padmini hat einen Finger auf ihre Lippen gelegt.
„Später - er ist jetzt mehr Drache als sonst."
flüstert sie ihm zu - akustisch, also für mich zu hören. Will sie mich so insgeheim darauf hinweisen, damit ich vorsichtig bin? -
Atum jedenfalls zögert.
„Drache...?" -
er tritt einen Schritt zurück und sieht mich eindringlich, aber auch zweifelnd an.
Nun, wenn der Pelzträger nicht will, soll er doch laufen...
Ich will mich schon wegdrehen um zurück zu fliegen als ich bemerke, wie Padmini in Richtung Atum nickt, und ich seine Hand auf meinem Daumen spüre.
„Verzeih mir Rahotep, Du weißt, dass ich die Drachen meide, ja fürchte. Aber Dich sollte ich nicht fürchten, nicht den, der einmal mein Welpe war. Bitte nimm mich mit." -
Ich stoppe sofort und öffne meine Hand wieder.
„Du solltest die Drachen nicht fürchten, Löwe. Und mich schon gar nicht, ob als Drache oder menschliche Seele. Komm Atum, Alter Freund. Ich brauche jetzt ein Bad und die Nähe eines Weibchens." -
Er grinst wieder, als er auf meine Hand steigt und sich hinlegt.
„Mir ist schon klar, dass Du an die Weibchen verloren bist. Für dich ist ein liebender Partner jetzt sicher von Vorteil. Aber sei unbesorgt, notfalls werde ich versuchen, Dir ein Weibchen nach Kräften zu ersetzen. Mein weiches Fell und ein klärendes Gespräch hat Dir früher doch oft geholfen." -
Die Erinnerungen des Menschen blitzen in mir auf.
„Ja, das haben sie. Ob es auch einem Drachen hilft...?" -
„Warum nicht? Wenn ich es richtig verstanden habe, war Rahotep doch eigentlich immer ein Drache, nur gut getarnt." -
Gar nicht so verkehrt, Löwe. Ich war tief in den Menschen, die ich beseelte, versteckt doch irgendwie immer dabei...
Ich grunze irgendwie undefiniert aber nicht unfreundlich, schaue kurz zu Atum, ob er bereit ist, schließe vorsichtig meine Hand und greife mit der anderen die drei Bergziegen. Kurz schaue ich zu Padmini, die mir zunickt und schon startet.
Hier unten im Tal ist nicht viel nutzbarer Wind, also richte ich mich auf, hebe meine Schwingen und stoße mich ab. Mit ein paar kräftigen Schwingenschlägen bin ich schnell hoch genug, um in den Gleitflug gehen zu können und habe auch bald einen brauchbaren Aufwind gefunden in dem ich mich in die Höhe kurbele. Ich gleite noch ein Stück weiter das Tal hinunter und finde einen neuen Thermikbart, der mich weiter nach oben bringt.
„Du liebst das Fliegen."
Atum nutzt die ruhige Luft um uns herum um mir seine Feststellung mitzuteilen. -
„Ja."-
„Schon als Mensch?" -
„Ja."-
„Warum seid ihr Drachen eigentlich immer so einsilbig?" -
„Bei den Großen heute ist es die Folge der strengen Kontrolle ihrer Emotionen. Wir Ursprünglichen mussten erst lernen, miteinander zu sprechen, sich über das notwendigste hinaus zu unterhalten." -
„Na also, Du kannst es also doch." -
„Habe ich aber erst bei den Menschen gelernt. Große Erce, was schnatterten die ständig untereinander... Erst spät habe ich begriffen, dass sie so ihre Intelligenz miteinander teilen und sogar verstärken konnten." -
„Ja, ein großer Vorteil der menschlichen Völker." -
„Doch warum bekriegen sie sich ständig untereinander? Kaum eine Gruppe kann ohne Fehde mit anderen Gruppen zusammenleben. - Das verstehe ich heute noch nicht. Wenn sich das jetzt auch unter uns Drachen ausbreitet..." -
„Du meinst den Roten?" -
„Ja. Es gibt nur wenig Regeln bei einem Kampf untereinander. Ich kenne als ursprünglicher Drache sogar noch weniger. Doch er hat alle gebrochen, wie ein Mensch..." -
„Du weißt selber, nicht alle Menschen sind so. Die meisten halten sich an die definierten Regeln." -
„Aber gerade Menschen brechen auch diese Regeln. Drachen nicht." -
„Wie gut kennst Du die Drachen?" -
Ich knurre nur als Antwort. Unwillig, nicht wütend. Er hat ja Recht, wie gut kenne ich die Drachen wirklich? Damals war ich noch jung, keine zweihundert Jahre alt und kannte nur wenige andere. Einige Weibchen, mit denen ich mich gepaart hatte und ein paar Männchen, die ich aus meinem Revier vertrieben habe oder mit denen ich eine friedliche Nachbarschaft pflegte. Nur ein Weibchen, die im Vergleich zu den anderen - zumindest mir gegenüber - sehr friedlich und umgänglich war und zwei benachbarte Männchen kannte ich näher und war öfter mit ihnen zusammen. - Und die heutigen? Wenn ich ehrlich bin, kenne ich nicht einmal Tyria oder Tascha wirklich. Natürlich wird sich das noch ändern, aber jetzt? Ich habe mich Hals über Kopf in sie verliebt und bin praktisch im Stand der Ehe mit ihnen, aber erst jetzt lerne ich beide so langsam kennen. Gerade bei Tyria wird das wohl noch ein paar hundert Jahre dauern, aber das ist normal für uns Drachen, auch für uns Erste.
Meine Höhle taucht vor uns auf und ich kreise langsam tiefer, Padmini fliegt voraus, einen Moment später lande ich auch sanft auf der Grasfläche vor dem Höhleneingang. Ich lasse Atum absteigen und lege die Bergziegen ab, um die sich sofort zwei der neuen Draccier kümmern.
Ihre Namen werde ich mir noch merken müssen... - interessant, wie sehr die Gedanken des Menschen für mich wichtig sind. Als Großer wären mir ihre Namen wohl gleichgültig - als Ursprünglicher ist es mir zwar nicht ganz egal, aber auch nicht besonders wichtig.
„Padmini, zeige Atum den kurzen Weg in meine Räume. Wie der Mensch ihn so kennt, ist er nicht wasserscheu und mag ein warmes Bad jetzt sicher gerne. Ich nehme den Feral-Weg." -
Atum nickt und deutet eine Verneigung an. Er spürt wohl den Drachen in mir und ist lieber vorsichtig, auch wenn es dafür keinen Grund gibt.
Kaum habe ich die Höhle betreten, kommt Jaya aus ihren Nebenräumen.
„Verzeih Herr, ich wurde gerade erst über Deine Rückkehr informiert." -
Ich nicke.
„Du hast jetzt ja auch andere Aufgaben. Ist etwas wichtiges passiert? Sonst lass uns später drüber sprechen." -
„Nein, nichts worüber Du entscheiden müsstest Herr. - Wie ich sehe, bist Du offenbar unverletzt, wir hörten Rufe und Schmerzensschreie eines Drachen." -
„Ja, ich musste kämpfen. Lass es Dir von Padmini erzählen, ich bin jetzt nicht in der Laune dazu." -
„Ich verstehe, Isha Rajesh. Ich spüre den Drachen, verzeih, dass ich Dich aufgehalten habe." -
Ich lasse ein abwehrendes Grunzen hören.
„Auch dem Drachen bist Du die Schwertmeisterin und vertrittst Tascha in der Verwaltung meines Hauses. Es ist also Deine Pflicht mir zu berichten, Du hältst mich damit nicht unnötig auf." -
„Danke Isha Rajesh." -
„Wofür?"-
„Dass mir auch der Drache jetzt das Vertrauen schenkt." -
Knurrend schüttele ich den Kopf.
„Unsinn."-
„Wie Du befiehlst, Isha Rajesh." -
„Noch mehr Unsinn..."knurre ich und mache mich auf den Weg in meine Räume, eine irgendwie belustigt wirkende Dracci zurücklassend.
Natürlich ist mir klar, was sie mir damit sagen wollte, denn ihre heimliche Furcht war wohl immer, dass nur die menschliche Seele sie akzeptieren würde, der ursprüngliche Drache dagegen nicht. Aber die beiden Seelen sind eins, auch wenn der Mensch meine Denkweise noch fürchtet. - Nun, vermutlich ist ihm das Denken eines Drachen ebenso fremd, wie mir das Denken der Menschen einst war - er wird sich dran gewöhnen. Und wir kommen ja so oder so zum selben Ergebnis, nur bin ich gradliniger, härter, emotionsloser im Denken. Ich denke als Raubtier, als Beutegreifer, als der Spitzenprädator, der ein Drache nun mal ist. Er schafft es, aus seinem Drachenhirn das Denken einer Beute heraus zu pressen. Zugegeben, einer sehr erfolgreich überlebenden Beute, die heute die meisten ihrer ehemaligen Raubfeinde überflügelt hat. Schon überraschend, dass ein Drache wie ein Mensch denken kann. -
Wie bin ich darauf gekommen? - Ach ja, Jaya und ihre Befürchtung, nicht von mir anerkannt zu werden... - Ich bin wirklich zu lange bei den Menschen gewesen, wenn ich so in Gedanken abschweife, schließlich bin ich ein Drache... - Aber es lenkt mich auch von den düsteren Gedanken über diesen verdammten Roten ab.
In der Zeit bin ich mit einem leichten Trab durch die Gänge und die große Halle gelaufen und bin nun in meiner Wohnung angekommen. Direkt, ohne weiter rechts oder links zu schauen gehe ich ins Bad und gleite in das große Becken, mit leeren Luftsäcken lasse ich mich auf den Grund sinken und das - ziemlich heiße - Wasser auf mich einwirken.
Klar, Tyria war zuletzt hier und sie mag es ja deutlich wärmer als ich. Aber um ehrlich zu sein, ist jetzt das heiße Wasser genau richtig, um meine Anspannung zu lösen. Hoffentlich ist Atum schlau genug, erst die Temperatur zu prüfen, bevor er hier reinspringt. Meine Wohlfühltemperatur dürfte für ihn ja schon hart an der Grenze sein, aber Tyrias 70 oder 80° würden ihn langsam gar kochen. Säuger vertragen diese Temperaturen nicht, ohne Schaden zu nehmen. -
Schon wieder treiben meine Gedanken ab. Bald werden die menschlichen Gedanken wieder mein Handeln kontrollieren. Nun, ich habe mich mit meiner Menschenseele abgefunden und beobachte mich dabei, wenn ich wie ein Mensch denke. Interessant wie umständlich die Menschen denken, wie emotional sie denken. Dass sie erfolgreich denken ist mir ja hinlänglich bekannt. - Eigentlich müsste ich doch wissen, wie sie denken, aber nachdem mir die Erinnerung an die vorherigen Leben blockiert worden ist, habe ich leider auch vergessen, dass ich mal ein Drache war und mir fehlte so jeder Kontakt zu meiner eigentlichen Seele. Daher wohl auch diese merkwürdige Zweiteilung meiner Seele jetzt, die die Menschen vermutlich als Geisteskrankheit missverstehen würden. Irgendwann werden meine Seelen schon zusammenfinden und sich ganz als eine einzige verstehen. Ich habe ja einige tausend Jahre Zeit dazu.
Von rechts kommt eine kalte Strömung, ich tauche hin und bemerke, dass diese Strömung aus dem kleinen Anthrobecken kommt. Da dürften höchstens 40° drin sein, also hat Tyria nur das Feralbecken hochgeheizt, das Anthrobecken hat säugerkompatible Temperatur.
Ich tauche zum Atmen auf und bin gerade rechtzeitig oben um Tyria hereinkommen zu sehen.
„Ist es nicht eigenartig, dass wir Drachen das Wasser so lieben, besonders heißes Wasser... Aber ist Dir meine Temperatur nicht zu warm?" sagt sie lächelnd, als sie meinen Kopf auftauchen sieht. -
„Ja, eigentlich schon - beides. Den Grund weiß ich selber nicht, wir Ursprünglichen waren schon gerne im Wasser, ich hatte einen schönen Badesee in meinem Revier, in dem ich mich an heißen Tagen gerne abgekühlt habe. Wir bevorzugten deutlich kühlere Umgebungen als ihr heute. - Merkwürdig, dass ich mich gerade jetzt daran erinnere..."-
Tyria langt mit ihrem linken Schwingenarm zum Wasserzulauf und leitet etwas mehr kaltes Wasser in das große Becken.
„Ah ich verstehe, deshalb bist Du also so kalt im Vergleich zu uns heutigen Drachen. Eure Körpertemperatur war damals wohl niedriger - heute würde sich kein Drache im kalten Wasser abkühlen wollen... Wenigstens bist Du nicht krank oder so etwas. -
Dein Schatten hat mir eben alles kurz berichtet. Unverständlich, was den Roten dazu getrieben hat. So etwas machen auch wir heutigen Drachen nicht." -
„Sie war also schon bei Dir... Eigentlich ist es zwar unwichtig, aber wie hast Du entschieden?" -
„Wie Du sicher erwartet hast, habe ich ihr die Erlaubnis in Deinem Namen gegeben." -
Tyria gleitet ebenfalls ins Wasser und ich sehe ihren Kopf auf mich zu kommen.
„Ja, vielleicht ist meine menschliche Seite doch nachsichtiger ihm gegenüber und hat mich geleitet. - Du weißt also auch nicht, was passiert sein könnte. Naja, wenn die Draccier ihn am Leben halten können, wird er es ihnen vielleicht erklären." -
Ich schnuppere den zarten Duft von Tyria, der jetzt über dem Wasser schwebt und sofort beginnt mein Zorn sich weiter in die Tiefe meiner Emotionen zurück zu ziehen. Sie scannt geradezu mein Gesicht und meinen Kopf.
„Du hast diesen menschlichen Einfluss auf Dich akzeptiert? Du warst doch ganz Drache? Selbst jetzt fehlt noch der menschliche Hauch in Deinem Geruch. - Komm, lass Dich ansehen. Welche Wunden hat er Dir zugefügt? Das Gesicht ist zum Glück unverletzt..." -
Sie taucht unter und ich spüre ihre Hand sanft über meinen Hals gleiten. Auch ich tauche wieder unter und beobachte wie sie sich meinen Körper genau ansieht und dabei immer mit den Händen Körperkontakt hält. Sie weiß, dass sie mich so dazu bringt, dabei still zu halten. Ich lasse sie suchen, hebe meinen Kopf wieder aus dem Wasser und genieße ihr sanftes Streicheln.
„Ja, ich akzeptiere die Meinung meiner menschlichen Seite - sie ist ja letztlich auch meine. Und er erlaubt mir auf eine Art zu denken, die einem Drachen eigentlich verborgen bleibt. Keine Sorge, meine menschliche Seele lässt mich jetzt nur ein wenig gewähren und beobachtet seine dracoide Seite interessiert. -
Ich weiß nicht, der Rote hat mich zwei- oder dreimal berührt, wie ich mich jetzt erinnere, aber Wunden habe ich nicht bemerkt."-
„Es scheint auch kaum etwas zu sein. Ein Kratzer hier oder da. Es wird kaum etwas zu sehen sein. - Ah, noch ein Schnitt am Schwanz, nicht tief, aber eine leichte Narbe wird bleiben." -
„Stimmt, aber das war mehr meine eigene Schuld. Am Ende wurde ich etwas nachlässig und habe mit dem Schwanz seine Fußkralle getroffen. Er schlug schon gar nicht mehr nach mir." -
Plötzlich spüre ich eine Zunge in meiner rechten Kiefergrube, Tyria testet meinen Geruch. Zwar züngeln Drachen nicht zum riechen, aber wir können auch mit der Zunge Gerüche an unsere Riechzellen bringen. Unter Wasser, wie jetzt beispielsweise sehr praktisch.
„Der Mensch wird stärker in Dir. Verzeih, aber ich bin glücklich darüber, dass Dir die menschliche Seele auch jetzt erhalten bleibt." -
„Eine offensichtlich egoistische Einstellung."stelle ich fest. -
„Offensichtlich."
Tyria schwimmt um mich herum und zwängt sich rücklings von hinten zwischen meinen Beinen hindurch, bis sie auf voller Länge mit vollem Kontakt unserer Bauchschuppen unter mir liegt, ihren Schwanz und Hals ebenfalls gegen meinen schmiegt und schließlich ihre Kehle gegen meine legt, sie bleibt dabei vollständig unter Wasser. Ich spüre die sanften Schwingungen ihres Gurrens in meiner Kehle.
„Sehr offensichtlich" flüstert sie.
Ich kann mich nicht zurückhalten - warum auch - ich beginne zu schnurren. Was für ein Glück hat dieser Mensch in einem Drachenkörper doch. Gewinnt einen anfangs eigentlich hoffnungslos ungleichen Kampf, denn seine Art zu Kämpfen war ausschlaggebend. Ein Drache wäre viel direkter vorgegangen und natürlich sofort als Feral. - Und anschließend bietet ein Weibchen ihm recht deutlich die Paarung an. Der Drache alleine hätte da viel mehr machen müssen, nur um überhaupt beachtet zu werden.
Die deutlich spürbaren Schwingungen einer sich schnell nähernden Feral - sprich Tascha - lässt Tyria seufzen, ein paar Luftblasen aus ihren Nüstern blubbern um meine Schnauzenspitze.
„Sie würde mir sicher den Vorrang geben, aber es ist ihr Tag. Ich habe keinen Grund, ihr das zu nehmen. Verzeih mein Sternenhimmel."
Tyria löst ihren engen Kontakt und schiebt sich langsam wieder unter mir heraus.
Draußen enden die Galoppschritte und Tascha bricht geradezu in das Bad herein.
„Du warst das? Bist Du wahnsinnig geworden? Kämpfst als Anthro gegen einen Feral? Und das war ein Großer? Was hat Dich dazu getrieben? - Großer, mach mir nicht solche Angst... Ist Dir etwas passiert?"
Mit aufgerissenen Augen stoppt sie gerade noch rechtzeitig am Beckenrand. -
Tyria, die jetzt neben mir im Wasser treibt, hebt ihren Kopf neben meinem aus dem Wasser.
„Sei unbesorgt, Natascha. Unserem geliebten Gebieter ist nichts ernsthaftes geschehen. Ein paar Kratzer am rechten Arm, linken Oberschenkel und am Schwanz. - Verzeih, dass ich mich vor Dir um ihn gekümmert habe." -
Tascha ist sichtlich erleichtert.
„Oh Tyria, Herrin. Das ist doch unwichtig. Nur unser Herr ist wichtig. Ich bin glücklich, dass Du Dich um ihn sorgst. - Eldingar, Herr, - warum?" -
„Ich habe nicht freiwillig gekämpft. Der Rote hat mich aus dem Hinterhalt angegriffen, als ich als Anthro mit Atum - den wirst Du bald noch kennenlernen - und Padmini gejagt habe." -
Tascha gleitet jetzt auch Kopfüber in das Becken und ihr Kopf taucht direkt vor uns wieder auf. Ihre Augen funkeln immer noch erregt.
„Aber warum als Anthro - gegen einen Großen Feral. Das ist doch Wahnsinn." -
Ich muss lächeln.
„Du ahnst nicht, wie stolz ein Mensch sein kann, wenn seine Ehre angegriffen wird. Und auch der Mensch fühlte sich in der Ehre verletzt, als ein Großer ihn so hinterrücks angegriffen hat. Mehr noch, als der Drache. - Als Drache wollte ich ihn nur besiegen, als Mensch gnadenlos vernichten - vor allem auch seinen Ruf für alle Zeiten. - Ja... Menschen können sehr nachtragend sein." -
„Aber..." -
„Ich habe nach dem ersten überraschenden Angriff dann schnell erkannt, dass der Rote kein besonders wendiger Flieger ist. Das hat mich - meine menschliche Seite - dazu gebracht, ihn für den schändlichen Überfall richtig zu bestrafen, ihn als Anthro zu besiegen. Ich sage ja, Menschen können sehr gemein sein, wenn sie jemanden strafen wollen. So etwas wäre mir als Drache nie eingefallen - aber es hat dann sehr bald Spaß gemacht - nein, es war befriedigend, Spaß hatte ich nicht dabei, aber es hat meinem Zorn geschmeichelt, ihn so zu vernichten..."ich atme tief durch.
„Verzeiht ihr beiden, ich habe mich nicht wie ein Drache, ein Paladin verhalten."
Meine menschliche Seite übernimmt jetzt wieder die Kontrolle.
Tyrias Augen blitzen zornig auf.
„Jetzt Eldingar, jetzt redest Du Unsinn. Ja, ein Drache wäre nie auf den Gedanken gekommen als Anthro gegen einen Feral zu kämpfen. Aber dass Du es gemacht hast, stärkt Deinen Rang als Paladin noch. Du hast ihn auf härteste Weise bestraft, geradezu vernichtet. Wenn Du ihm jetzt noch... - aber offensichtlich kann ich das nicht von Dir fordern..." -
Tascha schüttelt heftig den Kopf, während sie meinen Hals und meine Brust streichelt.
„Nein. Warum sollte er ihm offiziell verzeihen? Ich habe es in der Ferne gesehen, wie der Rote schnell über das Tal flog und seinen Feueratem auf den Boden richtete, dann kurvte er herum und blies noch ein paar Mal sein Feuer auf den Boden, dazwischen erwehrte er sich einem kleinen Anthro - es muss Padmini gewesen sein - die um ihn herumschwirrte. -
Verzeih, ich wusste ja nicht, dass er ein Großer ist und Du es warst, der da angegriffen wurde, auch wenn ich ein ungutes Gefühl bei der Beobachtung hatte. Es hätte sehr gut ein Drakarin sein können, der eine Fehde mit einem anderen hatte. Ich habe das ganze nur aus der Ferne beobachtet um Dir zu berichten - und ich kann nicht so gut sehen, riechen und hören wie ihr..." -
„Mache Dir darüber keine Gedanken."
Ich versuche sie zu beruhigen, es scheint sie doch sehr zu belasten, mich da im Kampf gesehen zu haben und mir nicht zur Hilfe gekommen zu sein. -
Tascha schüttelt heftig den Kopf.
„Ich hätte es doch spüren müssen. - Gut es war spannend zu sehen, wie Du ihn immer wieder ausmanövriert hattest und unter ihm durch getaucht bist. Seine Schmerzensschreie sagten mir, dass der Anthro ihm überlegen war und ihn verletzte. - Oh Eldingar, nur eine falsche Wende, nur einmal nicht aufgepasst..." -
„Damit wirst Du leben müssen, wenn du an meiner Seite bleiben möchtest. - Das gilt für euch beide. Unterschätzt den Stolz und die Kampfbereitschaft des Menschen nicht. Ich war zwar als Mensch zuletzt friedlich und wollte nicht kämpfen. Aber die Menschen können jederzeit zum Kämpfer werden, wenn sie sich dazu gezwungen sehen." -
In Tyrias Augen brennt ein stolzes Feuer.
„Dann bist Du also mehr Drache, als ich gedacht hätte. Und als Mensch uns näher, als viele von uns glauben würden. Ein würdiger Partner, den ich für mich gewonnen habe. - Verzeih Natascha. Aber so solltest Du es auch sehen." -
Aber Tascha sieht weiter eher besorgt aus.
„Ich kenne aber auch den Leichtsinn der Menschen. Wie leichtfertig sie ihr ohnehin zerbrechliches und kurzes Leben oft aufs Spiel setzen. Zugegeben ist Dein Leben jetzt nicht mehr so zerbrechlich und vor allem alles andere als kurz, aber..." -
Sie stockt. In ihrem Blick liegt die Bitte um Verzeihung - sie hatte ja versprochen nichts über meine Lebensspanne zu verraten, auch wenn die Andeutung harmlos war.
Ich züngele ihr kurz über die Nüstern.
„Sei unbesorgt, ich passe auf den Menschen auf, damit er keinen Unsinn treibt." -
„Ja, bitte tue das." -
Sie wirkt ernsthaft besorgt. Tyria legt ihren Kopf an Taschas und reibt sanft ihre Wangen aneinander.
„Ich bin ja auch noch da und werde aufpassen, dass die menschliche Seele keinen Unsinn treibt." -
„Es ist ja nur, weil ich..." -
Ich schüttele den Kopf.
„Hey, mach Dir keine Gedanken darum. Ich hätte nie zugelassen, dass Du mir dazwischen funkst, das war meine Sache. - Und nun Schluss damit. Ich will nichts mehr davon hören." -
Zum Glück stehen jetzt Atum und Padmini im Eingang. Eine willkommene Ablenkung für mich von diesem Thema.
Atum sieht sich erstaunt um.
„Bei allen Göttern Ägyptens - was für eine Höhle... und dann dieses riesige Becken... da könnte ich sogar vergessen, dass gleich drei Drachen da drin schwimmen..." -
Padmini hält ihn sicherheitshalber am Arm fest.
„Sei vorsichtig, Löwe. Ich wollte da auch schon reinspringen - zum Glück hatte ich die Eingebung, erst mal nur die Zehen ins Wasser zu stecken. - Nun, wäre ich reingesprungen, hätte es heute Abend gekochte Dracci zum Essen gegeben... - Drachen mögen es warm, auch wir Draccier, aber so heiß vertragen wir es nicht mehr. Das da ist kurz vor dem sieden..." -
Tyria lächelt.
„So warm ist es noch nicht, weit weg von einem erfrischendem Magmabad..."
Ihr Lächeln bekommt so einen leicht hinterhältigen Hauch. -
„Das aber auch nichts für mich wäre..." bremse ich sie, schließlich ist auch für sie ein
Magmabad nicht wirklich angenehm, wie sie mir ja verraten hatte.
„Atum, Tyria, ihr habt euch ja bereits kennengelernt. - Tascha, ich darf Dir Atum vorstellen. Ein Anthrolöwe, der in meiner Welt drüben geboren wurde und den ich vor etwa dreitausenddreihundert Jahren als meinen Freund - als meinen Erzieher und väterlichen Freund - eine Zeitlang auf die Nerven gehen durfte. - Atum, dies ist Natascha, ebenfalls meine Partnerin und die erste Drachin, die ich lieben durfte, auch wenn sie sich mir am Anfang verschlossen hatte." -
Atum verneigt sich formvollendet.
„So grüße ich denn auch die zweite Partnerin meines Freundes. - Doch verzeiht, ich bin etwas verwirrt. Soweit ich bisher beobachten konnte, hat ein Drache im allgemeinen nur eine feste Partnerin, mit der er sich paart. Auch wenn sie meist nur selten zusammen sind. - Aber ich muss wieder gestehen, dass es Beobachtungen aus der Ferne und Berichte Dritter sind. - Du weißt, ich habe die Drachen stets gemieden." -
Tascha betrachtet ihn interessiert.
„Ich grüße den Freund meines Partners. - Ich habe noch nie von einem Anthrolöwen gehört, verstecken sich alle vor den Drachen?" -
„Nein, ich bin alleine in dieser Welt - wie ich bereits seit einiger Zeit alleine in der Welt Rahoteps war. - Eldingar ist ja jetzt sein Name, entschuldige. Mein Volk stammt aus noch einer anderen Welt, wir sind vor etwa zehntausend Jahren als Helfer und Lehrer in die Welt der Menschen gekommen, ich war einer der wenigen, die dort geboren wurden und der einzige, der die - wie ich jetzt weiß - Last der Langlebigkeit zu tragen hat." -
„Und Du bist meinem Gebieter jetzt hierher gefolgt?" -
„Nein. Ich bin damals, kaum dass der kleine Menschenjunge, der jetzt dreitausenddreihundert Jahre später als Drache vor mir steht, erwachsen genug war, in diese Welt gekommen, um einem Streit auf Leben und Tod mit einem der Menschenkönige aus dem Weg zu gehen." -
Ich sehe, dass Tascha weiter fragen will.
„Bitte nicht jetzt, Tascha. Atum kann uns später bei einem Becher Wein die Geschichte erzählen. - Atum, wenn Du auch ins Wasser steigen möchtest, wird Padmini Dir das Anthro-Becken zeigen, dort ist die Temperatur momentan auch für Säuger geeignet." -
Tascha nickt.
„Oh ja, es ist schon ganz schön ... warm... hier drin..." -
„Und ich habe die Temperatur schon gesenkt..." wirft Tyria ein.
Atum grinst.
„Du vergisst, mein junger Freund, dass ich auf das Wasser Einfluss habe." -
Er geht zum Beckenrand, schließt kurz die Augen und lässt sich dann mit den Füßen voran ins Wasser gleiten. Kurz bevor er das Wasser berührt, sehe ich wie sich eine Art Wasserlinse aufwölbt, in die er eintaucht. Ich beginne zu begreifen, dass er sich eine Wasserblase mit einer für ihn angenehmen Temperatur schafft, die ihn einhüllt und gegen das heiße Wasser schützt. Ein interessanter Teil seiner Fähigkeit, die sicher umgekehrt auch im Eiswasser funktioniert.
Grinsend taucht er wieder auf.
„Also, ich finde es gar nicht zu heiß hier drin..."
er dreht sich zu Padmini um.
„Aber Du solltest lieber nicht hier reinspringen, lass Dich nicht täuschen, hätte ich nicht eine gewisse Kontrolle über das Wasser, würde ich hier drin sicher heftige Verbrühungen erleiden."
Padmini hockt sich vor das Becken und lässt ein wenig den Kopf hängen.
„Ich verstehe..." -
Atum schwimmt zu ihr hin langt aus dem Wasser und legt seine Hand auf ihre.
„Hey, junge Drachin. Nicht traurig sein, Du kannst so vieles, was ich nie beherrschen werde. Du kannst fliegen, schleichst Dich an, dass jeder Löwe neidisch wird - ehrlich, ich habe Dich erst bemerkt, als Du auf Deine Beute zugesprungen bist. Dazu schützen Dich Deine Schuppen - lass mir ein wenig Wasser, dass ich kontrollieren kann." -
Padmini sieht ihn nachdenklich an, dann lächelt sie.
„Danke Löwe. Nur eine kurze Unpässlichkeit." -
„Atum." -
„Ja, verzeih, Atum." .
Er nickt, dreht sich um und beginnt, durch das Becken zu kraulen, wählt seinen Kurs aber so, dass er möglichst mich zwischen sich und meinen beiden Drachinnen hat.
„Ah, hier kann man sich ja richtig entspannen und auch mal richtig schwimmen. Ich muss schon sagen, dass ihr Drachen es versteht zu leben." hören wir ihn, während er seine Bahn zieht.
Padmini verabschiedet sich, sie will sich noch um 'verschiedenes' kümmern, sichtlich bemüht mich nicht damit zu reizen, dass 'verschiedenes' der Rote sein wird.
Tascha erklärt kurz die Besonderheit unserer Dreiecksbeziehung.
„Atum, um Dir Deine Frage zu beantworten. Ja, Drachen haben über lange Zeit eine feste Partnerin. Aber wie Du erkannt hast, sind sie nur selten zusammen, die Weibchen der Großen bevorzugen ihre Selbständigkeit. Wie Tyria uns gesagt hat, haben daher manche Männchen eine Nebenpartnerin. So selten ist es also nicht, dass Drachen mehrere Partnerinnen haben. Eldingar hat es nur offiziell gemacht und auch Tyria hat mich anerkannt als seine Partnerin." -
„Du bist doch aus dem anderen Drachenvolk. Eigentlich habt ihr doch nur selten Kontakte miteinander. Jedenfalls habe ich das so beobachten können." -
Atum zieht jetzt ruhig seine Bahnen.
Tascha kümmert sich jetzt auch mehr um mich und meine kleinen Verletzungen, während sie weiter antwortet. Darin sind sich die Drachenvölker ziemlich gleich, dass sie sich oft nicht so auf den Gesprächspartner konzentrieren, wie es die Menschen überwiegend machen.
„Ja, wir Drakarin, wie wir uns nennen, meiden eigentlich die Großen Drachen nach Möglichkeit. Obwohl es auch einige gibt, die den Großen Dienste leisten, aber die meisten gehen ihnen aus dem Weg. Ich eigentlich auch immer, ihre Weibchen mögen eine Drakari nicht besonders und die Männchen sehen in einer Drakari nur eine potentielle Paarungsgelegenheit mit einer, die in ihren Augen noch gerade mal so drachenähnlich ist."
Ihr Kopf, den sie unter Wasser hatte um, wie vorhin Tyria, meinen Körper zu inspizieren, erscheint plötzlich wieder an der Oberfläche. Ihr Blick zeigt Unsicherheit.
„Darf ich einem Fremden gegenüber so frei sprechen - verzeih, aber - nun wenn Du zulässt, dass er hier mit uns badet, dachte ich..." flüstert sie mir zu. -
Mit einem Grinsen züngele ich kurz über ihre Nüstern.
„Er ist ein alter Freund aus einem anderen, früheren Leben. Ja, Du darfst ihm gegenüber frei über uns sprechen." flüstere ich zurück.
Und laut ergänze ich die Erklärungen.
„Für mich war sie aber mehr als nur drachenähnlich, als sie so, nur noch mit einem leichten Schurz bekleidet da auf einem Lager vor mir lag. Das war, nachdem sie mir ihr Schwert um die Schuppen gehauen hat und ich sie mit einem Blitz ruhigstellen musste... Ab dem Zeitpunkt begann ich, mich in sie zu verlieben, auch wenn ich es zuerst nicht so recht wusste und wohl auch nicht wahrhaben wollte. Und mir war es egal, dass sie eine Kleine war und andere sie als nicht standesgemäß als Lebenspartnerin für einen Großen erachten.
Aber da sie sich mir anfangs verweigerte, was ich schweren Herzens akzeptierte, hatte Tyria umso leichteres Spiel mit mir. - Wobei ich mich auch sehr schnell in sie verliebt habe und nachdem sie mich mit der Paarung geradezu überrumpelt hatte, war für mich eigentlich klar, dass Tyria nun meine Lebenspartnerin sein wird. - Und Tascha ihre Gelegenheit verpasst hatte." -
Tyria sieht mich mit nach links gelegten Kopf an.
„Überrumpelt...?" -
„Mit einer unerwarteten Handlung so überrascht, dass ich versäumt habe, mich dagegen zu wehren. - Zugegeben eine sehr angenehme Handlung, gegen die ich mich eigentlich auch nicht hätte wehren wollen." -
„Ah. So hast Du es also gesehen..." Sie grinst.
„Aber Du hast mich auch überrumpelt. Ich wollte Dich zum Partner, schon als ich Dich gesehen und gerochen hatte, aber dass es so schnell geht. - Einer der Gründe, warum ich Tascha dann als Deine feste Nebenpartnerin akzeptiert und sie davon überzeugt habe. Eigentlich brauchen wir Großen sehr viel länger, um eine feste Lebenspartnerschaft zu begründen. Die Drakarin sind da spontaner." -
„Erce erwähnte etwas in der Art. - Hast Du schon einen Plan, wann Du Dich zurückziehen wirst?" -
Tyria schüttelt den Kopf.
„Nein. Du wirst mich noch mindestens einen oder zwei Mondläufe ertragen müssen." -
„Für ein Männchen und erst recht für einen Menschen eine eher leichte Prüfung." -
Tyria zieht eine Augenbraue hoch, eine ungewohnte Geste bei Drachen, die sie irgendwie ernst aussehen lässt.
„Abwarten... noch kennst Du mich nicht wirklich."
Was will sie mir damit nun wieder sagen...?
Aber sie lächelt schon wieder.
„Schau nicht so verzweifelt. Ich will damit nur sagen, dass wir uns erst noch richtig kennenlernen müssen. Die Tage bisher waren sehr schön, aber wir sind auch benebelt durch dieses wunderbare Gefühl der Liebe - das ich bisher noch nie so zugelassen habe wie jetzt." -
„Ich höre da die Drachin heraus..." -
„Natürlich. Ich war und bin immer eine Drachin. Menschen kenne ich nur sehr oberflächlich als unterwürfige Kreaturen mit interessanten Eigenschaften, die mich fürchten oder wie in Deiner Welt sogar versuchten mich zu töten." sie lächelt böse...
„Mit einer Ausnahme, dem Jagdaufseher, der in mein Versteck gestolpert ist und den ich in den paar Tagen ein wenig näher kennenlernen konnte, ein wenig, denn er konnte seine Furcht vor mir ja nie wirklich ablegen. Du hast mir damals gezeigt, dass einige Menschen trotz Todesangst auch Fremde achten können und hilfsbereit sind. -
Aber es ist sehr angenehm in Deiner Gegenwart meine Gefühle einfach zulassen zu dürfen, was ein anderer Drache nie verstehen würde." -
Ich verkneife mir die Frage, warum sie es bei mir macht - eigentlich ist es mir klar: ich bin irgendwo immer noch ein Mensch und lasse Gefühle bei mir zu. Und ohne darüber nachzudenken eben auch bei anderen.
Ist sie auch deswegen so verliebt in mich? Weil sie nach beinahe zehntausend Lebensjahren endlich einmal einem anderen Drachen gegenüber ihre Gefühle ein wenig zeigen darf? Aber das ist eine Angelegenheit von uns beiden alleine, nichts für eine öffentliche Diskussionsrunde.
Atum unterbricht meine Gedanken.
„Du hast also zwei Partnerinnen und der kleine Wildfang hängt auch noch an Deinem Schwanz... Rahotep, mein Kleiner, ich bedauere Dich. Weibchen... und dann gleich zwei... - und Dein einziger Vertrauter hier ist auch noch ein Weibchen, deinen Schatten meine ich. - Ich sehe schon, ich muss unbedingt hier bleiben, damit Du wenigstens ein Männchen hast, an dessen Brust Du Deine Sorgen loswerden kannst..." -
Tyria schmunzelt, sie weiß ja schon von unserer engen Verbindung damals.
„Ach, das haarige Ding nennt er Brust...?" -
„Verehrte Gemahlin meines Freundes. Euer Gatte hatte als Kind mein Fell sehr geliebt und sich gerne darin eingekuschelt." kommt von Atum mit eindeutig gespielter Verstimmtheit, seine Stimme kann sein breites Grinsen nicht verleugnen. Er mochte früher schon solche Frotzeleien sehr gerne und trifft bei Tyria damit durchaus auf Verständnis.
Tascha sieht mich fragend an.
„Darf ich ...?" flüstert sie mit einer eindeutigen Geste. Sie ist nun mal als Kriegerin aufgewachsen. -
Ich nicke.
„Er wird es schon vertragen." flüstere ich zurück. -
In leicht schnippischen Tonfall antwortet sie darauf laut.
„Nun, wenn mein geliebter Herr Dein Fell so liebte, wird es Dir sicher nichts ausmachen, wenn ich es ihm als Bettvorleger zum Geschenk mache..." Sie dreht sich halb zu ihm um, betrachtet die Krallen ihrer rechten Hand und lässt ihre Kiefer laut zusammenklappen. -
Von Atum kommt ein Prusten, als er vor Lachen aus dem Takt kommt und kurz untertaucht.
„Äh, ja... Rahotep, Eldingar... Edler Drache, bedenke, so ein Fell ohne Leben darin ist kalt und struppig - und nur ein Staubfänger..." -
„Zwar leide ich nicht unter einer Stauballergie, aber das Argument überzeugt mich. - Tascha, meine geliebte Kriegerin, lasse ihm sein Fell noch eine Weile, so ein- oder zweihundert Sommer vielleicht..." -
„Danke für die Gnadenfrist. Ich hoffe Dich überzeugen zu können, mir diese Frist zu verlängern." -
Tascha grinst boshaft, aber mir zuzwinkernd.
„Wir werden sehen..." -
Tyria setzt einen ernsten Blick auf.
„Was hast Du mit dem Drachen vor?" -
Das ist eindeutig an mich gerichtet.
„Warum fragst Du?" -
„Nun, er ist ein Großer..." -
„Hätte er sich nur auch so benommen... - Sollen die Draccier ihn gesundpflegen und dann soll er so schnell wie möglich verschwinden." -
„Eldingar. Du solltest mit ihm sprechen." -
„Wozu? - Nein." -
„Warum sind die Menschen nur immer so stur." faucht sie.
„Du wirst Dich wundern, auch wir Ursprünglichen waren so stur." meine Stimme klingt kälter, als ich eigentlich wollte.
Kopfschüttelnd wendet sie sich ab. Warum will sie unbedingt, dass ich mit dem Roten spreche? Es reicht doch, dass ich zugelassen habe, dass seine Wunden behandelt werden. Obwohl ich immer noch der Ansicht bin, dass er eigentlich besser verbluten sollte. Da lasse ich mich auch von den menschlichen Bedenken nicht beeinflussen.
Tascha spürt sofort, dass ich momentan mit Tyria ein wenig im Streit liege und geht sofort in den engen Kontakt, der mich weiter beruhigen soll.
So vergeht einige Zeit in Ruhe, denn auch Atum scheint seine Seele ein wenig baumeln zu lassen und lasst sich auf dem Rücken treiben. Tyria hat sich schnell wieder beruhigt und treibt an meiner Seite im Wasser. Und ich genieße den Körperkontakt zu Tascha, den ich sanft erwidere.
Unterbrochen werden wir von Jaya und Padmini, die gemeinsam hereinkommen.
Jaya übernimmt die führende Rolle.
„Isha Rajesh, verzeih. Ich weiß, Du willst nichts über den Roten hören - aber Padmini berichtet mir, dass er Dich zu sprechen wünscht." -
„Und? Ich ihn aber nicht."
Tyria stupst mich an, ihr Blick verlangt von mir, nachzugeben. -
Padmini holt tief Luft.
„Herr. Du hast ihn sehr erfolgreich getroffen. Keine Verletzung ist für sich gefährlich, aber in der Summe verlor er so viel Blut, dass er wohl schon in den Lebensstrom eingegangen wäre, hätten wir seine Wunden nicht versorgt. Wir konnten die Blutungen stillen und sind nun dabei, seine Flughäute zu vernähen. Eine aufwändige Arbeit, denn nur mit den Krallen eines Großen können wir die notwendigen Nähte setzen. Lady Tyria hat uns eine Kralle überlassen, die sie von einem anderen Drachen in ihrem Besitz hatte und die wir als Ahle verwenden können. Danke dafür, Ishwari Rajeshri. Er ließ sich auch schnell überzeugen, dass es als Anthro für uns einfacher wird, ihn zu versorgen." -
„Wird es verheilen?" will Tyria wissen. -
„Nun, bei uns verheilt es so wieder. Ich denke, das wird bei einem Großen nicht anders sein. Eure Selbstheilungskräfte sind ja stärker als unsere. Es bleiben aber sicher deutliche Narben, unsere Methode ist auch der Not gehorchend eben etwas ... robust." -
„Gut. Keine Sorge, er wird euch die Narben sicher nicht übelnehmen." -
Tyria wirkt beruhigt.
„Aber mir, oder was?" bricht es aus mir heraus. -
Tyria sieht mich überrascht an.
„Dir? - Nein, ich denke nicht. Eher sich selber. - Warum willst Du ihn nicht anhören?" -
„Tyria. Ich will es nicht. Ich habe kein Interesse ihn noch einmal zu sehen. Reicht das?" -
Sie bleibt ruhig, aber ihr Blick sagt mir deutlich: 'Nein, das reicht nicht.'
Padmini kommt zum Beckenrand und kniet nieder.
„Herr, er scheint es wirklich zu bereuen. - Ja, klar. Kein Wunder, weil er ja verloren hat. Aber ihm scheint klar geworden zu sein, dass dieser hinterhältige Angriff ein Fehler war. Wenn Du jetzt zu ihm gehst, trennt ihr euch nicht als Feinde." -
„Eldingar, gehe zu ihm..." kommt wieder von Tyria.
Ich spüre es in mir hochkochen - nur weil Tascha meine Brust sanft streichelt und ihren Kopf an meinen legt, kann ich mich noch beherrschen.
So stoße ich nur ein grimmiges Knurren aus.
„Na gut, ich gehe. Aber reizt mich nicht weiter..." -
Tyria ist als erste aus dem Becken.
„Endlich wirst Du vernünftig." -
Ich sehe sie nur grimmig an, aber sie achtet nicht darauf. - Warum besteht sie immer auf das Treffen mit diesem verfluchten Roten?
Atum steht auch schon neben dem Becken und legt sich gerade den Schurz um.
„Entschuldige Rahotep, aber ich bleibe hier. Vielleicht zeigt mir eine der beiden Dracci den Weg nach oben, dann kann ich mich noch ein wenig ausruhen und das erlebte noch einmal überdenken. Das ist ja mehr eine Drachenangelegenheit, ich möchte mich da nicht einmischen, wenn du erlaubst." -
„Natürlich. Glaub' mir, alter Freund, ich würde es gerne auch so sehen können, wie Du - leider bin ich ein Drache und darin involviert. Also gebe ich nach und gehe hin. Ich kann mir ja mal ansehen, ob er die Draccier ordentlich behandelt." -
„Nur deswegen?"
Irgendwie klingt es vorwurfsvoll, wie Tyria es sagt. -
„Tyria, lass es gut sein jetzt. Ich gehe hin - und werde zuhören, wenn er mir etwas sagen will. Das muss reichen." -
Sie funkelt mich wütend an.
„Sprich nicht so mit mir! Und wenn Du es genau wissen willst: nein es reicht mir nicht!" -
„Warum? Ist er ein Verwandter von Dir?" -
Tyria sieht mich überrascht an.
„Nein. Ich kenne ihn auch nicht weiter, ich weiß nur, dass er erst vor kurzem offiziell als reifer Drache anerkannt wurde. Aber er ist doch ein Großer, einer von uns. Dazu noch ein Feuerdrache..." -
„Ich verstehe. Verzeih, aber mir reicht das nicht." -
Deutlich ist ihr anzumerken, dass sie innerlich bis 10 zählt - oder was ein Drache so macht, um den Zorn herunter zu schlucken.
„Lassen wir das. Komm jetzt, lass uns hinfliegen und nachsehen." -
Tascha stupst mich an und ich steige auch aus dem Wasser, während ich kurz abwarte, dass das Wasser von mir abgeflossen ist, steht sie auch schon neben mir. Sie schüttelt sich das Wasser aus der Mähne, was mich zwingt, meine Nickhäute zu schließen.
„Bäh, Du machst mich ja ganz nass..." -
„Wo denn?" fragt sie gespielt unschuldig und reibt ihren Hals an meinem.
Klar, das Wasser ist ja schon wieder abgeperlt. Irgendwie eigenartig, dass ich trotzdem das Gefühl von Nässe auf den Schuppen spüre und im Wasser dieses mich auch benetzt.
Und klar ist auch, dass sie gerade bemüht ist, mich von dem Zorn auf Tyria abzulenken. Da hätte sie jetzt jede Chance, mich ganz für sich alleine zu gewinnen, wenn sie sich nur vorsichtig zurückhält, aber sie tut alles, um mich zu bremsen und meinen Zorn auf Tyria zu mildern. Deutlich spüre ich, wie ihre zärtliche Nähe mich von meinem Zorn ablenkt und beruhigt.
Jaya geht zu Atum.
„Ich kümmere mich um Deinen Gast, Isha Rajesh. Padmini wird sicher mit Dir gehen wollen." an Atum gewandt.
„Ich bin Jaya, Schwertmeisterin im Dienst Isha Rajesh' und seit der Partnerschaft der Herrin Natascha vertrete ich sie als Kastellanin, Herr." -
Atum verneigt sich leicht vor ihr.
„Bitte nenne mich nicht 'Herr', ich stehe nicht höher, als ihr. Mein Name ist Atum und ich darf einen Drachen als meinen alten Freund betrachten, den ich in der Menschenwelt vor langer Zeit einmal hatte." -
„Oh, sicher in der Zeit, als er dort ein Mensch war. Ein wenig durfte ich darüber schon erfahren. Vielleicht magst Du mir mehr darüber erzählen..." -
„Gerne - wenn Dein Herr es erlaubt."
Er sieht mich fragend an, so ganz ohne mein Einverständnis möchte er auch nichts ausplaudern. -
„Natürlich. Jaya und ihr Partner Shankar gehören mit zum inneren Kreis derer, die weitestgehend über mich informiert sind, bzw. werden - auch wenn sie immer noch Geheimnisse vor mir haben... Und auch die anderen Draccier werden nach und nach einiges über mich wissen. Ich vertraue ihnen, dass nichts darüber diese Höhlen verlassen wird." -
Jaya kniet nieder.
„Isha Rajesh. sei versichert, dass wir Dir nichts mehr verheimlichen wollen, nur war noch nicht die Zeit, Dir alles zu berichten. Bitte verzeih, verfüge über mein Leben, es gehört Dir." -
Atum sieht erst sie, dann mich erschreckt an.
„Du willst sie doch nicht...?" -
Ich schüttele den Kopf.
„Dann bewahre dieses Leben gut, damit ich es einfordern kann, wenn ich es brauche. - Jaya, Du weißt, was ich davon halte..." -
„Ja Herr - nichts. Aber dennoch haben Shankar und ich unser Leben an Dich verloren und schulden es Dir."
Sie steht wieder auf und winkt Atum.
„Ich werde Dir erklären, worum es dabei geht. Folge mir bitte - vielleicht möchtest Du etwas essen oder trinken? Wir bereiten gerade etwas vor um die Neuen zu begrüßen und ihnen die Zeichen der Krieger unseres Herrn zu übergeben. - Wenn Du Interesse hast?" -
„Oh ja. Gerne. - Rahotep.. Eldingar..." -
„Viel Spaß. Da wäre ich auch gerne dabei, aber die Pflichten rufen. Tyria hat sicher recht, dass ich mich um meinen Gegner kümmern sollte." -
Jaya wirbelt herum.
„Oh, verzeih Isha Rajesh. Das war mir nicht bewusst, dass Du daran Interesse haben könntest. Natürlich würden wir Dich gerne dabei haben, schließlich geht es ja um den Dienst bei Dir. Wir bereiten es jetzt vor, die Feier findet erst heute Abend statt. - Drei der Neuen kümmern sich um den Roten - verzeih, um Deinen Gegner, bevor sie und der Späher nicht zurück sind, geht es ohnehin nicht wirklich los." -
„Dann stellt schon mal den Wein bereit, ich werde auf jeden Fall vorbei schauen. - Und keine Sorge, für mich hat der Rote seinen Status als Großer vorerst verloren," -
„Eldingar!" kommt zischend von Tyria.
„Du willst ihm den Rang eines Drachen absprechen? Das kannst Du nicht machen!" -
„Ich sagte: 'für mich' und 'vorerst'. Und jetzt Ruhe, sonst gebe ich es auch öffentlich über die Quelle bekannt." knurre ich zurück.
„Ich bin ja bereit ihn zu treffen und ihn anzuhören - was denn noch?"
Ihre Augen glühen kurz auf und mit einem Schnauben stößt sie dunklen Rauch aus. - Aber sie sagt nichts weiter. Mich stört es nicht weiter, ihre ständigen Sticheleien um diesen verfluchten Roten treiben meinen Zorn mindestens ebenso in die Höhe.
Tascha greift mit ihrer Rechten mein Kinn und dreht meinen Kopf zu sich. Sie blickt mir tief in die Augen, bis ich mich langsam in ihren Bernsteinen zu verlieren glaube und mein Zorn wieder abebbt.
„Nicht, Eldingar. Geliebter, mein Gebieter. Streite bitte nicht mit Tyria. Ich werde sie nie wirklich für Dich ersetzen können." flüstert sie mir ins Gewissen. -
Ich nicke nur und reiße mich schweren Herzens von ihren Augen los.
„Los jetzt, starten wir."
Tyria hat nur darauf gewartet, sie ist sofort auf dem Weg nach oben. Padmini folgt ihr, ich höre auf dem Gang ihre Schwingenschläge, mit denen sie startet, um nach oben zu fliegen, so ist sie schneller, als wenn sie den Nebengang hochlaufen würde.
Und ich trabe langsam hinter ihnen her, Tascha immer auf Tuchfühlung an meiner Seite. Sie versucht alles, um mich in eine andere Stimmung zu bringen und ich versuche auf sie einzugehen. So gehen wir schließlich wie ein turtelndes Liebespaar durch die Halle und den Gang zum Eingang hinauf. Eigentlich sollte das meine Emotionen deutlich beruhigen, aber die Gedanken an Tyria und ihr Verhalten nagen die ganze Zeit in mir weiter. Aber darüber genieße ich doch die Zärtlichkeiten und die Liebe meiner kleinen Kriegerin, die ich nach Kräften erwidere.
Kurz bevor wir in die Eingangshöhle treten, hält Tascha mich an, dreht meinen Kopf wieder zu sich und ehe ich mich versehe, spüre ich schon ihre Fangzähne hinter meinen und ihre Zunge, die wild mit meiner zu spielen beginnt. Sie drückt mich gegen die Wand und presst ihre linke Hand auf meine Brust über meinem Herzen - so fest, dass sie die Schläge deutlich spüren muss. Noch bevor sie selber auf die Idee kommt, winde ich schnell meinen Schwanz fest um ihren - was sie mit einem erstaunten Weiten ihrer Pupillen registriert, nur um noch heftiger mit meiner Zunge zu spielen. Ich schlinge meine Schwingenarme um sie um sie an mich zu ziehen, was ihr ermöglicht, mit der rechten Hand in meinen Nacken zu greifen und mich dort zärtlich zu kraulen. Ich halte uns beide - und verliere in diesem intensiven Kuss beinahe jedes Zeitgefühl. Viel zu kurze Ewigkeiten scheinen vergangen zu sein, ehe sie ihre Fangzähne wieder löst und lächelnd mein Gesicht mustert.
„Verzeih, Geliebter. Aber Deine Nähe hat mich dazu gezwungen. Hätten wir jetzt nur Zeit für uns... Ich möchte Dich als Feral spüren, mich als Feral mit Dir paaren und mein Ei von Dir befruchten lassen - bitte versprich mir das." -
„Was interessiert mich die Zeit oder wer auf uns wartet... - Aber Ferals sollten sich draußen in der freien Natur vereinen - auch wir Ursprünglichen bewohnten Höhlen und zogen unsere Nestlinge dort auf, aber die Paarung erfolgte immer draußen. Und auch das Schlüpfen fand meistens draußen statt, das Ei wurde dafür auf eine vorbereitete Lichtung gebracht. Ein Drache sollte als erstes das wunderbare Grün der Natur sehen, nicht das Grau von Felsen." -
„Eine schöne Sitte, die ihr hattet. Das ist wohl leider verloren gegangen. - Werden wir es mit unseren Nestlingen so machen?" -
„Natürlich. Meine Kinder sollen als erstes die Welt sehen, die sie später beschützen sollen." -
Tascha seufzt.
„Lass uns gehen, die anderen werden warten - ich warte schon sehnsüchtig auf unsere gemeinsame Zeit dann später..."
Ich lasse sie langsam los, sie nimmt schließlich ihre Hand von meinem Herzen.
„Ist Dir aufgefallen, dass unsere Herzen im gleichen Takt geschlagen haben?" fragt sie mich verwundert. -
„Wir gehören eben zusammen." -
Sie streicht mit einem Finger über meinen Nasenrücken.
„Verrückter Drache, ein Elemental mit einer Drakari..."
Sie blickt hoch zur Decke.
„Ein kräftiges Gewitter kommt. Da kann ich nachher meine Speicher weiter füllen. Begleitest Du mich?" -
„Natürlich, wenn Du es möchtest. Ein wenig Zeit ist noch bis dahin, aber die Paarung sollten wir auf danach verschieben, ich möchte dabei nicht hetzen." -
„Wie Du meinst, mein Gebieter. - Nun komm." -
Sie schiebt mich weiter, nach ein paar Schritten stehen wir in der oberen Höhle, die leer ist. Entweder hat niemand unser Liebesspiel bemerkt, oder sie haben sich diskret zurückgezogen.
Schnell stehen wir draußen, wo Tyria und Padmini auf uns warten. Tyria schnuppert kurz, dann huscht ein flüchtiges Lächeln über ihr Gesicht - sie weiß Bescheid, unser Geruch muss recht deutlich sein.
Ich breite meine Schwingen aus und nehme schon den Wind an - nur jetzt kein Zögern zeigen - aber auch keine unsinnige Eile.
„Padmini, Du kennst den Weg, fliegst Du bitte voraus? Ich müsste erst den genauen Ort suchen." -
„Natürlich Herr, gerne."
Ich stelle meine Schwingen an und lasse mich vom Aufwind nach oben tragen, Padmini startet mit einem kurzen Anlauf. Tyria und Tascha verständigen sich mit einem Blick und starten dann nacheinander.
Mit leichten Schwingenschlägen folge ich Padmini praktisch auf dem Schwanz. Zielsicher fliegt sie einen geraden Kurs und am Ende des gegenüberliegenden Bergrückens zeigt sie nach unten und setzt in engen Kreisen zur Landung an. Ich sehe eine kleine Lichtung auf der ein roter Anthro von drei Dracciern umgeben ist und folge ihr in beinahe ebenso engen Kreisen - fast schon trudelnd. Grinsend fange ich mich kurz über der Lichtung ab und lande etwas abseits auf einer anderen freien Fläche. Als Feral hätte ich sonst einen der anderen dort gefährden können, außerdem landete Padmini gerade dort. Ich blicke nach oben, die beiden kreisen ebenfalls herab, in deutlich weiteren Kreisen als ich, wie ich beruhigt feststelle. Bevor Tyria landet, mache ich Platz und gehe an den Waldrand, ich möchte mit den beiden gemeinsam zur anderen Lichtung gehen, das wird mich von Unbesonnenheiten abhalten.
Tyria kommt auch zu mir um Tascha Platz zu machen. Aber den Platz an meiner linken Seite weist sie heute Tascha mit einem Blick zu. Sie weiß sehr wohl, dass Tascha mich momentan gut im Griff hat. Tascha beeilt sich, dem Wink Tyrias zu folgen, denn sie sieht in ihr immer noch die Höherstehende.
„Ich hoffe, Du hast Dich soweit beruhigt, dass Du ihm nicht gleich das Genick umdrehst..." irgendwie klingt es lehrerhaft, wie sie es sagt. -
„Tyria, bitte..." Ich spüre schon wieder den Zorn hochsteigen. -
Aber auch sie funkelt mich grimmig an, sagt aber nichts weiter.
Ich gehe voraus, der Wald ist recht licht, so kommen wir problemlos zwischen den Bäumen hindurch - genau genommen zwischen den Kronen, hier in den Bergen werden die Bäume meist nicht so groß, dass sie uns überragen würden. Die vielleicht 500 Meter haben wir schnell zurückgelegt, obwohl wir in Schlangenlinien um die Bäume herumgelaufen sind.
Am Waldrand bleibe ich stehen, Tascha schmiegt sich wieder an meine linke Seite, Tyria bleibt etwas rechts von mir stehen.
Die Szene vor mir ist eigentlich sehenswert. Der Rote richtet sich auf - jede angebotene Hilfe mit hochgehobener Hand, aber nicht unfreundlich, abwehrend. Überall bedecken Verbände seine reichlich vorhandenen Wunden, dazu ist sein rechtes Bein am Unterschenkel geschient. Offenbar hat er sich bei der unsanften Landung das Bein gebrochen. Er hockt jetzt vor mir, das verletzte Bein nach Möglichkeit schonend. Seine Schwingen hängen traurig herab, die linke Seite schon versorgt und mit Verbänden bedeckt, auf der rechten Seite fehlen noch drei Nähte, zwei Streifen hängen noch immer leicht blutend herab die anderen drei sind bereits vernäht - relativ grob, aber die Gegebenheiten lassen eine feinere Arbeit sicher kaum zu. Auch seine Schwingen sind nur schwer zu durchstechen.
Mit gesenktem Blick spricht er mich an.
„Ihr seid Lord Eldingar, der Paladin Erces und Herr dieses Revieres?" -
Ich sehe ihn verwirrt an. War das eine rhetorische Frage oder weiß er nicht, wen er angegriffen hat?
Tyria stößt mir schmerzhaft die Daumenkralle ihrer Schwingenhand in die Seite.
„Willst Du ihm nicht antworten?" -
Ich kann nicht mehr. Wütend peitsche ich meinen Schwanz auf den Boden und fauche sie an.
„Es reicht mir jetzt Tyria! Ich bin kein Nestling, dem Du sagen musst, was er zu tun hat! Wenn Du mir nichts besseres zu sagen hast, sei lieber ruhig!" -
Tyria sieht mich an, ihre Pupillen verengen sich zu schmalen Schlitzen, sie hebt den Kopf und bläst mit einem wütenden Röhren eine kräftige Flamme über meinen Kopf hinweg.
„Dann sieh zu, wie Du alleine zurechtkommst!" faucht sie böse.
Schon im Wegdrehen bläst sie mir eine Flamme mitten ins Gesicht, allerdings nicht mit voller Kraft und relativ kühl, wie ich schnell feststelle. Trotz ihrem Zorn will sie mich nicht wirklich verletzen.
Mit einer Eleganz, um die ich sie selbst jetzt im Zorn noch beneide, dreht sie sich um, breitet ihre Schwingen aus und ist mit einem Sprung in der Luft. Die Draccier müssen einiges ihrer Ausrüstung wieder zusammensuchen, denn ihre kräftigen Schwingenschläge erzeugen einen kleinen Sturm auf der Lichtung. Nur wenig später ist sie um den Bergrücken herum aus unserer Sicht.
Schlagartig ist mein Zorn verschwunden. Ich blicke Tascha an, die mich leicht traurig betrachtet.
„Da habe ich es wohl übertrieben..." -
Sie züngelt über meine Nüstern.
„Ihr beide." -
„Was meinst Du, wann sehe ich sie wieder?" -
„Ich weiß nicht. Aber wenn Du sie nicht morgen oder übermorgen siehst, dann wird es wohl einige Jahrhunderte dauern..." -
„Sei mir bitte nicht böse, Tascha. Aber ich würde es wirklich bedauern, wenn ich sie verloren habe." -
Wieder ein liebevolles Züngeln.
„Ich bin Dir nicht böse." -
Eine Bewegung des Roten lenkt meine Aufmerksamkeit auf ihn. Er hat sich tief vor mir verneigt und die Demutshaltung eingenommen, die Nüstern fast im Boden vergraben.
„Verzeiht Eurem demütigen Sklaven, dass er für den Streit mit Eurer edlen Partnerin verantwortlich ist. Das Leben des Sklaven gehört Euch, verfügt darüber nach Eurem Sinn. Nur eine Bitte hat Euer demütiger Sklave, gewährt ihm einen schnellen Gang in den Strom des Lebens." -
Also wenn der Rote je in seinem Leben etwas richtig gemacht hat, dann wohl jetzt. Nicht, dass ich besonders auf diese übertriebenen Demut und Unterwerfung stehe, aber er zeigt mir gerade deutlich, dass er wohl seinen Fehler begriffen und akzeptiert hat. - Und meine Frage hat sich auch beantwortet. Er weiß wer ich bin, seine Frage vorhin war nur eine Einleitung.
„Bevor ich seiner Bitte nachkomme - gibt es einen Grund, dem Sklaven sein Leben zu lassen, den ich vorher bedenken sollte?" -
„Edler Lordpaladin. Es gibt keinen logischen Grund dem Sklaven sein Leben zu lassen. Eurer unwürdiger Sklave hat den Lordpaladin aus dem Hinterhalt überfallen und versucht, als Feral gegenüber dem Lordpaladin als Anthro einen Vorteil zu erlangen. Der verachtenswerte Sklave hat damit gegen jede Kampfregel des Volkes gebrochen, dem anzugehören er nicht länger würdig ist. Bitte nehmt Euch, was Euch gehört." -
„Der Grund für die Unterwerfung des Sklaven ist doch nur die Hoffnung, ich würde dann nachsichtig sein."
Stille.
„Antworte Sklave."
Er atmet tief ein, bleibt aber still.
„Der Tod kann schnell und schmerzlos, aber auch qualvoll langsam sein, Sklave..."
Tascha sieht mich erschreckt an, ich schüttele nur den Kopf. Ich habe bewusst nicht konkret von seinem Tod gesprochen - nur allgemein. Aber es wirkt. -
„Der edle Lordpaladin hat Recht, sein unwürdiger Sklave hoffte so, dass der Lordpaladin ihm einige Jahrhunderte das Leben leihen würde, damit ihm der Sklave beweisen kann, dass er dem Lordpaladin treu dienen wird." -
Aha, das will er also. Darum hätte er auch ohne dieses Demut- und Sklavending bitten können.
„Ich verstehe. Genug mit der Unterwerfungsgeste. Ich möchte Dir lieber in die Augen sehen, wenn ich mit Dir spreche." -
„Edler Lordpaladin...?" -
„Ich befreie Dich für den Moment von der Unterwerfungshaltung. Richte Dich auf und lasse Dich weiter behandeln. Du kannst mir auch so erklären, warum Du mich überhaupt angegriffen hast und warum auf diese Art." -
Er hebt vorsichtig den Kopf und sieht mich mit einer Mischung aus Überraschung und Verwirrung an. Dann zu Tascha, die ihm ermunternd zunickt und zuletzt zu Padmini, die nach einem kurzen Kontrollblick zu mir ihm auch zunickt.
Dann erst findet er den Mut, sich ganz aufzurichten. Sofort bringen ihn die Draccier dazu, sich wieder auf den Rücken zu legen, denn so können sie wohl am besten seine Schwinge weiter behandeln. Die drei haben meine Bemerkung sofort verstanden und umgesetzt.
„Verzeiht Lordpaladin. Euer... ich wurde vor kurzem als reifer Jungdrache in den Kreis der Großen Drachen aufgenommen - ein Rang den ich jetzt wieder leichtfertig vergeben habe. - Ich war nun auf der Suche nach einem eigenen Revier - das ist der Grund, warum ich Euch angegriffen habe, mein Lord." -
„Ein erstes eigenes Revier. Ich verstehe. Und dann gleich dieses?" -
„Nun Lordpaladin, es ist groß, es ist reich und ihr seid auch neu hier..." -
„Das letzte kann ich akzeptieren. Aber ist für einen Drachen wichtig, ob sein Revier wohlhabend ist, solange genug Nahrung vorhanden ist?" -
„Ein wenig schon, ein reiches Revier bietet Annehmlichkeiten. Meist sind die Wohnstätten angenehmer ausgestattet. Die Menschen versorgen ihren Herren..." -
„Die bequemen Wohnstätten habe ich von meinem Vorgänger übernommen, das stimmt schon. Für die Versorgung durch die Menschen entlohne ich sie. Wie ich für die Einrichtung oder den Umbau einer Wohnstätte zahlen werde. Die Drachenfeuerkristalle sind sehr begehrt bei den Menschen." -
„Verzeiht Lordpaladin - ihr bezahlt die Menschen für etwas, das sie einem Drachen schuldig sind?" -
„Was sind sie uns schuldig?" -
„Wenigstens ihre Arbeitskraft - wir wachen schließlich über sie." -
„Wer hat Dir das beigebracht? -
„Lady Alissia. Ich hatte die Ehre während meiner Trennungszeit einige Zeit in ihrer Nähe verbringen zu dürfen." -
„Alissia? Das wird ja immer besser mit ihr. Langsam verstehe ich den Wunsch Erces..." -
„Verzeiht Lordpaladin...?" -
„Etwas zwischen unserer Herrin und mir. - Woher kam der Einfall, mich auf diese Weise anzugreifen?" -
„Lady Alissia sagte, Ihr wärt kein richtiger Drache, eigentlich nur ein Mensch, der von Erce in einen Drachenkörper gesteckt wurde. Und ein alter Draccier hatte mir einmal geraten, die Menschen nach Art der Menschen zu bekämpfen - ich war auch eine Zeitlang bei einer Gruppe Draccier, denen ich aus einer kritischen Lage helfen konnte. - Daher scheue ich ihre Versorgung nicht, ich weiß um ihre Heilfähigkeiten, die sie als Kriegervolk beherrschen." -
„Ich verstehe. Dass Du die Draccier akzeptierst, spricht für Dich." -
„Verzeiht Lordpaladin. Genauso dachte ich, als Euer Schatten mit den drei hier ankam und mir sagte, Ihr hättet sie geschickt um mich zu versorgen." -
Ich sehe Padmini an, die verlegen den Kopf senkt.
„Irgendwie war es doch so, dass Ishwari Rajeshri für Dich entschieden hat..." höre ich ihre Drachenstimme. -
„Irgendwie schon..." antworte ich ihr ebenso direkt ohne die anderen mit einzubinden.
Und laut an den Roten gerichtet.
„Gut. Aber diese Informationen haben Dich dazu verleitet, mich aus dem Hinterhalt anzugreifen?" -
„So war meine Überlegung, Lordpaladin. Bekämpfe einen Menschen, wie ein Mensch. - Als ich Euch zudem noch als Anthro dort sah..." -
Ich schüttele den Kopf.
„Wie viele Menschenkrieger kennst Du?" -
„Keine Lordpaladin..." -
„Ich verstehe. - Padmini, wieviele kennst Du?" -
„Obwohl ich keine Feldkriegerin bin, sicher über fünfzig persönlich." -
„Aditi, Du?"
„Zwei- oder Dreihundert sind es sicher, Herr." -
„Wie viele davon beginnen einen Zweikampf aus dem Hinterhalt?" -
„Ich kenne keine." antwortet Padmini. -
„In einem reinen Zweikampf könnte ich höchstens einen benennen, der zu so etwas fähig wäre, aber der ist eine Ausnahme - und ein verhasster Fürst der Menschen, der wohl auch auf diese Art an die Macht gekommen ist. - Als Taktik gegen einen Gegner, besonders wenn er überlegen ist, kommt es durchaus vor bei den Menschen, dass eine Gruppe einen Hinterhalt legt. Aber dann ist Krieg und alle Seiten sind sich dessen bewusst, dass jederzeit etwas passieren kann." -
Ich wende mich wieder an den Roten.
„Du verstehst?" -
Er blickt zu Boden.
„Ich bin mir nicht sicher. Wenn die Menschen Kriege führen und damit rechnen, angegriffen zu werden, setzen sie einen Hinterhalt gelegentlich ein. Aber nicht in einem Zweikampf. Wenn doch, gelten sie dann als verachtenswert bei ihrem eigenen Volk..." -
„Richtig." -
„Aber - Lordpaladin. Ich hatte nie vor, Euch zu töten." -
„Wenn ein Feral, ein Feuerdrache mit seiner ganzen Kraft einen Anthro angreift? Ich habe gesehen wie die Bergziege in einem Lidschlag zu Asche zerfiel dann der Fels flüssig wurde und in Rinnsalen herablief. Dieser Angriff war nur wenig schwächer, als die stärksten von Eldflóð - aber da war ich ein Feral und kampfbereit." -
„Ihr meint, ich hätte Euch töten können? - Verzeiht Lordpaladin. Das war wirklich nicht mein Ziel." -
„Töten, oder schwer verletzen. Ich habe nicht vor, das näher zu erforschen. - Andererseits hätte ich wohl auch ohne Padminis Hilfe dem Angriff noch halbwegs ausweichen können. Allerdings wäre ich dann wohl erst richtig zornig geworden - übrigens auch, wenn Padmini etwas passiert wäre dabei... - Nebenbei, weißt Du eigentlich, welche Kräfte ich habe?" -
Während Padmini mir ein Lächeln schenkt, wirkt der Rote etwas verwirrt.
„Äh, nein Lordpaladin. Man sagt, Lady Fjörgyn sei Eure Mutter, ein Erddrache?" -
„Nein, nicht ganz. Du vergisst, dass Erce mich in diese Welt geholt hat. Nein, meine Kraft ist der Blitz." -
Seine Pupillen weiten sich erschreckt.
„Ein Blitzdrache... - Aber... aber warum habt Ihr nicht..." -
„Eine spontane Entscheidung." -
„Der ich wohl verdanke, dass ich noch lebe. Hättet Ihr mich so mit Blitzen getroffen, wie mit Euren Krallen - da sind mir die Schmerzen doch lieber, als im Lebensstrom zu treiben. Ich danke Euch für Eure Entscheidung Lordpaladin." -
„Auch eine Sichtweise... - Aber was war nun wirklich Dein Ziel? Mich töten und dies Revier übernehmen?" -
„Eine Möglichkeit, an die ich nicht recht glauben mochte. Dass der Paladin Erces nicht gerade ein normaler Drache ist habe ich schon vermutet. Und dass hinter dem Menschen wohl auch etwas mehr steckt, ebenfalls. Nein, eigentlich hoffte ich darauf, Euch einen guten Kampf zu liefern und vielleicht eine angenehme Ecke für mich zu erhalten." -
„Einfach vorbeischauen und mich danach fragen, kam Dir nicht in den Sinn?" -
„Hättet Ihr mir, einem völlig unbekannten Drachen einen Teil gegeben - ohne dass ich mich im Zweikampf beweise?" -
„Sicher nicht fest als eigenes Revier. Aber ein Teilgebiet in meinem Auftrag eigenverantwortlich verwalten - warum nicht." -
Er bricht sogar auf dem Rücken liegend noch vor mir zusammen.
„Was bin ich doch für ein Idiot. Lasse mir so ein unehrenhaftes Verhalten einflüstern... Edler Lordpaladin, ich habe wohl doch den Tod verdient. Nehmt, was Euch gehört." -
„Was, jetzt? Nachdem die Drei so lange Deine Wunden behandelt haben, soll das alles vergebens gewesen sein? Kommt nicht in Frage." -
Er blinzelt mich verwirrt an.
„Lordpaladin?" -
„Sobald es Dir möglich ist, wirst Du Dich nützlich machen. Deine Schwingen werden auch wieder heilen und Du wieder fliegen können, so wurde mir versichert." -
Aditi breitet ihre Schwingen aus, die etliche, teilweise vom Schwingenarm an komplett zum Rand verlaufende Narben zeigen. Die meisten wohl ähnlich grob zusammengenäht, andere eher kunstvoll fein behandelt.
„Ich trete gerne den Beweis an, Herr. Mir wurden schon oft die Schwingenhäute zerschnitten - mit diesen hier..." sie zeigt auf je eine lange Narbe etwa mittig auf beiden Schwingen.
„... wollten die Menschen mich flugunfähig machen - sie wurden im Lager schnell genäht und am nächsten Tag bin ich damit wieder geflogen und habe meinen Auftrag erfüllt. Schmerzhaft - aber auch die sind verheilt. - Verzeih Herr, was ich sagen will: bei den Selbstheilungskräften eines Großen ist das problemlos." -
„Danke Aditi. - Wie Du also siehst, Roter, wirst Du wieder hergestellt werden. Du hast Dich mir als mein Sklave unterworfen. Ich nehme Deine Unterwerfung an. Du wirst mir also dienen, sobald es Dir möglich ist. - Wie alt bist Du?" -
Er war schon leicht zusammengezuckt, als ich ihn mit 'Roter' angesprochen habe, aber so richtig, als ich ihn als meinen Sklaven angenommen habe, obwohl er mir das ja bereits angeboten hatte. Eine meist nicht angenehme Situation für einen Großen, als Sklave eines anderen dienen zu müssen. Zudem wird es offiziell gemacht und bleibt ewig an ihm kleben, auch wenn diese Zeit schon Jahrtausende vorüber ist. Fjörgyn hatte mir das kurz erklärt, nachdem ich das mit Sálleiðtogi durchgespielt hatte.
„Äh - Ich bin vor einundzwanzig Sommern aus dem Ei geschlüpft, Lordpaladin... K'Drraah." -
Ein erstes Zeichen, dass er es akzeptiert, denn 'K'Drraah' ist die korrekte Anrede an den Herrn für einen Sklaven in der Sprache der Großen Drachen.
„Gut, also für 21 Sommer wirst Du mir in Deiner jetzigen Form dienen und Dich nur zum Feral transformieren, wenn es Dir befohlen oder erlaubt wird. Du wirst als einfacher Krieger auf der untersten Stufe mit den Dracciern leben und ihren Dienst teilen. Du wirst jedem Befehl der Offiziere ohne Widerspruch befolgen, ebenso die Wünsche meines Schattens, meiner Partnerinnen und mir als Befehl ansehen und gehorchen. Die Draccier werden Dich zum Krieger ausbilden und Dich lehren, was es bedeutet, Teil einer Gemeinschaft zu sein.
Dein Name, den ich ohnehin nicht kenne und nicht zu wissen wünsche, wird solange vergessen sein, die Draccier werden Dir einen Namen geben auf den Du hören wirst. In dieser Zeit ist der Drache, der Du bis jetzt warst, nicht mehr existent und vergessen, es gibt nur noch den Draccier-Krieger in meinem Dienst.
Nach Ablauf dieser Zeit werden Deine Offiziere und Kameraden entscheiden, ob Du es wert bist, wieder in das Leben eines Großen Drachen zurück zu kehren, oder ob weitere Jahre des Sklavendienstes notwendig sind. - Sei also gehorsam und mache Dir Freunde, dann wird Dir Dein Dienst leichter - bist Du ungehorsam, wirst Du bestraft, notfalls durch einen von uns Drachen und Dein Dienst wird verlängert. Verstößt Du gegen diese Regeln, wird Erce Deine Seele bei sich begrüßen." -
Er starrt mich mit fast runden Pupillen an.
„Niemand wird wissen, wo ich bin und was mit mir ist?" -
„Du bist für diese Welt und die Drachen verschwunden - möglicherweise beim Versuch mich zu besiegen in den Lebensstrom eingegangen, wer weiß..." -
„Und wenn ich vom Status Eures Sklaven wieder befreit bin...?" -
„Erscheint der Drache wieder. Keiner außerhalb meines Hauses wird wissen, was geschehen ist in der Zeit. Es wird sich dann schon eine Geschichte finden, die ich dann mittrage." -
„Ihr wollt meinen Status als Euren Sklaven nicht öffentlich machen? Warum? - Verzeiht K'Drraah, Fragen stehen mir nicht zu..."
Aditi und die anderen sind mit der Wundversorgung soweit fertig, Er rappelt sich stöhnend auf und kauert sich wieder in Demutshaltung vor mich. Naja fast, seine Schwingen lässt er noch hängen.
„Richtig. Doch will ich diese noch beantworten. Ich denke, aus Dir kann noch ein ehrenhaftes Mitglied unseres Volkes werden. Nur musst Du dazu noch einiges lernen - insbesondere den Sinn einer Gemeinschaft. Und da ist die Kameradschaft der Krieger nicht die schlechteste Schule. Sollten wir an Dir erfolgreich sein, sehe ich keinen Sinn darin, Dir den Makel einer Unterwerfung auf die Schuppen zu brennen, Du kannst dann als geachtetes Mitglied in die Gemeinschaft der Drachen treten - zudem kannst Du dann bereits Spuren eines harten Zweikampfes vorweisen, den ich dann als noch regelgerecht anerkennen werde." -
„Ihr, der Lordpaladin würdet für mich unwürdigen Sklaven lügen?" -
„Nein, nur nicht alles sagen. Lassen wir die fehlende Herausforderung und die Frage Feral oder Anthro weg und machen den Hinterhalt zum Überraschungsangriff, was ja nicht falsch ist, bleibt ein noch regulärer Angriff übrig. - Aber eben nur dann, wenn Du die Regeln befolgst und Deine Kameraden entscheiden, dass Du reif bist für die Aufgaben eines Großen Drachen.
Wie lautet Deine Entscheidung?" -
„Ihr legt mir eine harte Prüfung auf, K'Drraah. 21 Sommer als Draccier leben und Euch dienen... 21 Sommer sind für einen Jungdrachen von 21 Sommern eine lange Zeit. Aber dagegen die Ewigkeit als Seele im Lebensstrom... -
Euer Sklave dankt Euch für Eure Gnade, K'Drraah. Euer dankbarer Sklave akzeptiert seine Strafe und schwört Euch vor den Anwesenden steten und unbedingten Gehorsam." -
„Ich nehme Deinen Schwur an. - Ab sofort existiert der rote Drache, der mich angegriffen hatte, nicht mehr. In meinen Dienst ist ein unbekannter Draccier mit roten Schuppen getreten, der sein Gedächtnis verloren hat und von dem niemand etwas weiß, nicht einmal seinen Namen." -
Padmini sieht ihn an, wie er da so vor mir kauert.
„Wir sollten ihm zuerst einen Namen geben, damit er weiß, dass er gemeint ist. 'Hey Du da' ist da nicht unbedingt zielführend."
Alle grinsen, sogar der Rote wagt ein leichtes Verziehen der Mundwinkel.
„Wie wäre es mit Agni, er ist ja ein Feuerdrache." -
Aditi schüttelt heftig den Kopf.
„Verzeih Herrin Padmini, aber ich sehe nirgends einen Feuerdrachen. Nur einen roten Draccier - eine ungewöhnliche Farbe für einen unseres Volkes, aber warum nicht - und einprägsam. Da wir ihn bisher immer so genannt haben, also Rohit. Zudem stehen die ersten Sonnenstrahlen des Tages ja für einen neuen Anfang." -
Die anderen beiden nicken, auch Padmini stimmt zu.
„Logisch und leicht zu merken." bemerkt Tascha, die bisher alles interessiert verfolgt hat. -
Ich nicke.
„Also Rohit, erhebe Dich. Diese Haltung ist in meinem Dienst nur in Ausnahmefällen notwendig." -
Er richtet sich langsam auf, lässt aber den Blick gesenkt.
„Verzeiht K'Drraah, darf Euer gehorsamer Sklave noch eine einzige weitere Frage an Euch richten, ehe sein Gedächtnis ihn für die nächsten 21 Sommer endgültig verlässt?" -
Offensichtlich will er meine kleine schnell entworfene Legende für sein plötzliches Auftauchen so übernehmen.
„Frage." -
Euer gehorsamer Sklave dankt dem K'Drraah für seine Gnade. Würde der K'Drraah den Eltern des unwürdigen Sklaven eine kurze Nachricht übermitteln, dass sein gehorsamer Sklave für einige Zeit keine Verbindung mit ihnen aufnehmen kann? - Der gnädige K'Drraah kennt sicher Eltern und ihre Sorgen." -
„Verschlagen ist der Sklave, die Güte seines Herrn so auszunutzen. - Nein. Natürlich darfst Du selber Deinen Eltern noch eine kurze Nachricht übermitteln, damit sie über Deine längere Abwesenheit informiert sind. Wenn es aber wirklich im Verborgenen bleiben soll, verrate ihnen nicht zuviel." -
„Ihr erlaubt mir wirklich, selber eine Botschaft zu senden? - Oh, verzeiht K'Drraah, eurem Sklaven meine ich... äh..." -
„Ja, natürlich. Das widerspricht nicht der akzeptierten Strafe. Der Drache verschwindet für einige Jahre, ob er tot ist oder sich nur zurückgezogen hat, ist dabei gleichgültig - und ich kenne Mütter und ihre Sorgen... - Achja, mir ist das Unterwerfungsgerede zu umständlich. Du hast akzeptiert, das reicht. Sprich ruhig normal mit mir. Und auch die Anrede 'K'Drraah' hat nur zu erfolgen, wenn Du mit uns Drachen alleine bist, sonst sprichst Du mich an, wie es die Draccier machen, schließlich bist Du einer von ihnen." -
„Ich verstehe K'Drraah... verzeiht Lordpaladin, mein Gedächtnis..." -
Aditi hilft ihm grinsend.
„Isha Rajesh oder Herr, hier bei uns auch N?tha - und wir reden auch die Fürsten immer mit Du an. Noch hat keiner gewagt uns das zu verbieten, jedenfalls nicht lange..." -
„Du hattest schon Führungspositionen, Aditi?" -
„Ja Herr. Gruppen, halbe Hundertschaften und zuletzt zweimal eine Hundertschaft." -
„Gut, bis wir hier soviele haben, wird wohl noch etwas Zeit vergehen. Aber Jaya wird Deine Erfahrungen sicher brauchen können. - Würdest Du Dich vorerst um die Ausbildung von Rohit kümmern?" -
„Gerne, Isha Rajesh. Ich habe immer gerne Rekruten ausgebildet, es macht Spaß zu sehen, wenn kräftige Männchen beim Bodenschrubben ihre Schwänze in die Höhe recken... Ja, ich kümmere mich gerne um Rohit und bringe ihm die ersten Schritte als Draccier wieder bei."
Sie hockt vor Rohit nieder und legt ihm die Hand auf die Schulter.
„Keine Sorge mein Kleiner, ich bin kein Schleifer. Jetzt müssen wir erstmal sehen, wie wir Dich in die Unterkunft schaffen." -
Er sieht unsicher von ihr zu mir und zurück.
„Ja, Herrin." -
„Hmm, ob wir es wohl hinbekommen, dass Du sprichst wie ein Draccier? Ich meine mit Deiner richtigen Stimme." überlegt Aditi. -
„Verzeih Herrin, Ich habe es schon einmal versucht, wenn ich mich richtig erinnere - aber die Laute sind sehr schwer zu bilden, damit sie verständlich sind. Aber ich werde gehorsam üben." -
„Nun vielleicht reicht es vorerst, wenn Du lernst, den Mund richtig dazu zu bewegen, dann fällt es sicher niemanden auf." -
„Ja Herrin, wie Du befiehlst." -
Aditi sieht zu mir hoch,
„Wenn er so weitermacht, auch wenn Du nicht dabei bist, Herr, wird er es nicht allzu schwer haben, sich einzugliedern. Eine Frage, wird es ihm erlaubt sein, im Rang aufzusteigen? Immer als niedrigster in einer Truppe leben zu müssen ist irgendwann frustrierend." -
Ich überlege kurz, aber seine schon jetzt gezeigte Bereitschaft sich zu unterwerfen und seinen Dienst bei mir durchzustehen, stimmt mich gnädig.
„Ich verstehe. Zwar hatte ich es anders gedacht, aber Dein Argument ist logisch. Ja, es wird ihm erlaubt, im Rang aufzusteigen. Nach je einem vollen Sonnenumlauf werdet ihr entscheiden, ob er einen höheren oder einen niedrigeren Rang verdient hat. Erstmals nach fünf Sommern..."
Ein sanftes Zwicken an meiner linken Hand lenkt meine Aufmerksamkeit auf Tascha. Ich blicke in zwei, mit großen Pupillen bettelnde Bernsteinaugen...
„Drei..." versuche ich.
Sie verstärkt ihren Blick durch ein zärtliches Züngeln über meine Nüstern.
„Na Gut, Zwei, weniger nicht!"
Tascha nickt lächelnd. Ich blicke wieder zu Rohit.
„Also, durch die Fürsprache meiner Partnerin darfst Du erstmals nach zwei Sommern ab heute im Rang aufsteigen." -
Rohits Augen leuchten auf.
„Ich danke Dir für diese weitere Gnade, Isha Rajesh."
Er dreht sich zu Tascha und verneigt sich tief.
„Dir danke ich für Deine Fürsprache, Herrin. Nenne mir einen Wunsch, ich werde ihn erfüllen, wenn es in meiner Macht steht." -
Tascha sieht ihn ernst an.
„Ich wünsche, Dich nach den 21 Jahren als Hauptmann - oder wenigstens als Offizier der Garde Eldingars zu sehen. Dass Du in Ehren Deinen Dienst beendest und als ehrenhafter Drache wieder in der Welt erscheinst." -
Er blickt sie freudig an.
„Herrin, diesen Wunsch werde ich mit Freuden erfüllen, so gut ich es vermag." -
Aditi steht auf.
„Danke Herr. Das wird seine Motivation aufrecht erhalten. - Aber nun müssen wir schnell eine Trage bauen, es wird wohl bald regnen." -
„Herrin, ich kann laufen, nicht schnell, aber mit etwas Hilfe wird es auch so gehen." -
versucht Rohit abzuwehren.
„Immer langsam mit den Bants, junger Rohit. Du bist durch den Blutverlust mehr geschwächt, als Du glaubst - das würde sogar einen Drachen umwerfen. Und hier können wir das Schienbein nicht so versorgen, dass Du damit wirklich laufen könntest. Wenn Du jetzt diese Strecke läufst, würden sich Deine Verletzungen nur verschlimmern. - Und Du musst nicht heute schon Gardehauptmann werden." -
Rohit, dem beim Versuch aufzustehen wohl schwindelig geworden ist, lenkt ein.
„Ich verstehe Herrin und gehorche. Doch ich möchte so gut mithelfen, wie ich kann, es ist schließlich meine Schuld, dass ich in dieser Lage bin." -
„Lerne zuerst, Verwundungen zu akzeptieren und hinzunehmen. Ein Krüppel nutzt einer Truppe nichts, lasse es heilen." -
„Ich wüsste trotzdem einen Weg, wie es schneller geht." werfe ich ein. -
Ich strecke meine Hand aus, aber Tascha ist schneller und legt ihre vor ihn auf den Boden, die Handfläche nach oben.
„Lasse mich ihn tragen, Eldingar. Ich bin neutral." -
Ich blicke sie an und schließe meine schon geöffnete Hand langsam wieder. - Vielleicht hat sie ja Recht, ob er sich wirklich sicher fühlen würde, wenn er sich nicht nur im übertragenen Sinn in meine Hand begibt?
Rohit blickt mit offensichtlichem Schreck zwischen Tascha und mir hin und her.
„K'Drraah - Herrin... Nein, nicht noch einen Streit wegen mir - ich nehme lieber weitere Verletzungen auf mich, als auch daran noch die Schuld tragen zu müssen..." -
Jetzt sehe ich ihn verwundert an.
„Streit...? Ach, wegen Tyria vorhin? - Nein, kein Streit, ich habe nur überlegt, dass es wohl wirklich besser wäre, wenn meine Partnerin Dich trägt. Wir beide müssen erst noch einander wirklich vertrauen lernen, auch wenn ich Rohit nichts anlaste, was ein mir unbekannter roter Drache getan hat. - Danke Tascha, dass Du es übernimmst. Bringe ihn bitte zuerst zum Energieknoten, damit er seine Nachricht hinterlassen kann - und etwas Lebensenergie wird ihm sicher auch nicht schaden, bei all seinen Verletzungen, die Rohit uns leider nicht erklären kann." -
Rohit atmet sichtlich auf und neigt seinen Kopf.
„Ich verstehe, K'Drraah. Ich danke Euch nochmals für Eure Gnade." er atmet tief durch, dann sieht er mich direkt an.
„Ja Herr, verzeih, aber ich kann mich wirklich an nichts erinnern, was geschehen ist, bevor Deine Krieger mich hier gefunden haben. Ich bin erwacht, als ich spürte, wie jemand mich berührte, öffnete die Augen und sah die drei Krieger, die meine Wunden versorgten, wie ich dann bemerkte. Das ist alles, woran ich mich erinnern kann - davor ist nichts, nur undurchdringliches Dunkel..." -
„Ich verstehe - bedauerlich, dass mit dem Erinnerungsverlust. - Nun, in meiner Garde bist Du vorerst sicher und hast genug Zeit, Deine Erinnerungen wieder zu erlangen, oder alles neu zu lernen, was für ein ehrenvolles Leben als Draccier-Krieger notwendig ist - und einiges darüber hinaus." -
„Ich danke Dir Herr, für die Aufnahme in Deinem Haus. Du wirst keinen Grund haben es jemals zu bereuen." -
Ich neige leicht den Kopf. Nun, wir werden sehen, ob er es wirklich erträgt, als einfacher Draccier mir dienen zu müssen.
Er klettert mir Hilfe der anderen auf Taschas Hand. Sie nimmt ihn vorsichtig hoch und nickt mir zu.
„Wir kommen anschließend zur Wohnstätte, damit er dort ein Quartier erhält. Bis später, Geliebter - bitte denke an das Gewitter." -
„Natürlich, gleich anschließend suchen wir uns einen guten Platz." -
Damit sie Platz zum starten hat, gehe ich ein paar Schritte zur Seite. Sie richtet sich hoch auf und mit kräftigen Schlägen ihrer Schwingen hebt sie sanft ab.
Die Draccier packen ihre Sachen zusammen und dann kommt Aditi auf mich zu.
„Herr, wie sollen wir mit Rohit umgehen? Soweit ich weiß, ist dieses Sklavending unter euch Großen ja selten, aber sehr hart für den Bestraften." -
„Schon richtig. Aber dieses Sklavending, wie Du es so schön nennst, ist in diesem Fall eine Sache nur zwischen dem Roten und mir. Den Roten gibt es offiziell nicht mehr, spätestens nach seiner Nachricht an seine Eltern ist er für die nächsten 21 Jahre verschwunden - und damit auch der Sklave, jedenfalls offiziell. - Rohit ist allem Anschein nach ein Draccier, wenn auch ein etwas ungewöhnlicher. Er hat sein Gedächtnis verloren und muss fast alles neu lernen. Behandelt ihn so wie jeden anderen, der ohne jede Ausbildung kommt und ein Krieger werden soll - und der dazu wieder lernen muss einer von euch zu sein, ein Draccier." -
„Also nicht besonders behandeln..." -
„Richtig. Ihr vier, Padmini ja auch, wisst von euch als einzige, wer er wirklich ist. Behaltet es für euch. Lasst die anderen glauben, er sei ein Draccier, sollten die anderen sich über irgendwas wundern, seine Stimme beispielsweise - nun, auch Padmini hat das Sprechorgan der Drachen. Schiebt es auf die Verletzungen und den Gedächtnisverlust. Geht mit ihm um, wie mit jeden anderen aus euren Stämmen, mit dem ihr keinen Streit habt und der jetzt neu zu meiner Truppe dazugekommen ist - oder bald nach seiner Genesung kommen wird." -
Aditi nickt.
„Verstanden Herr. Ich muss zwar erst noch vergessen, dass wir ihn hier als Drachenferal gefunden haben und erst überreden mussten, für die Behandlung und während der Heilung seiner Schwingen ein Anthro zu sein, aber das werde ich sicher bald erreicht haben - manchmal ist mein Gedächtnis einfach zu schlecht...
Warten wir ab, bis seine Schwingen soweit geheilt sind, dass wir die Nähte entfernen können - wenn er dann einen Monat durchhält ohne sich zum Feral zu transformieren, gebe ich ihm eine kleine Chance für die nächsten 21 Jahre. Jetzt scheint er ja gewillt zu sein, das durchzustehen. Schauen wir mal, ob und was für ein Draccier aus ihm wird. Aber nach dem, was Padmini mir vom Kampf berichtet hat, hat er viel Durchhaltevermögen." -
„Man könnte es auch als stur bezeichnen. Aber hoffen wir, dass er das einmal begonnene einfach nur zu Ende bringen wollte, weil er keinen anderen Ausweg sah - auch wenn er dabei sterben würde. Überträgt er diese Haltung auf die nächsten Jahre, steht er das durch." -
„Nun, hoffen wir es. Würdest Du von mir verlangen, für einige Jahre als Mensch leben zu müssen, oder zu sterben - ich weiß nicht, ob ich nicht den Tod vorziehen würde. Und wir sind den Menschen in der Lebensweise wohl ähnlicher, als ein Großer uns. - Verzeih Herr. Ich werde ihn wie einen guten Freund behandeln und ihn so gut ich vermag motivieren." -
„Mehr kann ich nicht verlangen. Ich Danke Dir Aditi." -
Sie sieht mich etwas verlegen an.
„Nein Herr. Ich Diene Dir und freue mich, gleich eine interessante Aufgabe erhalten zu haben. Wer darf schon einen Großen zum Krieger ausbilden?" -
„Jaya mich." -
„Das zählt nicht wirklich, Herr. Die Herrin Jaya übt mit Dir nur den Schwertkampf. Wie sie sagte, bist Du bereits ein Krieger und musst nur ein wenig üben, um einer der besten zu werden." -
„Sie übertreibt." -
„Wenn Du sie bereits am ersten Übungstag besiegst?" -
„Es war ein Patt." -
„Es mag für den Ausgang einer Schlacht oder eines Krieges sinnvoll sein, aber für den einzelnen Krieger ändert sich nichts. Stirbt er, ist er besiegt. Auch wenn sein Gegner ebenfalls den Tod dabei findet." -
„Eine Sichtweise, die ich nicht zu entkräften vermag - und die ich durchaus teile." -
Aditi neigt leicht den Kopf.
„Herr, eine seltene Einstellung bei Fürsten und Kriegsherren. -
Wir sind bereit zum Aufbruch, Herr. Du kannst also starten." -
„Nein, fliegt ihr vor. Mir fällt es leichter euch einzuholen." -
„Du willst mit uns gemeinsam fliegen?" -
„Ja."
Sie sieht mich verwundert an.
„Ist es so ungewöhnlich, dass ein Dienstherr mit seinen Kriegern gemeinsam reist?" -
„Nicht so ungewöhnlich - für Draccier und Menschen..." -
„Ach so, weil ich ein Drache bin... - Na gut, ich verspreche, dass es nicht ständig vorkommen wird." -
Aditi grinst nur kurz und deutet eine kurze militärische Verneigung an, dann greift sie sich wie die anderen eine Art Rucksack, den sie aber vor der Brust tragen, wo er beim Fliegen nicht stört. Sie verständigen sich mit einem Blick und starten dann nacheinander mit einem kurzen Sprint hangabwärts gegen den Wind.
Einen Moment warte ich noch ab, dann nicke ich Padmini zu, dass sie auch starten soll und stelle mich auch in den Wind, richte mich auf den Beinen auf und nehme den Wind unter meine Schwingen. Ganz reicht es hier nicht, also stoße ich mich etwas ab und bin mir zwei schnellen Schlägen auch schon hoch genug, um mit leichten Schwingenschlägen Kurs auf die vor mir fliegenden Draccier zu nehmen. Padmini übernimmt ihren schon gewohnten Platz links von mir, etwa auf Kopfhöhe, aber außerhalb meiner Spannweite.
Wenig später muss ich schon Fahrt rausnehmen, ich habe sie eingeholt und halte mich etwas hinter ihnen, um sie nicht in meine Luftwirbel zu ziehen. Ich bin eben ein Jumbo gegen drei Ultraleichte... Der Gedanke lässt mich grinsen, während ich die drei beobachte. Aditi fliegt in der Mitte sehr sicher und im Moment ganz offensichtlich weit unter ihren Möglichkeiten. Rechts etwas hinter ihr eine schon ältere Dracci, deren Schuppen ein gedeckteres Grün zeigen, als bei Aditi. Beide haben dunkle Haare, die Aditi im militärischen Bürstenschnitt trägt, nur eine geflochtene Strähne rechts reicht ihr bis zum Unterkiefer. Shakti, so müsste die ältere Dracci heißen, trägt ihre Haare etwas länger. Auch Shakti fliegt noch deutlich unter ihrer Grenze.
Links etwas vor Aditi fliegt ein Männchen, da Nala ja als Späher unterwegs ist, müsste das dann also Bhima sein. Dunkelbraun und Haarlos wirkt er mit seinem sehr flachen Gesicht ohne Hörner, Dornen oder Finnen und den sehr feinen Schuppen am menschenähnlichsten von allen Dracciern in meinem Dienst. Selbst Jaya ist allein schon durch ihre zierlichen Hörner, aber auch deutlicheren Schnauze und ihrem feinen, beweglichen Rückenkamm um einiges Drachenähnlicher, auch ohne Schwingen.
Bhima hat deutliche Schwierigkeiten beim Fliegen, er kämpft deutlich um vorwärts zu kommen. Offensichtlich hat Aditi ihn deshalb vorne positioniert, damit er die Geschwindigkeit bestimmt und nicht zurückfällt.
„Aditi, das Männchen links müsste Bhima sein, oder?" frage ich leise.
Sie nickt.
Laut richte ich mich an ihn.
„Bhima, es scheint mir, als würdest Du mit einer Verletzung kämpfen?" -
„Ja, Herr." trägt der Wind seine Stimme zu mir.
„Eine unangenehme Verletzung der Brustmuskeln. Ich hoffte, es ist ausreichend verheilt, auf dem Hinweg war es auch ganz gut, aber bei der Landung ist wohl wieder etwas aufgebrochen. Die Schmerzen sind zwar auszuhalten, aber die Kraft fehlt einfach." -
Die Brustmuskeln der Schwingenarme sind ganz wesentlich für den Flug. Sie bringen die Kraft für den tragenden Abschlag. Ich überlege nicht lange.
„Ich verstehe. Lasse Dich etwas zurückfallen, ich helfe Dir." -
„Herr, ich..." er zuckt zusammen und verzieht das Gesicht, was ich sogar von hinten erkenne.
„Ja Herr, es ist wohl doch besser..." -
Nach seinem Zusammenzucken, wohl wegen einem heftigen Schmerz, hat er seine Schwingenschläge aufgegeben und gleitet nur noch. Aditi und Shakti wissen ja, was wir vorhaben und fliegen daher weiter. Bhima fällt jetzt schnell zurück, ich strecke meine linke Hand aus und halte sie so unter ihn, dass er sich nur noch sinken lassen muss. Er landet auf Händen und Knien, kaum spürt er die Schuppen meiner Handfläche, lässt er mit einem erleichterten Seufzer seine Schwingen einfach hängen.
„Danke... Danke, Herr. Es wäre nicht mehr weiter gegangen. Ich hätte hier notlanden und zu Fuß weitergehen müssen. Sogar das einfache Ausstrecken der Schwingen, das kaum Kraft kostet, ist furchtbar anstrengend im Moment. - Ich bin wohl noch für einige Zeit Fußgänger..." -
Er grinst schief.
„Kein Problem. Erzähle es bitte Rohit, damit er nicht auch zu früh zu sehr belastet." -
„Natürlich Isha Rajesh. Nur fürchte ich, dieser Draccier wird sich kaum davon abhalten lassen. Gedächtnisverlust ist eine üble Sache, man kennt auch seine Grenzen nicht mehr und glaubt möglicherweise, Kraft zu haben wie ein Drache." -
„Ja, bremst ihn lieber etwas." -
Aditi und Shakti fliegen jetzt deutlich schneller, so sind wir bald an meiner Wohnstätte angekommen, nachdem die beiden und Padmini gelandet sind, setze ich auch sanft auf und lege meine Hand auf den Boden. Bhima faltet umständlich und langsam, mit versteinertem Gesicht, also wohl unter Schmerzen, seine Schwingen zusammen und atmet auf, als sie endlich eng an seinem Rücken liegen. Er springt ab, dreht sich um und kniet, seine rechten Hand auf meinen Daumen gelegt, nieder, den Kopf gesenkt.
„Wohin Du auch gehst, wohin du mich sendest, ich werde Dir folgen Herr."
Er steht wieder auf, deutet eine Verneigung an und geht in Richtung ihrer Unterkünfte. -
„Das gilt auch für mich, Herr. Wären doch nur mehr Drachen wie Du..."
Aditi steht rechts neben mir und betrachtet mich nachdenklich.
„Bist Du wirklich ein Mensch? Ich meine vorher - stimmt das mit dem Menschen?" -
„Ja. Es stimmt." -
„Wie ist das, ein Drache zu sein?" -
„Fremd. Eigenartig und überwältigend. Zwar helfen mir die uralten Erinnerungen und Erfahrungen des Drachens ein wenig - wenn sie mich mal nicht ängstigen, weil sie so fremdartig erscheinen - und Erce hat mir sehr viel Wissen und so etwas wie Erfahrung mitgegeben. Aber der Mensch steht die ganze Zeit mit offenem Mund davor und versucht zu begreifen, was er da eigentlich macht, wenn er diesen Körper benutzt." -
Aditi und Padmini grinsen bei dem mit offenen Mund staunenden Menschen.
„Es ist sicher schwer zu beschreiben. Wenn ich Dir das sagen darf Herr und auch wenn ich Dich erst kurz beobachten konnte, man bemerkt nicht, dass Dir dieser Körper noch fremd ist." -
„Danke für die Einschätzung Aditi. Meine Partnerinnen, mein Schatten und Jaya sind da vielleicht etwas zurückhaltender in ihrer Beurteilung." -
Padmini schüttelt grinsend den Kopf.
„Mir ist bisher auch nichts aufgefallen - abgesehen von Deiner meistens sehr freundlichen und umgänglichen Art. Aber wenn Du es wünscht, Herr, werde ich Dich aufmerksam machen, wenn Du Dich meiner Meinung nach untypisch verhältst."
...
Fortsetzung in Kapitel 17