Drachenmenschen 05 - Training-Infos-Training

Story by Lord_Eldingar on SoFurry

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#5 of Drachenmenschen

Kapitel 5

Ein neuer Tag und wieder Training.

Aber langsam lerne ich meinen Körper kennen und entdecke immer neues.

So wie die Gefühle für den Anthrodrachen langsam wachsen. Dabei bin ich doch Hetero...


Drachenmenschen

  1. Training, Infos, Training...

Irgendwann später bin ich vor dem Fernseher wieder aufgewacht, hab das Glas Wein leer gemacht und bin ins Bett gegangen - da schlafe ich besser. - Im normalen Bett, diese Schlafkugel umgehe ich heute, die ist mir irgendwie zu abgeschlossen jetzt.

Das Telefon weckt mich, es ist schon hell, so gegen halb neun. Wer ruft mich hier an? Josef? - Auf dem Display steht 'Tür' - aha, vernetzt.

Ich drücke den grünen Knopf.

„Jaaaa...?" -

Oh Mann, ich klinge, als ob ich gesoffen hätte, dabei habe ich gerade mal das eine Glas geschafft gestern.

„Ich bin's, Kyrrah..." -

Er klingt irgendwie vorsichtig. Was ist nun passiert?

„Ist irgendwas?" -

„Nein... - ich wollte nur..." -

Immer noch so vorsichtig... Er hat doch was.

„Ach ja, das Training. Komm rein, die Tür müsste offen sein - ich hab nicht abgeschlossen gestern. Einen Moment, ich mach mich schnell etwas frisch - mach's Dir solange bequem." -

„Ja, danke." -

Ich lege auf. Das eben klang fast wie ein Aufatmen. - Na, er wird es mir schon sagen. Erstmal aufs Klo, dann schnell noch mal unter die Dusche. Gestern hatte ich gesehen, dass Josef mir einiges an Kleidung bereitgestellt hat - aber aus irgendeinem Grund möchte ich wieder den Latexdress anziehen. Also spüle ich die Sachen schnell unter der Dusche mit durch und ziehe sie dann unter der noch laufenden Brause an - so geht es ohne Silikonöl am einfachsten.

Dann schnell mit dem Handtuch etwas trocknen, fertig angezogen. Auf dem Gang höre ich Geräusche aus der Küche und schaue nach.

Auch diese Küche ist vollständig eingerichtet, wenn auch mit 'normalen' Geräten - aber auch mit Induktionskochfeld. Die Besonderheit hier ist, dass der Speiseraum direkt anschließt, nur durch einen Tresen von der Küche getrennt. Aber auch hier gibt es eine Kochinsel. Und einen Kaffeevollautomaten - und daraus holt Kyrrah gerade einen großen Pott Kaffee und stellt den auf den Tresen, wo bereits ein anderer Kaffeepott steht. Und alles für ein schnelles Frühstück eingedeckt ist.

Er wendet sich mir zu und neigt seinen Kopf.

„Verzeih mir bitte, T'Ánh'Aáh. Ich hatte nicht vor, Dich zu beschämen oder bloß zu stellen." -

„Wann hast Du das getan?" -

„Gestern. Ich habe Dich zu sehr angetrieben und bin verantwortlich dafür, dass Du vor einem Menschen auf peinliche Art erschienen bist." -

„Wieso peinlich? Und welcher Mensch?" -

„Josef. - Auch wenn er ein Eingeweihter ist und Mentor, so ist es doch gegen die Sitte, dass ein Edler vor ihm so geschwächt auftritt, dass der Edle vor ihm strauchelt. - Verzeiht Herr. Mir war nicht bewusst, dass es Euch so angestrengt hat." -

Das ist es... weil ich gestern psychisch ausgelaugt war und ich deswegen zuletzt sehr oft gestolpert bin. - Und weil Josef es gesehen hat.

Aber ein wenig möchte ich ihn noch schmoren lassen. Ich bin ihm nicht wirklich böse, aber leise geflucht habe ich gestern sehr oft auf ihn.

„Und das ist Dir heute nacht eingefallen?" -

„Es wurde mir bewusst, als ich gestern Abend vor Eurer Tür stand - und Ihr auf meine Bitte um Einlass nicht einmal reagiert habt." -

Jetzt muss ich doch grinsen und lege ihm meine Hand auf die Schulter.

„Gestern Abend... da bin ich, kaum dass Josef mich verlassen hatte, vor dem Fernseher eingeschlafen. Ich habe Dein Klingeln nicht gehört, entschuldige - vermutlich bin ich dadurch aber wach geworden und bin direkt ins Bett gefallen. - Ich habe Dich nicht vor der Tür stehen lassen, weil ich böse auf Dich bin - ich habe das nur nicht gehört, entschuldige. -

Was das Stolpern angeht... Dein Training war zwar hart und ich habe Dich oft auch auf die Rückseite des Mondes gewünscht, aber ich lief zuletzt ohne nachdenken zu müssen recht sicher. Dass ich am Ende wieder so ins Stolpern gekommen bin, lag daran, dass ich die Sinneseindrücke nicht mehr kontrollieren und steuern konnte. Sehen, hören, riechen... das alles wurde am Ende zuviel und ich habe kaum noch erkannt, wohin ich gelaufen bin." -

Ich setze mich an den Tresen und muss ihn erst mit einer deutlichen Geste dazu auffordern, sich neben mich zu setzen - obwohl er durch das Aufdecken deutlich seinen Wunsch auf ein weiter freundschaftliches Verhältnis dargelegt hat, traut er sich nicht recht, es auch einfach wieder so anzunehmen.

„Aber warum hast Du nichts mehr gesehen... - davon habe ich noch nie gehört." -

„Oh, ich habe schon etwas gesehen. Sogar sehr viel - zu viel... - ich sehe alles gleichzeitig... Das bekomme ich nur in den Griff, wenn ich mich auf einen einzelnen Punkt konzentriere. Das funktioniert auch überraschend gut, aber gestern Abend war plötzlich die Kraft dazu weg. Zwar konnte ich mich noch auf einen einzelnen Punkt konzentrieren, aber ich konnte nicht mehr kontrollieren, welcher Punkt. Ich habe rechts etwas gerochen und schon habe ich meinen Blickpunkt dahin gerichtet, obwohl ich weiter auf den Weg sehen wollte. - Dann bekam ich heftige Kopfschmerzen und dann war es vorbei mit jeder Konzentration. Ich habe alles gesehen, gerochen und gehört - nur nicht mehr das, was wichtig war. Ich bin sozusagen blind durch die Gegend getappt und konnte mich nur mit kurzen, zufälligen Blitzern orientieren. Hätte mir nicht irgendetwas gesagt, dass ich auf dem richtigen Weg bin, hätte ich einfach stehenbleiben müssen." -

„Moment... Du siehst alles gleichzeitig?" -

„Naja, gleichzeitig sehe ich alles ja auch als Mensch. Aber nur einen kleinen Fleck auch scharf. Als Drache sehe ich gefühlt alles gleichzeitig scharf - und das ist das Problem, weil ich Schwierigkeiten habe, damit zurecht zu kommen... noch wie ich hoffe." -

„Und hören?" -

Hab gerade abgebissen... Kyrrah winkt beruhigend, also kaue ich erst und spüle es dann mit einem Schluck Orangensaft herunter.

„Hören... ich höre die Ameisen tratschen und das Moos Sauerstoff furzen... naja, das ist übertrieben, jedenfalls schnauft so ein Eichhörnchen schon ordentlich, wenn es einen Baum hochklettert. - Und riechen? - Keine Ahnung, ich wusste nicht, was man alles riechen kann... Verrückt, was einem da ständig in die Nase dringt und wie sehr es einen abzulenken vermag." -

Er hält mir etwas unter die Nase.

„Hast Du das schon mal gerochen? - So nah dran kannst Du es auch als Mensch riechen." -

Ich schnuppere, ja da ist etwas zu riechen... zunächst natürlich Kyrrah selber, schwach aber eindeutig - und die Dinge vom Frühstück, wie Brötchen und Kaffee - mein Geruchssinn ist auch als Mensch deutlich besser geworden, besonders auch mein Geruchsgedächtnis ist selbst jetzt das eines Drachen.

Und dann kommt da ein ganz schwacher Geruch durch. Angenehm, sanft würzig, schwer zu beschreiben... Mein Gedächtnis rattert...

„Natürlich habe ich Brötchen, Kaffee und sogar Dich schon mal gerochen..." ich grinse.

„Aber das andere... - doch da lag gestern so ein Hauch davon in der Luft. Es war nicht immer wahrzunehmen, weil der Wind mehr aus Nordost kam, der Geruch aber eindeutig aus Südost..." -

Er nickt.

„Du hast es offensichtlich wirklich gerochen... denn die Quelle liegt wirklich südöstlich. Mit diesem Geruch sind die Übergänge markiert. Wir können sie schwach wahrnehmen, aber Drrá'Kin können die Richtung sogar gegen den Wind über eine weite Entfernung bestimmen. - Wenn Du es bereits jetzt kannst..." -

Kopfschüttelnd nehme ich einen Schluck Kaffee.

„Nee, danke. Es reicht mir an Außergewöhnlichem im Zusammenhang mit mir. - Drache, möglicherweise sogar ein Monster... das ist mehr als genug." -

Ich spüre Kyrrahs Krallen durch das Latex, als er mir seine Hand auf den Arm legt.

„Das ist eigentlich nichts ungewöhnliches, dass ein Drache die Übergänge riechen kann. Ich kann den Übergang da im Südosten auch wahrnehmen, wenn der Wind günstig ist. - Nur dass Du ihn hier auch ohne die Hilfe des Windes orten kannst - das ist eine Fähigkeit, die wir Drrékh erst erlernen, wenn wir Ferals werden können. Du kannst ja jetzt schon ein Feral werden, also ist das völlig normal. -

Nur dass Dir - Deinem Bewusstsein - jetzt schon die vollen Sinnesleistungen eines Drachen zur Verfügung stehen... das ist ungewöhnlich. Sonst erlangen wir diese volle Wahrnehmung nur langsam, über viele Monate als Drrékh - so können wir uns langsam daran gewöhnen und lernen damit umzugehen. -

Du allerdings hast sofort die randvolle Kanne erhalten - und musst nun lernen, daraus zu trinken ohne alles zu verschütten. Sozusagen..." -

Seine bildhafte Darstellung ist wirklich in etwa das, was ich dabei empfinde. Da ist soviel... und ich muss mir mühsam das wenige wichtige für mich herauspicken. Passe ich nicht auf, werde ich von der Masse der Eindrücke einfach verschüttet. -

Gut, dass es für einen Drachen normal ist, soviel wahrnehmen zu können, habe ich mir ja schon gedacht, nur reicht mein angeborener Filter, der auf die Wahrnehmungen eines Menschen abgestimmt ist, für die Masse an dracoiden Wahrnehmungen nicht mehr aus. Immerhin beruhigt es mich ein wenig, dass ich nicht einfach zu blöd bin, damit zurecht zu kommen, sondern Kyrrah hatte einfach die leichteren Bedingungen.

Trotzdem muss ich alleine damit zurechtkommen. Und starre in meinen Kaffee.

„Ja, so ähnlich. Hoffentlich finde ich heute genug Kraft, das wieder einen Tag lang durch zu stehen." -

„Willst Du eine Pause? Sollen wir heute nur einen halben Tag etwas machen? - Oder willst Du aufgeben..." -

„Nee, so schnell bekommst Du mich nicht... - Lass mir nur etwas Zeit zum Frühstücken - am Salat gestern Abend war wohl doch etwas wenig Fleisch - ich hab einen tierischen Hunger..." -

Er grinst.

„Ich hatte auch noch frisches Fleisch dabei, gestern Abend... - Kein Problem. Ich hatte für heute ohnehin wieder nur laufen geplant, um Deine Koordination weiter zu trainieren. Aber ehrlich gesagt, bist Du schon ganz gut, da brauchen wir nicht mehr viel üben. Also mehr ein wenig Ausdauertraining... - vielleicht... würdest Du es akzeptieren, wenn ich Dir die Schwingen fessele?" -

„Warum das?" -

„Du hast Dich später zwar sehr bemüht, nicht mehr die Schwingen einzusetzen, aber ganz verhindern konntest Du es nicht. Gefesselt kannst Du sie nicht mehr nutzen, das wird Dir helfen, noch weiter an Sicherheit zu gewinnen. - Es ist ja nicht verkehrt, wenn Du Dich mit Deinen Schwingen abfangen kannst - Du bist da sogar sehr viel weiter, als ich erwartet hätte. Aber es ist auch hinderlich für Deine Standsicherheit. - Auch die Drrá'Kin die schlüpfen, lernen erst laufen und später dann das Fliegen." -

„Schon gut. Ich verstehe den Sinn. Meinetwegen kannst Du mich auch in einen Hogtie fesseln, wenn es mir in irgendeiner Weise hilft." -

„Hmmm, klingt interessant - leider finde ich keinen triftigen Grund, wie das beim Laufen helfen könnte..." -

„Du siehst Deine Partner gerne gefesselt?" -

„Lieber sie als mich." er grinst.

„Aber das heute hat wirklich einen anderen Grund." -

Er steht auf und macht uns noch zwei Kaffee, während ich mir eine dicke Ladung Beefhack auf mein Brötchen schmiere... - sonst esse ich sowas nur abends, trotzdem bin ich Kyrrah dankbar, dass er ein ganzes Kilo davon mitgebracht hat.

„Hast Du schon vermutet, dass ich jetzt Fleisch brauche?" -

„Ich hatte so eine Ahnung, dass Du gestern nicht genug gegessen hast. Auch als Anthro brauchst Du viel Fleisch - das kann oder will Josef irgendwie nicht verstehen und kommt immer mit diesem Grünzeug..." -

„Ja, ich sag ja immer: Vegetarier essen meinem Essen das Essen weg..." -

Er kichert.

„Die müssen vorsichtig sein, ich esse alles, was sich von Pflanzen ernährt." -

„Sag das einem, so wie Du jetzt aussiehst..." -

„Besser nicht, der glaubt das noch."

Wir grinsen uns an. Ich vertilge mein Hackbrötchen und Kyrrah streicht sanft über meinen Latexarm.

„Hat sich gestern dabei eigentlich was verändert?" -

Genau das habe ich mich heute beim Anziehen auch gefragt...

„Nein. Jedenfalls nichts, was ich sofort gespürt hätte. Ich fühle Dich jetzt durch das Latex deutlicher auf meiner Haut, als einen festen Griff auf den Schuppen gestern abend." -

„Und Deine Einstellung zu Deinem Körper? - Hasst Du ihn immer noch?" -

„Hassen... nein - Du hast mir gestern immerhin gezeigt, was ich mit dem Körper jetzt schon anfangen kann. Das spielen mit den Schwingen hat zeitweise sogar Spaß gemacht. - Nein, hassen kann man nicht sagen, aber dieses Gefühl von eingesperrt sein, macht ihn mir auch nicht gerade sympathisch. Ich denke, wenn ich erstmal richtig mit dem Drachenkörper umgehen kann, dann werde ich das sicher auch nutzen - und wenn ich mir vorstelle, die Sinne richtig zu beherrschen... Aber solange das andere sich nicht ändert, werde ich immer diesen Körper vorziehen. - Scheiße..." -

„Warum...?" -

Kyrrah spürt meine schlechte Laune und ist deutlich vorsichtig. Seine Hand liegt auf meinem Arm und ich lege spontan meine Hand darauf.

„Weil ich gerade wieder so eine Art Angst davor bekomme, nachher wieder in den Drachenkörper zu schlüpfen - Scheiße, verdammte... und dabei war ich mir vorgestern so sicher, nie mehr ein Mensch sein zu wollen..." -

Er legt mir seine andere Hand in den Nacken.

„Hey Großer. Keinen Frust jetzt, beiß Dich da durch."

Ehe ich reagieren kann, spüre ich seine Zunge kurz über meine Lippen gleiten... Dann setzt er einen so niedlich entschuldigenden Blick auf, dass ich grinsen muss.

„Entschuldige, aber ich fand, jetzt wären ein paar Zärtlichkeiten angebracht..." -

„Aber..." -

„Ich weiß. Aber so ein kleines Küsschen..." -

„Das war ein Kuss?" -

„Bei uns gilt das Züngeln über die Nüstern oder die Lippen als sanfter, zärtlicher Kuss. Wird auch oft zur Begrüßung unter Partnern oder engen Freunden gemacht." -

„Und was bin ich?" -

„Ein Freund - ein Partner... vielleicht..." -

„Ich weiß nicht..." -

Seine Nüstern sind direkt vor meinem Gesicht, ich rieche seinen Atem - und lecke spontan ebenso sanft und kurz über seine Nüstern. Keine Ahnung warum... ich mag ihn, aber fühle mich nicht wirklich sexuell angezogen... - Seine Augen leuchten auf und er massiert sanft meinen Nacken.

„Wollen wir das Training heute nicht sausen lassen, Großer? Ich fessele Dich, dann bist Du mir ausgeliefert und kannst es nicht verhindern..." -

Kurz überlege ich, ob ich nicht einfach ja sagen soll. Aber ich glaube nicht, dass er mich gegen meine Gefühle, die jetzt doch rebellieren, nehmen möchte. Und er spürt offenbar auch, dass ich nicht bereit bin, weiter zu gehen, denn er grinst jetzt. Ich schüttele leicht den Kopf.

„Tut mir leid, Kyrrah. Es fühlt sich für mich nicht richtig an, wenn ich mit Dir... - nicht mal gefesselt, denn das müsstest Du wirklich. - Nebenbei, würde es Dir gefallen, mich zu nehmen, wenn ich Dir gefesselt ausgeliefert bin?" -

Er nickt.

„Oh ja. Sogar sehr, das füttert meinen Fetisch. Rrrrh... einen Hetero gegen seinen Willen zu ficken, sich von ihm einen Blasen lassen und ihn zuletzt mit massivem Breathplay zum kommen zwingen... - Nein, entschuldige... diese Fantasien entspringen langen einsamen Nächten... - Nein, nie ohne Deine Zustimmung, nur wenn Du auch dazu bereit bist und es auch willst. Und gerne auch ohne Fesseln und so. -

Nein, ich weiß schon, mit uns beiden wird das wohl nichts - aber versuchen darf ich das doch?" -

„Klar. Natürlich darfst Du das. Immerhin schmeichelt es mir ja auch, dass sich jemand für mich interessiert." -

Ich strecke wieder meine Zunge aus, um noch einmal über die Nüstern vor mir zu lecken, aber er streckt blitzschnell seine Zunge heraus und lässt sie über meine Zungenspitze gleiten. - Dann grinst er breit - wohl über meinen überraschten Blick - und steht auf, um noch Orangensaft zu holen.

„Leider gibt es da noch einige, die sich für Dich interessieren..." -

„Leider?" -

Er blickt mich erschreckt an.

„Oh... entschuldige... das... das ist mir so rausgerutscht..." -

„Ah, Du meinst, es interessieren sich auch weibliche Drrékh für mich." -

„Schlimmer, Drrá'Kin-Weibchen..." -

Ich muss grinsen.

„Sind die so schlimm?" -

„Nein, natürlich nicht. Aber welcher Hetero-Drrékh kann sich dem Werben einer Drrá'Kina entziehen..." -

„Womit Deine Chancen, mich zu überzeugen vielleicht doch eine Beziehung mit Dir aufzunehmen, schwinden..." -

„Wenn ich in Dir nicht diese... diese... ich weiß nicht... Zuneigung... spüren würde..."

Ich atme tief durch - er hat ja Recht, ich mag ihn. Ist das schon Zuneigung? Denke ich wirklich daran, mit ihm...

Er sieht meine Zweifel, oder was auch immer - und zieht sofort die richtigen Schlüsse. Schnell ist er bei mir, setzt sich neben mich und fasst meine Oberarme.

„Hey Großer. Alles ist Gut. Finde Dein Weibchen und paare Dich mit ihr als Feral. Du bist mir nichts schuldig, gar nichts. Finde Dein Glück und ich freue mich mit Dir. Ehrlich." -

„Und Deine Gefühle für mich...?" -

„Ja, die kann ich nicht leugnen. - Aber die sind nur so intensiv, weil ich mir so sehr einen Partner wünsche. Hätte ich einen Partner, würde ich nicht mal daran denken, Dich so anzugehen. Ich weiß ja, dass Du Frauen bevorzugst."

In seinen Augen lese ich, dass er es ernst meint. Dann atmet er tief durch.

„Wird Zeit, dass Du fertig wirst, Herr. Zuviel Essen macht fett und einen fetten Drachen mögen die Drrá'Kina nicht..." -

„Ich bin bereit..." -

Wir stellen alles schnell in die Spülmaschine und machen alles sauber, dann geht es auch gleich nach draußen - ich habe ja nichts weiter anzuziehen.

Draußen sieht er mich fragend an... - ich verstehe, warum erst in den Wald gehen... also konzentriere ich mich seufzend und spüre nur wenig später wieder dieses Prickeln auf der Haut, das Gefühl meiner Schwingen und des Schwanzes, das eigenartige Gefühl, wie sich viele zusätzliche Wirbel in mein Rückgrat einfügen. Ohne darüber nachzudenken stelle ich mich auf die Zehenspitzen und spüre gleich darauf, wie meine Füße sich verändern und ich wieder sicher stehe.

Ich strecke meine Schwingen aus und der leise, zufrieden klingende Knurrton muss wohl auch von mir sein. - Doch gleich überfällt mich wieder dieses eigenartige und äußerst unangenehme Gefühl in meinen eigenen Schuppen eingesperrt zu sein.

Kyrrah tritt auf mich zu und legt mir seine Hand auf die Wange.

„Halte durch, Großer. Irgendwann geht das vorbei." -

Ich nicke und atme tief durch.

„Also los, vergiss meine Schwingen nicht." -

Er grinst.

„Du glaubst doch nicht, dass ich vergesse, Dich zu fesseln..." -

Er trägt heute eine Hüfttasche, aus der er zwei Seile nimmt. Mit schnellen sicheren Bewegungen hat er meine Schwingen bald so in Ruhestellung zusammengebunden, dass ich sie nicht mehr ausbreiten oder anheben kann. Nur in den Schultern kann ich sie noch bewegen - immerhin sind die Fesseln zwar stramm, aber nicht wirklich unbequem. Merkwürdig, wie hilflos ich mich plötzlich fühle, weil mir die Schwingen gefesselt wurden, die ich eben gerade noch nicht einmal hatte...

Kyrrah sieht sieht mir meine Zweifel an.

„Sag, wenn ich die Fesseln wieder lösen soll. Du sollst Dich dabei nicht unwohl fühlen." -

Ich schüttele den Kopf.

„Nein, ich muss mich nur ein wenig dran gewöhnen. Es ist nur eigenartig wie störend das an Armen ist, die ich erst seit gestern habe." -

„Ja, Du bist eindeutig ein Flieger, alleine schon die schnelle Gewöhnung an die Schwingen ist ein deutliches Zeichen. - Ich habe übrigens die Fesseln nicht fest verknotet, nur eine Schlaufe gemacht. Du brauchst nur hier am Ende zu ziehen und kannst Dich dann leicht befreien. Es soll ja nicht wirklich eine Fesselung sein, mehr eine Erinnerung." -

„Ah, gut. Danke. - Aber wenn ich Flieger bin - warum muss ich dann laufen? - Nein, vergiss es, mir ist schon klar, warum Du mich hier zu Fuß durch die Gegend scheuchst." -

„Und? Können wir loslaufen?" -

„Ja, los. Dann geht der Tag hoffentlich schnell vorbei und ich kann aus diesem verfluchten Panzer wieder raus."

Sein Blick wird schnell ernst.

„Wenn ich wüsste, wie ich Dir dabei helfen kann... - Der Latex-Anzug hilft wohl nicht." -

„Der hilft nur, sich als Mensch nicht so nackt zu fühlen. - Mach Dir darüber keine unnötigen Sorgen, ist ja nicht Deine Schuld. Aber wenn Du eine Idee hast, immer raus damit. - Und nun los, ich muss mich ablenken, sonst wandle ich mich gleich zurück..." -

Er nickt ernst, macht eine auffordernde Kopfbewegung und joggt los. Ich seufze - nicht wegen dem Laufen - und folge ihm.

Meine Sinne habe ich heute morgen wieder einigermaßen unter Kontrolle, allerdings habe ich den Eindruck, dass meine Sicht irgendwie anders ist. Allerdings stört das nicht, also nehme ich es einfach hin.

Die erste Stunde muss ich mich noch ein wenig konzentrieren. Zwei, drei harmlose Stolperer über Wurzeln kann ich problemlos abfangen, allerdings ist dabei die Fesselung schon störend, denn instinktiv will ich dabei meine Schwingen zum Abfangen ausbreiten. Aber dann vergesse ich irgendwann alles störende um mich herum und folge Kyrrah in jedem Gelände und bei fast allen Laufgeschwindigkeiten. Nur wenn er in freiem Gelände voll aufdreht, komme ich nicht mehr mit - er ist einfach schneller als ich.

Kurz nach Mittag machen wir wie gestern wieder eine Pause. Diesmal ohne eine Kühlbox mit Vorräten - dabei könnte ich zumindest etwas zu trinken vertragen.

Aber Kyrrah nickt nur beruhigend.

„Josef wird gleich eine Kleinigkeit bringen, vor allem Wasser. - Du brauchst heute auch deutlich mehr als gestern, denn Du kannst Dich nicht über Deine Schwingen abkühlen, was sonst der normale Weg ist. - Aber keine Sorge, zum einen ist es heute nicht so warm, zum anderen verträgt ein Drache einiges mehr an Körpertemperatur, als ein Säuger - und Du kühlst Dich über Deine Atmung ab, Du hast sicher schon bemerkt, dass Du schneller atmest als gestern - allerdings verbraucht das auch viel Flüssigkeit, die Du nachfüllen musst." -

„Aha, über die Lunge schwitzen, auch nicht schlecht." -

Er grinst breit.

„Das habe ich so noch nicht gehört - aber technisch ist das wirklich so ähnlich." -

Ich nicke und trete von einem Fuß auf den anderen, wobei ich das fast schon elegante Spiel meiner Zehen betrachte. Sobald ich den Fuß hebe, legen sich meine Zehen eng neben- und übereinander und machen meinen Fuß sehr schlank - und unmittelbar vor dem Aufsetzen spreize ich meine Zehen weit auseinander, was mir eine größere Standfläche gibt. - Das ganze geschieht spontan ohne dass ich überlegen muss. Kyrrah beobachtet mich dabei.

„Typische Fliegerfüße. In der Luft schlank und aerodynamisch und am Boden eine optimale sichere Standfläche. Ist Dir schon aufgefallen, dass Du mit den Zehen fast so gut greifen kannst, wie mit den Fingern? ..."

Ich schüttele den Kopf.

„... Ein Nebeneffekt Deiner Standsicherheit. Tritt mal auf den Ast da..."

Ich gehorche - sofort umgreifen meine Zehen den Ast, klammern sich fast wie Vogelkrallen daran fest. Danach tritt er ebenfalls auf den Ast, seine Zehen beugen sich zwar etwas, aber er steht praktisch frei nur auf seinen Ballen auf dem Ast.

„...siehst Du? Meine Füße sind zugunsten einer höheren Laufgeschwindigkeit weniger beweglich. Für Dich als Flieger ist die Beweglichkeit wichtig, damit Du Dich auch an einer Felswand festklammern kannst - was mir nur unter besonders guten Bedingungen überhaupt möglich ist. Dafür läufst Du nicht so schnell." -

„Und Du bist auch besser für einen Zweikampf ausgerüstet, wie mir scheint." -

„Richtig. Deine Krallen sind nicht weniger kräftig, aber besser zum greifen geeignet, Du stichst zu und hältst fest - meine sind eher zum Aufschlitzen von Schuppen geformt, gerader, spitz und scharf. Und dazu die langen Dornklingen an Armen und Beinen... - Du solltest Dich nicht unbedingt mit mir auf einen Zweikampf einlassen. - Obwohl ich wiederum Deine Fangzähne fürchten muss. Meine Zähne werden Dir nicht viel anhaben können, wenn Du dagegen mich richtig erwischt, zerfetzt Du mir die Halsschlagadern und die Luftröhren. Es ist für Dich schwieriger - aber Du bist auch nicht wehrlos." -

„Also würde ich nie über Zweikämpfe in der Rangordnung aufsteigen können?" -

„Oh doch. Zweikämpfe sind ja nicht unbedingt auf die Erde begrenzt. Und in der Luft ist es für mich schon deutlich schwieriger, einen wenigen Flieger zu bekämpfen, oder seine Luftangriffe abzuwehren. Dann noch der Feueratem dazu... Doch, wenn wir über Zweikämpfe unsere Rangordnung bestimmen würden, dann hättest Du durchaus eine Chance. Aber die Rangordnung wird im wesentlichen durch Übereinkunft festgelegt, da zählt Wissen, Weisheit und Können mehr als Kraft. - Nebenbei... die meisten Zweikämpfe sind schon zu Ende, noch ehe eine Kralle geschwungen oder ein Kiefer zugeklappt wurde. Denn ein richtiger Kampf ist das letzte Mittel, wenn die Kontrahenten sich nicht auf den stärkeren und beeindruckenderen einigen können." -

„Du meinst... ein Zweikampf wird schon durch einen äußeren Vergleich entschieden?" -

„Sehr oft. Drachen vermeiden es, sich der Möglichkeit von Verletzungen auszusetzen. So eine Flughaut ist schnell aufgeschlitzt und dann wird das Fliegen schwieriger." -

„Man stellt sich also auf und versucht möglichst groß, gesund und kräftig zu wirken." -

„Im Grunde genau das. - Das sind oft nur geringe Unterschiede, die das ausmachen. - Aber Dich würden sicher nicht viele herausfordern, Du bist einfach zu groß, was schon von weitem zu erkennen ist. - Nebenbei sind solche Zweikämpfe meist eher als eine Art Sport anzusehen, bei dem die Flieger eher selten teilnehmen. Der Zweikampf ist schon seit langer Zeit nicht mehr Rangentscheidend." -

„Für mich beruhigend, ich hätte keine Lust darauf, mir erst einen Platz erkämpfen zu müssen." -

„Das ist nicht nötig, Du bist doch ein Edler." -

„Ach so, ja..." -

Immerhin muss ich nicht um einen Platz kämpfen. Denn ich hatte inzwischen schon befürchtet, dass ich alle Naselang auf einen Drachen treffen würde, mit dem ich mich erst bis aufs Blut prügeln muss, um überhaupt anerkannt zu werden. - Irgendwie hatte ich mir plötzlich wilde Rangkämpfe vorgestellt.

Ein Auto nähert sich, ich horche, aber Kyrrah schnuppert nur kurz.

„Ah, Josef kommt mit unserem Imbiss." -

Hmm, richtig, der Wind steht ja günstig... warum bin ich nicht darauf gekommen, meine Nüstern zu nutzen...? - Aber soviel ich auch schnuppere... ich rieche höchstens die Abgase aus der Masse der unbekannten und undefinierbaren Gerüche heraus...

Kyrrah bemerkt meine Verwirrung.

„Du kannst ihn nicht riechen?" -

„Doch, bestimmt. Nur ist das einfach viel zuviel, was ich rieche. Ich finde da kaum etwas, das ich zuordnen kann. Ich hab ja schon einige Male am Waldboden schnuppern müssen gestern... Aber ich erkenne in dem Gewimmel von Gerüchen den mir bekannten Geruch nicht mal - als wäre ich auf einem fremden Planeten..." -

Er grinst kurz.

„Gut... naja oder auch nicht. - Was ist mit dem Gehör?" -

„Das geht so. Der Vorteil ist, dass die Geräusche sich nicht so in Einzelheiten aufspalten, wie die Gerüche. Zwar höre ich viel mehr und auch deutlicher, aber was ich höre ist mir überwiegend bekannt oder ich kann mir vorstellen, was es ist. Nur die Bereiche im Infra- und Ultraschall, die ich jetzt auch höre, verwirren mich manchmal, weil sie so fremdartig klingen. Ich muss mich aber noch daran gewöhnen, unwichtiges zu überhören und daran, dass ich jetzt viel genauer Richtung und Entfernung orten kann." -

Ein kleiner, offener Geländewagen kommt auf die Wegekreuzung, auf der wir stehen und hält neben uns. Josef winkt mir zu und klettert aus dem Wagen.

Kyrrah möchte noch mehr wissen.

„Entschuldige meine blöden Fragen, wir hatten ja heute morgen schon kurz darüber gesprochen, aber ich möchte das jetzt genauer wissen. - Also mit dem Gehör kommst Du einigermaßen zurecht?" -

„Ja, klar. - Es ist sehr viel auf einmal. Manchmal kann ich nur weghören, also das bewusste Hören abschalten, um nicht überfordert zu werden. Aber insgesamt geht es vergleichsweise noch recht gut." -

„Das Sehen?" -

„Immer noch ein Problem für sich... Ich schaffe es momentan, das erweiterte Sichtfeld aus meinem bewussten Sehen auszublenden. Ich sehe es zwar, aber irgendwie schaffe ich es, nicht darauf zu achten. Problematisch ist nur der riesige Bereich in dem ich scharf sehe - und den ich gleichzeitig bewusst sehe..." -

Er nickt.

„Ich weiß, was Du meinst. Ich kenne ja den kleinen Fleck, den ein Mensch wirklich scharf sieht - und dann die 45 oder 50 Grad weite Fläche, in der wir alles gleichzeitig scharf sehen. Das ist für mich im ersten Moment auch immer etwas verwirrend." -

Ich sehe ihn zweifelnd an.

„50 Grad...?" -

Schnell achte ich darauf, einen sicheren Stand zu haben und gebe die Konzentration auf Kyrrah vor mir auf. Sofort überfällt mich der überwältigende Eindruck alles vor mir gleichzeitig zu sehen - scharf und bewusst zu sehen, nicht das meiste als Randspektakel wie es ein Mensch sieht. - Ich hebe meine Arme und breite sie langsam zur Seite aus - bis sie den Bereich, in dem ich meinen Arm links und rechts gleichzeitig scharf sehe, verlassen. - Natürlich sehe ich dann jeden Arm nur noch mit je einem Auge, was zusätzlich verwirrt.

Ich stehe jetzt mit seitlich weit ausgestreckten Armen vor Kyrrah, zeige ihm den annähernden 180 Grad Winkel der gleichzeitig scharf vor mir liegt. Er begreift sofort, was ich damit zeigen will.

„Das...? Das alles siehst Du gleichzeitig bewusst und scharf?" -

„Ja. So weit reicht die Schärfeebene zu den Seiten, dazu noch ein ganzes Ende weiter der unscharfe Randbereich, fast soweit, wie ich überhaupt etwas sehen kann." -

„Das heißt ja..." -

„Nun, entweder verwechselst Du den Bereich, den Du mit beiden Augen gleichzeitig siehst, also Entfernungen genau abschätzen kannst, mit dem Bereich der Schärfeebene... - oder Du hast noch nicht das volle Sehfeld eines Drachen erreicht. - Da Du ja sagtest, dass es sich bei Dir langsam entwickelt hat, denke ich eher das letzte. Du siehst noch lange nicht alles..." -

Ich konzentriere mich wieder auf ihn, es fällt mir dann wesentlich einfacher, mich zu orientieren, wenn ich versuche, das meiste zu ignorieren. Kyrrah breitet ebenfalls seine Arme aus, bei irgendwas um 50, vielleicht 55 Grad Gesamtwinkel hält er sie in der Luft.

„Das sehe ich gleichzeitig scharf. Der Rest bis etwa da ist dann verschwommen." -

Er kommt auf reichliche 200 Grad Sehfeld, immerhin etwas mehr wie als Mensch. Ich sehe dagegen ja noch meine eigenen Hörner und einen Teil meines Kopfes hinter meinen Augen - wenn ich nach vorne sehe...

Ich lege meine linke Hand an den Bogen meines linken Hornes, während ich ihn direkt ansehe.

„Die Hand kann ich noch deutlich sehen. Unscharf, aber ich sehe sie. Und den Milan da über uns." -

Er blickt nach oben.

„Scheiße... da ist wirklich ein Milan..." Er sieht mich wieder an. „... Scheiße, Scheiße, Scheiße..."

Er legt dabei seine Hand an seinen Oberkiefer und schüttelt leicht den Kopf.

„... wie soll ich Dir bei etwas helfen, dass ich mir selber nicht recht vorstellen kann..." -

„Du hast den Milan da oben nicht gesehen?" -

Kopfschütteln.

„Nein... nicht gesehen, nicht gehört, nicht gerochen. - Und Du siehst ihn...?" -

„Dich, meine Zehen und den Milan. Gleichzeitig. Und den Milan nur deswegen nicht ganz scharf, weil er viel weiter weg und deshalb außerhalb der Schärfeebene ist, auf die ich mich jetzt konzentriere." -

Josef kommt zu uns.

„Na, begreift unser Fesselfreund gerade Deine Probleme?" -

„Scheint so." ich zucke mit den Schultern.

„Aber würdest Du es besser verstehen?" -

„Nein, ich kann es mir nicht einmal vorstellen. Bei allen anderen entwickelte es sich langsamer, sie konnten sich daran gewöhnen." -

„Also kann er es ja auch nicht wissen." -

„Er ist ein Drrékh, da muss er es doch wissen." -

Ich schüttele den Kopf.

„Nein. Er hat ja noch nicht in allen Bereichen die vollen Sinnesleistungen erreicht. - Sicher ist es für ihn verständlicher, aber auch er kann nicht alles wirklich so nachvollziehen, wie ich es erlebe." -

Kyrrah löst die Fesseln an meinen Schwingen.

„Du musst mich nicht verteidigen, aus Sicht eines Menschen hat er ja Recht. Eigentlich hätte mir klar sein müssen, was Du jede Minute in diesem Körper durchstehen musst. -

Meine Schwingen sind wieder frei und ich strecke sie aus - auch wenn ich sie anschließend wieder umständlich zusammenfalte.

„Wäre da nicht dieses Gefühl von eingesperrt sein... dann wäre es halb so schlimm." -

„Das belastet Dich offensichtlich am meisten - Du wiederholst das oft." -

„Ja, tut mir leid... Aber das fühlt sich so... beschissen an... - sorry." -

Josef grinst kurz.

„Kannst Du in etwa beschreiben, wie es sich anfühlt?" -

„Tja, wie fühlt es sich an... - jedenfalls nicht wie Latex auf der Haut. Von dem Gefühl her eher wie bei recht dickem Leder, das sehr eng anliegt. Etwas steif und Berührungen kommen nur als ein wenig definiertes Druckgefühl durch - wenn sie kräftig genug sind. Das wäre ja alles noch erträglich, aber gleichzeitig fühle ich sehr deutlich, dass das meine eigene Haut ist, die ich da fühle. Also keine Kleidung oder einen Panzer, den ich ausziehen könnte. Der ließe zwar nicht viel von außen durch, aber ich würde den selber ja auf meiner Haut spüren. Meine Schuppen aber fühle ich selber nicht - und sie lassen sehr sehr wenig Sinneseindrücke von außen durch. Vielleicht sollte ich auch eher sagen, dass es sich irgendwie wie taub anfühlt, aber ohne taub zu sein. - Sagt mir bitte nicht, dass das normal ist." -

Josef sieht Kyrrah an, der sofort seinen Kopf heftig schüttelt.

„Nein - das ist nicht normal. Jedenfalls fühle ich alles auf meinen Schuppen praktisch ebenso deutlich, wie mit meiner menschlichen Haut. Allerdings sind die verschiedenen Sinneseindrücke bei den Schuppen mehr getrennt. Tastsinn liegt in einer dünnen Hautschicht auf den eigentlichen Schuppen - nebenbei auch Deine Schuppenfarben, Du Krake... - Wärme spürst Du an der Unterseite der Schuppen, Schmerzen ein Stück weit in der Hautschicht unter den Schuppen. Daher spürst Du erst Schmerz, wenn etwas Deine Schuppen durchdringt. Spürst Du das?" -

Er drückt mir eine Kralle in den Oberarm. Zuerst spüre ich nur einen dumpfen Druck, erst als seine Kralle zwischen zwei Schuppen hindurch sticht und ein paar Tropfen Blut zu sehen sind, spüre ich auch den Schmerz.

„Auuu..." -

„Also Schmerz spürst Du. Ich vermute auch Wärme und Kälte. Dann liegt es am Tastsinn in der Oberhaut, der nicht bei Dir ankommt. Ich werde unsere Ärzte fragen, ob das bekannt ist."

Grinsend leckt er schnell das Blut weg.

„Drachenzunge erspart den Sani. - Übrigens, das steife Gefühl durch die Schuppen habe ich auch. Sicher nicht so stark, wie es Dir jetzt erscheint, ich denke, daran wirst Du Dich leicht gewöhnen, wenn der Tastsinn erstmal da ist." -

„Hoffentlich." -

„Ich bin da zuversichtlich. - Aber nun trink erst mal eine Flasche Wasser und dann einen Happen essen." -

Das lasse ich mir jetzt nicht zweimal sagen, denn ich habe inzwischen Durst - und auch Hunger. Die Literflasche Mineralwasser läuft glatt durch meine Kehle, das besondere Atemsystem der Drachen macht das problemlos möglich. Dann gibt es wieder ein Stück Fleisch, etwas über einen Kilo - von dem ich jetzt schon weiß, dass es nicht annähernd reichen wird, mich richtig satt zu machen.

„Haltet ihr mich absichtlich kurz?" -

Kyrrah nickt.

„Ja. Entschuldige Großer, aber Du hast leider ein paar Kilo zuviel unter Deinen Schuppen. Beim Fliegen zählt jedes Gramm..." -

„Ihr macht mich fertig..." -

„Keine Sorge, morgen noch, dann kannst Du wieder reinhauen, ein Drache hat einen recht schnellen Stoffwechsel." -

Also noch einen ganzen Tag kurz vor dem Verhungern... - naja, nicht ganz, aber ich habe jetzt wirklich einen tierischen Hunger und schlinge das Fleisch so schnell es geht herunter. - Was meinte er eigentlich mit 'Krake'...

„Was hat meine Schuppenfarbe mit Kraken zu tun?"

Josef sieht mich leicht lächelnd an, während Kyrrah mit einem breiten Grinsen alle seine Zähne zeigt.

„Ehrlich, ein Chamäleon ist ein Schiss gegen Dich - da kann höchstens noch ein Krake mithalten, wenn überhaupt..."

Ich muss wohl so fragend aus den Schuppen schauen, dass er noch mehr grinst.

„Manchmal, so mitten im Wald und mit etwas Abstand, hätte ich Dich ohne den Latex-Anzug wohl einige Male nur erkannt, weil Du Dich bewegt hast. Ich konnte das zwar nur an Kopf und Schwanz sehen, manchmal etwas von den Schwingen, aber vor Büschen hast Du die Strukturen und Farben echt perfekt nachgeahmt. - War das unbewusst?" -

„Wenn es so perfekt war, wie Du sagst... Ja, das war unbewusst. Allerdings habe ich schon daran gedacht, wie ich mich an einigen Stellen wohl tarnen könnte. Dann hat vermutlich mein Unterbewusstsein dafür gesorgt... - Stimmt, manchmal erschienen mir meine Hände sehr grün zu sein..." -

„Hoffen wir, dass der Grünspan nicht von Dauer ist." -

Ich seufze.

„Ich hoffe eher, dass ich das weiter so abrufen kann und das jetzt nicht wieder verliere, weil ich davon weiß..." -

„Versuch es doch einfach mal." -

„Meinst Du, es klappt? Ich habe jetzt ja keinen richtigen Grund dafür." -

„Hattest Du einen Grund vorhin im Wald?" -

„Nee. Eigentlich nicht, das waren nur Gedanken..." -

Kyrrah nickt lächelnd.

„Also, wenn nur einfache Gedanken dich schon mit der Umgebung verschmelzen lassen, warum nicht auch ein konkreter Wunsch. Du stehst da vor einem Schutthaufen..." -

Ich verstehe... Er hat ja auch Recht, aber ob ich es wirklich hinbekomme, so grau wie der Betonschutt zu werden...?

Ich betrachte den Schutthaufen, der schon bald mein Blickfeld ausfüllt und denke daran, mit ihm zu verschmelzen, als Kyrrah mir den Reißverschluß der Jacke öffnet.

„Josef, wenn Du Dir das schwarze Latex wegdenkst... was siehst Du?" -

„Einen eigenartig geformten Betonblock... oder sowas ähnliches."

Ich stelle mir noch vor, von Moos bewachsen zu sein...

„Hoppla, einen begrünten Betonblock..." -

Kyrrah legt seine Hand auf meine Schulter.

„Du darfst Dich ruhig auf Dein Unterbewusstsein verlassen. Es wird Dir helfen, so wie es jetzt für Deine Tarnung sorgt. - Ein Punkt, den wir hoffentlich abhaken können. Eigentlich wollte ich mit Dir heute noch weiter laufen, um Deine Koordination zu trainieren, aber Du hast Deine Füße schon gut im Griff - den Rest können wir mit dem normalen Konditionstraining erledigen. - Ich schlage vor, wir konzentrieren uns jetzt erstmal auf Deine Sinne." -

Na, da bin ich ja mal gespannt...

„Auf meine Sinne...?" -

„Ja. Morgens erst ein, zwei Stunden laufen, dann müssen wir noch Deine Flugmuskulatur trainieren - zumindest dafür sorgen, dass sie nicht abbaut, denn Du siehst eigentlich recht kräftig aus. - Und nachmittags isolieren wir dann so gut es geht einen Deiner Sinne und ich versuche Dir zu zeigen, was Du damit alles wahrnehmen kannst." -

„Und wie willst Du meine Sinne isolieren?" -

„Ganz einfach. Im Auto ist Panzertape, damit sind Deine Augen und Nüstern schnell zugeklebt. Wenn Du durch den Mund atmest, ist Deine Geruchswahrnehmung stark eingeschränkt, wenn Du es vermeidest, wie eine Schlange zu züngeln. - Bleibt also das Gehör, auf das Du Dich dann weitgehend ungestört konzentrieren kannst. Du sagst ja, dass Du damit am besten zurecht kommst, dann fangen wir also damit an." -

Panzertape...?

„Willst Du mich zur Mumie einwickeln mit dem Panzertape?" -

Er grinst.

„... und führe mich nicht in Versuchung... - nein. Einen Streifen über die Augen, damit Du Deine Augenlider zuhältst und einen Streifen über die Nüstern, um Dich daran zu erinnern, durch den Mund zu atmen. Mehr nicht - und Du kannst es leicht entfernen." -

Bekloppte Idee... aber andererseits...

„Wenn Du meinst..." -

„Lass es uns doch mal versuchen. Ich kann Deine Sinne nicht zurückdrängen, damit Du Dich ebenso daran gewöhnst, wie ich es konnte. Aber vielleicht wird es für Dich einfacher, wenn Du nur einen Deiner Sinne nutzen kannst. Keine Sorge, Du sollst nicht tagelang blind herumlaufen, wir stellen oder setzen uns irgendwo hin, reduzieren Deine Sinne auf einen einzelnen und Du versuchst Dich damit zu orientieren." -

„Klingt irgendwie verrückt, aber vielleicht funktioniert es ja." -

Josef, der zugehört hat, während er die Kühlbox wieder ins Auto gestellt hat und mir jetzt noch eine Wasserflasche reicht, nickt.

„Manchmal sind es gerade die verrückten Ideen, die dann doch funktionieren." -

Ich leere die 1.5 Liter Flasche zur Hälfte.

„Na Gut. Wollen wir sofort anfangen?" -

Kyrrah nickt und nimmt die Rolle Panzertape von Josef in Empfang.

„Ja. Wir gehen zur ehemaligen Beobachterstellung, die liegt auf einem kleinen Hügel und hat eine gute Rundumsicht. Also auch zum Horchen gut geeignet, da fangen wir am besten an." -

Ich nicke kurz und leere die Wasserflasche schnell in einem Zug. Zwar habe ich eigentlich keinen Durst mehr, aber Hunger - und das Wasser füllt wenigstens kurzzeitig meinen Magen. - Immerhin hält auch Kyrrah sich in meiner Gegenwart sehr zurück, er hat kaum mehr gegessen als ich, obwohl er sicher nicht abnehmen muss.

Die leere Flasche werfe ich Josef zu, ich muss mich beeilen, hinter Kyrrah hinterher zu kommen, der allerdings nur einen lockeren Trab vorlegt. Keine 10 Minuten später geht es leicht bergauf und schnell stehen wir auf einer baumfreien Bergkuppe - genau genommen ist es nur ein Hügel, der vielleicht 20 oder 25 Meter über die Umgebung ragt. Auf der westlichen Seite reicht der Wald bis an den Hügel heran, südlich, vor allem aber im Norden und Osten ist eine große heideartige Freifläche, auf der noch reichlich vorhandene Panzerspuren von früheren Manövern zeugen.

Hier auf der Kuppe sind noch einige recht schlichte Unterstände, aus denen vermutlich die Übungen beobachtet und kommandiert wurden.

Auf den zentralen Unterstand macht Kyrrah es sich bequem und lädt mich mit einer Handbewegung ein, es ihm gleich zu tun. Da die Betondecken mit Erde bedeckt wurden und grasbewachsen sind, sitzt es sich tatsächlich nicht schlecht da oben - jedenfalls nachdem ich meinen Schwanz in die richtige Position gebracht habe. Dann sitze ich sehr ähnlich wie die Menschen auf meinem Hintern. Ich hatte es auch schon mal ausprobiert, meinen Schwanz nach vorne zwischen die Beine zu nehmen und somit auf meinem Schwanz zu sitzen, aber das wird schnell unangenehm.

Er lässt mir etwas Zeit, mich umzusehen. Allerdings macht mir die freie Sicht auch Probleme, denn es macht es mir schwerer, mich auf einen Punkt zu konzentrieren.

„Bist Du bereit, Großer?" -

Ich nicke und drehe meinen Kopf zu ihm. Schnell hat er zwei schmale Streifen abgerissen und mir über die Nasenlöcher geklebt. Kurz steigt eine leichte Panik in mir auf, weil ich keine Luft mehr bekomme. Dann begreife ich aber schnell, durch den Mund einzuatmen und ich bin sofort wieder ruhig.

„Alles klar? - Dann jetzt erst das linke Auge. Denk dran, Du kannst die Klebestreifen jederzeit leicht abziehen, da ist kein Zwang, Du bist der Situation nicht ausgeliefert." -

Das ist mir schon klar - warum sagt er das...?

Kaum habe ich das linke Auge geschlossen, spüre ich auch irgendetwas, dass mein Auge zuhält. Verwirrt schließe ich das rechte Auge um mich darauf zu konzentrieren, das linke zu öffnen - da merke ich, dass ich das rechte auch nicht mehr öffnen kann... - Kyrrah hat mir die Sicht genommen... ich will die Luft einsaugen, ihn über den Geruch orten... keine Luft... ich kann nicht durch meine Nüstern atmen! Warum hat mir dieser Drrékh meine Sinne genommen...?! Das wird mir dieser kleine Mistkerl büßen! Warte... wenn ich Dich erwische, schlage ich meine Zähne in Deine Kehle, zerfetze Dir die Schlagadern, reiße Dir... -

Nein! Nein, nein, nein! Das war doch geplant... und ich will ihn töten! Ein Schauer läuft durch meinen Körper, ein dumpfes Gefühl, Wind streicht über mein Gesicht, meine Füße, ich fühle das Latex auf meiner Haut. Schnell reiße ich mir die Klebestreifen von den Augen und der Nase... - und blicke auf meine nackten, menschlichen Füße...

„Was ist passiert, Ralf? - Du warst unruhig und hast Dich plötzlich zum Menschen gewandelt..." -

Ich atme tief durch.

„Was ist passiert... - ich bin plötzlich in Panik geraten... nein, nicht Panik - Wut, ein plötzlicher, heftiger Zorn... Ich... ich wollte Dich töten... und die Vorstellung, meine Fangzähne in Deine Kehle zu schlagen, war für mich... eine Genugtuung... - Als mir das bewusst wurde, habe ich mich wohl in einer Schreckreaktion zum Menschen gewandelt." -

„Ah, deshalb. Ich habe sowas aber schon vermutet, daher meine Erinnerung vorher." -

„Das war in dem Moment weg, als Du mir die Augen zugeklebt hast... Instinktiv wollte ich mich dann nach dem Geruch orientieren - und bekam keine Luft... Da mir klar war, dass Du dafür verantwortlich warst, wollte ich Dich dafür bestrafen, aber der Wunsch, Dich dafür zu töten, wurde so übermächtig... Das hat mich aufgeschreckt." -

„Und jetzt?" -

Mich überfällt wieder das eigenartige Prickeln auf der Haut, mit dem die Schuppen sich bilden und ausbreiten, das Ziehen im Kiefer, der Druck und das merkwürdige Gefühl, mit dem die Hörner wachsen, dann spüre ich meine Flugmuskulatur wachsen, gleichzeitig mit den Schwingen und dem Schwanz. Alles ein wenig überraschend, denn ich hatte nur kurz daran gedacht, wieder ein Anthro sein zu wollen um weiter zu machen. Offensichtlich habe ich heute den 'Trigger' von dem Kyrrah immer spricht, gefunden. Schließlich verschwindet auch das Gefühl des Latex-Anzuges - ich bin wieder in meinem Panzer eingesperrt. Wieder schaue ich auf meine Füße, die schlanken, eng neben- und übereinander liegenden Zehen und die langen spitzen Krallen.

Kyrrah blickt mich etwas erstaunt an.

„Doch wieder ein Anthro?" -

„Ja. Das eben war eine Art Schutzreaktion wegen dem plötzlichen Wutanfall. - Ist sowas normal?" -

„Naja... ich spüre auch manchmal so einen unerwarteten Zorn, aber den Wunsch zu töten hatte ich nie so deutlich. War das so intensiv?" -

„Ja, das war nicht nur ein Wunsch - ich hatte Lust darauf, zu töten. Ich will etwas töten... jetzt immer noch... - nicht Dich, das war nur in der unlogischen Emotion des ersten Zorns - aber ich habe den dringenden Wunsch, irgendetwas zu töten, zu erleben, wie ein Lebewesen zwischen meinen Fangzähnen langsam stirbt... Rrrrrrrrh..." -

Ich höre selber, dass mein Knurren bedrohlich klingt, sein Blick zeigt jetzt deutlich Schrecken, aber in seinen Augen liegt auch so etwas wie Verständnis.

„Drachen sind nun mal Jäger... wir ernähren uns von anderen Lebewesen und dafür müssen wir nun mal töten - aber dass ich so krass Lust darauf hätte, kann ich nicht sagen. Ich töte die Tiere so schnell wie möglich mit einem schnellen Schnitt durch die Halsschlagadern, oder wenn ich mal jage, durchtrenne ich ihnen auch mal das Genick, dann sind sie schnell tot." -

Wieder spüre ich den dringenden Wunsch zu töten - mit einem Kehlbiss ein Leben erlöschen zu lassen... immerhin jetzt deutlich auf ein Tier gerichtet. Und ich spüre den nagenden Hunger in meinen Eingeweiden...

„Ich habe einen tierischen Hunger... das bisschen vorhin hat mich nur noch hungriger gemacht. - Vermutlich habe ich deshalb diesen Drang, etwas töten zu wollen. Nur die Art, wie ich töten will, macht mir Angst - das ist eigentlich gar nicht meine Art... Ich verstehe ja, dass ich töten muss um selber leben zu können, das habe ich auch als Mensch schon akzeptiert, ich bin alles andere als ein Vegetarier... - aber dieser gnadenlose Drang zu töten, erscheint mir doch sehr extrem und erschreckt mich auch. - Aber schlimmer ist, dass mich mein eigenes Erschrecken, meine Abneigung gegen diesen Trieb, mich gleichzeitig mit Unverständnis und Verachtung erfüllt..." -

Kyrrah sieht mich verständnislos an.

„Was? Du verstehst Dich selber nicht?" -

„Doch schon. Nur empfinde ich meine eigene Abneigung gegen diese langsame Art des Tötens gleichzeitig als sinnlos und unlogisch. Und ich verachte diese menschlichen Regungen und Gefühle in mir... In mir wächst der Wunsch - nein die Überzeugung, nie wieder ein unlogischer Mensch sein zu wollen. Gleichzeitig wächst meine Furcht davor, ein Drache zu sein, so arrogant und gefühllos zu denken, wie ich es immer wieder und immer mehr tue... - und das treibt wiederum den Zorn und die Abneigung des Drachen gegen meine Menschlichkeit immer weiter voran... - Kyrrah, werde ich verrückt?" -

„Nach dem, was mir gesagt wurde: Nein. Vorher übernimmt Dein Unterbewusstsein und lässt Dich vollständig zum Drachen werden - was uns allen wohl früher oder später bevorsteht. Nur ist das eigentlich ein langsamer Prozess über viele Jahre, meistens sogar über Jahrhunderte - und wir sind dann auch bereit dazu. - Du erlebst diese innere Wandlung offensichtlich schon jetzt - und sehr plötzlich. - Aber selbst ich habe manchmal solche inneren Zweifel für und gegen den Wunsch auch innerlich ein Drache zu sein. Und ich möchte meine menschliche Seite nicht gerne verlieren - zumindest so spät wie möglich, denn es wird irgendwann passieren, dessen bin ich mir bewusst." -

Immerhin kann er das nachvollziehen, was gerade in mir vorgeht. Zumindest im Wesentlichen. Aber seit diesem immer weiter wachsenden Wunsch, irgendetwas zwischen meinen Zähnen sterben zu fühlen, wird der Drache in mir stärker. Und tief in mir bohrt auch der Wunsch, ein Feral zu sein, ein richtiger Drache. - Aber gerade die strenge Logik, die jetzt einen Großteil meiner Gedanken zu dominieren beginnt, sagt mir, dass ich erst lernen muss, ein Drache zu sein.

„Gut. Hoffentlich ist diese Zeit der Zweifel bald vorbei und meine Seele gehört zu einer Seite, ob Mensch oder Drache ist eigentlich egal - auch wenn mir im Moment der Drache lieber wäre, so sehr ich das als Mensch auch fürchte. Und als Drache weiß ich, dass ich erst noch mit meinem Körper richtig umgehen können muss. Also los jetzt, her mit dem Backeband und kleb mich zu." -

„Backeband...?" -

„Bist nich aussm Norden, nä? - Klebeband, Panzerband, Ducttape, Gaffertape..." -

„Sag das doch gleich." -

Er hat anscheinend nur darauf gewartet, schnell sind meine Nüstern wieder zugeklebt, nach zwei Atemzügen schließe ich meine Augen und kurz darauf kann ich sie nicht mehr öffnen.

Wieder kommt diese eigenartige Panik - Drachen mögen es offensichtlich nicht, in ihren Sinnen eingeschränkt zu werden, aber jetzt kann ich die Panik unterdrücken, denn ich erkenne jetzt die Logik dahinter. Und eine sinnvolle Einschränkung meiner Sinne kann ich akzeptieren - nur nicht dieses dumpfe Gefühl, eingesperrt zu sein...

Ich versuche mich zu orientieren - eigenartig, wie sehr es mich jetzt stört, nicht riechen zu können. Immer wieder versuche ich durch die Nüstern Luft zu holen, aber da kommt nichts, gar nichts - also rieche ich auch nichts - ich schmecke allerdings etwas, aber die dazugehörigen Sinneszellen mit denen ich die Geruchspartikel wahrnehme, wenn ich mit der Zungenspitze über meinen Gaumen streife, scheinen nur wenig ausgebildet zu sein, ich rieche so nicht mehr, wie ein Mensch - vor allem kann ich keine Richtung feststellen - so 'schmecke' ich zwar Kyrrah ein wenig, aber nur weil ich seine Bewegungen gleichzeitig höre, weiß ich, dass er immer noch neben mir sitzt.

„Alles in Ordnung?" höre ich ihn. -

„Ja. Es braucht Beherrschung, aber es geht." -

Es klingt nicht so verstopft wie bei einem Menschen, da unsere Atemwege normalerweise ja anders geschaltet sind und wir beim Sprechen den Nasenraum nicht mitnutzen, sondern den Rachen, in dem unsere Ausatem-ffnungen hinter dem Kiefer enden.

„Gut. Wenn Du jetzt auch noch aufhörst zu züngeln, bleibt Dir nur noch Dein Gehör." -

„Das fällt mir schwer... völlig auf den Geruch verzichten... mir fehlt zwar auch das Sehen, aber gar nichts mehr riechen dürfen...?" -

Ich höre fast sein Grinsen. - Tatsächlich höre ich die feinen Schuppen seiner Lippen über seine Zähne gleiten... Wahnsinn!

„Entschuldige, aber ich halte es für besser, wenn Du auch das letzte bisschen Geruchssinn so weit es geht verzichtest - ich könnte vielleicht Deine Zunge irgendwie fixieren... Das Panzerband um Deinen Unterkiefer wickeln..." -

In meiner Fantasie sehe ich ihn, wie er meine Zunge unter den Wicklungen um meinen Unterkiefer zwischen den Zähnen gefangen nimmt. Und höre ein stärkeres Gleiten seiner Lippen über die Zähne...

„Du kannst mit dem Grinsen aufhören, ich werde mich bemühen, meine Zunge im Zaum zu halten. Wie soll ich sonst sprechen?" -

„Geraten?" -

„Nein, ich habe die Schuppen Deiner Lippen auf Deinen Zähnen gehört und einen Schluss daraus gezogen." -

„Gut. Sehr gut. Ich glaube, das wäre mir nicht gelungen, jedenfalls nicht so einfach. Du hast anscheinend Dein Gehör wirklich schon recht gut im Griff. - Und Deine Zunge lasse ich natürlich in Ruhe. Übrigens halte ich es für ein gutes Zeichen, dass Dir das Riechen schon jetzt fehlt." -

Er hat Recht. Als Mensch würde es mir wohl erst nach einiger Zeit auffallen, wenn ich plötzlich nichts mehr riechen könnte. Aber jetzt als Drachenanthro fehlt es mir sofort - so verwirrend die Gerüche auch sind, ich habe mich schon daran gewöhnt, ständig etwas zu riechen. Und das fehlt mir jetzt schon.

Kyrrah lässt mir Zeit, mich zu orientieren. Mit dem Bild der Umgebung in meiner Erinnerung kann ich mich bald auch mit dem Gehör recht gut orientieren. Das Trippeln kleiner vierfüssiger Tiere an verschiedenen Stellen vor mir kann ich schon am Rascheln der trockenen Grashalme und der Erika-Zweige auf das heideartige offene Gelände vor mir zuordnen, vermutlich höre ich den Mäusen bei der Futtersuche zu. Neben und hinter mir höre ich Eichhörnchen die Stämme und Äste entlanglaufen und das eigenartige Stochern mit Stroh, das direkt auf die Landung eines kleinen Vogels in den Zweigen folgt, muss ein Nestbau sein, der überall im Umkreis zu hören ist. Und das vielfache sechsbeinige Trommeln auf dem Boden ist wohl ein Ameisennest ein paar Meter hinter uns.

Langsam lässt das jetzt dreifache Gefühl, in meinem Körper eingesperrt zu sein, wieder nach. Nur dass ich so gar nichts auf meinen Schuppen spüren kann, stört mich, die Einschränkungen des Sehen und Riechen machen mir keine besonderen Probleme mehr, da ich ja weiß, dass sie nur vorübergehend sind. Aber dass ich die Ameisen, die ich eindeutig über die Schuppen meiner Füße laufen höre, nicht auch fühlen kann - das stört mich gewaltig... und lässt einen unbestimmten Zorn tief in mir wachsen.

...