With Reckless Abandon - Mit Hemmungsloser Hingabe

Story by Gratus on SoFurry

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Ethan, ein strebsamer und junger Firmenbesitzer, verbringt seinen wohlverdienten Urlaub in einem Ferienhaus am Rande eines Waldes. Abseits des Alltagsstresses und der überfüllten Straßen der Großstadt, begibt er sich auf die Suche nach Erholung und Entspannung. Die Gedanken an die Vergangenheit und an die Zukunft belasten seine im Alltagstrott gefangene Seele jedoch zu sehr. Doch dann macht er in den Tiefen des Waldes eine Bekanntschaft, die sein Leben verändern wird.

Anmerkung: Diese Story beinhaltet Sex zwischen Mensch und Drache.


1             Der plötzliche Verlust meiner Mutter vor einigen Jahren, veränderte mein Leben. Es war ein Schicksalsschlag, der auch meinen Vater zur Verzweiflung bringen sollte. Einen einst lebensfrohen Menschen, sah ich nie wieder lachen. Nur seine Arbeit schien ihm noch wichtig zu sein. Als er dann gerade einmal ein Jahr später bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückte, brach für mich eine Welt zusammen. Innerhalb kürzester Zeit, raubte mir das Schicksal die wichtigsten Personen in meinem Leben. Das liegt nun schon etwa vier Jahre in der Vergangenheit, verkraften konnte ich es aber bis heute kaum. Niemals hätte ich gedacht, dass ich meine Eltern in so kurzer Zeit verlieren könnte. Mein Vater war der Gründer einer durchaus erfolgreichen Softwarefirma, daher gab es nie Geldprobleme in unserer Familie. Als er mir das Angebot machte, in seiner Firma zu arbeiten, war ich überglücklich. Es war wohl schon immer sein Wille, dass ich seinen Platz an der Spitze einnehme. Doch dass es letztendlich so schnell gehen würde, hätte ich nie geahnt. Da die neue Position sehr viel von mir abverlangte, und das Unternehmen weiter ausgebaut werden sollte, waren die letzten Jahre mit sehr viel Stress verbunden. Mein Leben entwickelte sich mehr und mehr zu einem routinierten und eintönigen Ablauf, der sich wie ein Gefängnisaufenthalt anfühlte. Die wenige Zeit, die ich wirklich nur für mich alleine hatte, und die ich zumindest nicht komplett meinen Aufgaben für die Firma widmen musste, war mein Urlaub. Hätte ich diese wohltuende Auszeit nicht gehabt, wäre ich höchst wahrscheinlich unter dem großen Druck, der fast täglich auf mich lastete, zusammengebrochen. Die meisten würden wohl einen sonnigen Strand als Urlaubsziel wählen, um zu entspannen und den Alltagsstress zu entfliehen. Ich jedoch nicht. Zu Lebzeiten gehörte meinem Vater eine alte Villa, die direkt an der Grenze eines Waldes und nahe einer Bergkette erbaut wurde. Als er das marode und lange verlassene Gebäude damals ersteigerte, hielt meine Mutter ihn für verrückt. Doch er ließ die baufällige Villa innerhalb kürzester Zeit herrichten und engagierte Leute, die sich um das Haus sowie das dazugehörige Grundstück kümmerten. Ich konnte mich noch sehr gut an die Zeit erinnern, als wir dort unsere Feiertage verbrachten. Es war ebenfalls der Wille meines Vaters, dass die Villa und das beachtlich große Grundstück, einmal mir gehören sollten. Ich freute mich bereits darauf, den Lärm und den Stress der Großstadt für drei Wochen entkommen zu können.   Die Autobahn lag nun schon lange hinter mir. Ich folgte einer Landstraße, die immer enger und verklüfteter zu werden schien. Der Weg zum Grundstück führte durch einen kleinen und alten Ort. Er bestand aus ein paar wenigen Wohnhäusern und Bauernhöfen. Als ich das Dorf erreichte, fielen mir als erstes wieder die hohen Mauern auf, die fast jedes Grundstück eingrenzten. Die Einwohner lebten sehr zurückgezogen. Als ich die ersten Male dort war, nahm ich mir bereits mit meinen Eltern die Zeit, um diesen Ort und die Einwohner etwas besser kenn zu lernen. Fast nur alte Menschen, die von der Außenwelt nahezu abgeschnitten waren, lebten dort. Die Zeit schien stillzustehen. Mir waren hier nur zwei kleine Läden bekannt, die Nahrungsmittel und etlichen Plunder anboten. Außerdem noch eine kleine Feuerwehrstation am Ende des Dorfes. Fremde Besucher gab es hier wohl nur in den seltensten Fällen. Auf den Straßen herrschte Stille. Alles wirkte so, als sei es schon seit Jahren verlassen. Die Straße führte durch das komplette Dorf hindurch und an unzähligen Äckern vorbei. Auf der rechten Seite war der riesige Wald zu sehen, während die Straße sich irgendwann zwischen Bäumen und Bergen am Horizont zu verlieren schien. Beinahe verpasste ich den kleinen schlammigen Weg auf der rechten Seite, der direkt zum Haus führte. Ich folgte dem Weg wenige Meter bis zu den zwei großen Toren und der hohen Mauer, welche das gesamte Grundstück umschloss, und dicht mit Efeu bewachsen war. Ich stieg aus dem Auto und öffnete mit meinem Schlüssel das alte Schloss der Tore. Dann drückte ich die beiden Kolosse aus Stahl nach vorne zur Seite. Das Auto parkte ich im großen Hof unter einem kleinen Dach, das den Wagen vor dem Wetter schützen sollte. Im Haus legte ich zunächst mein Gepäck im großen Wohnzimmer ab, öffnete die Fenster und die gläserne Terrassentür. Alles war wie immer sehr sauber und aufgeräumt. Dafür sorgte mein Personal regelmäßig außerhalb meiner Aufenthaltszeit. Die Räume waren legere eingerichtet und konnten nichts über meinen eigentlichen Lebensstil preisgeben. Ich ging die Wendeltreppe hoch und in das geräumige Schlafzimmer mit Doppelbett. Durch das Fenster auf der linken Seite des Raumes, hatte man einen guten Blick auf den Hof und die Einfahrt zu den Toren. Gerade als ich mich wegdrehen wollte, bemerkte ich einen dunkelgrünen Geländewagen, der in die Einfahrt abbog und im Hof stehen blieb. Ich ging die Treppe gerade wieder hinunter, fragte mich wer der Besucher wohl sein könnte, da klopfte es auch schon an der Tür. Als ich die Tür öffnete, entgegnete mir ein alter Mann mit einem begrüßenden Nicken. „Hallo! Kann ich ihnen irgendwie weiterhelfen?", fragte ich. „Sie müssen der Besitzer dieses Hauses sein oder nicht?", sagte der alte Mann mit einer rauen Stimme und streckte mir seine Hand aus. „Ja, der bin ich. Freut mich sie kennen zu lernen! Mein Name ist Ethan Nolan. Sie können mich gerne Ethan nennen." „Ein wirklich schönes Haus haben sie hier, das muss man ihnen lassen. Der rote Sandstein und dann diese alte Bauweise, gefallen mir sehr.", sagte er, ohne sich selbst vorzustellen. „Ich kam bis jetzt fast immer hier her, um meinen Urlaub in Ruhe genießen zu können." „Ich wusste bereits, dass ein junger Mann gelegentlich unseren kleinen Ort besuchen kam. Nun wollte ich sie auch mal persönlich kennen lernen." Der Mann fuhr sich durch seinen zerzausten Bart und schaute sich immer wieder den um die Tür gemeißelten Steinbogen an, der wohl sein Interesse weckte. Er trug ein Paar schlammige Gummistiefel und eine dunkelgrüne Hose mit einer dazu passenden Jacke in der gleichen Farbe sowie einen Hut. Auf seinem Rücken befand sich ein altes Gewehr. „Sie waren auf der Jagd?", wollte ich wissen. „Ja. Gefangen haben wir leider dennoch nichts.", sagte der alte Mann und machte mit seinem Kopf eine kleine Gestik rüber zu dem verschmutzten Geländewagen. Erst jetzt sah ich, dass sich dort zwei weitere Personen im Auto befanden. „Wir waren gerade auf dem Rückweg, als wir Ihren Wagen sahen, und ich wollte mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, unseren Urlauber hier zu begrüßen." „Wenn sie wollen, könne sie sehr gerne reinkommen!", bot ich dem Fremden an. „Danke, wir müssen aber nun wirklich langsam nachhause! Vielleicht ja ein anderes Mal.", erwiderte der Mann mit einem flüchtigen Blick zu seinem Wagen. „Jedoch, wenn sie uns gerne für einen Tag oder mehr begleiten wollen, ließe sich das einrichten. Ich hätte noch etwas alte Ausrüstung für sie übrig, das wäre also nicht das Problem." Sein Angebot überraschte mich ein wenig, wo wir uns doch noch gar nicht kannten. „Ich habe leider noch einiges zu tun, und ich will es so schnell wie möglich erledigt haben. Wenn ich fertig bin und mehr Zeit habe, komme ich gerne auf Ihr Angebot zurück!" „Sie arbeiten sogar in ihrem Urlaub? Nun, ich will nicht aufdringlich erscheinen oder sie weiter stören, darum melden sie sich einfach." „Gut, das werde ich tun. Danke nochmals für ihr nettes Angebot, und schönen Tag noch!" Der Mann schüttelte mir nochmals die Hand und schritt etwas näher zu mir. „Haben sie eine... Waffe im Haus?" Ich schüttelte den Kopf und fragte mich, wieso er das wissen wollte. „Eine im Haus zu haben, kann gewiss nie schaden. Der Wald hier ist ziemlich groß und voll mit wilden Tieren. Erst kürzlich sind innerhalb einer Woche, vier unserer Schafe spurlosverschwunden. Zunächst dachten wir an Diebstahl, aber ich würde das niemand hier zutrauen, aus welchen Motiven auch immer. Einige Tage danach, fanden wir dann die wenigen Überreste eines unserer Schafe tief im Wald. Der Verdacht auf Wölfe lag nahe. Es kam jedoch noch nie vor, dass sich Wölfe bis ins Dorf trauten. Zudem ist ein Wolf gar nicht in der Lage ein gesamtes Schaf bis tief in den Wald zu verschleppen. Wir haben keine Ahnung welches Ungetüm dafür verantwortlich war, aber wir werden es finden!" Der Zorn war deutlich in den Augen des alten Mannes zu sehn. Zugegeben, klang seine Geschichte um die verschwundenen Schafe recht eigenartig. Vielleicht übertrieb er aber auch einfach nur. „Ich kann mir genauso wenig vorstellen, welches Tier das angerichtet haben könnte." „Jetzt wird es aber langsam Zeit! Wir müssten schon längst wieder zurück sein. Meine Frau wird schnell ungeduldig. Ihnen noch einen schönen Tag, wir sehen uns sicherlich noch einmal! Sie sind mir ein sympathischer Bursche.", sagte der Mann und lief schnellen Schrittes hinüber zu den wartenden Personen im Geländewagen. Ich ging zurück ins Haus und schloss die Tür hinter mir. Das war das erste Mal, dass mich jemand aus diesem Dorf besuchte und mich ansprach. Ich war froh darüber, dass der alte Narr nicht auf mein Angebot eingegangen war. Ich hätte ihn nur äußerst ungern in meinem Haus gehabt, während er wohlmöglich irgendwann angefangen hätte über die guten alten Zeiten zu reden. Auf mich wirkte er wie ein alter und etwas paranoider Mann, der in seinen letzten Jahren noch verzweifelt nach Beschäftigung suchte. Die Geschichte von einem wilden Tier, das angeblich für die Entführung der Schafe verantwortlich war, schien mir daher mehr als suspekt und geradezu irrsinnig. Dass ich jedoch sehr wohl eine Waffe im Haus hatte, musste er meiner Meinung nach nicht wissen. Ich hoffte nur, er würde weitere Besuche unterlassen, denn ich wollte in Ruhe gelassen werden. Zwar stimmte es, dass ich noch einiges an Arbeit zu erledigen hatte, jedoch bedeutete das nicht sehr viel Aufwand für mich. Niemals hätte ich mich zusammen mit diesen zwiespältigen Gestalten auf die Jagd begeben. Dafür war mir meine Zeit viel zu kostbar. Viel Gepäck hatte ich nicht mitgenommen, denn das Meiste war sowieso schon im Haus vorhanden. Lediglich mein Laptop, einige Unterlagen, Kleidung und Schuhe ließen sich in meinem Koffer finden. Ich brauchte von daher nicht lange, um auszupacken.   Mittlerweile war es schon später Nachmittag. Ich ließ mir meine Mikrowellenkost vor dem großen Kamin auf der Couch schmecken. Gerne hätte ich jetzt noch einen Spaziergang gemacht, so wie ich es immer tat. Doch war es nun schon zu dunkel draußen, und ehe ich mich vielleicht noch verlaufen würde, blieb ich lieber im Haus. Zudem wurde es bei Abenddämmerung und bei dieser Jahreszeit sehr schnell ungemütlich kalt und windig im Wald. Bevor ich angefangen hätte zu frieren, schloss ich lieber wieder die Fenster im Haus, und heizte den Kamin noch etwas mehr an. Es war schön, nach langer Zeit wieder das knisternde Geräusch eines richtigen Kaminfeuers zu hören, und seine angenehme Wärme zu fühlen. Ich konnte mich noch gut an die Abende erinnern, als ich genau dort zusammen mit meinem Vater und meiner Mutter saß. Damals nahmen wir uns noch regelmäßig Auszeiten. Die Familie war für meinen Vater noch wichtiger als die Arbeit, und meine Mutter war voller Freude und Lebenskraft. Einmal verbrachten wir die letzten Wochen vor Weihnachten dort. Der Wald war in ein wunderschönes weißes Gewand gehüllt. Am Abend erzählte mir mein Vater dann wieder seine alten Witze vor dem Kaminfeuer. Mein Leben hätte ich mir damals gar nicht besser vorstellen können, aber das war nun schon viele Jahre her, und die Dinge hatten sich geändert.   Am Abend lag ich noch immer auf der Couch. Still starrte ich durch die großen Terrassenfenster nach draußen in die Dunkelheit. Nur das Feuer des Kamins beleuchtete das große Wohnzimmer ein wenig. Obwohl es schon recht spät war und obwohl ich auch relativ erschöpft war, konnte ich dennoch nicht einschlafen. Ich stand auf und schritt hinüber zur offenen Küchenzeile, welche direkt an den Wohnbereich angrenzte, und schaltete das Licht ein. Das grelle Licht brannte mir in den Augen. Ich ging zum gefüllten Kühlschrank um nachzusehen, was dort an Getränken zu finden war. Milch, Limonade und auch ein Bier waren dort, aber auf nichts davon hatte ich in diesem Moment wirklich Lust. Aus einem der Küchenschränke holte ich mir ein Glas, um es mit Wasser aus dem Wasserhahn zu füllen. Ich trank aus und stellte das Glas in die Spüle. Eigentlich war es ziemlich schade, dass die große und bestens ausgestattete Küche gar nicht genutzt wurde. Meine Mutter liebte es zu kochen und zu backen. Jeden Mittag und jeden Abend, freute ich mich einst auf ein von ihr zubereitetes und köstliches Mahl. Sie wollte mir immer ihre Tricks und Geheimnisse beim Kochen verraten, was mich aber eher weniger interessierte. Als ich jedoch dann auf mich allein gestellt war, wünschte ich, ich hätte damals das eine oder andere Mal aufgepasst. Letztendlich hatte ich aber überhaupt keine Ahnung vom Kochen. In der Hoffnung, eine warme Dusche könnte mir endlich zum Schlaf verhelfen, verließ ich die Küchenzeile wieder und ging in das Bad auf der rechten Seite des Flures. Ich stellte mich vor das Handwaschbecken und musterte mein Gesicht. Die Erschöpfung ließ sich deutlich an meinen Gesichtszügen ablesen. Ich zog meine Kleidung aus und stellte mich in die geräumige Duschkabine des Bades. Ein Schauer lief mir über den Rücken, als das zunächst noch kalte Wasser auf mich hinabprasselte, und sich dann langsam erwärmte. Das warme Wasser  auf meiner Haut zu spüren, war eine Wohltat.   Nach der Dusche zog ich mir nur einen Bademantel an, und ging wieder zurück in das Wohnzimmer. Dort legte ich mich auf die Couch, und deckte mich noch mit einer dicken Decke zu. Das Bett im zweiten Stockwerk war zwar sehr bequem, aber dennoch konnte ich im Wohnzimmer generell besser schlafen. Ich griff zur Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein, der links neben dem Kamin stand. Bislang konnte ich so immer einschlafen. Dennoch plagten mich zuerst noch Gedanken, wie sie es fast jede Nacht taten. Meine Arbeit verlangte vollste Konzentration und einen klaren Kopf von mir. Platz für persönliche Probleme hatte ich tagsüber eigentlich kaum. Für die kommenden Wochen hatte ich mir jedoch geschworen, mich mehr mit mir selbst zu befassen. Ich wollte ernsthaft über mein Leben und meine Zukunft nachdenken. Die einzigen Personen, denen ich mich ganz und gar geöffnet hätte, wären meine Eltern gewesen. Ansonsten verschwieg ich schon immer meine Probleme, und verdrängte sie stets in den Hintergrund. Und seit jeher wusste ich, dass ich etwas anders als die Anderen war, egal ob in der Schule oder später dann als Leiter einer ganzen Firma. Gleiche Interessen teilte ich mit kaum jemand, darum hatte ich auch nie besonders viele oder gute Freunde. Eine richtige Beziehung hatte ich ebenfalls nie, sei es wegen der Zeit und der Geduld die eine Beziehung benötigte, was ich aber beides nicht zu genüge aufbringen konnte, oder ganz einfach wegen meiner Verschlossenheit. Egal wieso, ich musste zuerst Ordnung und Erkenntnis in mein Leben bringen, bevor ich weiter über meine Zukunft nachdenken würde. Meine Gefühle und Gedanken waren in stumpfer Eintönigkeit und Unzufriedenheit gefangen. Ich fühlte mich nicht mehr wohl in meiner Haut. Vor allem war es aber wohl meine Einsamkeit, die mich fast tagtäglich in ein leeres Tief zog.                                                                                                                                              

2             Schließlich waren es die ersten hellen Lichtstrahlen der aufgehenden Sonne, welche durch die Bäume hindurch und direkt in das Wohnzimmer schienen, die mich weckten. Ich richtete mich auf, gähnte und rieb mir den Schlaf aus den Augen. Offensichtlich konnte mich meine Müdigkeit letzte Nacht doch noch übermannen. Das Kaminfeuer war schon lange erloschen, und draußen zwitscherten bereits die Vögel. Nach der vergangenen Woche in der Großstadt, die größtenteils eher trübe und verregnet war, gab es nun endlich wieder einen sonnigen Tag zu erwarten. Ich stand auf, schaltete den Fernseher aus und ging in die Küche. Ich hatte das Verlangen nach einem schönen heißen Tee. Nachdem ich noch etwas gefrühstückt hatte, zog ich mich um, und packte die restlichen Dinge wie meinen Laptop und einige Ordner aus meiner Tasche aus. Im oberen Stockwerk des Hauses befand sich ein großer Saal, welchen ich mir im Laufe der Zeit in ein Büro umgebaut hatte. Dort konnte man zudem direkt einen Balkon betreten, der Sicht über den kompletten Garten des großen Grundstückes ermöglichte. Ich hatte extra darum gebeten, dass ich während meines Urlaubes nicht mit Anrufen oder E-Mails gestört werden würde. Da für den kommenden Monat viele Meetings mit möglichen Investoren anstanden, wollte ich einen Teil meiner Arbeit in meiner freien Zeit erledigen, um so später unnötigen Stress zu vermeiden. Also nahm ich meine Unterlagen und ging die hohe Wendeltreppe nach oben. Einige Regale, Aktenschränke und ein großer Schreibtisch in der Mitte des Raumes, machten einen ziemlich kahlen Eindruck. Auch wenn es hier vielleicht nicht so gemütlich war, bevorzugte ich es dennoch mehr dort zu arbeiten, als all meine Dokumente auf den kleinen Wohnzimmertisch lagern zu müssen. Ich setzte mich auf den gepolsterten Bürostuhl, legte alles vor mir auf den Tisch, und fing an zu arbeiten.   Knapp zwei Stunden später, war das Ergebnis meiner bislang getanen Arbeit eher ernüchternd. Für meinen Urlaub hatte ich mir wohl etwas zu viel Arbeit zugemutet. Ich stand auf, streckte meine Arme und blickte dabei auf meine Armbanduhr. Es war bereits schon wieder Mittag geworden, und noch immer schien draußen die Sonne. Ich ging zum Balkonfenster und sah die Spitzen der Bäume aus der Ferne hin und her wippen, die Sonnenstrahlen zwischen einigen wenigen dunklen Wolken hindurchscheinen, das Wasser des Teiches, wie es kleine Wellen in Richtung des Windes bildete und glitzerte. Die Arbeit musste warten. Ich zog mir eine Jacke an, um vor der Kälte geschützt zu sein, nahm noch einen Block sowie einen Bleistift, und schritt dann durch die Tür an der Terrasse nach draußen in den Garten. Die Sonnenstrahlen fühlten sich angenehm warm an. Der kalte Wind jedoch peitschte mir ins Gesicht. Auf der linken Seite des Gartens, lag ein großer Teich. Zusammen mit der alten Holzbank und dem Apfelbaum, ergab es besonders im Herbst ein malerisches Bildnis. Der größte Teil der rechten Seite war einmal Bepflanzungsfläche für Gemüse, dort stand einst auch ein Gewächshaus. Meine Mutter hatte sich immer liebevoll und oft auch stundenlang um die Pflanzen dort gekümmert. Da ich daran allerdings keinen Bedarf mehr hatte, lies ich diese Fläche auch begrünen. Von der Terrasse aus bis zum gegenüberliegenden Ende des Grundstückes, erstreckte sich ein schmaler und aus Steinen gepflasterter Weg. Die hohen, ebenfalls aus Sandstein bestehenden Mauern, umgaben das Grundstück. Ich folgte dem steinigen Pfad bis zum schweren Metalltor, das in die Mauer eingelassen war. Aus meiner Hosentasche kramte ich einen alten Schlüssel hervor, und öffnete das rostige Tor mit einem grässlichen Quietschen. Ich schritt durch das Tor und schloss es hinter mir wieder ab. Der alte, aber immer noch ganz gut erkennbare und breite Trampelpfad vor mir, führte nach nur wenigen Metern bereits direkt in den Wald hinein. Der Weg verlor sich dann irgendwann in der Nähe eines kleinen Sumpfgebietes. Der Wind fegte durch die Bäume, der typische Duft des Waldes lag in der Luft und beflügelte meine Sinne. Alles wirkte aufgeweckt, und strotzte nur so vor Lebenskraft. Ich fing an, meine Sinne an die Natur zu verlieren. Das war es, was ich so sehr im Tumult der Großstadt vermisste. Ich blieb stehen, schloss die Augen, und nahm einen tiefen Atemzug. Ein umgestürzter Baum bot sich als Sitzgelegenheit für mich an, also hockte ich mich auf einen seiner dicken Äste. Mit meinen Oberschenkeln bildete ich eine Ablage für meinen Block. Dann fing ich an zu zeichnen, fing an über Dinge nachzudenken, welche schon viel früher meine Aufmerksamkeit benötigt hätten. Kunst war meine Leidenschaft. Ich liebte es zu zeichnen, liebte Farben und Formen der Natur. Nach einer Weile erschuf ich einen prächtigen Drachen, der flügelspreizend auf einer Felsformation wachte. Ich zeichnete weiter und Detail für Detail, versetzte mein Geist sich tiefer und tiefer in das Bildnis des anmutig wirkenden Wesens. Ein Wassertropfen fiel auf den Block. Er verwischte die Bleistiftlinien etwas, und weichte das Papier auf. Dann ein zweiter und ein dritter Tropfen. Ich blickte nach oben in Richtung der Baumkronen. Ein Wolkenbruch stand wohl kurz bevor, und ich war nun schon ein gutes Stück vom Haus entfernt. Ich klemmte mir den Block unter den Arm und trat den Rückweg an. Doch wie erwartet, setzte wenige Augenblicke später ein starker Regenguss ein, der mich trotz der dicht angereihten Bäume, innerhalb weniger Minuten klitschnass werden ließ. Ich zog die Kapuze meiner Jacke über den Kopf, und beschleunigte meine Schritte. Nach einigen Metern wurde ich jedoch wieder langsamer. Ich war nun schon nass und eine Erkältung fürchtete ich nicht, also schlenderte ich weiter. Irgendwie fühlten sich die kalten Regentropfen sogar ganz gut an, wobei sie den Duft des Waldes noch zu verstärken schienen. Nun fühlte ich wieder meine enge Verbundenheit zur Natur. Wenn ich doch nur schon immer die Zeit und die Möglichkeit gehabt hätte, mich der Natur mehr zu widmen.   Schließlich fand ich wieder zum Haus zurück. Drinnen zog ich sogleich die nassen Klamotten aus, und legte den aufgeweichten Block zur Seite. Eine warme Dusche und eine Kleinigkeit als Abendessen waren alles, was ich mir diesen Abend noch gönnte. Dieses Mal benutze ich das Bett im Schlafzimmer und konnte auch, anders als vergangene Nacht, sehr schnell einschlafen.   Ich lief über den feuchten, mit Laub bedeckten Boden des Waldes. Letzte Nacht hatte es noch einmal stark geregnet. Wassertropfen hingen von den dürren Ästen der Bäume und schimmerten wie kleine Kristalle. Nach dem Spaziergang am vorigen Tag, hatte es mich wieder in den Wald gezogen. Für meine Arbeit war auch noch später Zeit. Es war ein klarer und heller Oktobertag. Viel zu schön, um ihn drinnen zu verbringen. Ich realisierte erst sehr spät, dass die Abenddämmerung bald einsetzen würde. Der Weg zurück zum Haus, schien mir erheblich länger zu sein als der Weg, den ich zuvor zurückgelegt hatte. Schon längst hätte ich auf den Pfad stoßen müssen, der genau am Haus vorbeiführte. Ich blickte auf die Uhr. Die Sonne war bereits untergegangen, und ich konnte mich immer schlechter zurechtfinden. Fürs erste hätte ich nicht so weit in den Wald gehen dürfen, wobei ich mich doch aber bisher dort immer bestens orientieren konnte.  Da erinnerte ich mich an den Tag zurück, als ich noch als kleiner Junge alleine in den Wald ging, und mich verlief. Ich entfernte mich damals, so leichtsinnig ich eben war, weiter und weiter vom Haus weg, und immer tiefer in den Wald hinein. Schließlich fand mich mein völlig aufgelöster Vater erst etliche Stunden später wieder. Die Standpauke, die darauf folgte, blieb für mich unvergesslich. Ein lautes Knacken von zerbrechenden Ästen, nicht weit von mir, ließ mich hellhörig werden. Es musste wohl ein Tier, höchstwahrscheinlich ein Reh, gewesen sein. Daraufhin ignorierte ich die Geräusche auch gleich schon wieder. Doch dann hörte ich wieder so ein Knacken. Es war nicht so laut wie das davor, dieses Mal aber hörte ich es direkt hinter mir. Auch wenn ich mir sicher war, dass es lediglich in der Nacht herumstreifende Tiere gewesen sein mussten, dachte ich doch unweigerlich an die Worte des alten Mannes. Etwas Wahres hatte seine Geschichte ja vielleicht doch gehabt. Gerade als ich mir selbst gestehen wollte, mich doch tatsächlich verlaufen zu haben, sah ich endlich die Fassade des Hauses durch einen kleinen Spalt zwischen etlichen Bäumen hindurch. Erleichtert und mit dem Vorsatz, das nächste Mal meinen Spaziergang nicht wieder so ausgedehnt ausfallen zu lassen, ging ich in Richtung der hohen Sandsteinmauer. Ich zog den Schlüssen für das hintere Tor aus meiner Hosentasche, ließ ihn dabei jedoch auf den Waldboden fallen. Ich tastete das nasse Laub unter mir ab. Zum Glück fand ich den Schlüssel schnell wieder. Ich richtete mich gerade wieder auf und wischte mir den Schmutz von den Händen, als mich etwas an den Schultern berührte. Ich zuckte zusammen und drehte mich um. Nichts. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Auch links und rechts von mir war nichts zu sehen. Ich verfiel in eine Starre, blickte geradeaus in die Dunkelheit hinein, und lauschte nach jedem Geräusch. Es fühlte sich so an, als sei ich nicht alleine. So als sei irgendjemand ganz nahe. Wieder drehte ich mich in alle Richtungen, und wieder war nichts zu sehn. Ich fragte mich, ob es vielleicht nur Einbildung war. Wie auch immer, die Situation beunruhigte mich doch schon ein wenig. Schnellen Schrittes ging ich in Richtung der Mauer, versuchte mich nicht in das gerade geschehene hineinzusteigern. Ich schloss das dicke Tor auf und ging hindurch. Sofort schlug ich es hinter mir wieder zu und verschloss es. Auf dem Weg durch den Garten bis zur Terrasse, blickte ich immer wieder hinter mich, in der Befürchtung jemand sei mir eventuell gefolgt.   Ich saß auf der Couch, eine Tasse heißen Tee in meinen Händen, und den Blick nach draußen in die Dunkelheit gerichtet. War das alles nur Einbildung? Ich stand auf und stellte mich vor das große Glasfenster der Terrasse. Ein paar Blätter wurden über den Terrassenboden geweht. Der Wald, der die hohen Mauern umgab, und die dunklen Silhouetten der Bäume, erzeugten eine starke mystische Atmosphäre. Irgendwas zog mich geistlich nach draußen, hinein in die den Wald, hinein in die Dunkelheit. Irgendwas lies mich aber auch Furcht verspüren.   Ich zog meine Jacke, den Schaal und noch ein Paar Stiefel an. Nachdem ich den ganzen bisherigen Tag wieder meiner Arbeit nachgegangen war, aber nicht wirklich etwas Brauchbares dabei herauskam, beschloss ich erst einmal frische Luft zu schnappen. Der Sturm, der letzte Nacht noch aufzog, hatte die Terrasse mit einer dicken Laubschicht bedeckt. Ich ging durch den Garten, dann durch das Tor und stoppte an etwa der Stelle, an der ich am Abend zuvor den Schlüssel verloren hatte. Im Lichte der untergehenden Sonne, erlangten die Bäume und Büsche, die mich umgaben, ihre geheimnisvolle Präsenz zurück. Ich ging nicht weit in den Wald, denn es war schon spät. Gerade als die Dunkelheit hereinbrach und ich bereits den Rückweg eingeschlagen hatte, bekam ich ein beklemmendes Gefühl. Ich vernahm wieder ein Rascheln, irgendwo aus einem der hohen Büsche in meiner Nähe. Egal was es war, ob real oder Hirngespinst, ich versuchte alles um mich herum zu ignorieren. Ich schloss das Tor auf, ging hindurch und wollte es gerade auf der anderen Seite wieder verschließen, als ich eine hauchzarte Stimme zu hören glaubte. „Warte!", sagte die Stimme. Es lief mir eiskalt den Rücken hinunter. Ob ich mir nun auch schon Stimmen einbildete? „Komm..." säuselte die Stimme. Wie eingefroren stand ich noch immer vor dem Tor. Die Stimme schien aus keiner für mich definierbaren Richtung zu kommen, fast so, als wäre sie vom Wind durch den halben Wald getragen worden. Genauso schwach und leise hörte sie sich auch an. Meine Neugier siegte. Ich steckte den Schlüssel weg, und öffnete langsam wieder das ächzende Tor vor mir. Erst dann fiel mir auf, wie still es geworden war. Es wehte nicht einmal eine sanfte Brise. Schritt für Schritt ging ich vorwärts, und schaute mich dabei aufmerksam um. Plötzlich wieder ein Rascheln. Ich blieb stehen. Es kam von irgendwo direkt vor mir. „Hallo? Ist da irgendjemand?", rief ich in die Dunkelheit hinein. Zunächst war ein erneutes Rascheln alles was ich als Antwort bekam. „Du... bist Ethan, habe ich Recht?", wollte die nun viel klarer gewordene, aber immer noch sehr leise zu hörende Stimme von mir wissen. Als ich meinen Namen hörte, wurde mir ganz flau im Magen. „Ich habe keine Lust auf solche Spielchen! Wer auch immer da draußen ist, soll jetzt rauskommen!" „Bitte... sei nicht so laut!", säuselte die Stimme. „Ich lass mir doch nicht von irgendjemand hinterherspionieren! Keinen Fuß auf mein Grundstück!" „Ethan, bitte... hör mir zu!" „Woher kennst du meinen Namen!? Zeig dich!", schrie ich und stürmte vor in das Gebüsch, aus dem ich kurz zuvor noch das Rascheln gehört hatte. Voller Wut schlug ich die Äste und Zweige um mich herum aus dem Weg. „Was willst du von mir!?", schrie ich wieder, während ich tiefer in den Wald lief. Irgendwann blieb ich stehen und lehnte mich an den Stamm eines Baumes an. Ich musste erst einmal wieder zu Atem kommen. Die mysteriöse Stimme war schon lange verschwunden, und ich zweifelte nun vollends an meinem Verstand. Ich war doch immerhin allein, niemand anders war dort. Doch die Stimme hatte sich so real angehört. Sie konnte einfach keine bloße Einbildung gewesen sein. Einfach blind in den Wald hineingelaufen, hatte ich nun jegliche Orientierung verloren. Und schon wieder dieses Rascheln. Dieses Mal war es zwar nur kurz, dafür aber laut und direkt hinter mir. Ich wollte mich umdrehen, da traf mich auch schon etwas am Rücken und warf mich nach vorne zu Boden. Hektisch fuchtelte ich mit den Armen um mich, doch mein Oberkörper wurde fest auf den feuchten Waldboden gedrückt. Ich fühlte mich wie angepinnt. „Du musst dich nicht wehren, ich will dir nichts tun.", sagte die Stimme. Nun klang sie sehr nahe, stark und ausdrucksvoll, aber noch immer so seltsam. Sie klang so, als würde sie aus jeder Richtung kommen, als würde sie keinen richtigen Ursprung haben. Und es war eine weibliche Stimme. Ich versuchte mich weiter irgendwie zu befreien, allerdings vergebens. „Was willst du von mir?", wollte ich wissen und drehte mein Kopf zur Seite, versuchte so die Person hinter mir vielleicht zu erkennen. Mein Blickwinkel reichte aber nicht aus und es war zu dunkel, als dass ich irgendetwas hätte erkennen können. „Bitte, ich habe niemanden etwas getan!" „Ich habe doch bereits gesagt, dass ich dir nichts tun werde." „Was soll dann das Ganze überhaupt? Wieso hast du mich die ganze Zeit über verfolgt, und wer bist du eigentlich?" „Ethan, bitte... ich werde dir alles erklären." „Woher kennst du meinen Namen?", fragte ich. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. „Alles zu seiner Zeit Ethan..." „Hör auf meinen Namen zu sagen! Ich will das du mich sofort loslässt!" „Ich verlange nur, dass du mir zuhörst, bitte!" „Warum sollte ich? Lass mich jetzt gehen!" „Nein!" Ihr lauter Zorn, fegte wie ein Feuersturm durch meinen Kopf. Für einen Moment nahm ich nichts mehr wahr, bis auf den noch lange zu hörenden Schall ihrer Stimme. „Wirst du mir nun zuhören oder nicht?" „Ja... ja, ich höre zu." „Gut. Wer ich bin, das tut nichts zur Sache. Ich weiß höchst wahrscheinlich viel weniger über dich, als du vielleicht vermutest. Ausspioniert, habe ich dich jedenfalls nicht, dessen kannst du dir sicher sein. Unser Gespräch, das ja schon so wunderbar begonnen hat, wollte ich eigentlich unter anderen Bedingungen führen." Ich spürte einen leichten Atemstoß in meinem Nacken. „Bis vor einigen Momenten, war ich mir auch noch ziemlich sicher, dass ein Gespräch wohl die beste Idee wäre. Nach diesem ganzen Theater allerdings, bin ich mir nicht mehr ganz so sicher. Es tut mir ja Leid, wenn ich dich überrumpelt habe, aber ich hatte dich etwas vernünftiger eingeschätzt." Nur gerne hätte ich in diesem Moment meine Meinung geäußert, aber ich blieb still und hörte einfach weiter zu. „Nun will ich es aber auf den Punkt bringen. Ich weiß, wie schon gesagt, nicht sehr viel von dir. Zu den Dingen, die ich über dich weiß, zählen deine Probleme. Ich weiß, dass du in letzter Zeit sehr viele Fragen hast. Ich weiß auch um deine momentan sehr zwiespältige Person, und ich weiß, nach was du dich sehnst. Mit diesen Worten möchte ich dir aber keine Angst einjagen. Diese Worte sollen dir zeigen, dass ich das, was du momentan empfindest, nachvollziehen kann. Helfen kann ich dir allerdings nicht, denn das musst du schon alleine tun. Was ich tun kann, ist dich hier und jetzt darauf aufmerksam zu machen, einige Dinge schleunigst zu ändern. Erforsche deine Seele, entdecke dich neu, und tu nicht nur immer das, was dir dein Verstand rät. Nimm dir die Zeit und was du sonst noch brauchst, dann wirst du sehen, dass du alle neuentdeckten Seiten an dir akzeptieren kannst." „Wieso... wieso sagst du das alles?" „Um dir zu helfen." „Und wieso willst du mir helfen?", fragte ich ungläubig. „Weil du mir leid tust. Ich sehe eine großartige Persönlichkeit in dir, Ethan. Sie soll nicht verkümmern, sondern aufblühen." „Diese ganzen Dinge, woher wusstest du sie? Wir kennen uns doch überhaupt nicht." „Ich werde jetzt gehen. Es tut mir nochmals Leid, wenn ich dir in irgendeiner Weise unangenehm geworden bin. Da vorne ist ein kleiner See. In der Nähe des Ufers befindet sich ein Feldweg. Folge ihm in Richtung Süden und du gelangst an die Straße, die zu deinem Haus führt." „Warte doch! Ich weiß aber noch immer nichts über dich. Woher kommst du? Wie ist eigentlich dein Name?" Ich spürte, wie die Last von meinem Rücken verschwand. Schnell richtete ich mich wieder auf, hörte zugleich schon wieder ein Rascheln direkt hinter mir. Ich drehte mich um und sah, wie eine dunkle Gestalt gerade zwischen einigen Büschen huschte. „Erinnere dich an das, was ich dir gesagt habe. Nimm es dir zu Herzen!", sagte sie sanft. Und als das letzte ihrer Worte in meinem Kopf verklang, wollte ich ihrer Gestalt folgen, doch ich war wie erstarrt. Wer oder was war sie? Wieso wollte sie mir helfen, und wieso wusste sie diese ganzen Dinge über mich? Ich hatte so viele Fragen und keine einzige Antwort. Wenigstens war ich nun also doch nicht so paranoid, wie ich zunächst dachte. Doch was könnte sie nur gewesen sein? Sie wirkte nicht menschlich, und an Geister glaubte ich nicht. Egal ob Mensch, Geist oder Außerirdischer, ich wollte jetzt einfach nur noch zurück, um die Wärme meines Kamines genießen zu können. Als ich mich vom Laub befreite, das an meiner Kleidung hing, vielen mir kleine Blutflecken auf. Sie waren überall an der Rückseite meiner Hosenbeine zu finden. Sie waren noch frisch und sie kamen mit Sicherheit nicht von mir. Dieses Blut musste wohl also von diesem Geschöpf stammen. Wahrscheinlich hatte es sich eine Verletzung zugezogen. Das Ganze kümmerte mich aber im Moment eher weniger, also machte ich mich gleich auf zum Seeufer. Zumindest wusste ich nun ungefähr, wie ich wieder zurückfinden sollte.   Das Mondlicht glitzerte im ruhigen Gewässer des kleinen Sees. Laub trieb auf der Wasseroberfläche, wurde von winzigen Wellen hin- und hergeschaukelt. Die fast kahlen Bäume, die den See umgaben und der Mond, der zwischen ihren Ästen hindurchschien, erschufen eine unglaublich dichte, nahezu greifbar mystische Atmosphäre. Ich ging entlang des steinigen Ufers. Nachdem ich fast die Hälfte des Sees umgangen war, stieß ich auf einen schmalen Trampelpfad, der vom Ufer aus zwischen Büschen und Sträuchern verschwand. Ich folgte dem Pfad wieder in den tiefen Wald hinein. Als ich fast schon anfing daran zu zweifeln, überhaupt in die richtige Richtung zu gehen, fand ich den beschriebenen Feldweg. Der Weg war um einiges breiter als ich ihn mir vorgestellt hatte. Die Spuren im Boden verrieten, dass hier wohl auch öfters Fahrzeuge den Wald durchquerten. Die Zeit verging, und ich hatte bereits ein ganzes Stück auf dem Weg zurückgelegt. Anscheinend befand ich mich doch tiefer im Wald, als ich zunächst dachte. Immer wieder kamen mir die Worte dieser seltsamen Gestalt in den Kopf. Vergebens versuchte ich mir das Wesen vorzustellen, das hinter dieser Stimme hätte stecken können. Diese weiche, zarte und beruhigend klingende Stimme. Plötzlich nahm ich einen Lichtkegel hinter mir wahr, der kurz den Weg vor mir etwas erhellte. Ich drehte mich um und sah, wie sich ein Geländewagen nährte. Ich stellte mich gut bemerkbar in die Mitte des Weges. Wer auch immer das war, ich hoffte die Person wäre gutgläubig genug, einen verirrten Fremden mitzunehmen. Der Wagen kam näher und hielt schließlich einige Meter vor mir an. Blinzelnd schaute ich in Richtung des Scheinwerferlichtes, um vielleicht die Person am Steuer erkennen zu können. Die Fahrertür öffnete sich und der bärtige alte Mann, der mich erst kürzlich besucht hatte, stieg mit einem Bein aus. „Ach, sie sind's!", sagte der Mann. „Ich glaube, ich fahre in ihre Richtung. Los, steigen sie ein!" Und genau das tat ich auch.   „Heute alleine unterwegs?", wollte ich wissen. „Ja... ja, ich war heute etwas alleine unterwegs. Jetzt sagen sie aber mal, was machen sie denn eigentlich so spät noch hier draußen?" „Ich wollte mir nur etwas die Beine vertreten, hab dann aber wohl mein Zeitgefühl und die Orientierung verloren. Hört sich ziemlich dämlich an, ich weiß." „Oh, sich in diesen Wäldern zu verlaufen ist gar nicht mal so schwer, das geht schneller als man denkt." Etwas beunruhigte mich der rasante Fahrstil des Mannes. Wir schienen nur so auf die Bäume zuzufliegen. Dann musterte er die Blutspuren auf meiner Hose, die man von der Seite etwas sehen konnte. „Haben sie sich verletzt?" „Was? Oh, das meinen sie... nein. Eigentlich weiß ich gar nicht so recht wo die herkommen, aber ist schon gut, die sind wahrscheinlich schon älter." Mir viel keine richtige Ausrede ein, um das Blut auf meiner Hose erklären zu können. Genau genommen, wusste ich ja selbst nicht ganz genau, wo es so plötzlich herkam. „Gut, ich wollte nur nachgefragt haben." Ich vermutete, dass sich so jemand wie er, nun wahrscheinlich die verrücktesten Fantasien zusammenreimte. Jedenfalls glaubte er mir nicht, dessen war ich mir sicher.  „Ich schätze, wir sind gleich aus dem Wald raus. Den Rest kann ich dann auch weiter zu Fuß gehen." „Ich kann sie auch gerne bis zu ihrem Haus fahren. Das macht mir keinerlei Umstände." „Das wäre wirklich nett, danke!" Wir fuhren über einen sehr unebenen Teil des Weges, wodurch der Wagen hin- und hergeschaukelt wurde. Wenn die schnell vorbeiziehenden Bäume und Sträucher vom umherschaukelnden Lichtkegel der Scheinwerfer beleuchtet wurden, jedoch nicht der Boden, wirkte es manchmal so, als würde der Weg vor uns plötzlich zwischen den Bäumen verschwinden. „Sie werden niemals glauben, was mir neulich bei der jagt vors Visier gesprungen ist!", berichtete der Mann urplötzlich aufgeregt. „Ich weiß nicht. War es denn etwas Besonderes?" „Besonders? Untertrieben, völlig untertrieben! Erinnern sie sich noch an die Geschichte mit den Schafen, die ich ihnen erzählt habe?" „Ja, ich erinnere mich." „Tja, ich hab's gesehen! Dieses Biest, was höchstwahrscheinlich für das alles verantwortlich war." „Und was war es? Haben sie es getötet?", wollte ich interessiert wissen. „Nun, was es genau war, kann ich leider nicht sagen. Ich habe mich gerade zur Jagd aufgemacht, als ich von irgendwo Geräusche hörte. Da nahm ich mein Gewehr und richtete es auf einige dichtbewachsene Büsche und Sträucher, nur einige Meter direkt vor mir. Ich wusste nicht ob sich da wirklich etwas versteckte, aber mein Bauchgefühl wusste es anscheinend besser." Das hörte sich verdächtig nach den alten Kriegsgeschichten meines Großvaters von damals an. Er erzählte sie immer und immer wieder. Doch jedes Mal, schien die Situation noch auswegloser und selbstmörderischer als das Mal davor. Das Meiste davon war nichts weiter als überspitze Fantasie. Doch vor allem nach meiner erst kürzlich gemachten merkwürdigen Begegnung, mit einem noch viel merkwürdigeren Wesen, schenkte ich dem Mann meine Aufmerksamkeit. „Dort stand ich nun, nur halbwegs zwischen wenigen Zweigen und Ästen getarnt. Ich wartete und wartete, ohne dass etwas passierte. Absolute Stille, keine Geräusche, keine Bewegungen. Im Glauben, meine Sinne hätten mich getäuscht, senkte ich mein Gewehr wieder. Plötzlich sprang etwas seitlich aus den Sträuchern vor mir, und verschwand genauso schnell wieder zwischen einigen Bäumen. Genau in diesem Moment, konnte ich noch schnell mein Gewehr ansetzten und einen Schuss abfeuern." „Und?" „Ich hab später genau an der Stelle, an der sich dieses Vieh versteckt hat, Blut gefunden. Ich hab es getroffen! Wie gravierend meine Kugel war, kann ich nicht sagen. Immerhin zum entkommen, hatte dieses Viech noch genug Kraft gehabt." „Aber wie sah es denn nun aus? Irgendwas musste doch zu erkennen gewesen sein." „Ich sagte doch schon, ich weiß nicht was es war! Es war verdammt groß und es sah auch nicht ansatzweise so aus, wie irgendein Tier, das ich kenne. Mehr kann ich aber auch nicht sagen.", sagte der Mann ärgerlich. „Und sie glauben also, dieses Tier steckt hinter dem Verschwinden der Schafe?" „Kann ich nicht genau sagen. Ich vermute es aber. So was habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Wer weiß was das war? Vielleicht so ein ausgebrochenes Tierexperiment, das jetzt unsere Gegend in Angst und Schrecken versetzt? Das wüsste ich aber zu verhindern!" „Das klingt gefährlich. Wenn sie mich fragen, zu gefährlich um das selbst in die Hand zu nehmen." „Heute sind es Schafe, morgen vielleicht schon die ersten Menschen, die verschwinden könnten! Ich werde jeden aus meinem Jagdverein informieren, damit mir gemeinsam jagt auf dieses Ungetüm machen können! Und wo wir auch schon grade beim Thema sind, glaube ich sichergehen zu können, dass dieses kleine Gespräch unter uns bleibt." Der alte Mann musste sich wie ein Spezialagent gefühlt haben, der sein Dorf vor der sicheren Vernichtung bewahren musste. „Natürlich! Keiner wird etwas davon durch mich erfahren.", versicherte ich ihm. Der Wagen stoppte. Wir waren bereits bei meinem Haus angekommen. „Da sind wir ja schon!" „Das Angebot steht übrigens noch. Wie schon gesagt, wenn sie Lust und Zeit haben, können sie sich einfach bei mir melden. Genau zwischen dem Bauernhof und dem Kirschturm, am Ende des Dorfes, da steht mein Haus. Unsere Vereinstreffen finden da auch meist statt." Eine nickende Geste war alles, was ich darauf antwortete. „Aber an ihrer Stelle, würde ich morgen zuhause bleiben." „Wegen diesem wilden Tier?" „Nicht unbedingt nur deswegen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es morgen einen Sturm geben wird. Nach so vielen Jahren hat man so was einfach im Gespür." Ich konnte mir ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. „Glauben sie ruhig einem alten Mann!", sagte er und lachte. „Das nächste Mal können wir ja wetten, wenn sie Recht haben, dann gebe ich ihnen einen aus.", meinte ich daraufhin. „Na das hört sich doch mal gut an!" „Gut, dann bedanke ich mich, dass sie so freundlich waren und mich bis zu meinem Haus gefahren haben, Mister..." „Oh, tut mir leid! Also wirklich, dass ich mich nicht schon viel früher vorgestellt habe! Mein Name ist Tom Morrison." „Dann vielen Dank Mister Morrison!", entgegnete ich ihm mit einem festen Händedruck und stieg aus dem Wagen aus. „Keine Ursache!"   Nach einer entspannend warmen Dusche, zog ich meinen Bademantel an und machte es mir auf der Couch bequem. Irgendwann verlor ich mich in den züngelnden Flammen und dem Knistern des Kaminfeuers. Was war an diesem Tag nur passiert? Diese Stimme, diese angenehm zarte und leise Stimme, wem gehörte sie wohl? Es konnte kein Mensch gewesen sein, doch welche Kreatur könnte da sonst zu mir gesprochen haben? Ich wollte Antworten. Sicher war ich mir jedoch nicht, ob ich es wirklich wagen sollte, noch einmal den Wald zu betreten, um diese Kreatur zu suchen. Immerhin wollte sie mir aber nichts Böses, das sagte sie selbst. Wahrscheinlich würde ich gar nicht mehr auf sie treffen, selbst wenn ich es wollte. Ich dachte weiter darüber nach, was die Stimme in dieser Nacht zu mir gesagt hatte, bis mich irgendwann eine starke Müdigkeit überkam, und ich schließlich einschlief.  

3             Ein heller Blitz schien für den Bruchteil eines kleinen Momentes die Dunkelheit des bewölkten Himmels zu zerreißen. Danach ein dumpfes und langes Donnern, welches den Boden unter meinen Füßen zu erschüttern schien. Ich stand vor den großen Terrassenfenstern, blickte nach draußen in den tobenden Regen. Unfassbar, doch der alte Mann hatte tatsächlich Recht behalten. Es war nun bereits später Nachmittag. Der Wille mich weiter meiner Arbeit zu widmen, hatte mich nun gänzlich verlassen. Die nächsten Tage sollten erst einmal an mir vorbeiziehen, ohne mich dabei an irgendwelche Verpflichtungen für die Arbeit zu fesseln. Zu hören war nur der prasselnden Regen, das Ticken der Pendeluhr aus dem Flur hinter mir und gelegentlich ein dumpfes Donnern. Ich nahm meinen kleinen Zeichenblock, kauerte mich auf die Couch, und begann zu zeichnen.  Nach etwa einer Stunde schien der Sturm nachzulassen. Auch wenn der Wind nach wie vor stark war gewitterte es nun nicht mehr, und der heftige Regen hatte sich ebenfalls etwas beruhigt. Zu wissen, dass dort draußen diese merkwürdige Kreatur, die allem Anschein nach einiges über mich wusste, die Wälder durchstreifte, hatte eine nahezu hypnotisierende Wirkung auf mich. Vielleicht wusste sie ja noch mehr als das, was sie in jener Nacht preisgab. Jedoch woher? Es war mir bewusst, dass ich die nächste Zeit sowieso über nichts anderes nachdenken könnte, würde ich der ganzen Sache nicht schleunigst auf den Grund gehen.   Eine Windböe ließ das Laub in der Luft tanzen, Regen prasselte auf mich herab. Ich zog die Kapuze meiner Regenjacke über meinen Kopf. Nun stand ich etwa dort, wo ich auch am Tag darauf die Stimme flüstern hörte. Ich ging weiter in den Wald hinein, blickte dabei wachsam immer wieder nach oben, wo die Baumkronen hin- und herschaukelten. Etwas unangenehm war es mir schon, bei einem so kräftigen Wind den Wald zu durchstreifen. Dieses Mal wollte ich mich nicht wieder verlaufen, weswegen ich mich nicht weit vom Grundstück entfernte. Ich setzte mir ein Limit von einer Stunde. Das wäre wohl genug Zeit, und ich wäre wieder zurück ehe die Dunkelheit hereinbricht. Als ich den nassen Waldboden entlangschritt, und dabei den größten Wasserlachen aus dem Weg ging, fragte ich mich ob sie vielleicht sogar schon wüsste, dass ich nach ihr suchte. Nach einigen Metern erklomm ich einen kleinen Hügel. Ich blickte um mich. Der Wald schien so still und verlassen. Ich wendete mich ab, als mir der Wind einige Regentropfen ins Gesicht wehte. Ihre Stimme war nicht zu hören. „Hallo?", rief ich in den Wald hinein. „Ich bin es,... Ethan! Bitte zeig dich, ich muss mit dir reden!" Ich wartete ab, bereit jeden Moment wieder ihr zartes Wispern zu vernehmen, doch es passierte nichts. Darum ging ich etwas weiter und tiefer in den Wald hinein. „Bitte antworte doch!", rief ich mehrmals. „Warum sprichst du nicht mehr zu mir? Du wolltest mir doch helfen,... dann zeig dich!" Ich wanderte weiter. Meine Hoffnung mit ihr noch einmal sprechen zu können, schwand mit jedem Ruf in die Leere des Waldes. „Was sollte das letzte Nacht? Komm schon, jetzt zeige dich endlich!" Eine Stunde war nun fast vergangen. Ich war komplett nassgeregnet, meine Stiefel waren voller Schlamm und ich froher. Eine Laubschicht verdeckte einen dicken Ast vor mir auf dem Boden. Als ich auf ihn trat, rutschte ich ab und fiel zu Boden. Ich stand verärgert wieder auf, durchsuchte meine Taschen um sicher zu gehen, dass ich durch den Sturz nichts verloren hatte, und wischte meine Hände an die ohnehin schon verschmutzte Hose ab. „Na fantastisch, hat sich ja gelohnt herzukommen!", murmelte ich grimmig vor mir hin. Ein kühler Windstoß ließ mich kurz erzittern. Wusste sie überhaupt, dass ich dort war oder ignorierte sie bloß meine Anwesenheit? Der Regen wurde schlagartig wieder heftiger. Ich stand dort klitschnass, umgeben von hohen Bäumen und Sträuchern. Trotz der Fülle des Waldes, fühlte sich alles um mich herum so leer, so bedrückend, so unwirklich an. Ich vergrub meine Hände tief in den Taschen meiner Jacke. Langsam und geknickt trat ich meinen Heimweg an. Wieso musste so was ausgerechnet mir passieren? Und dann auch noch gerade jetzt, wo ich doch eigentlich jede freie Minute genießen sollte. Dann war da auch noch die Arbeit! Noch immer warteten Präsentationen, Statistiken und Formulare auf mich. Die Lust war mir vergangen. Meine Zeit hätte ich selbst dann noch besser verbracht, wenn ich mich einfach auf die Couch gelegt hätte um fernzusehen. Stattdessen stolperte ich aber während eines Sturmes durch den Wald, auf der Suche nach irgendeiner Kreatur, deren Stimme mir einfach nicht mehr aus dem Sinn gehen wollte. Umso mehr ich darüber nachdachte, umso suspekter erschien mir meine Situation. Immer wieder fegten starke Windstöße an mir vorbei. Obwohl der Wald größtenteils dicht bewachsen war, konnte er dennoch nicht alles abhalten. Die Sonne war noch nicht untergegangen, als ich wieder an den hohen Mauern des Grundstücks ankam. Auf dem Rückweg bildete ich mir mehrmals ein, im Wind ein leises Flüstern gehört zu haben. Jedes Mal blieb ich stehen, sah mich um und lauschte, doch immer war es nur bloße Einbildung. Wie konnte ich denn nur in so kurzer Zeit eine solche Paranoia entwickelt haben? Ich schritt durch die Metalltür und trottete weiter durch den Garten bis zur Terrasse. Noch einmal blickte ich über meine Schulter nach hinten. Dunkle Wolken am Horizont, der starke Regen gepaart mit dem Wind und diese eiskalte Stille, nichts was mich noch länger dabehalten konnte.   Ich nahm die heiße Tasse mit dem Tee darin von der Küchentheke und trank einen kleinen Schluck. Mir war eiskalt, und das obwohl die Heizungen auf vollen Touren liefen. Der Kamin blieb diesen Abend ausnahmsweise aus. Ich schlenderte von der Küchenzeile hinüber in das Wohnzimmer, wo ich den Fernseher einschaltete. Die Nachrichten, sie berichteten wieder über Not, Leid und Trauer aus der ganzen Welt. Mittlerweile hörte ich nicht mehr hin. Es waren doch schon immer Tag für Tag die gleichen Dinge. Sie passierten lediglich an anderen Orten, hatten andere Auswirkungen oder Folgen. Täglich durch die Nachrichten auf den Tot aufmerksam gemacht zu werden, stumpfte mich über die Jahre ab. Es wurde trauriger Weise zu etwas völlig Normalen. Doch ich war mir sicher, dass ich bestimmt nicht der Einzige war, dem es so erging. Die Dunkelheit hielt Einzug, der Sturm verklang, doch die Regenfälle wollten einfach kein Ende nehmen. Ich strich mir durch meine noch etwas nassen Haare. In letzter Zeit fühlte ich mich fürchterlich allein, viel zu abgeschottet von der wirklichen Welt. Wusste ich denn überhaupt wie ich die wirkliche Welt definieren sollte? Einige Male überlegte ich schon das Anwesen zu verkaufen, denn dieser Ort weckte in mir bitteren Gedanken an die Vergangenheit. Gedanken, welche ich nur zu gerne für immer vergessen hätte. Darüber hinaus war es ein so großes Grundstück, und das Haus hatte so viele Zimmer. Für mich alleine war das unnötig viel. Mein Apartment in der Großstadt hatte die optimale Größe für mich. Dabei war so ein großes Anwesen schon immer mein Traum gewesen, als ich noch ein Kind war. Viele Dinge hatten sich geändert, und so auch meine Denkweise. Ich hätte mich noch bis vor ein paar Jahren als einen sehr lebensfrohen, zuvorkommenden und enthusiastischen Menschen beschrieben. Doch heute, ist von diesen Eigenschaften kaum etwas übriggeblieben. Mein Leben hatte seine Hochs und Tiefs, das ist ja nichts Außergewöhnliches. In den vergangenen Jahren zeigte mir mein Leben jedoch seine hässliche Fratze. Es kam mir so vor, als wäre es in dieser Zeit überhaupt das erste Mal gewesen, dass die angenehmen Erlebnisse mich nicht über die schlechten hinwegtrösten konnten. Ehe ich mich versah, landete ich im Alltagstrott, der mich zu verschlingen begann. Meinen Mittmenschen zeigte ich zunehmend die kalte Schulter. Ich entwickelte teilweise sogar eine richtige Abneigung gegen die Menschheit, sobald mir wieder all das Leid und die Zerstörung vor Augen geführt wurde, wofür sie verantwortlich waren. Wenn ich schon so manche Male nachts durch die dunklen Gassen der Großstadt schritt, wurde ich direkt mit dem Elend der heutigen Zeit konfrontiert. Betrunkene, rüpelhafte Teenager ohne Respekt, ausgehungerte Obdachlose mit zerrissener Kleidung am Leib und zwielichtige Personen tummelten sich dort in der Dunkelheit. Es war schmutzig, es stank, es war unangenehm und bedrückend. Immer dann stellte ich mir die Frage ob es der Fortschritt alleine war, der die Menschheit zu diesen Abgründen geführt hatte. Die Menschheit stellte meiner Meinung nach eine Spezies da, mit einer beispiellosen Zwiespältigkeit. Auf der einen Seite Dinge wie Musik und Kunst, wegweisende Ideen durch enormen Fortschritt, die irgendwann ein besseres Leben ermöglichen könnten. Auf der anderen Seite schreckliche Kriege, unbedachter und gleichgültiger Umgang mit unserem Planeten und die allgegenwärtig grässliche Kluft zwischen arm und reich in unserer Gesellschaft. War meine Weltanschauung, meine Denkweisen, meine Entscheidungen, denn überhaupt richtig? Wo war mein Platz in dieser Welt? Gehörte ich überhaupt in diese Welt? Fragen, die ich mir immer häufiger stellte. Ich bewunderte die Menschen, die mit gutem Gewissen behaupten konnten, ein geregeltes und heiteres Leben führen zu können, und das ganz ohne die Antworten auf all das zu kennen. Menschen, die behaupteten die Antworten zu kennen, entgegnete ich allerdings mit Unverständnis. Ich konnte einfach nicht damit klarkommen, wenn ich die Antwort auf eine Frage selbst noch nicht einmal ergründet hatte, jemand mir da jedoch schon weit voraus war. In diesen Momenten überstieg es ganz einfach meinen Horizont, und dann stempelte ich schnell etwas als unglaubwürdig ab, wovon ich eigentlich noch gar keine Ahnung hatte. Ich konnte noch nie viel damit anfangen, die persönliche Sicht der Dinge von jemand erläutert zu bekommen. Dazu fehlte es mir wohl an Toleranz. Wahrlich kein vorbildliches Verhalten, doch es war nun einmal die Verhaltensweise, mit der ich am besten klarkam. Anstatt die Menschen um mich herum zu kritisieren, wäre es jedoch besser gewesen, zunächst den einen oder anderen Fehler bei mir selbst zu suchen. Ich schloss kurz meine Augen und atmete einmal tief durch. Dann legte ich mich auf die Couch um zu schlafen. Der nächste Tag sollte keine spontanen Ausflüge in den Wald beinhalten. Zunächst wollte ich mich wieder ganz meiner Arbeit widmen, egal wie lästig das auch war. Meine Augenlieder wurden langsam schwerer und gerade als ich etwas eingenickt war, konnte ich etwas hören. Schnell setzte ich mich auf und rieb meine Augen. In der Vermutung, es könnte der Fernseher gewesen sein, schaltete ich ihn aus. War vielleicht noch jemand im Haus? Ich stand langsam auf und ging hinüber zur Wendeltreppe neben der Küche. „Ethan?" Ich bekam eine Gänsehaut am ganzen Körper. Es war wieder ihre Stimme. Sogleich eilte ich auch schon zum Terrassenfenster, doch da draußen war niemand. „Du hast mich gesucht. Du wolltest mit mir reden. Sofern du denn noch reden möchtest, können wir das jetzt gerne tun.", sagte sie in einem so angenehm ruhigen Tonfall, dass es mir für einen Moment die Sprache verschlug. „Nun, wenn dies noch immer dein Anliegen ist, dann komm einfach nach draußen. Ich werde auf dich warten." Wie jedes Mal, wenn ich ihre Stimme hörte, schlug mir mein Herz bis zum Hals. Und wie jedes Mal, schalten ihre Worte noch lange durch meinen Kopf. Wenn ich nach draußen kommen sollte, hieß das dann ich würde sie endlich zu Gesicht bekommen? Ich zog mir im Akkord den Bademantel aus und tauschte ihn gegen eine Hose, einen Pullover und eine Jacke ein. Draußen blieb ich unter der vom Balkon überdachten Terrasse stehen. „Ich bin jetzt hier.", sagte ich, auch wenn ich nicht wusste zu wem ich da eigentlich sprach. Eine Zeit lang passierte nichts und ich fragte mich schon wo ihre Antwort blieb. „Dann frage mich, was du wissen möchtest. Ich weiß vielleicht aber keine Antwort auf jede Frage, und ich werde ebenso wenig Fragen beantworten, die ich nicht beantworten möchte." Ich wollte es mir nicht mit ihr verscherzen, also überdachte ich genau jedes einzelne meiner Worte. „Was weißt du über mich?" „Ich weiß, dass du viele Fragen hast. Ich weiß, dass du dich sehr einsam fühlst, weswegen du dich nach Geborgenheit sehnst. Ich weiß, dass dich deine Vergangenheit noch immer belastet, weshalb du auch nicht optimistisch in die Zukunft blicken kannst." Erstaunt über ihre Aussage, fragte ich: „Woher weißt du all diese Dinge über mich?" „Es sind Dinge, die ich spüren kann. Ich kann sie spüren, weil sie einen so großen Teil von dir in Anspruch nehmen. Ihre Präsenz ist nicht zu leugnen. Du bist in der Vergangenheit oft an diesen Ort hier gekommen. Dabei konnte ich den Wandel deiner Persönlichkeit verfolgen. Leider muss ich aber sagen, dass sie sich zum Schlechten gewendet hat." „Soll das heißen, du beobachtest mich schon länger?" Einen kleinen Anflug von Zorn in meiner Stimme konnte ich nicht verbergen. „Ich habe dich nicht beobachtet. Allerdings konnte ich auch nie meine Sinne von dir ablassen. Seit jeher ging etwas Besonderes von dir aus. Etwas, was mir bestens vertraut ist. Es sind deine Persönlichkeit, dein Wille, deine Gefühle, und es ist deine Seele, auch wenn sie in der Vergangenheit stark gelitten hat." Meine Seele? Ich konnte mich niemals wirklich dazu durchringen, an die Existenz einer Seele zu glauben. Alles was sie sagte, hörte sich vielleicht fremd für mich an, war allerdings alles andere als falsch. „Seit jeher? Wann denn genau?", fragte ich. „Das liegt lange zurück. Damals hattest du deine Eltern noch nicht verloren. Ich möchte dir nicht zu nahetreten, wenn ich darüber rede, aber als du dann das erste Mal alleine hierherkamst, konnte ich deine Trauer spüren. Ich weiß, dass das alles andere als leicht ist. Meine Eltern verlor ich schon vor vielen Jahren, als ich noch sehr jung war." Wie konnte sie so etwas denn spüren? Sie schien offensichtlich zu wissen, wovon sie redete. „Warum sprichst du gerade nun zu mir, warum nicht schon in den Jahren davor?" „Weil ich gewartet habe. Ich wollte sichergehen, dass du verstehen würdest, was ich dir sage. Doch sicher bin ich mir nach wie vor noch nicht. Allerdings befürchtete ich auch, dass wenn ich mich nicht dieses Mal bei dir gemeldet hätte, ich eventuell meine letzte Möglichkeit dazu vertan hätte." „Bist du so etwas wie eine Wahrsagerin?" „Nein, das bin ich nicht. Dass ich all diese Dinge weiß, hat erklärbare Gründe." „Und was... bist du dann?", fragte ich vorsichtig. „Dürfte ich dich zunächst etwas fragen?", sagte sie nach einiger Zeit. „Ja. Ja, natürlich!" „Was glaubst du denn, was ich bin?" Ich ahnte schon, dass sie genau das fragen würde. So oft hatte ich schon darüber nachgedacht, zu welchem Geschöpf diese Stimme wohl passen könnte. „Ich glaube, da bin ich überfragt." Sie antwortete nichts darauf, also sprach ich weiter: „Deine Stimme ist alles was ich von dir kenne. Jedes Mal schafft sie es mir einen Schauer über den Rücken laufen zu lassen, wenn ich sie höre. Ich würde sagen, dass eine so schöne Stimme, einem wohl ebenso schönen Geschöpf gehören muss." Erst im Nachhinein bemerkte ich, wie kitschig sich das angehört hatte. „Versuchst du mir etwa zu schmeicheln?", entgegnete sie mit einem etwas anspielenden Unterton. „Ich... nein. Nein, so meinte ich das nicht. Es ist nur so, dass ich einfach keinerlei Vorstellung davon habe, wem diese Stimme gehören könnte. Und ich wundere mich, wieso ich sie nur in meinem Kopf hören kann." Wieder wartete ich einen Moment, und als sie nicht antwortete, sagte ich: „Wie ist eigentlich dein Name?" Wieder ein langes Schweigen. „Du kannst mich Viona nennen." Sie formulierte diesen Satz auf eine so impulsive Art und Weise, dass sich jedes Wort wahrlich magisch dabei anhörte. Auch wenn mir dieser Name zunächst nichts sagte, schien er doch etwas Vertrautes in mir zu wecken, als wenn ich ihn schon mal irgendwo gehört hätte. „In Ordnung,... Viona. Ich kann mir aber immer noch nicht vorstellen, zu wem ich gerade spreche. Du bist kein Mensch oder?" „Das ist richtig.", sagte sie leise. Auch wenn ich mit dieser Antwort gerechnet hatte, traf mich die Gewissheit wie ein kräftiger Schlag in die Magengrube. Ich hatte es hier mit einem Wesen zu tun, das sich sprachlich so ausdrückte wie ein Mensch, jedoch keiner war. Der Gedanke beunruhigte mich zunehmend. „Aber wenn du kein Mensch bist, was bist du dann?" Sie seufzte. „Es ist nicht leicht... zu erklären". Plötzlich wurde sie leise, und ihre Stimme hörte sich ein wenig verschwommen an.          „Stimmt etwas nicht?" „Es ist alles in Ordnung. Wieso fragst du?" „Du hörst dich auf einmal etwas komisch an." „Nein, es ist alles in Ordnung. Alles in Ordnung...", murmelte sie leise. „Gibt es noch Fragen, die du mir stellen möchtest?" Sie sprach jetzt wieder deutlicher, aber etwas aufgezwungen. Sie schien sich offensichtlich zusammenreißen zu müssen, um nicht erschöpft zu klingen.  „Ich habe noch Fragen, doch das hat Zeit. Nur eine Bitte hätte ich, sofern es denn nicht zu viel verlangt wäre. Darf ich dich sehen?" Wie ich es erwartet hatte, antwortete sie nicht. „Ich möchte doch nur wissen, mit wem ich es hier zu tun habe." „Es gibt einen guten Grund, warum ich mein Erscheinungsbild vor dir wahren möchte." „Wieso? Ist es so fürchterlich und erschreckend? Das bezweifle ich! Ich möchte dich doch bloß sehen." „Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.", wisch sie aus. „Viona, bitte! Ich möchte dich nur sehen, mehr nicht." Warum nur sträubte sie sich so davor? Es verging eine lange Zeit ohne Antwort. Ich fragte mich, ob ich nicht vielleicht etwas vorschnell handelte. „Du bist dir wirklich sicher?", fragte sie mich nochmals. „Ja. Keiner von uns beiden wird es bereuen, da bin ich mir sicher!" Ich konnte kaum erwarten, was wohlmöglich jeden Augenblick passieren würde. Daraufhin entfernte ich mich mit kleinen Schritten von der Terrasse. Kalte Regentropfen prasselten auf mich hinab. Die Beleuchtung aus dem Wohnzimmer konnte etwas Helligkeit, und somit ein wenig Sicht, in die triste Dunkelheit bringen. „Also?" Ich wartete auf irgendein Zeichen von ihr. Ein kurzes kratzendes Geräusch zu meiner Rechten lies mich aufhorchen. Es kam von der Mauer. Sogleich sah ich auch schon eine große und dunkle Silhouette über die Mauer huschen. Mein Herz raste vor Aufregung, als die dunkle Gestalt langsam auf mich zukam. Was sollte ich tun? Wie sollte ich ihr entgegnen? Ich wendete meinen Blick zu Boden und atmete tief durch. Ich konnte das Platschen der näherkommenden Schritte auf dem nassen Rasen hören. Sie hielt kurz vor mir an. Ich konnte ihre Präsenz spüren. „Ethan?", sagte sie sanft. Langsam löste ich meinen starren Blick vom Boden und schaute auf. Und da stand sie mir zum ersten Mal gegenüber. Ich blickte in ihre auffallend tiefgelben Augen, die in der Dunkelheit zu glühen schienen. Sie durchbohrte mich mit ihrem Blick. Regentropfen rannen ihr wie Tränen über die Wangen. Erst dann viel mir auf, dass sie mich ein gutes Stück überragte. Ich schätzte ihre Größer auf etwas mehr als zwei Meter. Ihre Vorder- und Hinterläufe wirkten kräftig und stark, aber dennoch elegant, genau wie der Rest ihres Körpers. Die schlanke und ausdrucksvolle Taille erinnerte entfernt an eine Raubkatze. Ihr graziöser Hals und ihr schmales Haupt, mit zwei prachtvoll dunklen und leicht geschwungenen Hörnern, rundeten ihr außergewöhnlich exotisches Aussehen ab. Ihre Haut schien zwar an vielen Stellen eine dicke und robuste Schutzschicht zu haben, aber vor allem ihr Unterkörper und der Hals, sahen zart und wohl konturiert aus. Eine Mischung aus Türkis und Dunkelgrün als Grundfarbton ihrer Haut, ergänzte sich perfekt mit einigen dunkleren Klecksen und Spritzern zu einem interessanten Muster. Ihr Unterkiefer, der Hals und ihr gesamter Unterkörper, bis hin zum Ansatz ihres Schweifes, waren beigefarben. Das Ende ihres Schweifes schmückte ein hellbrauner und abstrakt geformter Fächer, der das gleiche klecksartige Muster trug. Der Fächer selbst war wohl aus einer sehr festen Membran. Kurz vor ihrer Stirn begann sich eine Reihe von kleiner werdenden Fächern mit einer dünnen Membran über den Rücken, bis zum Schweifansatz fortzuführen. Genauso wie ihre Hörner, waren die geschwungenen Krallen dunkel und glänzten ein wenig.  Ich war absolut sprachlos, starrte sie einfach nur weiter an. Sie strahlte eine unvergleichliche Schönheit und Eleganz aus. Ich wollte etwas sagen, doch es kam nichts aus mir heraus. Meine Knie wurden weich. Ich konnte nicht damit aufhören sie zu mustern, denn mein Blick hatte sich in ihrer Schönheit verfangen. Schließlich brach sie die Stille: „Jetzt weißt du was ich bin, Ethan... ein Drache." Und ja, das war sie offensichtlich. Sie war tatsächlich ein leibhaftiger und lebendiger Drache. Ich stand völlig neben mir. Warum hatte sie aber keine Flügel? Immerhin hatte ich mir Drachen schon seit jeher so vorgestellt. Passierte das alles denn überhaupt wirklich? „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Damit... hätte ich wirklich nicht gerechnet." Meine Stimme zitterte. Die Drachin senkte ihren Kopf. Immer wieder bestaunte ich ihren prachtvollen Körper. Eine majestätisch anmutend agile Jägerin. „Ich hatte Recht." „Womit hattest du Recht?", fragte sie stutzig. „Als ich sagte, dass so eine schöne Stimme, einem wohl genauso schönen Geschöpf gehören muss." Sie brach den Augenkontakt zu mir ab. Wieder ein Kommentar, welches ich mir lieber erspart hätte. Da viel mir plötzlich etwas an ihrem rechten Oberschenkel auf. Er zitterte leicht und es sah so aus, als würde Blut ihr komplettes Bein hinunterrinnen. War es wirklich Blut? Es hätte genauso gut Schlamm sein können, denn im Dunkeln war das nur sehr schwer zu erkennen. „Hast du dich verletzt?", fragte ich sie vorsichtig. Sofort schaute sie in Richtung ihres rechten Beines, streifte kurz meinen Blick mit einer trüben Miene, und ging einen Schritt zurück. „Es ist... halb so wild." „Wirklich? Das sieht ziemlich...", ehe ich meinen Satz zu Ende sprach, drehte sie sich um und verschwand aus dem schwachen Lichtschein in Richtung der Mauer. „Warte doch!" Ich folgte ihr. Tatsächlich humpelte sie etwas, und das ganz offensichtlich wegen dieser Verletzung. „Was ist denn noch?" „Du bist verletzt." Sie ignorierte mich. „Kann ich es mir vielleicht einmal ansehen?" Sie hielt an und blickte zu mir nach hinten. „Sorgst du dich etwa um mich? Es ist nur ein Kratzer." „Das ist mehr als nur ein Kratzer.", entgegnete ich ihr. „Du kannst mit dem Bein doch gar nicht mehr richtig auftreten." „Dich hat das nichts zu kümmern! Obendrein bin ich Erschöpft und gerade nicht in der Stimmung! Ich hab mit dir gesprochen, hab mich dir sogar gezeigt und ich glaube, bereits das war ein Fehler. Eigentlich dachte ich ja, dass meine Erscheinung als monströse Echse Furcht und Abschreckung in dir wecken würde. Stattdessen schmeichelst du mir auch noch." Sie klang aufbrausend und verärgert. „Für eine monströse Echse habe ich dich keinen Moment lang gehalten. Du interessierst mich nun mal unheimlich. Du verstehst mich, auch wenn mir immer noch nicht ganz klar geworden ist warum. Allein diese Tatsache, macht dich zu etwas Besonderem für mich." Ein kleines Lächeln kam mir über die Lippen. „Ehrlich gesagt, warst du mir bislang recht sympathisch. Ich würde sehr gerne zuhören, wenn du mir etwas zu erzählen hättest. Wenn du Hilfe bräuchtest, würde ich dir helfen. Wann immer du Gesellschaft bräuchtest, würde ich meine Zeit mit dir verbringen. Ich weiß nicht wie es dir geht, doch ich fühle mich alleine. Niemand würde das alles für mich tun." Die Augen der Drachin funkelten. „Und du glaubst, ich bin dieser Jemand? Wir stehen uns gerade das erste Mal gegenüber, darüber hinaus wirst du nicht ewig hier verweilen, und trotzdem sprichst du solche Versprechen mir gegenüber aus." „Die Zeit, die ich hier bin, können wir doch angenehm miteinander verbringen oder etwa nicht?" „Sag mir wieso." „Weil mich deine Gesellschaft sehr erfreut. Du weckst so vieles in mir, was schon vor langer Zeit in Vergessenheit geraten ist." Ich ging ein paar Schritte dichter an sie heran. „Genau diesen Moment hier, hätte ich mich niemals zu träumen gewagt. Nicht weil es ein Drache ist, der mir plötzlich gegenübersteht, sondern weil es jemand ist, der mich zu verstehen scheint. Und das bist du, Viona." War es bloß ein bedeutungsloser Regentropfen oder doch eine Träne, die ihre Wange zierte? „Du bist verletzt, also lass mich dir bitte helfen! Mein Haus ist groß genug für dich. Ich kann mich um deine Wunde kümmern, und du hättest einen warmen und trockenen Ort für diese Nacht gefunden." „Das ist eher keine gute Idee." „Wieso denn nicht? Komm schon, gib dir einen Ruck und lass mich dir helfen. Was hast du schon zu verlieren?" „Ich..." Sie hielt inne und blickte hoch in den bewölkten Nachthimmel. Ich wusste, dass sie über das nachdachte, was ich gesagt hatte. Es war alles wahr, auch wenn ich meine Einstellung selbst für etwas überstürzt hielt. „Für diese eine Nacht, aber mehr auch nicht.", antwortete sie schließlich. Ein breites Grinsen überkam mich. „Schön, dann komm mit!" Sie trat, auch wenn sie dabei etwas misstrauisch wirkte, in das Wohnzimmer ein. Ich schloss die Tür hinter mir und zog meine Schuhe aus. Da bemerkte sie, dass ihre schlammigen Klauenabdrücke bereits auf dem Boden zu sehen waren. „Tut mir leid, wenn ich für Unordnung sorge." „Mach dir darüber mal keine Gedanken. Du kannst dich dort hinlegen, ich bin gleich wieder da.", sagte ich und zeigte auf den großen weißen Täppisch neben der Couch. Zuerst zog ich noch meine nasse Jacke aus, verschwand dann anschließend im Badezimmer. Dort suchte ich mir dann alles zusammen, was ich brauchen würde.   Die Drachin hatte es sich bereits bequem gemacht, und schien zu dösen. Ihr rechtes Bein zitterte immer noch. Dann schaute ich mir ihre Verletzung genauer an, und es war schlimmer, als ich zunächst dachte. Eine tiefe und offenklaffende Wunde zog sich quer über ihren Oberschenkel sowie eine kleine Kratzspur oberhalb und zwei weitere Kratzspuren unterhalb der Wunde. Sie musste unglaublich viel Blut verloren haben, bei einer solch grässlichen Verletzung. Jetzt wurde mir auch klar, woher das Blut auf meiner Hose kam, in dieser einen Nacht. Immer mehr Blut floss aus der Wunde heraus. Ich wusste gar nicht, womit ich denn überhaupt anfangen sollte. Aus der Küche nahm ich mir mehrere saubere Handtücher und Waschlappen sowie einen Eimer, und füllte diesen mit warmem Wasser. Wieder bei der Drachin, kniete ich mich hin und tauchte einen Waschlappen in das warme Wasser ein. Sanft tupfte ich mit dem feuchten Stoff ihre Wunde ab, um sie vom Schmutz zu befreien. Mehrmals rang ich den Waschlappen aus und befeuchtete ihn erneut, während das Wasser immer trüber wurde. Auch die restlichen Blutspuren an ihrem Bein entfernte ich. Noch immer schien sie nicht ganz geistesanwesend zu sein. Der hohe Blutverlust musste ihr stark zugesetzt haben. Nun stand ich vor einem weiteren Problem, denn mein Verbandszeug reichte bei weitem nicht aus, um eine so große Wunde zu versorgen. Ich musste also improvisieren, und irgendeinen Ersatz finden. Ein nicht zu dicker Stoff, den ich ohne Probleme um ihr Bein wickeln könnte, musste her. Da kam mir auch schon eine Idee. Ich ging die Wendeltreppe nach oben und dort in das Schlafzimmer, wo mehrere Bettlaken in einem Schrank zu finden waren. Steril waren sie vielleicht nicht, dafür aber eine Alternative. Wer hätte denn schon Verbandszeug passend für einen Drachen im Haus gehabt? Ich nahm die Laken, trug sie runter in die Küche und zerschnitt sie dort mit einer Schere der Länge nach in jeweils zwei Stücke. Die etwas elastischen Streifen, die dabei entstanden, würden ihren Zweck schon erfüllen. Sie verfolgte mein weiteres Vorhaben nun auch wieder mit einem kritischen Blick, der jedoch ständig ihrer Ermüdung unterlag. „Ich werde deine Wunde jetzt desinfizieren. Das könnte also etwas brennen." Sie antwortete mit einem leisen Seufzen, schloss ihre Augen wieder und legte ihren Kopf auf den Boden. Ich nahm das Flächen und sprühte etwas des Inhaltes auf ihre Wunde. Lautlos fletschte sie ihre Zähne, macht sonst aber keine Anstände sich von mir behandeln zu lassen. Dann nahm ich ein Bündel Handtücher, die ich auf die Wunde drückte. Mit der freien Hand wickelte ich den ersten Streifen um ihr Bein herum, was ich noch einige Male mit den verbliebenden Stoffstreifen wiederholte. Als der Verband dann dick und auch fest genug war, verknotete ich das letzte Laken. Nun hoffte ich nur noch, dass mein improvisierter Druckverband die Blutung schnell stoppen würde, ohne dabei zu verrutschen oder sich zu lösen. Um für mehr Wärme zu sorgen, heizte ich noch den Kamin an. Danach räumte ich alles weg, was ich nicht mehr benötigte und wusch meine Hände über dem Handwaschbecken der Küche. „Mehr kann ich im Moment leider nicht für dich tun. Hoffentlich hält mein Verband auch. Ist er dir eigentlich so angenehm oder stört dich etwas?" „Nein,... es ist angenehm so.", murmelte sie. „Ich würde jetzt gerne schlafen. So erschöpft war ich lange nicht mehr." „Ruh dich nur aus, ich werde dich nicht stören." „Ethan?" „Ja?" „Danke!" „Das hab ich doch gerne getan." Ihr Dank bedeutete mir sehr viel. Einen Moment beobachtete ich sie noch. Sie lag zusammengerollt da, ihre Arm- und Beinpaare angewinkelt und dicht an ihren Körper gepresst. Eine warme Dusche beendete schließlich diesen unglaublichen Tag, den ich immer noch für einen verrückten Traum hielt.

4             Am nächsten Tag schlief sie nach wie vor tief und fest auf dem Teppich, ohne sich innerhalb der letzten Stunden viel gerührt zu haben. Vergangene Nacht hatte ich wegen ihr kaum geschlafen. Die meiste Zeit beobachtete ich sie einfach nur, wie friedlich sie beim Schlummern doch aussah. Manchmal zuckte ihre Schwanzspitze oder eine ihrer Klauen. Was sie wohl träumte? Und immer wieder war da dieser Duft, der für meine schlaflose Nacht mitverantwortlich war. Wann immer dieser  Duft plötzlich verschwand, vernahm ich ihn kurze Zeit später erneut. Ein berauschend natürlicher, leicht süßlicher, jedoch einprägsam penetranter Duft, der allgegenwärtig zu sein schien. Wenn mich nicht alles täuschte, war sie der Ursprung dieses Duftes, welchen ich ja auch erst seit ihrem Antreffen regelmäßig vernahm. Er war angenehm und durchaus verlockend, keine Frage.            Ich wollte gerade selbst versuchen etwas zu schlafen, da wachte sie langsam auf. Mit einem langen Gähnen, bei dem sie ihre vielen scharfen Zähne entblößte, streckte sie ihre Glieder. „Hast du gut geschlafen?", wollte ich wissen. Blinzelnd blickte sie zunächst nach draußen, wo sich am Himmel die Wolken in ein tiefes Orange verfärbten. „Besser als gewöhnlich." Sie gähnte abermals. „Ist es denn bereits schon wieder Abend?" „Ja, ist es. Du schienst mir sehr erschöpft, also habe ich dich einfach schlafen lassen." Ich rutschte auf der Couch etwas näher zu ihr. „Und wie geht es deinem Bein?" Sie winkelte das verletzte Bein kurz an, um sich selbst davon zu überzeugen. „Es schmerzt nicht mehr so stark." „Gut, aber ich sollte den Verband später trotzdem erneuern, denn der hier ist schon ziemlich durchgeblutet." Nach einem kurzen Schweigen sagte ich: „Jedes Mal wenn du zu mir sprichst, höre ich deine Stimme in meinem Kopf. Wie ist das nur möglich?" Sie entgegnete mir zunächst nur mit einem müden Blick, bis sie sich dann doch überraschend gesprächig zeigte: „Eigentlich spreche ich ja gar nicht mit dir, denn ich beherrsche deine Sprache überhaupt nicht. Genauso wenig kannst du meine Stimme hören, denn du nimmst sie lediglich im Unterbewusstsein war. Das ist nicht einfach zu erklären, Ethan." „Du kannst es dennoch mal versuchen, oder?" „Wenn du mit jemand sprichst, dann denkst du zunächst über das nach, was du sagen möchtest. Selbst spontane Antworten kommen nicht einfach so aus dem Nichts, denn auch sie haben einen Ursprung in deinem Unterbewusstsein. Wenn du also mit jemand sprichst, beginnt alles in deinen Gedanken. Du denkst etwas, bildest daraus genau das, was du auch vermitteln möchtest, und sprichst es schließlich aus. Es passieren unglaublich viele Dinge versteckt im Unterbewusstsein. Wenn ich nun mit dir kommuniziere, dann lasse ich diesen letzten Schritt ganz einfach aus. Ich fasse das alles also nicht in Worte, sondern übermittle es dir gedanklich. Dein Verstand formt wiederum daraus Worte, die du verstehen kannst." Bislang tat ich mich noch schwer daran, das ganze überhaupt zu glauben. „Und was ist, wenn du etwas denkst, was ich eigentlich nicht erfahren sollte?" „Normalerweise geschieht so etwas nicht, denn ich übermittle dir nur das, was ich dir auch übermitteln möchte. Du sagst doch auch nur das, was du sagen möchtest, oder nicht?" „Ja, das stimmt. Wäre es dann für dich auch möglich, mich anzulügen?" „Ich könnte dir die Unwahrheit sagen, auch wenn mir die Wahrheit sehr wohl bekannt wäre, ja." Niemals hätte ich geglaubt, dass so etwas möglich wäre. Bis vor kurzem glaubte ich allerdings auch nicht daran, dass Drachen wirklich existierten. „Kannst du so mit jedem in Kontakt treten?", wollte ich wissen. „Das kann ich so genau nicht sagen, aber jedenfalls nicht bei jedem. Bei Meinesgleichen oder bei dir beispielsweise, jedoch schon. Warum du mich verstehen kannst, kann ich dir auch nicht sagen." Sie erzählte etwas von Ihresgleichen, also gab es wohl noch mehr Drachen. Ich wollte aber zuerst bei diesem Thema bleiben, auch wenn mich andere Dinge brennender interessierten. „Du sagtest ja, dass ich deine Stimme eigentlich gar nicht höre, denn es sind nur Gedanken, welche mein Verstand dann in Worte überträgt. Diese Worte, die ich da vernehme, kann ich jedoch gezielt auf dich zurückführen, da mir ihr klang bekannt ist. Würde deine Stimme für irgendjemand genauso klingen, wie für mich?" „Ja, sie würde sich für jeden gleich anhören. Man kann sehr wohl eine Stimme besitzen, und sie nicht zum Sprechen verwenden. Es ist eine innere Stimme, die man trotzdem nicht einfach nach Wunsch wählen kann." „Woher wissen dann meine Gedanken, wie sich deine Stimme anhören muss?" Sie konnte sich anscheinend ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. Für einen Drachen, konnte sie wirklich sehr deutlich Emotionen zeigen. „Jeder hinterlässt seine ganz persönlichen Spuren. Und mit der Übermittlung meiner Gedanken, übermittle ich auch diesen Klang meiner Stimme." „Könntest du mir auch ein Bild übermitteln? ", wollte ich wissen. „Nein, das ist schier unmöglich. Ein Bild kann so unglaublich viele Farben, Formen und Details beinhalten, dass man eine Ewigkeit benötigen würde, um es komplett in sich aufgenommen zu haben, und es dann auch noch genauso zu übermitteln. Stell dir vor, du müsstest ein Gebirge Stein für Stein abbauen und an einen anderen Ort wieder aufbauen, aber es muss exakt gleich aussehen." „Und was ist nun, wenn ich mit dir spreche? Du hörst doch was ich sage, also müsstest du meine Sprache doch eigentlich verstehen können." „Wenn du zu mir sprichst, übermittelst du mir damit auch deine Gedanken. Du tust im Grunde genau das, was ich auch tue, allerdings mehr oder weniger unbewusst. Jedes Mal wenn du zu mir sprichst, erreichen mich genau diese Worte auch gedanklich. Rein theoretisch könntest du auch ohne Worte mit mir kommunizieren, sofern du ausreichend geübt darin wärst. Das ganze klingt ziemlich verwirrend und unverständlich für dich, ich weiß.  Doch genauso unverständlich ist es für mich, warum Menschen diesen teilweise völlig überflüssigen Schritt machen, bei dem sie ihre Gedanken nochmals in Worte fassen." Ich übermittelte ihr meine Gedanken, während ich zu ihr sprach? Das beunruhigte mich etwas. „Heißt das, du kannst meine Gedanken lesen?" Wieder lächelte sie etwas verlegen. „Nein Ethan, das heißt es nicht. Ich erhalte nur das, was du auch preisgibst. Kummer und Einsamkeit können Dinge sein, die dein Unterbewusstsein herausschreit, auch wenn du sie mit Worten nicht ausdrücken würdest. Dein Geist weiß immer, was das Beste für dich ist." Und dann wurde mir plötzlich ganz komisch. Wie viel gab mein Unterbewusstsein wirklich über mich preis? Ich wusste, dass sie die Begriffe Kummer und Einsamkeit nicht willkürlich gewählt hatte, denn sie trafen auf mich zu. Mit einem Schlag, hatte ich ein völlig anderes Bild von ihr. „Du hörst mich also sprechen, und vernimmst auch meine Gedanken, die ich dabei übermittle? Hört sich meine Stimme dabei gleich an?" „Interessant, dass du fragst. Nein, deine innere Stimme hört sich anders an. Sie hört sich... sehr viel schöner an. Ich finde, sie passt besser zu dir." Es war für mich überraschend zu erfahren, dass ich eine innere Stimme besaß, die sie hören konnte. Noch überraschender war es aber, dass sich diese Stimmen voneinander unterschieden, mir aber nur die Eine bekannt war. „Wie genau hört sie sich denn an?" „Stark, lebendig, ruhig... etwas schüchtern." Verlegen blickte sie auf den Boden. Ich musste grinsen. Sie hatte wahrscheinlich keinerlei Vorstellung, wie sie sich für mich gedanklich anhörte. Genauso wenig war es mir klar, wie ich mich für sie angehört haben musste. Es war einfach zu schwer zu beschreiben. „Ich würde jetzt gerne etwas frische Luft schnappen." Ich stand auf und öffnete ihr die Tür zur Terrasse. Mit vorsichtigen Schritten, um ihr verletztes Bein nicht zu sehr zu belasten, ging sie nach draußen. Ich nutze die Zeit, und räumte den mit Blut verschmutzten Teppich weg. Mir war bereits eine viel bessere Idee in den Sinn gekommen. Die Matratzen der alten Gästebetten aus dem Keller sowie eine Matratze meines Doppelbettes, verfrachtete ich allesamt in das Wohnzimmer. Dort ordnete ich sie aneinandergereiht neben der Couch an, wo zuvor noch der Teppich lag. Sie sollte es bequem haben, solange sie noch hier war.   Ich lehnte mich an den Rahmen der Glasschiebetür an. Sie saß etwa in der Mitte des Gartens, den Rücken zu mir gekehrt. Vereinzelt blies der Wind etwas Laub umher. Ihr Schweif wedelte sanft, ihr Blick richtete sich gen Himmel, wo sich die letzten Strahlen der untergehenden Sonne in den Wolken verfingen. Es war ein einmalig schönes Bild, das ich nie wieder in meinem ganzen Leben vergessen sollte. Wieder lag dieser besondere Geruch wie ein Schleier in der Luft, der die berauschende Atmosphäre noch zusätzlich verstärkte. Ich atmete tief ein, und genoss diesen Moment. Und immer wieder sagte ich gedanklich ihren Namen. Viona... „Schön, nicht wahr?", sagte sie mit ihrer wohltuend beruhigenden Stimme. „Sich einfach einen Moment zu gönnen, um die Natur in sich aufzunehmen, ist das größte Geschenk, das man seinem Geiste machen kann." Und vielleicht hatte sie damit sogar Recht. Nach dem Sonnenuntergang kam sie wieder ins Haus, stoppte aber vor den im Wohnzimmer liegenden Matratzen. „Vielleicht nicht so bequem wie ein richtiges Bett, aber jedenfalls bequemer als der harte Boden.", sagte ich. „Das wäre doch nicht nötig gewesen." „Leg dich hin, ich muss nach deiner Wunde sehen." Sie willigte auch gleich ein, und legte sich auf das provisorische Bett in Übergröße. Meine Utensilien hatte ich bereits parat und begann auch sogleich damit, ihr Bein von dem alten Verband zu befreien. Auch wenn die Laken in Blut getränkt waren, schienen die starken Blutungen nun aufgehört zu haben. Wieder behandelte ich die Wunde zunächst etwas, bevor ich die zerteilten Laken um ihr Bein schichtete. „Das müsste jetzt eine Weile halten, schätz ich mal." „Hab nochmals Dank!" Ich entgegnete mit einem leichten Nicken. Nachdem ich für etwas Ordnung gesorgte hatte, befeuerte ich den Kamin, und setzte mich dann zu ihr auf den Rand einer der Matratzen. „Wie kam es denn eigentlich dazu?", fragte ich mit einem Fingerzeig auf die versorgte Wunde. „Ein Unfall. Ich war einen Moment nicht aufmerksam, stürzte, und schnitt mich an einem scharfen Felsvorsprung." Vielleicht war es ja ihr Tonfall, der mir verriet, dass sie nicht ganz die Wahrheit sagte. Eventuell irrte ich mich ja auch einfach bloß, denn warum sollte sie mir den wahren Grund nicht nennen wollen? Jedenfalls beschloss ich, in dieser Richtung nicht weiter nachzufragen. „Ich hab mir Drachen immer irgendwie... anders vorgestellt. Du hast beispielsweise gar keine Flügel. Trifft das auf euch alle zu? Gibt es denn überhaupt andere Drachen?" „Ja, es gibt noch andere Drachen. Und zu deiner Fragen mit den Flügeln, dazu sei gesagt, dass Drache nicht immer gleich Drache bedeutet. Wir unterscheiden uns in vielerlei Hinsichten, wobei man uns grob in zwei Arten aufteilen kann. Zum einen die geflügelten Drachen und zum anderen die Drachen, die keine Flügel besitzen. Unter uns sprechen wir von den Himmelsdrachen, die vor langer Zeit auch die Wächter des Horizonts genannt wurden, und den Erddrachen, die Bewahrer der Natur. Ich gehöre zu Letzteren. Meinesgleichen bewegt sich schnell und unentdeckt zwischen Bäumen und Bergen, ist agil und hart gesotten, auch wenn wir etwas zierlicher sind. Darüber hinaus sind wir sehr spirituell. Die größeren Himmelsdrachen hingegen, herrschen über die Lüfte und fühlen sich dort auch am wohlsten. Sie sind stark und ausdauernd." „Wünschst du dir denn nicht manchmal, dass du auch Flügel hättest?" „Es stimmt schon alles so, wie es ist. Ich bin stolz darauf das zu sein, was ich bin. Sich frei zwischen den Wolken bewegen zu können, muss natürlich dennoch ein atemberaubendes Gefühl sein." „Gibt es denn keinen Neid zwischen euch Erddrachen und den Himmelsdrachen?" „Leider muss ich sagen, dass es den durchaus gibt, diesen Neid. Seit jeher gab es diese Aufspaltung in Himmel und Erde. Auf Grund des höheren Status der Himmelsdrachen in unserem Volk, fingen sie schon sehr bald damit an, die Erddrachen zu verhöhnen. Langsam aber sicher entwickelte sich eine Rivalität zwischen ihnen. Bevor es jedoch zu einer größeren Auseinandersetzung kam, wurden beide Parteien vor ein viel größeres Problem gestellt. Die Menschen verbreiteten sich schlagartig, und stellten somit eine große Bedrohung für meine Vorfahren dar. Die Drachen zogen sich immer weiter zurück, gingen Konfrontationen aus dem Weg und analysierten die Menschen zunächst über viele Jahre. Die Menschen wurden mehr, und stärker, wohingegen die Drachen immer schwächer, und weniger wurden. Viele starben, wenige blieben, und noch weniger sind heute noch übrig." Langsam versank ich mit meinen Sinnen in ihrer Erzählweise. „Es gab zwar immer Ausnahmen, aber schließlich war es dieser idiotische Neid, der für die Zerrüttung unserer Art gesorgt hat. Jetzt sind wir nur noch sehr wenige. Unser grandioses Talent, geschickt immer und überall untertauchen zu können, und so fast unsichtbar zu wirken, hilft uns nun auch nicht mehr weiter. Ich sehe keine Zukunft mehr für mein Volk." Was sie da sagte, machte mich traurig. Das Erzählen dieser Geschichte, weckte wohl auch in ihr selbst tiefe Trauer. „Es ist unheimlich schade, dass euer Volk so zerrüttet wurde." „Neid kann ein so fürchterliches Werkzeug der Zerstörung sein. Ich wünschte, ich hätte an all dem etwas ändern können." Sie nahm sich das alles wohl sehr zu Herzen, weswegen ich auch zügig in ein anderes Thema einlenken wollte. „Wie alt bist du eigentlich?" „Meine Geburt liegt schon sehr bald 34 Winter zurück, was für einen Drachen noch ausgesprochen jung ist." Für einen Moment zögerte sie. „Ist etwas?" Zunächst verstand ich den Grund ihrer Frage gar nicht, bis ich merkte, dass ich sie lächelnd und mit starrem Blick ansah. „Nein, nichts." „Wirklich nicht? Kein reizender Spruch diesmal?" Jetzt lächelte sie auch, während ich etwas rot wurde. „Kannst du mir noch mehr erzählen? Wie fühlt sich so ein Leben in freier Natur an?" Ich legte mich seitlich auf die Matratze und stützte meinen Kopf ab. „Da ich gar kein anderes Leben kenne, ist es natürlich für mich selbstverständlich. Vor allem in den kommenden Wintermonaten, wird sich die Natur wieder von einer sehr harten Seite zeigen, die jedoch auch ihre Vorteile besitzt. Zu wissen wie man sich anpassen muss ist eine Tugend, welche die Natur einem lehrt. Eine feste Behausung habe ich nicht, wozu auch? Ich suche mir lediglich Schlafplätze für wenige Tage, dann ziehe ich in der Regel weiter. Lange Zeit erforschte ich die Wälder und Gebirge hier, die zu meinem Zuhause, meinem Jagdrevier, meinem Ort der Erholung und des Nachdenkens wurden." „Die Bewahrer der Natur, stimmt's?" „Ja, auch wenn wir schon lange nicht mehr in der Lage sind die Natur zu bewahren. Sie kann sich jedoch durchaus wehren und zurückschlagen, wenn es denn sein muss. Man gab uns diesen Namen, weil wir besonders stark mit der Natur im Einklang sind. Diese Verbundenheit kommt aus unserem tiefsten Inneren, und jeder Erddrache trägt sie in sich." Wenn sie sprach, dann verfiel ich in eine regelrechte Trance, so sanft und vollendet klangen ihre Worte in meinem Kopf. „Erzähl doch ein bisschen von dir. Wie ist dein Leben in der Welt der Menschen?" „Ich habe mich an dieses Leben gewöhnt, auch wenn ich es nicht für das Beste halte. In den Großstädten tummeln sich Unmengen an Menschen auf den Straßen. In der Großstadt lebe ich in einer kleinen Behausung, denn mehr brauch ich auch nicht. Stress, Hektik und noch mehr Stress, sind meine täglichen Begleiter in einer Welt, die droht zu kippen. Leid und Armut trifft man überall um sich herum an. Ich muss arbeiten, denn ohne Arbeit auch kein Geld, und ohne Geld kein vernünftiges Leben. Es ist schwer unter solchen Bedingungen abzuschalten, darum versuche ich es auch erst gar nicht." „Ethan, aber das hört sich ja furchtbar an!", sagte sie erschrocken. „Wenn man sich daran gewöhnt hat, dann lernt man die kleinen Dinge zu schätzen." „Wie kann man sich nur an Leid gewöhnen, welches allgegenwärtig ist?" „Ich weiß, dass es geht. Es bleibt einfach keine Zeit, um alles und jeden nachzutrauern. Bleibt man zurück, hat man schon verloren.", argumentierte ich. „Ich könnte niemals mit so einer Einstellung leben, Ethan. Vielleicht ist es wirklich besser, wenn mir das Leid der Menschen verborgen bliebe. Wahrscheinlich würde es mich innerlich zerreißen." „Das hört sich an, als hättest du eine Sympathie für Menschen." „Warum sollte das Gegenteil der Fall sein?" „Vorhin sprachst du von deinen Vorfahren, die anscheinend große Probleme mit den Menschen damals gehabt haben." „Weil einige etwas Falsches tun, kann ich deswegen noch lange nicht alle verurteilen, das wäre nicht richtig. Menschen sind Individuen." Da hatte sie allerdings Recht. „Reden wir lieber über andere Dinge. Was machst du um dich zu amüsieren?", fragte sie mich. „Ich unternehme nicht sehr viel.", antwortete ich kurz und knapp. „Irgendetwas wird es doch geben." Ich schüttelte unwissend mit dem Kopf. „Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Du musst doch wenigstens etwas Gesellschaft um dich haben." „Ich kenn ein paar Leute aus meiner Firma, mit denen ich schon mehrmals etwas trinken war, mehr allerdings auch nicht. Wie du ja wohl schon gemerkt hast, bin ich ziemlich schüchtern und verschlossen. Ich glaube, das ist der Hauptgrund." „Also ich habe davon noch nichts gemerkt, ganz im Gegenteil sogar. Mir gegenüber verhältst du dich nicht verschlossen oder schüchtern." „Das ist ja auch etwas anderes." „In wie fern denn etwas anderes?" Einen Moment lang musste ich nachdenken, denn spontan viel mir dazu gar keine richtige Antwort ein. „Genau weiß ich das eigentlich so gar nicht." Sie grinste und blickte mich dabei mit langsam blinzelten Augen an. „Hast du schon einmal geliebt?" Diese Frage traf mich unerwartet. „Bislang kam ich nicht dazu, die Frau fürs Leben zu suchen. Ich wüsste auch gar nicht, wie ich meine Arbeit und eine feste Beziehung gleichzeitig stemmen könnte." „Eine Partnerin würde dir sicherlich nicht schaden. Hast du schon darüber nachgedacht, dass genau das der Grund sein könnte?" „Der Grund für was?" „Der Grund für deine Einsamkeit. Ich glaube, es fehlt dir einfach jemand der dich liebt, und den du auch lieben kannst." Lange schauten wir uns in die Augen, und schwiegen. Ich war es schließlich, der den Blickkontakt unterbrach. „Vielleicht.", antwortete ich leise.

5           Ich streckte die Arme und rieb mir den Schlaf aus den Augen. Sie schlief immer noch tief und fest, was mich wissen ließen, dass es an der Bequemlichkeit der Matratzen wohl nichts auszusetzen gab. Vergangene Nacht lauschte ich noch lange ihren Erzählungen, doch irgendwann musste mich ihre Stimme wohl in den Schlaf gewogen haben. Zwar fragte ich mich schon, warum sie plötzlich so viel mit mir redete und dabei auch noch so offen war, doch ich hörte ihr so gerne zu. Fern von der Frage, ob das alles wirklich real war, begann ich jeden Moment mit ihr zu genießen. Nach meinem spärlichen Frühstück, bestehend aus Brot, etwas Butter und ein paar Scheiben Käse, wachte sie schließlich murrend auf.   „Na, gut geschlafen?", wollte ich wissen. Noch immer im Halbschlaf, rieb sie ihren Kopf auf der Decke hin und her. „Sehr gut, und du?" Sie streckte sich. „Och, wie immer eigentlich." „Was riecht hier so seltsam?" Zuerst wusste ich nicht, was sie damit meinen könnte, bis ich an die Kaffeetasse in meinen Händen dachte. „Meinst du das hier?", sagte ich mit hochgehobener Tasse. „Ja, kannst du das bitte wegtun?" Sie rümpfe ihre Nase, während ich mit einem Stirnrunzeln den Inhalt der Tasse in der Küchenspüle entleerte. „Ist der Geruch so schlimm für dich? Das ist Kaffee, den trinke ich fast jeden Tag." „Der Geruch brennt fürchterlich in meiner Nase!", entgegnete sie mit einem Kopfschütteln. „Entschuldige! Ich hab ja schon vermutet, dass dein Geruchssinn sehr viel stärker ist als meiner, aber nicht, dass dir Kaffee so zu schaffen macht." „Ist schon in Ordnung. Kannst du mir bitte wieder die Tür öffnen, damit ich nach draußen kann?" Auf ihren Wunsch hin, öffnete ich die Schiebetür der Terrasse und ließ sie heraustreten, wobei mir auffiel, dass sie gar nicht mehr so stark humpelte. Als ich so ihr verletztes Bein betrachtete, verloren sich meine Blicke an ihren wohlgeformten Hüften. Für einen Drachen, hatte sie eine beträchtliche Attraktivität, das musste ich mir auch schon am Tag davor des fteren eingestehen. Mein Blick wanderte unausweichlich immer wieder an diese bestimmten Stellen ihres Körpers. Doch Attraktivität hin oder her, sie war nun mal ein Drache. Ich blieb bei der Terrasse stehen und beobachtete sie nur. „Hast du eigentlich keinen Hunger oder Durst?" „Ich kann sehr lang ohne Nahrung auskommen. Das ist immer von meinen Aktivitäten abhängig. Eventuell gehe ich morgen auf die Jagd." „Morgen schon? Ich bezweifle, dass deine Wunde bis morgen durch ein Wunder geheilt wurde.", entgegnete ich skeptisch. „Du traust mir wohl viel zu wenig zu, hab ich den Eindruck, mein lieber Ethan." „Im Notfall, kann ich dir auch noch was in der Mikrowelle warmmachen.", meinte ich ironisch. „Was ist das?" „Was? Eine Mikrowelle? Das ist ein Gerät, mit dem man..." Ich fing an zu lachen. „Ach, ist schon gut, vergiss es." „Das ist mir doch alles neu. So viele Dinge, so viele Namen. Und dann noch dieses Kaffee, das du zu dir nimmst, aus welchen Gründen auch immer." Nun musste ich nur noch mehr lachen, bis sie es mir schließlich gleichtat. „Das gibt sicherlich noch Rache, dass du mich so veralberst, wart es nur ab!" „Na gut, ich lass dich mal allein." Grinsend ging ich in das Haus zurück, um mir dort etwas die Zeit zu vertreiben.   Nach über einer Stunde kam sie wieder ins Haus getrottet. Ich hatte es mir bereits auf der Couch bequem gemacht und Zeichnete ein wenig. „Genug frische Luft geschnappt?", fragte ich mit einem flüchtigen Blick zu ihr. Sie sagte nichts, sondern kam zu mir, wo sie interessiert meine Zeichnung musterte. „Bin das ich?" „Ja." Die Zeichnung zeigte die Szene des gestrigen Abends, die mir nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Sie saß in der Mitte des Gartens, den Blick nach oben gerichtet, wo riesige Wolken den Himmel kreuzten. Ich war ganz zufrieden damit, auch wenn dem Garten noch ein paar Details fehlten. „Das hast du wirklich schön gemacht, Ethan." „Danke! Manchmal sehe ich Dinge, die mich so fesseln, dass ich sie einfach zeichnen muss." „So, ich fessele dich also?" „Ich dachte, das wüsstest du schon längst." „Oh, ich weiß noch sehr viel mehr.", erwiderte sie mit diesem Unterton, der mir bereits bekannt war. Solche Aussagen weckten zunehmend in mir diese Ungewissheit darüber, wie viel sie tatsächlich von mir wusste. In meiner Naivität hätte ich ihr aber sowieso wohl fast alles geglaubt. Vielleicht war es wirklich ziemlich naiv von mir, doch ich ging davon aus, dass sie mir immer die Wahrheit sagte. „Und ich weiß, dass es wieder an der Zeit ist nach deiner Wunde zu sehn." „Schon wieder?" „Ja, schon wieder. Mir ist aufgefallen, dass du kaum noch humpelst." „Es tut ja auch nicht mehr weh.", antwortete sie. „Trotzdem werde ich mal nachsehen." Die Drachin rieb ihren Kopf an meine Schulter. „Och, Ethan." „Stell dich nicht so an, das sind doch nur ein paar Minuten. Du kennst die Prozedur doch schon." Sie kicherte, vergrub ihren Kopf unter meinen Arm, und legte mir ihre Klaue in den Schoß. „Ich will aber nicht!", sagte sie aufmüpfig und drücke meinen Oberkörper auf die Couch. „Hey, nicht so wild!" Sie grinste mich nur verlegen an, während ihr Schweif hin und her wedelte. Was war nur plötzlich in sie gefahren? Ich vernahm wieder ihren Duft, allerdings so intensiv und verführend wie nie zuvor. „Wieso denn nicht?" Ihre Arme links und rechts von mir und ihr Oberkörper dicht über meine Brust, ließen mich an die Nacht zurückerinnern, an der wir uns das erste Mal so nahe kamen. Dieses Mal jedoch, lag ich nicht mit dem Gesicht auf dem Waldboden, und wir konnten uns tief in die Augen blicken. Es schien mir so, als würde mein unwohles Gefühl in dieser Lage, einen nur noch viel größeren Anreizt in ihr auslösen. „Ich bin gerade nicht in der Stimmung für Albernheiten." „Ach, wirklich nicht? Wer redet denn überhaupt von... Albernheiten?" Was auch immer plötzlich dieses verspielte und nach Nähe dürstende Wesen in ihr geweckt hatte, es gefiel mir nicht, wohin sich die Dinge gerade entwickelten. Oder etwa doch? Nein, das war unmöglich! Bei allem nötigen Respekt, den ich ihr gegenüber hatte, ging sie gerade doch etwas zu weit. Ich befreite mich und stand auf. „Was ist denn los, Ethan?" „Was mit mir los ist? Das sollte ich dich fragen! Warum auf einmal so wild?" „Ich dachte, das würde dir gefallen.", sagte sie kichernd. „Komm doch wieder her zu mir. Du warst doch die ganze Zeit nicht so schüchtern." „Das hat nichts damit zu tun!" „Dann komm zu mir, und beweise es." Ihre Stimme klang so verführerisch und ihre Körpersprache war so einladend, dass ich ihr nur mühselig entsagen konnte. Warum nur musste sie auch so verdammt hübsch und bedürftig sein? Auch wenn ich bestens darüber Bescheid wusste wozu sie mich verleiten wollte, täuschte ich ihr noch immer Unwissenheit vor. „Ich bin gerade wirklich nicht in der Stimmung, und sehr müde. Außerdem hab ich noch Dinge für meine Arbeit zu erledigen.", versuchte ich ihr klar zu machen. „Oh, so ist das also." Schlagartig änderte sich ihre Miene. „Ich bin im oberen Stock, falls du etwas brauchst.", versuchte ich sie dann noch zu trösten, als ich schon die ersten Stufen der Wendeltreppe nach oben ging. Niedergeschlagen ignorierte sie meine Worte und wisch meinen Blicken aus. War ich vielleicht etwas zu hart mit ihr umgesprungen?   Seit der Ablehnung ihres Angebotes, saß sie draußen am Teich. Ich beobachtete sie vom Balkonfenster meines Arbeitszimmers aus. Spätestens jetzt wusste ich, dass sie auch ziemlich trotzig sein konnte. In Wirklichkeit hatte meine Ablehnung nichts mit meiner Stimmung zu tun, müde war ich auch nicht, und über meine Arbeit dachte ich ebenfalls keine Sekunde nach. Es lag einzig und allein an der Situation, mit der sie mich konfrontiert hatte. Im Grunde wäre ich schon gerne etwas weiter gegangen, aber sie war nun mal ein Drache. Langsam fragte ich mich selbst, warum ich mich überhaupt auf solche Gedanken und Gefühle einließ. Stark waren sie vielleicht noch nicht, dafür aber bereits zahlreich. Mir war klar, dass es so nicht weitergehen konnte, doch was hätte ich tun sollen? Irgendwie wollte ich doch auch, dass sie blieb, denn ich genoss ihre Gesellschaft sehr. Einfach unglaublich, aber ein Drache hatte mir meinen Kopf verdreht! Ich sah, dass sie aufstand um wieder ins Haus zu gehen, darum verschwand ich schnell vom Fenster. Einige Minuten wartete ich noch, bis ich schließlich wieder zu ihr hinunterging. „Ethan? Ich will mich bei dir für mein unreifes Verhalten vorhin entschuldigen!", entgegnete sie mir, noch bevor ich überhaupt die letzte Stufe der Treppe erreichte. Ich schloss zunächst die Schiebetür, damit kein Laub in das Wohnzimmer flog, und setzte mich dann zu ihr auf eine der Matratzen. „Ist schon in Ordnung." „Nein, ist es eben nicht! Ich will nicht, dass du ein falsches Bild von mir bekommst, denn so überstürzt handele ich normalerweise nie." „Das Bild, das ich von dir habe, hat sich dadurch in keiner Weise verändert." „Trotzdem tut es mir leid!", sagte sie geknickt. „Aber jetzt werde ich erst mal nach deiner Wunde sehn." Wie gewohnt, suchte ich mir alle benötigten Sachen zusammen und begann damit, den alten Verband zu lösen. Zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass die Wunde unfassbar schnell zu heilen schien. Als ich ihre Verletzung das erste Mal sah dachte ich, dass es wohlmöglich Wochen dauern würde, bis das momentane Stadium erreicht wäre. „Deine Wunde beginnt schon richtig gut zu verheilen, das ist erstaunlich!", sagte ich. „Die Schnellheilung wird uns in den Schoß gelegt. Anders als jeder andere Waldbewohner, können wir Erddrachen unsere Gesundheit unvergleichlich schnell regenerieren. Eine schnelle Genesung muss gewehrleistet sein, damit wir so bald wie möglich wieder auf die Jagd gehen können. Unsere Reserven mögen uns zwar verhältnismäßig lange mit dem Nötigsten versorgen, jedoch auch nicht für eine Ewigkeit." Während ich mich weiter um den Verband kümmerte bemerkte ich, dass ihr umherschweifender Blick immer wieder bei dem Bild auf dem Kaminsockel, das mich in jungen Jahren zusammen mit meinen Eltern zeigte, stoppte. „Das bin ich, mit meinen Eltern. Ist schon ziemlich lang her.", sagte ich schließlich. „Du sagtest, du wüsstest bereits, dass sie..." „Ja.", unterbrach sie mich. „So ein Verlust ist nicht einfach zu verkraften.", fügte sie dann noch hinzu. „Das schon, aber man muss eben damit klarkommen, so kaltherzig es auch klingt." „Ja, wohl wahr. Sag mir, wie waren deine Eltern denn so? Wenn du nicht darüber reden willst, respektiere ich das." „Sie waren die besten Eltern, die ich mir hätte vorstellen können. Auch wenn sich meine Mutter und mein Vater stark voneinander unterschieden, ergänzten sie sich doch auf eine ganz besondere Art und Weise. Während meine Mutter die Ruhe in Person war, ging es meinem Vater nie zügig genug." Ich musste grinsen, als ich mich an diese längst vergangenen Tage zurückerinnerte. „Er war auch ein Visionär und jemand, der das Wohl der Familie über alles andere setzte. Lange vorher plante er schon immer die Dinge, die er in Angriff nehmen wollte. In dieser Hinsicht war die Zeit ausnahmsweise mal nicht sein größter Feind. Denn wenn er etwas in Angriff nahm, sollte es perfekt werden, was eine gute Planung voraussetzte. Ich weiß bis heute nicht genau wie es ihm gelungen ist, doch er konnte trotz der Arbeit und vieler anderer Dinge, immer noch ein guter Vater sein, der immer für mich da war." Die Drachin verfolgte mittlerweile interessiert meine Worte. Der neue Verband an ihrem Bein war nun fertig, und ich rutschte etwas näher zu ihr. „Meine Mutter sorgte sich um den Haushalt. Sie konnte nicht nur umwerfendgut kochen, sondern kannte sich auch bestens mit Pflanzen und Kräutern aus. Ihr Garten, war ihr Heiligtum. Sie war eine weise Frau und hatte für fast jede Situation ein Sprichwort parat, was mir gelegentlich schon auf die Nerven ging. Doch so war sie nun mal, und das war auch gut so. Auf ihren Rat, konnte man sich immer verlassen. Ich hatte eine wirklich schöne Jugend, die mir letztendlich vor allem meine Eltern ermöglichten. Sie haben stets so viel für mich getan, ohne dabei je etwas von mir zurückzuverlangen. Mein Vater veränderte sich damals, nach dem Tot meiner Mutter. Es war schlimm mitansehen zu müssen, wie er sich immer mehr in ein psychisches Wrack verwandelte. Ich wollte ihm helfen, doch ich wusste nicht wie. Auch wenn er mir immer sagte, dass ein Sohn für einen Vater Antrieb genug sein müsste um weiterzukämpfen, wollte ich ihn unterstützen und ihn den seelischen Schmerz vergessen lassen. Bis zu seinem Tode, hab ich es aber nicht geschafft." Ich wischte mir die Tränen, die sich in meinen Augen gestaut hatten, aus dem Gesicht. „Niemals hatte ich ihnen wirklich gesagt, was für tolle Eltern sie doch für mich waren. Ihnen verdanke ich einfach alles." „Ich bin mir sicher, dass sie das wussten, Ethan." „Trotzdem ist es ein furchtbares Gefühl, wenn alles so plötzlich zugrunde geht, und es noch so vieles gab, was man sagen und tun wollte." „Es werden immer Dinge ungesagt und ungetan bleiben, denn auch das macht einen Verlust aus.", sagte sie behutsam. „Normalerweise rede ich nicht gerne über solche Dinge, weil ich niemanden damit zur Last fallen möchte." „Aber das tust du doch gar nicht! Einfach darüber zu reden, was einem auf der Seele liegt, ist immer noch die beste Medizin." Sie stupste meine Schulter an. „Hey, außerdem kommt meist nach tiefem Tal, ein hoher Berg." „Da könntest du Recht haben.", gestand ich. „Glaub mir, ich kann deinen Schmerz verstehen, denn mir erging es auch nicht viel anders.", sagte sie mit trüber Miene. „Wie war es denn bei dir? Ich meine, nur wenn du auch darüber reden willst." „Du hast mir von deinen Eltern erzählt, also ist es nicht mehr als fair, dass du auch meine Geschichte erfährst." Sie schloss ihre Augen und legte ihren Kopf neben mich. „Schon bald sind 30 Winter vergangen, seit ich Mutter, Vater und meinen Bruder das letzte Mal gesehen habe." Ein Bruder? Von Geschwister hatte sie bis dahin noch kein Wort verloren. „Wir lebten zu viert in einer tiefen Höhle am Fuße eines Berges. Es stand uns ein harter Winter bevor, der seine Opfer fordern sollte. Neben meinem Bruder Arroth, hatte ich zudem noch eine Schwester, die allerdings kurz nach ihrer Geburt verstarb. Arroth und ich waren noch völlig unerfahren und gewohnt, dass Vater auf die Jagd ging, während Mutter sich um uns kümmerte. Zwar sind es die weiblichen Drachen, deren Jagdtrieb ausgeprägter ist, doch genoss mein Vater die Vorteile seiner Flügel, mit deren Hilfe er die Beute leicht transportieren konnte." „Dein Vater war also ein Himmelsdrache, versteh ich das richtig?", hakte ich nach. „Ja, er war ein Himmelsdrache, wohingegen meine Mutter ein Erddrache war. Sie liebten sich wirklich sehr, weswegen sie über solche Unterschiede hinwegsahen, allerdings zum Ärger der anderen Drachen. Auch mein Bruder war ein Himmelsdrache, genau wie mein Vater. Ich habe wohl das Meiste von meiner Mutter übernommen. Jedenfalls kam er dann irgendwann, dieser eine Wintertag, der ganz normal begann. Obwohl meine Mutter einen heftigen Schneesturm für den Abend voraussagte, beschloss mein Vater dennoch auf die Jagd zu gehen. Die Stunden vergingen und schließlich trat genau das ein, was meine Mutter prophezeit hatte. Der Ausgang der Höhle wurde von einem undurchsichtig weißen Schleier verhüllt. Immer wenn ein kalter Windstoß durch die ffnung in die Höhle fegte, bibberte ich. Doch Arroth und ich blieben weiterhin am Ausgang der Höhle liegen und warteten darauf, dass unser Vater jeden Moment die eisig wirbelnde Wand vor uns durchstoßen würde. Aber er kam nicht. Im Glauben, dass der Sturm ihn in einen Unterschlupf zwang, wo er ausharrte bis sich die Natur wieder beruhigte, warteten wir bis zum nächsten Tag. Der Sturm hatte sich bereits gelegt, der Himmel war klar und alles war unter Schnee bedeckt. Nur von unserem Vater fehlte nach wie vor jede Spur, was auch unsere Mutter zunehmend in Wallung brachte. Als er auch am darauffolgenden Tag nicht auffindbar war, beschloss sie nach ihm zu suchen. Arroth und ich mussten versprechen aufeinander aufzupassen solange sie weg war. Als Arroth fragte, ob sie wüsste wo Vater sei, Versprach sie zusammen mit ihm bald wieder zurück zu sein. Ich kann mich noch sehr gut an jedes Detail erinnern. Die kommenden drei Nächte verbrachten Arroth und ich alleine in der Höhle, ganz ohne die fürsorgliche Wärme unserer Eltern zu verspüren. Was auch immer mich hoffen lies, fing an am vierten Tage zu erlöschen. Wir hatten Durst und unsere Mägen knurrten, also mussten wir die Höhle verlassen. Zwar hatten uns unsere Eltern bereits gezeigt wie man seine Beute erlegt, doch dazu gehörte so viel mehr als nur ein knurrender Magen. Wir brauchten Übung und Erfahrung, die keiner von uns beiden bis zu diesem Zeitpunkt hätte sammeln können. Diese Welt war noch immer völlig neu für uns." Ich war bereits jetzt völlig erstaunt darüber, womit sie bereits in jungen Jahren konfrontiert wurde. Ihre Geschichte war genauso traurig, wie spannend. „Arroth war der Meinung, dass wir nach ihnen suchen sollten. Ich wusste es allerdings besser, denn wir waren weder stark noch orientierungsfähig genug, als dass wir zu einer Suche hätten aufbrechen können. Wir zogen uns nach einer erfolglosen Jagd in die Höhle zurück. Arroth verfluchte es noch nicht fliegen zu können, auch wenn er zu dieser Zeit kaum noch die Kraft dazu gehabt hätte. Tatsächlich verschlechterte sich unser Zustand enorm schnell, denn auch wenn wir versuchten uns gegenseitig warmzuhalten, wurden wir von unseren leeren Mägen und der klirrenden Kälte um die letzten Reserven beraubt. Und dennoch war er davon überzeugt, dass wir aufbrechen sollten. An diesem Abend lagen wir dicht beieinander und tauschten Erinnerungen aus dem vergangenen Sommer aus, als wir mit Mutter und Vater einen wunderschönen See besuchten. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war Arroth weg. Er musste noch in dieser Nacht aufgebrochen sein, gleich nachdem ich eingeschlafen war. Nun war ich das erste Mal seit meiner Geburt ganz alleine. Niemand da, der mir einen Weg vorgab. Meine Hoffnung war erloschen, und mit ihr mein Wille." Eine Träne lief aus ihrem geschlossenen Auge. Auch ich konnte mich nicht mehr zurückhalten. „Ich musste mich entscheiden, ob ich in dieser Höhle zugrunde gehen wollte oder ob ich bei dem Versuch am Leben zu bleiben verenden könnte. Mühselig mobilisierte ich meine letzten Kräfte, und auch als ich meine Glieder bereits kaum mehr spüren konnte, quälte ich mich weiter langsam durch den hohen Schnee in die Tiefe des Waldes hinein. Eine fließende Wasserquelle wäre mir zwar lieber gewesen, doch konnte ich genauso gut den Schnee in meinem Mund zum Schmelzen bringen. Meinen Magen mit Beute zu füllen, war mir jedoch in diesem Moment sehr viel wichtiger. Schier unfassbares Glück war auf meiner Seite, denn ich entdeckte bald ein verletztes Reh. Auf Grund meiner schwindenden Kräfte, war aber selbst das nicht einfach zu erlegen. Ich erwischte es aber schließlich doch, und es war ein prächtiges Mahl nach so langer Zeit. Nachdem ich mich gesättigt hatte, suchte ich nach einem Unterschlupf. Am nächsten Tag begann ich mit der Suche nach meinem verschwundenen Bruder, meiner Mutter und meinem Vater. So genau weiß ich gar nicht mehr, was mich damals noch antrieb. Vielleicht war es doch noch ein Fünkchen Hoffnung oder vielleicht einfach die Tatsache, dass ich es nicht wahrhaben wollte, dass sie nun für immer fort waren. Mein Körper gewann allmählich wieder an neuer Kraft. Mit jeden Morgen wagte ich mich noch tiefer in den Wald hinein, wo ich vergebens nach Spuren Ausschau hielt. Nach 7 Nächten, in denen ich immer wieder meinen Unterschlupf gewechselt hatte, beschloss ich zur Höhle zurückzukehren. Urplötzlich vernahm ich ein seltsames Gefühl, das mir sagte, sie alle würden dort schon sehnsüchtig auf mich warten. Doch alles was ich vorfand, war die niederschmetternde Gewissheit, dass dort niemand auf mich gewartet hatte. Ich war noch immer allein und auf mich gestellt, was sich bis heute nicht geändert hat. Meine Eltern waren streng, aber sie waren gute Eltern. Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit mit ihnen verbringen können. Und mit Arroth, meinen geliebten Bruder. Ich muss so oft an sie denken." Ihre Geschichte erschütterte mich zu tiefst. Sie klang so traurig, dass ich sie am liebsten in meine Arme genommen, und ihr ein paar beistehende Worte zugeflüstert hätte. „Einfach über Dinge hinwegzukommen, ist leichter gesagt als getan." „Ein weiser Drache sagte mir einmal, dass meist nach tiefem Tal, ein hoher Berg folgt." Ein Grinsen machte sich auf ihrem Gesicht breit. „Muss ja ein ziemlich naiver Drache gewesen sein." „Naiv würde ich nicht sagen, lediglich noch etwas jung und verspielt, doch das gefiel mir besonders an ihr." Ich lächelte. „Wollen wir morgen einen kleinen Ausflug machen?" „Jetzt wo ich eine Expertin für diesen Wald an meiner Seite habe, gerne doch!"   Nach meiner üblichen Dusche an diesem Abend bemerkte ich, dass der Kamin noch gar nicht brannte. Da fiel mir ein, dass ich die letzten Holzscheitel vergangene Nacht verbrannt hatte, und ich zuerst nach draußen in die kleine Gartenhütte hätte gehen müssen, um neue Scheitel zu holen. Das konnte allerdings auch noch bis morgen warten, weswegen ich lediglich die Heizung etwas aufdrehte. Im Wohnzimmer war es mir aber dennoch zu kalt, also beschloss ich diese Nacht in meinem Bett zu verbringen. Mit einem Gähnen ging ich die Treppe nach oben. „Willst du nicht hierbleiben, so wie die letzten Male?" Ich dachte, sie wäre bereits im Schlaf versunken. „Ich hab den Kamin vergessen und Holz ist gerade keines mehr im Haus. Oben steht mein Bett, da werde ich es wärmer haben." „Oder du kommst zu mir und ich wärme dich, wenn dir kalt ist." Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, und nahm ihr Angebot an. Mit einer dünnen Decke und einem Kissen, machte ich es mir bei ihr bequem. Ich nahm zunächst etwas Abstand um nicht den Anschein zu erwecken, ihr zu nahe kommen zu wollen. „Ich dachte, ich sollte dich warmhalten. Komm schon etwas näher." Ich rückte ein Stück weiter zu ihr auf. Mein Herz schlug schneller, als sie einen Arm um mich legte und meinen Rücken an ihren warmen Bauch presste. Es war überraschend angenehm. „Wie gefällt es dir?" „Es gefällt mir sehr.", sagte ich mit schwerer werdenden Augenliedern zu ihr. Viel länger konnte ich mich auch gar nicht wachhalten, bis ich schließlich in ihrer Umarmung einschlief.   Noch bis in die frühen Mittagsstunden des nächsten Tages schmiegten wir unsere Körper aneinander. Auch wenn ich schon längst ausgeschlafen hatte, blieb ich trotzdem bei ihr liegen. Ich genoss ihre Wärme, ihre Umarmung und ihre körperliche Nähe. Meine rechte Hand streichelte sanft ihren Arm, den sie um mich geschlungen hatte. Für ein Wesen, das in den rauen Wäldern und Gebirgen dort draußen beheimatet war, hatte sie eine sehr zarte Haut. Meine Berührungen mussten sie wohl aus ihrem Schlaf geholt haben, als sie ihre Gliedmaßen strecke und leise murrte. „Guten Morgen.", sagte ich, während ich sie weiter streichelte. „Hast du gut geschlafen?" „Oh ja, unglaublich gut." „Woran das wohl liegt.", entgegnete sie mit einem breiten Lächeln. Zwar konnte ich mir nicht ganz sichergehen, dass ich mir das nur einbildete, doch die Farbe des abstrakten Musters auf ihrer Haut, schien deutlich heller geworden zu sein. Wahrscheinlich spielten mir meine Augen aber lediglich einen Streich. „Schon von Anfang an, hat mich dieses Muster auf deiner Haut fasziniert. Hat es auch irgendeine Bedeutung?" „Schön, dass es dir gefällt. Dieses Muster tragen wir nicht von Geburt an, sondern erhalten es nach und nach sobald wir Paarungsbereit sind. Auch die Grundfarbe unserer Haut entwickelt sich erst dann. Zuvor hat fast jeder Drache eine blasse Farbe, die sich von der späteren stark unterscheidet. Wir entwickeln uns relativ schnell und auch umfangreich. Jeder Drache, und hier gibt es keinen Unterschied zwischen Himmelsdrachen und Erddrachen, trägt sein eigenes charakteristisches Muster." „Und was sagt dein Muster über dich aus?" „Es gibt viele Theorien über die Sprache unserer Muster, auch wenn ich den meisten erst überhaupt keinen Glauben schenke. Allerdings ist so ein Muster vor allem beim weiblichen Geschlecht ausgeprägter als bei den männlichen Drachen. Ein besonders großflächiges Muster soll ja angeblich starke Paarungsbereitschaft signalisieren, wohingegen ein farbenfrohes Muster viel geistige Stärke und Ausdauer bedeutet. Doch wie schon gesagt, glaube ich nicht wirklich daran." „Wenn du willst, können wir dann noch etwas liegenbleiben? Aber nur, wenn du auch wirklich willst." Mit einem Lächeln schloss sie wieder ihre Augen und schmiegte ihren warmen Leib weiter an mich. Dabei stellte ich mir vor, wie ich ihren schönen Körper erforschen und sie dabei sanft liebkosen würde. Wie gerne ich das doch getan hätte, wenn da denn nicht diese moralische Barriere in meinem Kopf gewesen wäre. Irgendwie war ich mir sogar ziemlich sicher, dass sie über meine kleinen Tagträume Bescheid wusste. Nach ihrem letzten Annäherungsversuch glaubte ich sogar, dass sie sich so eine Behandlung von mir wünschte. Doch ich hoffte, sie würde nicht noch einmal so weit gehen, denn ein weiteres Mal könnte ich ihr sicherlich nicht wiederstehen.

6             Ich ging durch die schwere Metalltür und schloss sie auf  der anderen Seite wieder ab. „Endlich etwas Bewegung.", sagte die Drachin und sprang mühelos über die hohe Mauer zu mir auf die andere Seite. „Vor wenigen Tagen konntest du kaum noch richtig auftreten. Sei also nicht zu übermütig.", belehrte ich sie. „Ich kenne meine Grenzen." Da sie den ganzen Weg über wie wild durch die Gebüsche tobte und ich sie oft minutenlang aus den Augen verlor, war es ziemlich schwer ihr zu folgen. „Wo genau gehen wir eigentlich hin." „Zu dem See.", sagte sie mit einer heiteren Stimme. „Ich glaube, ich weiß welchen du meinst. Irgendwo da in der Nähe des Sees, hast du mich in dieser einen Nacht doch überrumpelt." „Ich hab dich nicht überrumpelt! Das war viel mehr... so etwas wie Händeschütteln, nur ein wenig anders." „Das kannst du doch nun wirklich nicht miteinander vergleichen. Du hast mich ja regelrecht angefallen. Wenn man jemanden die Hand schüttelt, dann ist das eine nette Begrüßung. Ich kenn mich ja nicht aus, aber wenn ihr Drachen euch zur Begrüßung immer so plötzlich in den Rücken fallt, dann..." Ihr schallendes Lachen unterbrach mich. „Aber es hat dir auch ein bisschen gefallen." Ich musste schmunzeln. „Oh ja, ich fand's klasse!" „Wirklich ein Jammer, dass du das nur ironisch meinst. Mir hat es nämlich Spaß gemacht." „Warum nur glaub ich dir das aufs Wort?", entgegnete ich. „Wo bleibst du denn? Ich warte." „Ich bin nun mal nicht so schnell wie du." Hätte mich jemand gesehen, hätte er wahrscheinlich vermutet ich sei verrückt, weil es so aussah als würde ich Selbstgespräche führen. Ein paar Baumreihen musste ich noch durchqueren, dann stand ich unmittelbar vor dem steinigen Ufer des Sees. „Wurde auch Zeit." Ich brauchte einen Moment um sie ausfindig zu machen. Dann setzte ich mich zu ihr auf einen der Felsen direkt am Ufer. Trotz des kalten Windes, war es doch relativ angenehm in den letzten Sonnenstrahlen des Tages. Ich nahm einen flachen Stein und ließ ihn einige Male über das ruhige Wasser hüpfen, wo er viele größer werdende Ringe hinter sich herzog. So langsam fing ich tatsächlich an, mich zu entspannen. Bis vor einigen Tagen hätte ich noch behauptet, dass mein Urlaub völlig frei von Entspannung sein würde. Als mir bewusst wurde, dass ich am Ende meiner Urlaubstage meine Koffer packen würde um von hier abzureisen, machte sich plötzlich ein mulmiges Gefühl in mir breit. Ich wusste nur zu gut, dass sie dafür verantwortlich war. Es fühlte sich alles so unendlich an, als wäre die Zeit stehengeblieben, als ich da mit ihr saß, und die Natur in mich aufnahm. Doch die Zeit hielt nicht an und ich verfluchte bereits jetzt den Tag, an dem ich mich von ihr verabschieden müsste.   Nach einer entspannenden Stunde zu zweit, fühlte ich mich wie neugeboren. Die Sonne schien nur noch vereinzelt durch die Baumreihen hindurch, und würde bald untergehen. „Wollen wir die Heimreise antreten? Es wird bald anfangen zu regnen, wenn nicht vielleicht sogar ein Sturm aufzieht." „Woher willst du das wissen?", fragte ich sie. „Ich kann Stürme aus weiter Entfernung riechen. Alle Drachen können das." „Wirklich?" „Nein, natürlich nicht! Dafür haben wir aber Augen, mit denen ich zum Beispiel die vielen dunklen Wolken hinter uns sehen kann.", sagte sie mit einem breiten Grinsen. „Du mauserst dich ja zum Scherzkeks." „Ja, Scherzkeks... was auch immer." Bildete ich es mir nur ein, oder wurde sie wirklich von Tag zu Tag immer lockerer? Nun, wir kamen uns ja auch von Tag zu Tag immer näher. „Gut, dann gehen wir los."   Der Regen setzte nur wenige Minuten nach dem wir angekommen waren ein. Gut, dass ich mich schon vor dem Spaziergang um neues Kaminholz gekümmert hatte. Ich feuerte den Kamin also an und wendete mich anschließend wieder meiner Patientin zu. Der kleine Ausflug in den Wald, hatte ihren Verband völlig verschmutzt. „Schon wieder?", jammerte sie. „Ich werde dir den Verband zwar abnehmen, aber für einen weiteren habe ich keinen Stoff mehr. Ein Verband ist aber auch gar nicht mehr nötig, glaube ich." Ich wickelte die letzten Lagen des Verbandes ab und sah mir die Wunde an. Unglaublich, aber alles was ich sah, war eine Narbe. So eine tiefe Wunde hätte eigentlich genäht werden müssen. „Ich bin zwar kein Arzt, aber das sieht sehr gut aus. Wie können deine Wunden nur so schnell verheilen? Du hast so viel Blut verloren und warst so schwach. Ein paar Tage später und alles was jetzt noch zu sehen ist, ist diese Narbe. Es ist mir unverständlich, woher du die ganze Kraft genommen hast, um jetzt schon wieder auf den Beinen zu sein." „Sie wird noch weiter verheilen, aber ihre Spuren werden wohl dennoch sichtbar bleiben.", sagte sie. „Das tut doch einem so schönen Geschöpf wie dir keinen Abbruch und erinnert dich obendrein noch daran, das nächste Mal vorsichtiger zu sein." „Na ja, ich glaube, ich sollte dir die Wahrheit sagen." „Die Wahrheit?", wiederholte ich. „Ich hatte überhaupt keinen Unfall, das war gelogen. Diese Verletzung hat einen völlig anderen Ursprung." Verwirrt schaute ich sie an. „Vor einiger Zeit ist ein Himmelsdrache hier in das Land gekommen, den ich zuvor nicht kannte. All meine Bemühungen mit ihm in Kontakt zu treten scheiterten. Ich bemerkte allerdings, dass er mich verfolgte. Zudem traute er sich gefährlich nahe an das Dorf der Menschen heran. Eines Abends, ich weiß nicht ob es Zufall war oder ob er bereits auf mich lauerte, trafen wir uns tief im Wald. Ich versuchte mit ihm zu reden, doch er antwortete einfach nicht. Plötzlich wurde er völlig wild, sprang mich an und drückte mich zu Boden. Er wollte mich zu einer Paarung zwingen. Dann sagte er, dass er mir wehtun würde, wenn ich mich dagegen wehren würde. Doch ich schenkte seiner Drohung keine Beachtung und konnte mich irgendwie aus seinem Griff befreien, wobei er mir mit einer seiner Klauen jedoch diese Verletzung zufügte. Obwohl ich durch meine Wunde stark ausgebremst wurde, verfolgte er mich gar nicht. Er hätte mich ohne Mühen fangen und überwältigen können, doch er hat es nicht getan. Noch immer weiß ich nicht wieso. Ich versuchte die Schmerzen zu ignorieren und suchte mir einen sicheren Ort. Nur kurze Zeit später, am nächsten Tag, sollten wir wieder aufeinandertreffen. Ich hatte ungeheure Angst davor, was er wohl als nächstes machen würde. Doch bevor er mir überhaupt zu nahe kommen konnte, kam plötzlich ein Mensch aus dem Nichts und schoss auf den Drachen. Sofort nutzte ich diese Gelegenheit, und flüchtete so schnell ich konnte." Bestimmt war es Morrinson, dieser merkwürdige Kauz, der da geschossen hatte. Immerhin würde es zu den Geschehnissen passen, die er mir geschildert hatte. „Aber wieso hast du mir das nicht gleich gesagt?" „Ich hielt es für einfacher, dir zunächst nichts von all dem zu erzählen." „Glaubst du denn nicht, er würde dich erneut attackieren, wenn er dich da draußen sieht?" „Dieser Schuss hat ihn getroffen. Zwar weiß ich nicht wo und wie schlimm es ihn erwischt hat, aber es wird ihm wohl eine Lehre sein." „Und wenn nicht?", fragte ich sie besorgt. Sie senkte ihren Kopf. „Du machst dir zu viele Gedanken, Ethan." „Und du machst dir zu wenig Gedanken! Ich will doch nicht, dass dir etwas zustößt." Ich strich mit meinen Fingerspitzen über ihre Narbe. „Hoffentlich war es ihm wirklich eine Lehre!" „Ich werde dir immer dafür dankbar sein, dass du für mich da warst und mir geholfen hast. Auch wenn die Menschen ein mir relativ fremdes Volk sind, bezweifle ich, dass alle so freundlich und hilfsbereit sind wie du."     „Das hab ich doch alles gern getan!", versicherte ich ihr. „Nun, jetzt wo ich mich erholt habe, kann ich ja wieder in den Wald zurückkehren. Ich habe mächtig Hunger und freue mich schon auf die nächste Jagd. Außerdem wollte ich ursprünglich ja nur eine Nacht hierbleiben." „Du gehst?", fragte ich niedergeschmettert. „Ich dachte, dass du noch etwas länger bleibst." „Ich kann ja immer mal wieder tagsüber vorbeischauen." „Aber ich werde nicht mehr lange hier sein." „Oh, dann müssen wir uns also bald schon Lebewohl sagen?" „Ja.", sagte ich mit trüben Blick. „Ich hätte dich gerne noch etwas näher kennengelernt." „Wirklich?", wollte sie wissen. Ich antwortete ihr mit einem Nicken. „Warum auch nicht? Die letzten Tage waren so..." Mir fehlten die Worte, sofern Worte überhaupt in der Lage waren, meine Gedanken in diesem Augenblick zu umfassen. „So oft habe ich das Gefühl, dass ich meine Zeit mit belanglosen Dingen verschwende, wobei Zeit doch so kostbar ist. Ehe ich mich versehe, ist eine weitere Woche vergangen. Doch in den letzten Tagen, in denen ich meine Zeit mit dir verbracht habe, fühlte sich jeder Moment wie ein Geschenk des Lebens an. Ein Geschenk, das ich stets an dich weitergeben wollte. Du hast mir gezeigt, was ich in letzter Zeit völlig vergessen hatte. In guter Gesellschaft, kann man sich die Zeit zu unvergesslich schönen Momenten formen, die alles überdauern können." „Ich wusste ja gar nicht, dass dir so viel an mir liegt." „Das tut es aber." Sanft streichelte ich über ihr Bein. „Soll ich dir etwas sagen?" Sie stand auf und schlich mit langsamen Schritten auf mich zu, wie eine Raubkatze, die sich an ihre Beute heranpirschte. Ihren Kopf, legte sie auf meinen Brustkorb und blickte mich dann mit ihren verführerisch glühenden Augen an. „W-was denn?", stammelte ich „Ich wäre niemals gegangen. Diese Gefühle, die du für mich hast, spüre ich genau jetzt, und spürte ich auch schon die ganze Zeit über. Doch ich wollte, dass du es sagst, und dich dazu bekennst. Was du sagtest, empfinde ich aber als noch viel mehr. Stimmt das denn alles auch wirklich?" Ihre Worte, auf diese besondere Art und Weise geformt und ausgesprochen, fegten mir jeglichen Verstand hinfort. Wie sie mir den Kopf verdrehen konnte, war ihr bestens bewusst. „W-wenn nicht, dann hätte ich es doch auch nicht gesagt oder?" Ich wusste nicht wie mir geschah, als sie mit ihrer warmen, weichen und feuchten Zunge meinen Hals entlangfuhr. „Soll ich dir zeigen, wie viel du mir bedeutest?", fragte sie mich mit einer nach Leidenschaft dürstender Stimme. „Du kannst... es mir auch ein... einfach sagen.", seufzte ich und genoss dabei die Wärme ihres Fleisches auf meiner Haut. „Nicht für alles, gibt es die richtigen Worte. Außerdem, wo bleibt denn da der ganze Spaß?" Kurz presste sie ihre Schnauze zwischen meine Beine und schnupperte. Dann ließ sie ihre Zunge unter meinem Hemd verschwinden, und strich mit ihr langsam über meinen Bauch. Mein Herz raste. „So meinte ich das alles a-aber gar nicht. Ich meine, w-willst du das denn wirklich? Wir kennen uns doch erst seit... seit ein paar Tagen.", sagte ich. „Und schon bald müssen wir uns wieder trennen! Ich weiß, dass wir uns noch nicht lange kennen, aber was macht das schon? Sag mir, ist dir denn nicht aufgefallen, dass sich die Farbe meines Musters verändert hat? Sicherlich hast du auch schon diesen merkwürdigen Duft bemerkt. Und ich kann dir auch sagen, was das alles zu bedeuten hat. Diese typischen Zeichen treten bei jedem weiblichen Drachen auf, der paarungsbereit ist. Sie werden durch Reize ausgelöst. Du brauchst dir nichts vorzumachen, und erst recht nicht mir. Ich will dich und ich weiß, dass du mich auch willst! Nimm meinen Rat an, und hör einmal nicht auf deinen Kopf, sondern auf deine innere Stimme." „Aber... aber du bist doch ein Drache." „Du enttäuschst mich, Ethan! Wenn Äußerlichkeiten, nachdem was du gesagt hast, nun eine so große Barriere für dich sind, war es wohl gelogen. Bevor ich dich als Menschen sehe, sehe ich deinen gütigen und geselligen Charakter, der mich regelrecht ganz wild macht." „Nein, es war nicht gelogen! Es ist auch nicht das Aussehen, das mich zögern lässt. Du bist wunderschön und ich liebe deinen Charakter, aber du bist und bleibst ein Drache. Menschen und Drachen, das sind doch zwei biologisch völlig verschiedene Wesen." Zwar sagte ich das, doch mein Wille war längst gebrochen. Mit einer ihrer Klauen, zog sie meine Hose langsam nach unten. „Vielleicht w-wäre... wäre es ja besser, wenn..." „Nein, jetzt nicht mehr reden. Bleib ganz ruhig. Ich will, dass du es genießt.", sagte sie sanft. Gleich darauf, spürte ich ihre feuchte Zunge zwischen meinen Beinen. Ich stützte meinen Oberkörper mit den Armen ab und stöhnte leise. Ihre Augen waren geschlossen und sie schien es förmlich zu genießen, mein Glied mit ihrer Zunge zu umgarnen. Sie ging nicht grob oder überstürzt mit mir um, sondern war ganz behutsam, und ihre vielen scharfen Zähne ließen mich hoffen, dass das auch so bleiben würde. Ihr warmer Atem tat so gut auf meiner kalten Haut. Genüsslich ließ sie ihre Zunge über mein steifes Glied gleiten. Dann verschlang sie es fast komplett in ihrem warmen und feuchten Mund. Es war ein berauschendes Gefühl, als sie damit begann mein Glied, das weich in ihrer langen Zunge gebettet war, langsam herein- und herausgleiten zu lassen. Ich hielt mich mit einer Hand an eines ihrer zwei Hörner fest. Ihr Schweif wedelte langsam hin und her. Speichel tropfte von ihrer Zungen auf meinen Schoß. Sie wurde etwas schneller, und das Gefühl somit noch viel intensiver. Die Lust in mir stieg immer weiter an, als hätte sie überhaupt kein Limit mehr. All die Gewissensbisse waren verschwunden, und auch mit meinem Zögern war es nun vorbei. Ich entspannte mich und befolgte ihren Rat. Mein Glied rutschte aus ihrem Mund heraus und mit ihm, ihr warmer Speichel. Meine Arme umklammerten jetzt ihren Hals. Ich küsste sie zärtlich, während ihre Zunge bereits schon wieder im Einsatz war. Nicht mehr lange und sie würde mich zum Orgasmus bringen. Doch so früh wollte ich noch nicht kommen. Seufzend ließ ich meinen Oberkörper nach hinten auf die Matratzen fallen. Ihre Augen und auch das Muster auf ihrer Haut, glühten regelrecht. Draußen braute sich ein Sturm zusammen. Gelegentlich zuckten Blitze über den Nachthimmel und erhellten den ganzen Raum. Das Kaminfeuer hinter mir, spendete wohltuende Wärme und ein dämmriges Licht, worin das Erscheinungsbild der hübschen Drachendame noch mystischer wirkte. Sie ging ein Stück zurück, legte sich auf die Seite, hob ihr Bein an und entblößte mir ihre Weiblichkeit. In meiner Lust, nahm ich ihren Duft noch stärker und aromatischer war. Dieser Duft wirkte wie eine Droge, von der ich nicht ablassen konnte. Doch es hätte mich sowieso nichts mehr davon abhalten können, weiter zu machen. Meine Hände streichelten ihren zarten Bauch und ihren Oberschenkel. Ich küsste sie auf den Bauch, und ging dann immer tiefer. Schließlich legte ich mich auf die Seite. Mein immer noch steifes Glied touchierte ihren Bauch. Sie war bereits ganz feucht, und zwischen ihren Beinen war der Duft unglaublich intensiv. Ich schloss die Augen und begann mit meiner Zunge zunächst nur das warme Fleisch um ihre Vagina herum zu lecken. Als ich dann das erste Mal über ihre angeschwollenen Lippen leckte konnte ich spüren, wie ihr ein wohliger Schauer über den Rücken lief. Meine Zunge in ihr zu versenken und ihr zartes Fleisch zu spüren erregte mich so sehr, dass ich anfing mein Glied an ihrem Bauch zu reiben. Der Duft und der Geschmack ihrer Weiblichkeit, machten mich völlig wild. Immer tiefer und schneller stieß meine Zunge in sie hinein. Parallel dazu massierte ich dann noch sanft ihre Klitoris, was sie zu einem lauten Stöhnen brachte. So langsam schien ich ihren kritischen Punkt erreicht zu haben. Sie stöhnte und windete sich, und stieß immer wieder wohlige Seufzer aus. Ich streichelte weiter ihre Lippen mit meiner Zunge. Jeden einzelnen Tropfen ihrer Weiblichkeit wollte ich auf meiner Zunge spüren. Sie hechelte, und sicherlich hätte ich sie jeden Augenblick zu ihrem Höhepunkt gebracht, da rückte sie ein Stück weg von mir.  Mit einem erschöpften hecheln und mit dem Ausdruck hemmungsloser Hingabe in ihren Augen, blickte sie mich an. Dann legte sie sich auf den Bauch, streckte ihre Hüften einladend empor und hob ihren Schweif an. Eine Einladung, der ich nicht wiederstehen konnte.  Zwar musste sie wegen ihrer Größe hinten etwas in die Hocke gehen, aber letztendlich war diese Stellung dann doch überraschend angenehm. Mit einem Arm umschlang ich noch ihren Schweif, und führte dann mein erregtes Glied in sie ein. Meine andere Hand legte ich auf ihre Hüfte. Wir waren beide schon bis ans Äußerste erregt und absolut wild aufeinander, also fing ich sofort an tief und schnell in ihr einzudringen. Ihre Augen waren geschlossen und ihre Zunge hing schlaff aus ihrem Mund heraus. Dazu stöhnte und Schnaubte sie noch laut. Es schien ihr offensichtlich genauso zu gefallen wie mir. Immer wieder rammte ich mein hartes Glied in sie hinein. Eigentlich war ich nun bereit es zu einem Ende kommen zu lassen, da ließ sie sich plötzlich auf die Seite fallen, rollte sich auf ihren Rücken und strecke mir ihre Beine entgegen. Ich positionierte mich auf allen vieren über sie. Wieder drang ich in ihr ein und machte da weiter, wo ich gerade aufgehört hatte. Ihre Oberschenkel pressten von beiden Seiten gegen mich. Sie stützte ihren auf die Seite gedrehten Oberkörper derweil vorne mit ihren Armen ab. Dieser befriedigte Ausdruck in ihrem Gesicht, zauberte mir ein Lächeln auf die Lippen. Meine Arme umklammerten nun ihre Taille, während mein Kopf auf ihrem Bauch ruhte. Schließlich kam sie früher zu ihrem Höhepunkt als ich. In meinem Kopf hörte ich ihr lautes Stöhnen und meine Ohren vernahmen dazu noch ein lautes Brüllen, das mir eine Gänsehaut verlieh. Ihr Körper vibrierte als ich ein letztes Mal mein Glied tief in sie versenkte und zusammen mit einem wohligen Stöhnen meinen Samen in sie entleerte. Einen Moment lang verharrten wir in unseren Positionen. Dann zog ich mein Glied aus ihr heraus und sogleich floss auch mein noch warmer Samen aus ihr heraus.  Ich legte mich auf den Rücken, woraufhin sie direkt anfing mich zu säubern. Sie stand vor mir und so konnte ich sehen, wie mein Samen aus ihr heraustropfte, und etwas davon ihr Bein hinunterlief. Allein dieser Anblick steigerte schon wieder meine Lust.   Als sie mit mir fertig war, schmiegte sie sich an mich. Draußen wütete der Sturm. Regen prasselte an die Fenster, und es blitze und donnerte. Doch in ihrer Umarmung war es warm und gemütlich. Ihre nackte Haut zu spüren und ihren zarthauchenden Atem zu fühlen, machte mich glücklich. Dann schenkte sie mir einen letzten liebevollen Blick, ich gab ihr einen Kuss auf den Arm und wir schliefen ein, ohne ein Wort miteinander gewechselt zu haben. Nicht für alles gibt es nun mal die richtigen Worte.

7             Viona weckte mich in den frühen Morgenstunden des nächsten Tages. Sie klagte über ihren leeren Magen und begab sich dann sogleich auf die Jagd. So lange sie weg war, fuhr ich in das Dorf um neue Lebensmittel einzukaufen, denn der Kühlschrank hatte sich in den vergangenen Tagen immer weiter geleert.   Ich stieg in den Wagen und fuhr los. So langsam beunruhigte mich der Gedanke, dass meine Schöne ganz alleine im Wald unterwegs war, wo doch dort dieser Drache sein Unwesen trieb. Sie war aber nun mal an die Freiheit der Wälder gewöhnt, und fühlte sich dort am wohlsten. Ich konnte sie ja nicht einfach so einsperren. Wenn sie allerdings auf diesen Drachen treffen sollte hoffte ich, dass sie ihm schnellsten aus dem Weg gehen würde, und es so nicht wieder zu einem Kampf käme.   „Guten Tag!", entgegnete mir eine ältere Dame, als ich den kleinen Laden mit einem freundlichen Nicken betrat. Seit ich dieses Dorf kannte, gab es schon immer diesen Laden, und er hat sich in der ganzen Zeit kaum verändert. Nur war ich mir ziemlich sicher, dass früher noch ein Mann dieses Geschäft leitete. Der Laden war fürchterlich klein, sodass man sich durch die engen und vollgestopften Regale in den Gängen vorsichtig hindurchmanövrieren musste. Zwar stand letztendlich alles sauber und ordentlich an seinem Platz, doch so etwas wie eine geordnete Struktur, suchte man vergebens. Immer wieder ging ich die einzelnen Regale durch, denn hier etwas  auf den ersten Blick zu finden, war ziemlich schwer. „Sind sie neu in unserer kleinen Gemeinde?", wollte die Dame wissen. „Nein, ich mach nur Urlaub hier." „Urlaub? Da haben sie sich aber ein ungewöhnliches Urlaubsziel ausgesucht." „Ist eben Geschmackssache, und mir gefällt es hier langsam immer besser." „Oh, das ist schön zu hören! Suchen sie eigentlich nach etwas Bestimmten?" „Ich glaube, ich hab jetzt alles.", sagte ich und stellte den überladenen Korb auf die Ablage neben einer alten Kasse. In diesem Moment öffnete sich die Tür hinter mir und ein Mann trat herein. Es war Morrison. „Mister Morrison, hallo!", sagte die Dame an der Kasse. „Na, passt du wieder auf die Ladenhüter auf?", meinte er mit einem trockenen Lachen. „Alles findet früher oder später einen Käufer.", entgegnete die Dame daraufhin. „Sieh mal einer an, da ist ja auch unser Wanderer.", meinte Morrison und klopfte mir dabei auf die Schulter. „Und was gibt es bei ihnen Neues?" „Na ja, alles wie gehabt." Ich bemerkte die fragenden Blicke der Dame, die sich wohl über die Bekanntschaft zwischen Morrison und mir wunderte. „Ich dachte mir nur, dass sie vielleicht jetzt etwas Zeit haben. Sie wissen ja, wir würden sie gern mit auf die Jagd nehmen, wenn sie denn Zeit haben." So langsam ging er mir wirklich auf die Nerven. „Ich werde in den nächsten Tagen darauf zurückkommen.", log ich ihn an, damit er endlich Ruhe gab. „Gut, dann ist vielleicht auch das Wetter besser." Dann verschwand er zwischen den Regalen. Meine Sachen ließ ich noch schnell einpacken, bezahlte und legte meine Geldbörse gedankenlos oben auf die überfüllte Tüte. Ich verabschiedete mich und ging dann wieder zu meinem Wagen. Sicherlich begann die Kassiererin Morrison mit Fragen zu überhäufen, noch ehe überhaupt die Tür des Ladens hinter mir zufiel. Gerüchte und Tratsch mussten sich rasend schnell in diesem Dorf verbreitet haben. Die meisten Leute an diesem Ort lächelten einem zwar ins Gesicht, doch das entsprach wohl nur selten der Wahrheit. Alles wirkte so aufgezwungen gemeinschaftlich und harmonisch, nichts davon aber wirklich echt.   Ich fuhr durch die unebenen und leeren Gassen des Dorfes hindurch und hoffte, dass mich Viona bereits erwarten würde. Unbedingt wollte ich sie wiedersehen, vor allem nach unserer letzten gemeinsamen Nacht. Beim nächsten Mal würde ich bestimmt nicht mehr zögern, sondern gleich zur Sache kommen. Gerade einmal ein paar Stunden von ihr getrennt, und schon vermisste ich ihren Duft, ihre Berührung und ihre Stimme.   Als ich durch die Tür des Hauses kam und meine Einkäufe in den Flur stellte wurde mir schnell klar, dass ich alleine war. Ich beschloss eine Kleinigkeit zu essen und mir dann noch etwas die Zeit zu vertreiben. Lange musste ich aber nicht mehr warten. „Ethan? Ich bin wieder da." Es freute mich, ihre Stimme zu hören. Ich öffnete ihr die Tür an der Terrasse und ließ sie herein. Die schlammigen Fußspuren, die sie überall auf dem Boden verteilte, waren wohl die Zeugen einer intensiven Jagd in den Tiefen des Waldes. Auch der Rest ihres Körpers war voll mit Schlammspritzern und vereinzelt klebte ihr noch das Blut ihrer Beute an der Schnauze. Als ich daran dachte, wo ihre Zunge gestern Abend überall war, wurde mir etwas mulmig. „Wie siehst du denn aus?" Ohne Vorwarnung stürzte sie sich auf mich und warf mich rückwärts auf die Matratzen. Dann drückte sie ihren warmen und schlammigen Körper an meinen und stieß ein wohliges Murren aus. „Wie meinst du das? Immerhin war ich auf der Jagd. Es war ein tolles Gefühl, als ich nach so langer Zeit endlich wieder meine Sinne ganz meinem ahnungslosen Opfer widmen konnte. Ist wirklich schon lange her, dass ich so eine schöne Jagd hatte. Und jetzt, werde ich meine Sinne wieder ganz auf dich konzentrieren." Ich streichelte über ihre Wange. „Ich hab mir Sorgen gemacht." „Ja, das hab ich gespürt. Ich kann auf mich aufpassen, glaub mir! Jetzt hätte ich allerdings viel lieber wieder den wilden und versessenen Ethan von letzter Nacht zurück." Sogleich spürte ich auch schon ihre feuchte Zunge in meiner Hose. In diesem lustvollen Moment war es mir vollkommen egal, dass sie den Schlamm und den Dreck mit ihren schmutzigen Klauen überall verteilte. Und wieder wurde mir klar, dass sie ihre verführerischen Geheimwaffen jeder Zeit gegen mich einsetzten könnte, denn gegen sie war ich einfach nicht resistent. Genüsslich tastete sie mit ihrer Zunge meine Hoden und mein steifes Glied ab. Dieses Mal hörte sie schon früher auf und platzierte ihre angeschwollene Vagina direkt über mein Glied. Zärtlich ließ ich meine Eichel zwischen ihren feuchten Lippen rauf- und runtergleiten. Sie murrte und wurde mit jedem einzelnen Augenblick noch erregter. Gerade als wir uns voll und ganz unserer Leidenschaft hingeben wollten, klingelte es an der Haustür. „Verdammt!" „Was ist denn, Ethan?" „Da ist jemand vor der Haustür.", sagte ich mit Morrison als Hintergedanken. „Das muss uns doch nicht stören oder?" Wieder klingelte es, gefolgt von einem lauten Klopfen. „Kannst du bitte kurz draußen warten, Viona?" „Ist das dein Ernst?" „Es dauert nicht lange, versprochen!", entgegnete ich ihr, stand auf und öffnete ihr die Tür nach draußen. Wieder klingelte es einige Male. Schnell zog ich meine Hose wieder an und eilte dann zur Tür. Wie ich es mir schon gedacht hatte, stand dort Morrison. „Da sind sie endlich!", sagte er mit einem skeptischen Blick. „Ja, ich war hinten im Garten und konnte die Klingel nur schlecht hören." „Ist irgendwas passiert oder wieso sehen sie so..." Es fiel ihm wohl kein angemessenes Wort ein, um mich zu beschreiben. Das konnte ich ihm auch nicht übelnehmen, denn immerhin war mein Hemd halb aufgeknöpft, meine Haare zerzaust und überall hatte ich Schmutz an meiner Kleidung hängen. „Nein, alles bestens! Ich hab mich nur etwas um den Garten gekümmert." „Also an ihrer Stelle, würde ich mir dafür ordentliche Arbeitskleidung zulegen. Ich bin aber nicht nur gekommen, um ihnen diesen Rat zu geben." „Was gibt es denn?", wollte ich wissen. „Das hier haben sie im Geschäft verloren." Morrison holte meine Geldbörse aus seiner Jackentasche hervor und übergab sie mir. „Sie können gerne nachzählen, es ist nichts abhandengekommen.", fügte er dann noch hinzu. „Oh, vielen Dank! Sie muss wohl aus meiner Tasche gefallen sein." „Ja, wahrscheinlich war es so. Ich will sie ja nicht bei der Gartenarbeit stören, aber kann ich vielleicht kurz reinkommen?", fragte mich der alte Mann. Um seine neugierigen Blicke erst gar keinen Einlass in das verwüstete Wohnzimmer zu gewähren, schritt ich noch etwas weiter zwischen Tür und Rahmen. „Ich habe noch eine Menge Arbeit vor mir, und die will ich fertigbringen noch ehe es anfängt zu regnen. Also dann, auf Wiedersehen! Und vielen Dank nochmal!", antwortete ich kurz und bündig, und schloss die Tür. Es war natürlich nett von ihm, dass er mir meine Brieftasche zurückgebracht hatte, aber dennoch war er einfach unglaublich lästig. „Viona?", rief ich von der Terrasse aus. „Du kannst wieder reinkommen, er ist weg!" „Ich bin auf dem Weg zum See und wenn du willst, dann kannst du auch kommen." Sie hörte sich etwas geknickt an. „Hör zu, es tut mir Leid! Jetzt sind wir wieder ungestört und ganz allein. Ich wollte doch nur nicht, dass dich jemand sieht!" Ich bereute es, sie einfach so rausgeschickt zu haben. Sie antwortete nicht und daraufhin machte ich mich so schnell wie möglich auf den Weg. Hoffentlich hatte ich sie nicht verärgert.   Ich konnte mich noch an den Weg erinnern, den wir das letzte Mal gegangen waren. So dauerte es auch gar nicht lange, bis ich den See zwischen einigen Bäumen hindurchschimmern sehen konnte. Es war ziemlich frisch an diesem Tag, doch das eiskalte Wasser des Sees hielt Viona offensichtlich nicht davon ab, sich ein Bad darin zu gönnen. Ich fand sie fröhlich plantschend in der Mitte des Sees vor. Eine Zeit lang beobachtete ich ihr Treiben. Sie tauchte auf und ab, ließ ihren Schweif aus dem Wasser schnellen oder trieb einfach nur still wie ein Alligator an der Wasseroberfläche. Das kalte Wasser machte ihr wohl überhaupt nichts aus, ganz im Gegenteil sogar. Sie  erhob ihren Kopf aus dem Wasser und schaute mich an. „Willst du nicht auch reinkommen?", fragte sie mich. „In das Wasser da? Nein, das ist mir viel zu kalt! Frierst du denn nicht?" „Warm ist es zwar nicht, aber wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, dann ist es dennoch angenehm." Ich setzte mich auf einen kleinen Felsen und schaute ihr noch etwas länger zu. „Wegen der Sache von vorhin, das tut mir Leid! Ich hätte diesen Typen einfach ignorieren sollen.", sagte ich nach einer Weile. „Ist schon gut, Ethan. Wer war das denn überhaupt?" „Morrison, ein älterer Mann aus dem Dorf." „Du kennst Leute aus diesem Dorf?", wollte sie wissen während sie weiter ihre Bahnen schwamm. „Nein, ich kenne niemanden näher. Er hat mich bei meiner Ankunft begrüßt und hat mich mal nachhause gefahren, weiter nichts. Dafür kann er mir aber ziemlich auf die Nerven gehen. Wie gut kennst du eigentlich das Dorf?" „Wie ich schon einmal erwähnte, bin ich diesen Menschen dort nie sehr nahegekommen. Die Leute interessieren mich auch nicht wirklich. Ich halte es für besser, auch in Zukunft meine Existenz vor ihnen zu verschleiern. Leider sind aber offensichtlich nicht alle so vorsichtig wie ich es bin." „Damit meinst diesen Drachen, der dich angegriffen hat oder? Morrison erzählte mir mal, dass einige Schafe aus dem Dorf verschwunden sind, und ihre Überreste im Wald gefunden wurden. Glaubst du, dass dieser Drache dafür verantwortlich ist?" „Ich bin mir absolut sicher!", schnaubte sie. „Er ist dem Dorf in der Vergangenheit viel zu nahegekommen, und hätte sich sicherlich keine Gelegenheit auf leichte Beute entgehen lassen. Wenigstens hat er den Einwohnern nichts getan, denn so dumm ist wahrscheinlich noch nicht mal er." Sie kam aus dem Wasser und gab mir mit ihrer Zunge einen sanften Kuss auf die Wange. „Wie wäre es denn jetzt, wenn wir wieder zurückgehen und da weitermachen, wo wir aufgehört haben?", schlug ich ihr vor. „Dazu müssen wir nicht einmal zurückgehen. So lange halte ich es auch gar nicht erst aus. Tun wir es doch gleich hier und jetzt." Ich zog meine Jacke und mein Oberteil aus und legte sie zur Seite. Das kühle Wasser tropfte von ihrem Kopf auf meine Brust. Mit meiner Kleidung als Unterlage, versuchte ich es mir auf dem Felsen einigermaßen bequem zu machen. Mir wurde es ziemlich schnell kalt, doch umso angenehmer war mir ihr warmes zartes Fleisch in meinem Schritt. Wieder erlebte ich dieses atemberaubende Gefühl, wenn sich mein bestes Stück in der angenehmen Umarmung ihrer Zunge befand. Ich packte sie an ihren Hörnern und spürte ihren warmen Atem zwischen meinen Beinen. Dann leckte sie meine nackte Brust ab und presste dabei ihren Bauch auf mein Glied. Sie war ganz warm, trotz des kalten Bades. Ihre Zunge strich mir über den Hals aufwärts, und dann über meine Lippen. Sie rückte auf und so konnte ich mein steifes Glied langsam in sie einführen. Mit einem wohligen Murren drückte sie sich an mich. Auf dem Felsen lag ich für sie in einer günstigen Position. Offenbar gefiel es ihr stets, wenn ihr die Dominanz gehörte, doch diesen Status gönnte ich ihr auch. Sie wurde schneller und stieß dabei mein bis an die Grenzen erregtes Glied immer fester in sich hinein. Ein lautes Murren und ein sinnliches Seufzen zeigten mir, wie sehr sie nach Befriedigung lechzte. Dann verlangsamte sie ihr Tempo und stöhnte jedes Mal leise auf, sobald mein Glied komplett in ihr verschwand. Als sie dann begann kreisförmige Bewegungen auszuüben, die mein Glied zusätzlich massierten und deren Gefühl mir fast meinen Verstand raubte, stöhnte auch ich vor Sinnlichkeit. Daraufhin nahm ich meine Hände, platzierte sie an ihre Seiten und signalisierte ihr, mit der Bewegung nicht aufzuhören. „Na, das gefällt dir oder?", flüsterte sie. „Oh, sogar sehr. Hör nicht auf." Ihre Bewegungen wurden intensiver und ihr Stöhnen schallte immer lauter in meinem Kopf. Sie ließ dabei ihren Schweif immer wieder in das kalte Wasser platschen. Dann fingen ihre Beine an zu zittern und ihr ganzer Körper bebte. Sie stöhnte laut auf und flüsterte dann zu mir: „Ich will, dass du in mir kommst." Länger hätte ich auch wohl kaum noch durchgehalten, und so kam ich mit einem lustvollen Stöhnen in ihr. Sie rutschte etwas zurück und sah mich mit ihrem temperamentvollen Blick an. Dann leckte sie mein Glied sauber und hielt dabei stets Augenkontakt zu mir. Ich tätschelte ihre Klaue, die sie auf meinen Bauch legte und bewunderte das Funkeln in ihren Augen. Es war ein toller Moment.

8             Der neue Morgen begann für mich in einer zärtlichen Umarmung meiner Liebsten. Bis spät in die vergangene Nacht hinein, teilten wir unsere Liebe und Zärtlichkeit vor dem Kaminfeuer miteinander. Für nichts auf der Welt, hätte ich unsere Zweisamkeit hergegeben. Ich begehrte sie mehr als alles andere. Gerade ich, wo ich doch nicht einmal an so etwas wie Liebe auf den ersten Blick glaubte, musste mir in den vergangenen Tagen einiges eingestehen. Auch wenn ich bereits in der Vergangenheit geliebt hatte, war das nicht ansatzweise mit meiner Liebe zu ihr zu vergleichen. Die Art und Weise wie sie mich ansah, mit mir sprach und mir ihre Nähe schenkte, zeugte jeden einzelnen Augenblick und jeden einzelnen Atemzug, von einer tiefen Bindung zwischen uns beiden. Es waren Gefühle im Spiel, die nicht so labil wie in einer Jugendliebe wirkten, und ernstgenommen werden wollten. Wir konnten uns die schönste Zeit unseres Lebens schenken. Ich wusste, dass dies der Wunsch von uns beiden war. Völlig losgerissen, sollte ich allein ihr gehören. Mein früheres Leben verdrängte ich, denn an ihrer Seite war das Leben schöner. Es war mir so egal, ob mein Handeln unüberlegt und viel zu voreilig war. Ich hörte ab jetzt nicht mehr auf meinen Verstand. Ich hörte auf mein Herz und das sagte mir, dass Viona all meine Hingabe verdiente. Dass sie ein Drache war, konnte ich längst akzeptieren. Ehrlich gesagt, fand ich es so auch viel Interessanter und aufregender. Doch das schönste war immer noch, wenn sie all meine Gefühle nur mit einem einzelnen ihrer Blicke erwiderte. Sie murrte und streckte ihre Beine dabei aus. Ich umklammerte ihre Arme und schmiegte mich an ihre nackte Haut. Alleine das reichte aus, um meine Lust auf ein weiteres Mal anzuheizen. Normalerweise war sie es ja immer, die unsere besondere Zeit zu zweit einleitete, und das konnte sie auch wirklich ausgesprochen gut. Dieses Mal jedoch, wollte ich beginnen. Darum entfernte ich mich langsam aus ihrer Umarmung, denn mein Ziel war es, ihr auf eine ganz besondere Art und Weise einen guten Morgen zu wünschen. Sie schlief bereits wieder tief und fest. Ihre Beine waren so platziert, dass ich besten Zugang zu ihrer prächtigen Weiblichkeit hatte. Als ich über ihre Seite streichelte und mich langsam in Position brachte, regte sie sich immer noch kein bisschen. Selbst einige Küsse zwischen ihren Beinen, konnten sie noch nicht wecken. Also ging ich noch etwas weiter und ließ meine Zunge langsam und genüsslich über ihre Lippen fahren. Ihr Geschmack an diesem Morgen war mild und sehr schwer zu beschreiben. Ein zweites Mal kostete ich und tauchte meine Zunge in ihr zartes Fleisch. Der Geschmack war wirklich gar nicht so übel. Ich leckte weiter sanft über ihre Lippen, die anfingen langsam anzuschwellen. Auch ihren Duft nahm ich ganz plötzlich wieder war, der die Luft mit seinem unverkennbaren Aroma schwängerte. Sie wurde immer feuchter, ihr Geschmack intensiver. Dann stieß sie ein wohliges Murren im Halbschlaf aus. Während ich sie leckte, legte ich bei mir selbst Hand an und ließ dabei meine durch Lusttropfen feuchtgewordene Eichel über ihren Bauch gleiten. Sie seufzte gelegentlich und murrte immer wieder leise. Ich versank währenddessen immer wieder meine Zunge komplett in ihr. Ihr Lustsaft vermengte sich dabei mit meinem Speichel. Ich konnte meine Lippen und meine Zunge nicht mehr von ihrem zarten Fleisch entfernen. Sie stöhnte laut und vergrub ihre Klaue in der Matratze. Als ich kam, spritze ich meinen Samen auf ihren Bauch, wo ich ihn noch weiter mit meiner Eichel verrieb. Ich massierte nun ihre Klitoris, damit auch sie ihren Höhepunkt erreichen würde. Es dauerte dieses Mal länger bei ihr, sodass sie schon ganz erschöpft durch meine Behandlung wirkte. Ihre Füße verkrampften und sie zuckte zusammen. „Oh... Ethan!", schrie sie. Sogleich spritze mir auch schon ihr Lustsaft entgegen. Dann kniff sie ihre Beine zusammen und eine weitere Fontäne spritze zwischen ihnen hindurch. Ihr ganzer Körper bebte, ihr Schweif zuckte und sie stöhnte leidenschaftlich mit geschlossenen Augen und heraushängender Zunge. Nicht nur ich, auch die Decken und Matratzen waren völlig nass und mit ihrer Duftnote versehen. Ich genoss es, etwas von dieser Flüssigkeit von ihrem Bein zu lecken. „Ethan... das war unglaublich!", sagte sie mit einem langen Seufzen. „Es hat nicht nur dir Spaß gemacht." „Ich konnte mich wohl nicht ganz unter Kontrolle bringen. Es war nicht meine Absicht, dass..." Sie hielt inne als ich ihr meine Hand mit einem Lächeln auf die Wange legte.   Während ich mich duschte, ließ ich Viona noch etwas dösen. Zuvor hatte ich sie noch nie so in Ekstase erlebt. Zu wissen, dass ich sie zu solch berauschenden Höhepunkten bringen konnte, machte mich glücklich. Wer hätte geahnt, dass Drachen so leidenschaftlich sein konnten? Ihr Aussehen und ihre Persönlichkeit fesselten mich ja schon von Beginn an, weswegen ich aber noch lange nicht damit gerechnet hatte, dass wir uns so schnell einander nähren und intim werden würden. Ich hatte eigentlich überhaupt nicht damit gerechnet. Nun war mir aber klar, dass alles andere fast schon Zeitverschwendung gewesen wäre. Der Sex mit ihr, war der beste in meinem ganzen Leben. Wir schenkten einander hemmungslose Hingabe, so oft wie wir nur konnten. Mit ihr fühlten sich die Tage wie Stunden an. Nur in ihrer Umarmung schien die Zeit stillzustehen. Das Gefühl der Zweisamkeit war endlich in mir zurückgekehrt, und sollte nie wieder erlöschen.    Selbst nach einer ausgedehnten Dusche, wurde ich ihren Duft nicht ganz los, was mich aber nicht weiter störte. Ich roch ihre Duftnote, die meine Lust antrieb und mich verführte, sehr gerne. Mal abgesehen davon, mochte ich es auch, wenn sie mich mit ihrer Körpersprache oder ihrer Stimme verführte. Allein der Anblick ihrer langen und schönen Beine, ließ mich dahinschmelzen. Es gefiel mir sehr, wenn sie mich etwas umgarnte und all ihren Charme benutze, um mich zu verführen. Zwar war das eigentlich gar nicht mehr nötig, doch sie fing an meine Vorlieben zu entdecken und mir stets schönere Momente zu schenken.   Die Tage vergingen und wir nutzen jeden einzelnen Augenblick. Wir schenkten uns Liebe, Zuneigung und Zärtlichkeit. Den Mittag verbachten wir oft im Wald, den Abend vor dem warmen Kaminfeuer und die Nacht eng aneinandergeschmiegt. Den Morgen darauf, ließen wir mit zärtlichen Küssen beginnen. Wir erzählten uns Geschichten und ich lernte noch mehr Details über ihr Volk kennen. Zudem trainierte ich jeden Tag meine innere Stimme, was sich ziemlich schwierig gestaltete. Ich wusste nicht wirklich wo und wie ich genau anfangen sollte. Es war schwieriger als eine neue Sprache zu lernen, denn ich musste meine Gedanken dabei sehr gut strukturieren. Immer wieder versuchte ich es, doch bei Viona kam nie etwas an. Ich wollte unbedingt, dass ich mich mit ihr auch ohne klare Worte aus meinem Mund verständigen könnte. Wenn ich richtig sprach, dann hörte sie ja auch meine innere Stimme, also musste ich lernen zu sprechen, ohne dabei wirklich zu sprechen. Auch wenn ich es zu keinem Resultat brachte und die Tipps, die Viona mir gab, ebenfalls nichts daran ändern konnten, blieb ich doch geduldig. Sie wusste eben immer genau, wie sie mich trösten konnte. Und so verging für uns Stunde für Stunde und Tag für Tag. Das Leben war schön.   Nach dieser schönen Zeit war es der Gedanke an meine Abreise, welche ich in zwei Tagen antreten müsste, der meine Stimmung minderte. Ich wollte sie nicht verlassen. Doch es blieb mir nichts anderes übrig, zumindest noch nicht. „Ich werde gehen und das bereits schon morgen.", sagte ich ihr in unserer letzten gemeinsamen Nacht. Ihre Miene war versteinert und ihre Augen funkelten im Licht des Kaminfeuers. „Dann ist es also schon an der Zeit? Nun, das kommt jetzt überraschend." „Glaub mir, ich habe den Gedanke lange aufgeschoben. Ich will doch genauso wenig wie du, dass wir uns nach so kurzer Zeit schon wieder trennen müssen." „Wirklich? Wieso bleibst du dann nicht einfach hier? Ich will es und du willst es doch auch!", argumentierte sie. „Es ist nicht so einfach, wie du vielleicht denkst. Hier ist dein Lebensraum, den du nicht verlassen müsstest. Für mich jedoch, ist das hier alles noch völlig ungewohnt. Ich komme aus der Großstadt, habe dort Arbeit und eine große Verantwortung für viele wichtige Dinge zu tragen. Auch wenn mein Leben mit dir erfüllter wäre, kann ich nicht so einfach mein altes Leben aufgeben. Ich brauche Zeit, um mich auf das alles hier einzustellen." „Die Zeit wird dich schon mit allem vertraut machen, Ethan. Und diese Zeit, die solltest du an meiner Seite verbringen." „Ich kann nicht einfach so hierbleiben, ohne mich zu verabschieden." „Von wem willst du dich denn verabschieden? Du selbst sagtest mir doch, dass du dich alleingelassen fühlst, hast mir von deiner Welt erzählt, und welch Trauer man dort begegnet. Dorthin willst du wieder zurück?" Sie klang verärgert, doch ich wusste einfach nicht, wie ich es ihr hätte erklären können. „Wenn ich gehe, werde ich jeden Moment an dich denken. Ich versuche so schnell wie möglich wieder zurückzukommen!" „So schnell wie möglich? Und dann? Ethan, ich will das nicht! Ich will keine Wahl sein, sondern die einzige Möglichkeit! Du würdest mir nur wehtun, wenn du ständig verschwinden würdest. Mein einziger Wunsch ist es, dich für mich allein zu haben. Ich verstehe dich einfach nicht! Wenn die Welt dort draußen wirklich so ist, wie du sie mir beschrieben hast, wieso willst du dann nicht hier bei mir bleiben?" Tränen stauten sich in ihren Augen. „Du warst die ganze Zeit nur auf etwas Spaß aus, richtig? Mehr war es gar nicht!" „Viona, was soll das? Natürlich nicht! Diese Zeit mit dir, war für mich einfach unbezahlbar!" „Wieso bleibst du dann nicht?" „Weil das ein entscheidender Schritt in meinem Leben wäre, und ich ihn nicht überstürzen möchte. Dass ich diesen Schritt wage, ist für mich bereits beschlossene Sache! Ich werde wiederkommen, und wir werden eine noch schönere Zeit gemeinsam verbringen. Doch bis es soweit ist, brauche ich zunächst etwas Zeit für mich alleine, um diesen Entschluss auch sicher antreten zu können." Sie löste ihren Griff und kehrte mir den Rücken zu. „Du lügst! Niemand würde so handeln, wenn er es wirklich ernst meinen würde! Würdest du überhaupt wiederkommen?" „Darauf gebe ich dir mein Wort! Wenn du mir nicht glaubst, dann sieh einfach in mich und du wirst wissen, dass ich die Wahrheit sage." Als ich das sagte, blickte sie zu mir nach hinten. Tränen liefen ihr über die Wange und fielen zu Boden. „Ich weiß es nicht." „Wie kannst du das nicht wissen? „Ich kann nun mal keine verdammten Gedanken lesen, Ethan! Und vielleicht schaffst du es ja wirklich, mich anzulügen.", sagte sie in einem aufbrausenden Ton. „Sei bitte nicht albern! Ich könnte dich niemals anlügen!" Sie ließ ihren Kopf hängen und weinte. Daraufhin ging ich zu ihr und legte ihr tröstend meine Hand auf die Schulter. „Geh weg! Ich weiß nicht mehr was ich denken soll. Dabei dachte ich wirklich, ich hätte ihn gefunden." Mit einem Schlag ihrer Schulter, entsagte sie meiner tröstlichen Berührung. „Was dachtest du, wen du gefunden hättest?", wollte ich wissen. „Dich,... meinen Seelenpartner." Sie stand auf und ging zur Tür bei der Terrasse. „Aber da hab ich mich wohl geirrt." Ich sprang auf und stellte mich zwischen der Tür und ihr. „Viona, das mit dir bedeutet mir wirklich etwas! Bitte! Ich werde..." „Du willst etwas Zeit für dich allein? Nimm dir doch so viel du willst!", unterbrach sie mich mit zorniger Stimme. Ehe sie noch etwas Unüberlegtes tat, ging ich lieber zur Seite. Dann verhakte sie ihre Klaue auch schon in den Griff der Tür und ließ sie mit einem wuchtigen Ruck zur Seite schnellen. Viona verschwand sofort in der Dunkelheit. Sie ließ mich so zurück, wie ich angekommen war, allein. Es tat mir leid, was ich gesagt hatte, doch meine Entschuldigung konnte und wollte sie nun nicht hören. Nicht einmal meine Tränen konnten widerspiegeln, wie fürchterlich ich mich fühlte.

9             Ich verbrachte die Nacht schlaflos pendelnd zwischen Terrasse und Wohnzimmer. Die Stunden vergingen, doch sie kam nicht zurück. Es wäre unsere letzte gemeinsame Nacht gewesen, wenn ich nur die richtigen Worte gewählt hätte. Obwohl ich etwas schockiert darüber war, dass sie vermutete ich würde sie anlügen, suchte ich dennoch die Fehler vor allem bei mir. Ich hätte mich in diesem Moment lieber in ihre Lage versetzten sollen. Es hätte mir auch nicht gefallen, wenn sie auf unbestimmte Zeit einfach so verschwinden würde. Ich wäre ihr bis ans Ende der Welt gefolgt. Das hätte ich ihr vielleicht einfach sagen sollen, anstatt von Abschied und Zeit für mich alleine zu reden. Ich war ein Idiot.   Meine Sachen hatte ich schnell zusammengepackt und für die Abreise parat gestellt. In ein paar Tagen müsste ich die Dinge vorweisen, die ich in meinem Urlaub erarbeiten wollte. Ich hatte aber nichts vorzuweisen, und das war mir auch ziemlich egal. Das letzte was ich wollte, war ohne Verabschiedung von zu verschwinden. Ich wollte ihr noch einmal in die Augen schauen und sagen, dass ich alles tun würde, um so schnell wie möglich wieder bei ihr zu sein. Dann hätte ich mich auch für alles entschuldigt und meine Worte schließlich mit einem Kuss besiegeln. Wenn sie dann noch immer darauf bestanden hätte, dass ich bei ihr bleibe, dann hätte ich mich ihr kein zweites Mal wiedersetzen können. Ich hoffte nur, dass sie mir noch eine Gelegenheit für eine Entschuldigung geben würde.   Es wurde Mittag und ich beseitigte noch grob die Spuren der letzten Tage. Eigentlich wäre ich schon vor einer Stunde losgefahren, doch von Viona fehlte immer noch jede Spur. Mir kam der Gedanke, dass sie vielleicht auf mich wartete. Immerhin war alles meine Schuld und daher sollte ich den ersten Schritt machen. Der einzige Platz, der mir da spontan einfiel, war der See. Meine Zuversicht wuchs in diesem Moment wieder, denn ich war mir plötzlich sicher, dass sie dort auf mich warten würde. Das war wohlmöglich die letzte Chance für mich, alles wieder gutzumachen. Ich schloss gerade das Gartentor auf, als mir ein Schauer über den Rücken lief. „Ethan!", konnte ich ganz schwach wahrnehmen. Es klang wie ein verzweifelter Ruf aus weiter Entfernung. „Viona!?", rief ich so laut ich konnte. „Ethan, hilf mir!" Mein Herz schlug mir bis zum Hals. „Ich komme nicht mehr... du musst dich... nördlich des Sees.", konnte ich bruchstückhaft heraushören. Sie war in Gefahr und ich musste so schnell wie möglich handeln. Zu Fuß hätte ich es wohl niemals geschafft, aber ich erinnerte mich sofort an die Nacht, in der Morrinson mich am Rande eines Weges fand. Dort könnte ich mit dem Wagen schon mal bis zum See kommen, vielleicht sogar noch ein Stück weiter. Dann wäre ich in ihrer Nähe und könnte sie besser verstehen. Ich rannte durch den Garten zurück ins Haus, schnappte mir meine Autoschlüssel und ein Gewehr aus dem Keller. Als ich in den Wagen einstieg, schallten wieder die gleichen Bruchstücke ihrer verzweifelten Rufe durch meinen Kopf. Ich trat aufs Gas und bretterte den schmalen Weg entlang. Etliche Male verfehlte ich einen Baum nur um Haaresbreite. Ihre Rufe waren verstummt, und ich malte mir bereits schreckliches in meinen Gedanken aus. Die Gänsehaut an meinem Körper wollte einfach nicht verschwinden. „Viona? Kannst du mich hören? Wenn ja, dann bitte sag etwas!", sprach ich immer und immer wieder in Gedanken zu ihr. Ich zuckte zusammen, als ich mich zu weit dem Wegesrand nährte und ein dicker Ast einen Seitenspiegel abschlug. Trotzdem versuchte ich mich gedanklich weiter auf sie zu konzentrieren. „Viona, sag doch bitte etwas!" „Ethan? Wo bist du?" Ihre Stimme war klarer als zuvor und meine Worte schienen sie tatsächlich erreicht zu haben. „Ich bin auf den Weg! Was ist denn passiert?", fragte ich hektisch. „Da waren Menschen, die auf mich geschossen haben. Eine Weile lang konnte ich fliehen, aber es tut so weh. Ich komm nicht mehr weiter, und sie werden mich bald finden." „Halte durch, ich bin gleich da!", beruhigte ich sie. Der Weg wurde immer schmaler und unebener, bis ich schließlich vor einem dicken Baumstumpf stehenbleiben musste. Alles um mich herum war zugewuchert. Es blieb mir nichts anderes übrig, als zu Fuß weiterzugehen. „Wo muss ich jetzt lang?" „Du bist schon sehr nahe, das spüre ich. Versuch dich ganz auf meine Stimme zu konzentrieren, dann verrät sie dir den Weg. Beeile dich!" Daraufhin nahm ich mein Gewehr und  kämpfte mich durch das Geäst in die Richtung, aus der ich ihre Stimme vermutete. Den Ursprung ihrer in meinem Kopf widerschallenden Stimme zu finden, gestaltete sich schwieriger als gedacht. Die Angst, die ich um sie hatte, schien jedoch meine Intuition zu beflügeln. „Gut so, du bist fast da." Auch ich konnte ihre Präsenz immer stärker spüren. „Sei aber vorsichtig!" Als ich weiter durch den Wald hetzte, hörte ich ein paar undeutliche Worte in der Nähe von mir. Sofort blieb ich stehen und versuchte jemand ausfindig zu machen. Tatsächlich erblickte ich kurzdarauf einen Mann. Er war nicht allein unterwegs, denn zwei weitere Männer, unter ihnen auch Morrison, begleiteten ihn. Nun war ich mir unschlüssig darüber, was meinen nächsten Schritt betraf. Für mich war es offensichtlich, dass diese Kerle jagt auf sie machten. Ich musste sie aufhalten, ehe sie Viona erreichten, das hatte höchste Priorität. Langsam schlich ich mich in der Deckung einiger Büsche und Sträucher an die drei bewaffneten Jäger an. Mein Plan war es, sie von hinten zu überraschen. Ich hatte nicht vor, sie höflich zum Gehen zu überreden.  Doch auch wenn Zorn in mir brodelte, hätte ich es wahrscheinlich nicht geschafft, einen von ihnen zu verletzen. Ich war jetzt ganz dicht hinter den drei Männern und bereit, jeden Moment aus meiner Deckung hervorzuschnellen. Das Rascheln eines Busches, versetzte sie jedoch unerwartet in Alarmbereitschaft. Mit ihren Gewehren nahmen sie eine geduckte Haltung ein und gingen langsam weiter. Mein Plan, sie von hinten zu überraschen, wurde so um einiges gefährlicher. Doch ich musste handeln. Noch ehe ich mich aus dem Gebüsch hätte erheben können, schoss etwas Großes mit brachialer Gewalt aus dem Dickicht, und warf die Männer zu Boden. Ein Himmelsdrache bäumte sich vor ihnen auf. Sein Körper war bedeckt von Schuppen, die in einem dunklen Blauton schimmerten. Lediglich seine Unterseite war etwas heller. Zudem schmückte ein weißes Schnörkelmuster Teile seiner Arme und Beine. Auffällig war eine Narbe unterhalb seines rechten Auges. Er fixierte die Männer mit einem bedrohlichen Blick und einem Knurren, dass einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. „Verdammt, was ist das!?", rief einer der Männer. „Schießt! Na los, schießt!" Hektisch fuchtelten sie mit ihren Gewehren herum, doch keine Kugel traf das große Ziel vor ihnen. Der Drache entgegnete ihnen mit einem ohrenbetäubenden Brüllen. Ich zog mich weiter in mein Versteck zurück und bemerkte nur noch, wie die Jäger schnellen Fußes und winselnd an mir vorbeiflüchteten. Als ich wieder einen Blick wagte, war der Drache bereits verschwunden. „Viona?" Sie antwortete nicht mehr, worauf ich vorsichtig mein Versteck verließ. Mein Herz hämmerte bei jedem Schritt. Ich war mir ziemlich sicher, dass es der Drache war, von dem Viona mir bereits erzählte. Mir war klar, dass ich keine Chance gegen ihn gehabt hätte, wenn er Viona wieder etwas antun wollte. Und dann, nach einigen Metern dichten Waldwuchses, gelangte ich an einen von Sträuchern umringten Platz. Auf den Waldboden gebettet, lag sie regungslos vor mir. „Viona?" Tränen schossen mir in die Augen. Urplötzlich schien der Untergrund zu vibrieren, ich hörte ein Knurren, und ehe ich mich umdrehen konnte, wurde mir der Boden unter den Füßen weggerissen. Ich landete unsanft auf einigen Ästen, ließ dabei auch noch meine Waffe fallen. Ein kräftiger Atemstoß traf mich im Nacken, gefolgt von einem langen und bedrohlichen Knurren. Langsam drehte ich mich auf den Rücken, und sah dem zornigen Wesen in die Augen. Ich rechnete bereits damit, dass mein Leben gleich ein Ende finden würde. „Du bist... anders.", konnte ich eine tiefe und rauchig klingende Stimme in meinem Kopf sagen hören. Der Drache schnüffelte und musterte mich ausgiebig. „Anders als die anderen Menschen. Und du trägst ihren Duft." Sein starrer Blick erinnerte mich an den einer Schlange, die jeden Moment zubeißen würde. „Kannst du mich verstehen, Mensch?" „Ja. Ja, i-ich verstehe dich.", stotterte ich ängstlich. Der Drache löste daraufhin seinen starren Blick, und schien verdutzt über meine Antwort zu sein. „Beeindruckend! Dann sage ich dir jetzt mal etwas, und das sage ich dir nur ein einziges Mal." Der gewaltige Kopf des Drachen rückte näher zu mir. „Lass sie in Ruhe und verschwinde, Mensch!" „Was willst du mit ihr anstellen, du Monster!?", preschte es unter Tränen aus mir heraus. Sogleich zuckte ich zusammen, als der Drache wütend mit einer Klaue aufstampfte und schnaubte. „Was fällt dir eigentlich ein!?", zischte er verärgert. „Viona hat mir von dir erzählt. Du hast sie angegriffen! Ist es nicht so?" Man konnte die Verwirrung in seiner Mimik sehen. Seine Muskeln entspannten sich wieder und er wendete seinen Blick von mir ab. „Sie hat es dir wirklich gesagt?", fragte er ungläubig. „Du hattest ihr eine schwere Wunde zugefügt. Ich hab ihr Unterkunft geboten und mich um ihre Verletzung gekümmert. Wir sind uns sehr nahe gekommen und ich will sie nicht verlieren.", sagte ich und wischte mir dabei die Tränen aus dem Gesicht. „Sie ist..." Er hielt inne und blickte in den Himmel, der einzelne Wassertropfen als Vorboten für einen mächtigen Regenguss auf die Erde schickte. „Sie ist meine Schwester." Sofort erinnerte ich mich an die Geschichten von Viona zurück, in denen sie oft ihren Bruder erwähnte. „Dann bist du also Arroth?" „Ja, der bin ich.", sagte er bedrückt. „Es tut mir alles so schrecklich leid!" Er ließ mich wieder aufstehen, doch versperrte mir die Sicht auf Viona. „Dafür ist jetzt aber keine Zeit! Was ich getan habe, ist einfach unwiderruflich. Sie soll nicht mit einem so schrecklichen Gedanken an ihren Bruder sterben. Lass sie bitte in Ungewissheit darüber, wer ich wirklich war! Bleib bei ihr, während ich mich um die anderen Menschen kümmere." „Was hast du mit ihnen vor?", hinterfragte ich. „Ich werde dafür sorgen, dass sie für ihre Untat bezahlen." „Nein! Töte sie nicht!" „Aber wieso?", wollte er wissen. „Das könnte nur noch mehr Ärger verursachen. Sei nicht sofort auf Rache aus. Ich verstehe deinen Zorn, doch lass ihn nicht an ihnen aus. Du könntest es bereuen." „Dieser Abschaum wird bereuen. Sie werden den Tag ihrer Geburt bereuen und durch meine Klauen sterben!" Bevor ich noch irgendetwas sagen konnte, verschwand Arroth wieder im Dickicht, und kurz darauf hörte ich noch das kräftige Schlagen seiner Schwingen in der Ferne.   Starker Regen setzte sein. Ich kniete vor Viona und streichelte ihr über die Wange. Die Kugeln hatten sie in den Bauch und an den Hals getroffen. Besonders die Wunde am Hals blutete stark. Mit meinen Fingern drückte ich auf die Wunde, und versuchte die Blutung so irgendwie einzudämmen. „Viona?", flüsterte ich. Ihren Puls konnte ich, wenn auch nur sehr schwach, erfühlen. „Viona, bitte! Ich brauch dich doch!", schluchzte ich. Sie war bereits ganz kalt. Ich wollte nicht wahrhaben, was ich da sah. „Ethan..." Ihre Stimme war schwach. „Ethan, du bist gekommen. Wegen mir, bist du... gekommen." „Natürlich wegen dir, meine Liebste!" Ich tat mir schwer daran, meine Emotionen im Zaum zu halten. „Ich bin jetzt hier und du bist in Sicherheit. Zusammen schaffen wir das schon." „Ich glaube dieses Mal nicht, Ethan." Tränen sammelten sich in ihren Augen. „Es ist alles nur meine Schuld! Hätte ich diesen dummen Streit nicht begonnen, dann wäre das alles nie passiert! Ich wäre dir bis ans Ende der Welt gefolgt, ohne dabei auch nur ein einziges Mal zu zögern. Doch ich war Blind und sah die Dinge nur aus meiner Perspektive. Aus einer Perspektive, die keine Rücksicht auf unsere Liebe zeigte. Es tut mir leid!", gestand ich ihr unter Tränen. „Dich trifft keine... keine Schuld! Ich war einfach unglaublich starrköpfig. Du solltest auch deinen... Freiraum haben, indem du... indem du dich... dich...", sie unterbrach ihren Satz, als sie Blut spucken musste. Mir ihr Leid anzusehen, brach mir das Herz. „Ethan?" Ich hielt ihre erschlaffte Klaue in meiner Hand, während der Regen weiter auf uns hinabprasselte. „Ich wusste die ganze... Zeit, dass du es bist. Du bist mein Seelenpartner! Die tiefste... Verbindung... die wir in unserem Volk kennen. Sie ist unfassbar intensiv und mächtig. Nicht jeder findet... findet seinen Seelenpartner, darum bin ich auch so glücklich darüber, dass meine Suche ein Ende gefunden hat. Willst du,... dass auch ich dein Seelenpartner werde?" „Ich könnte mir nichts schöneres vorstellen!", sagte ich und gab ihr einen sanften Kuss auf den Kopf. „Auch wenn es hier enden muss, so war mein... Leben dank dir, doch erfüllt." Ich vernahm ihre Stimme nur noch als leises Wispern. „Du hast mir die schönste Zeit meines Lebens geschenkt, Ethan." „Du mir auch, und noch sehr viel mehr!", sagte ich und sah in ihre spärlich geöffneten Augen. Wo einst pure Leidenschaft und Lebensfreude in ihren Augen mein Herz entflammen ließ, breitete sich nun Leere aus. „Ethan?" „Ja?" „Ich liebe dich!" „Ich liebe dich auch Viona!" Ich wusste nicht, ob es der eisige Wind oder der schaurige Anblick meiner Liebsten war, der mich erzittern ließ. Ihr prächtiges Muster auf der Haut war bereits völlig blass. Sie atmete ganz schwach und kaum wahrnehmbar. „Ohne dich, weiß ich nicht mehr weiter! Ich will mich nicht für immer von dir verabschieden müssen!" „Das... musst du... auch nicht. Wir sind jetzt im Geiste... miteinander vereint, Ethan. Und können... jeden Augenblick... gemeinsam genießen." Sie atmete noch einmal tief ein und wieder aus, und dann verstummte sie. Alles was ich noch hörte, war der Regen. Ich weinte so bitterlich wie noch nie in meinem Leben. Niemals hätte ich gedacht, dass es so enden würde. Ich war am Abgrund und es gab keinen Weg zurück. Sie bedeutete mir einfach alles und nun, hatte ich nichts mehr.

10           Ein letztes Mal blickte ich in den Rückspiegel, wo das Dorf langsam in immer weiterer Ferne rückte. Die Straße vor mir war durch die vergangenen Regengüsse noch immer ganz nass. Niedergeschlagen und trauernd, begab ich mich auf den Weg zurück in die Großstadt. Sobald ich wieder an die vergangenen Tage denken musste, überkamen mich meine Gefühle. Unweigerlich tauchten dann Erinnerungen an die schönsten Momente, die wir gemeinsam in dieser nur kurzen Zeit erlebten, in meinem Kopf auf. Die Existenz dieser unvergesslichen Erinnerungen war alles, was mir noch von ihr geblieben war. Wegen unserer Seelenpartnerschaft, hatte ich mir jedoch einfach mehr erhofft. Als sie sagte, dass wir für immer im Geiste vereint wären dachte ich,  sie wäre weiterhin für mich hör- oder fühlbar. Die Wahrheit war allerdings, dass ich nur eisige Leere spürte, sonst nichts. War ich noch nicht reif genug, und musste lediglich noch etwas warten? Vielleicht waren diese Erinnerungen aber auch wirklich alles, was mir noch geblieben war. Ich wusste es nicht.   Als Viona verstarb, blieb ich noch die ganze Nacht lang bei ihr. Selbst Arroth beachtete ich nicht, als er zurückkehrte. Er hielt sich auf Distanz, doch auch er trauerte sehr um den Verlust seiner Schwester. Erst als die Sonne aufging, fing er an seine Wut, seine Trauer und seine Schuldgefühle in Worte zu fassen. Seine Rede kam unverhofft, war jedoch sehr herzgreifend. Er entschuldigte sich viele Male für das, was er getan hatte, und was er tun wollte. Genau wie ich, verfluchte er die Jäger, die auf sie schossen. Dann sagte er mir, dass die Männer noch leben würden. Es verwunderte mich schon ein bisschen, dass er in seiner Rasche meinen Rat doch noch befolgt hatte, und sich dafür entschied Gnade walten zu lassen. „Ich habe diese verdammten Menschen durch den halben Wald und die ganze Nacht lang gejagt. Sie sind weit vom Dorf entfernt und finde mit Glück sogar wieder zurück. Ich konnte die Furcht in ihren Augen sehen und die Verzweiflung in ihren Schreien hören. Stunde über Stunde habe ich sie glauben lassen, dass die nächste Minute ihre letzte sein wird. Das alles war jedoch noch lange keine Genugtuung. Vielleicht hätte ich sie doch töten sollen. Wenn sie mir jemals wieder begegnen sollten, dann werde ich mich kein zweites Mal zurückhalten!", grummelte er. In den drauffolgenden Stunden lernten wir uns besser kennen. Vor allem auf meine Frage, was ihr Volk glauben würde was mit ihnen nach dem Tod geschieht, antwortete er ausführlich. Auch hier war wieder diese enge spirituelle Verbundenheit zur Natur nennenswert. Sie glaubten an eine spezielle Art der Wiedergeburt. Der Körper bleibt zurück, während die Seele einen besonderen Platz für die Ewigkeit bekommt, von dem aus sie für alle Nahestehenden abrufbar wäre. Dieser Seele entspringt jedoch eine weitere Seele, die ein neues Leben einleitet. In dieser Lebensspanne soll die Seele einen geeigneten Partner für die Ewigkeit finden. Tut sie es nicht, wird sie erneut auf eine Reise geschickt. Wenn sich zwei Seelen gefunden haben, und sich von ihren Körpern gelöst haben, erwartet sie dann ein Widersehen. Arroth erzählte mir viel über die Seelenpartnerschaft, und welche tiefe Bindung sie doch darstellte. Dabei spendete er mir immer wieder Trost und Zuversicht. „Es ist nie zu spät seine Vorurteile abzulegen und seine Meinung zu ändern. Meine Meinung gegenüber Menschen hat sich nun jedenfalls geändert, dank dir. Auch wenn du vielleicht bloß eine Ausnahme bist. Ein Mensch und ein Drache, so verschieden und ungleich, doch darüber saht ihr einfach hinweg. Für mich ist das ein eindeutiger Beweis für eine wahre Seelenpartnerschaft.", meinte er. Kurz vor meiner verspäteten Abreise, einen Tag danach, meldete er sich wieder bei mir. „Ich werde für ein würdiges Begräbnis für Viona sorgen. Du bist jetzt ein Teil der Familie. Ich werde für dich da sein, wenn du mich brauchst. Wann immer du willst, kannst du mir Gesellschaft leisten, und auch gerne über alles sprechen. Ich möchte, dass du mit erhobenen Hauptes und Zuversicht abreist, und auch so irgendwann wiederkehrst.", sagte er zu mir. Zwar dankte ich ihm für das Angebot, doch irgendwann an diesen Ort zurückzukehren, konnte ich mir einfach nicht vorstellen. Selbst wenn mein Schmerz mit der Zeit nachlassen würde, wäre es noch immer eine große Hürde für mich.   Was Arroth mir sagte, half mir sehr. Seine Worte bewahrten meinen Geist durch die Übernahme von Schmerz und Trauer. Alles was ich in den vergangenen Wochen erlebte, sprengte den Rahmen meiner Vorstellungskraft bei weitem. Nun brauchte ich Ablenken, um erst einmal alles zu verkraften. Ich wollte die Ratschläge befolgen, die Viona mir gab, denn sie hatte Recht. Meine Arbeit hatte mich immer tiefer versinken lassen, was sich nun auch nicht ändern würde. Die einzige Möglichkeit bestand noch darin, meine Position abzugeben. Ich brauchte einen Neustart, der mich wieder zurück ins Leben bringen sollte. Und diesen Schritt in ein neues Leben, musste ich nicht einmal alleine wagen, denn meine liebste war noch immer an meiner Seite. Irgendwann, wenn die Zeit denn reif ist, würden wir uns vielleicht sogar wiedersehen.