Unter Drachen 14 - Ein alter Freund

Story by Lord_Eldingar on SoFurry

, , , , , , , ,

#14 of Unter Drachen

Der unmittelbare Anschluss an Kapitel 13 - und es wird nahtlos mit Kapitel 15 fortgesetzt werden.

Eine neue Person tritt auf und ein alter Freund wird wiedergefunden - ein sehr alter Freund... ^^

Daneben wuseln plötzlich Menschen und Draccier umher, eine Prüfung für den wachsenden Zorn eines Drachen... Doch Eldingar steht die Audienzen äußerlich gelassen durch.

Dieses Kapitel ist eine Coop mit dem Anthro-Löwen, der künftig als handelnde Sona gelegentlich auftauchen wird - und Eldingar jetzt eine weitere alte Erinnerung aus seiner Wanderung durch die Zeitalter der Menschenwelt bringt.

Das Ende ist auch hier etwas abrupt - wie auch der Einstieg - da ich ein längeres Kapitel (über 300 Seiten) aufgesplittet habe. Die direkte Fortsetzung kommt mit Kapitel 15.

Dieses Kapitel hat im Original 46 Seiten


Unter Drachen

14. - Ein alter Freund

Wir haben das Ende des Ganges erreicht. Ranjid verschiebt einen Stein - der sich bei genauen Hinsehen als ein gut getarntes Stück Holz entpuppt - und eine Verriegelung löst sich kaum hörbar. Dann drückt er eine Tür auf, auch aus Holz aber außen gut getarnt. Beim Hinausgehen betrachte ich mir kurz die Tür hier, die sehr stabil gebaut ist und einem Angriff wohl eine zeit lang standhalten würde.

Ranjid bemerkt mein Interesse.

„Davon gibt es noch ein paar in diesem Gang und in den Gängen zum Saal sind auch solche Wehrtore, die den Weg absichern. Selbst ohne einen Drachen hier unten würden Menschenheere es nicht leicht haben, Deine Wohnstätte zu erobern. Selbst ein Drache würde etwas Zeit brauchen, alle Tore zu durchbrechen."

Ich nicke nur und folge ihm durch den kurzen, wie eine natürliche Felsspalte wirkenden Gang in die obere Höhle. Genau gegenüber der „Thron"-Apsis kommen wir heraus.

Die Höhle ist leer, trotzdem ist ein Stimmgewirr zu hören, das von außen hereindringt. Stimmen von Dracciern, die ihre eigene Sprachmelodie haben und die sie deutlich von den Stimmen der Menschen, die auch zu hören sind, unterscheidet. -

Menschen hier vor meiner Höhle? - Was bei Erce ist hier los?

Ranjid horcht auch und sieht mich verwundert mit den Kopf schüttelnd an. Er weiß also nichts darüber.

Ich grinse ihm beruhigend zu und mache mich kurzerhand auf den Weg nach draußen. Irgendwer wird mir schon erklären können, warum hier Menschen aufgetaucht sind. Man stelle sich vor: Menschen, die freiwillig zu einer Drachenhöhle kommen. Wie Tascha mir vorhin erklärt hat, gelten wir hier nicht wirklich als gefährlich - anders als in meiner alten Welt - aber alle sind immer sehr vorsichtig und vermeiden nach Möglichkeit den Kontakt mit uns. Was übrigens auf Gegenseitigkeit beruht, auch wir meiden die uns unverständlichen Menschen zumeist.

Am Eingang zur Höhle hat Jaya zwei der Draccier postiert, die beiden schwingenlosen aus Shankars Stamm, Hari und Agni, wie Padmini mir schnell vorstellt. Beide mit braunen Schuppenkleid, Hari etwas dunkler und beide mit unregelmäßigen Flecken auf dem Rücken. Sie haben ein eher dracoides aussehen, da sie keine Haare haben, dafür kurze Finnen im Nacken und recht ausgeprägte Schnauzen.

Sie tragen eine stark reduzierte Version der dunkelblauen Uniform meiner Wache, eigentlich nur einen ledernen Schurz und über die linke Schulter einen leichten Umhang, der in weitem Bogen unter ihrem rechten Arm wieder nach vorne geführt ist und dort am Waffengürtel befestigt wurde. Am Gürtel tragen sie neben ein paar kleinen Taschen, Schwert und Dolch links und eine handliche Wurfaxt rechts. Dazu eine Lanze und über der linken Schulter auf dem Rücken einen Schild.

Als Mensch wäre ich sicher etwas entsetzt darüber, wie sehr sie die Kleidung meiner Wache reduziert haben, aber als Drache ist es mir relativ unwichtig, jedenfalls solange ich sie nicht aus der Ferne von anderen unterscheiden können muss. Zudem ist es einfach die Art der Draccier, sich im Kampf nicht unnötig zu belasten.

Darüber hinaus kann ich mich eigentlich nicht beschweren, denn auf der größten Tasche am Gürtel, auf dem Schurz, dem Umhang und einem Wimpel an der Lanze sehe ich einen stilisierten Drachenkopf vor einem Blitz in Silberstickerei auf blauem Grund. Eindeutig das Wappen eines Blitzdrachen... da hat Jaya sich etwas einfallen lassen, aber wo sie so schnell die vielen Aufnäher hergenommen hat... Tascha jedenfalls zuckt ratlos mit den Schultern.

„Jaya hat das mit dem Wappen mit mir besprochen, ich habe es erlaubt. Da musst Du also mit mir schimpfen. Aber wie sie es so schnell gemacht hat, weiß ich auch nicht. Bei den Menschen vielleicht?" -

„Möglich. Mit dem Wappen bin ich einverstanden. Der menschlichen Seele schmeichelt es, für den Drachen ist es schlicht genug um es akzeptieren zu können. Zumal es einfach eine Tatsache darstellt. - Oder ist es eigentlich Dein Wappen...?" -

Tascha sieht mich scharf an, bereit sich zu verteidigen, grinst dann aber gemeinsam mit mir.

„Nein, das ist Dein Zeichen, das Auge im Wappen ist ja blau. Und ich wusste zu der Zeit, als wir drüber sprachen noch gar nicht, dass ich auch eine Blitzdrachin bin."

Ich strecke meine Hand aus und streiche ihr über die Wange, sie legt ihren Kopf in meine Hand und hält sie mit ihrer fest. Kurz versinken wir in unseren Augen, dann lässt sie mich wieder los und wir gehen hinaus. Die beiden Draccier präsentieren die Lanzen und folgen mir mit ihrem Blick, besser können es auch die Paradewachen im Kreml nicht. Hinter uns blockieren sie wieder den Eingang, Menschen haben da wenig Chancen durchzudringen, selbst wenn es nur zwei sind. Die Spuren auf ihren Schuppen zeugen von einigen überstandenen Kämpfen... - Auch das wohl ein Grund, dass sie nur wenig Kleidung tragen.

Es ist für die Monsunzeit wirklich schönes Wetter. Der Himmel ist nur leicht bewölkt und die Sonne scheint auf die Szenerie, die sich mir bietet. Shankar kümmert sich mit den anderen beiden Dracciern, die auch beide so gekleidet sind wie die Torwache - nur leichter bewaffnet - um eine Gruppe Menschen. Die Menschen haben offensichtlich Waren gebracht, die jetzt von Shankar begutachtet werden. Jedenfalls begutachtet er die Bündel und Körbe eingehend und scheint mit den Menschen zu verhandeln, soweit ich es aus den Sprachfetzen heraushöre.

Einige Meter weiter und auch dichter an der Höhle steht Jaya mit Shanti an ihrer Seite bei einer Gruppe von 10 Dracciern, sechs Männchen und vier Weibchen, die alle zwar eine etwas verwilderte, oder genauer eine uneinheitliche und sehr individuelle, aber intakte und gepflegte Kampfausrüstung tragen - die sehr diszipliniert vor ihr stehen und ihr Rede und Antwort geben. Haben sich einige Freie Draccier entschlossen, hier um Dienst nachzufragen?

Naja, Jaya wird mir sicher bald berichten.

Ja und dann ist da noch der Fremde...

Eindeutig ein Löwen-Anthro. Wie von einer ägyptischen Tempelwand entstiegen steht er da einige Schritte weiter, scheinbar entspannt auf seinen Speer gestützt und sieht sich den Trubel fast schon belustigt an.

Ich - nein, wir - betrachten uns diesen Besucher. Der Kopf eindeutig ein Löwe, ohne menschliche Anzeichen, doch wie mir scheint in der Lage mehr Mimik zu zeigen, als es uns Drachen möglich ist. Eine mächtige, mittelbraune Mähne, die sehr gepflegt wirkt und die in eine gleichfarbige, etwas kürzere Brust- und Rückenmähne übergeht. Die Ohren ragen mit der löwentypischen dunklen Spitze etwas aus der Mähne heraus. An ein paar geflochtenen Strähnen sind einige Schmuckstücke mit eingeflochten, insgesamt aber trägt er - nicht nur die Mähne zeigt deutlich, dass er ein Männchen ist - nur wenig Schmuck.

Sein Körper ist dagegen weitgehend dem eines sportlich durchtrainierten Menschen gleich. Nur dass er von einem fast samtigen kurzen, hell sandfarbenen Fell bedeckt ist und auf den Tatzen eines Löwen steht. Seine Finger dagegen sind schlank und recht lang, mit feinen, aber scharf wirkenden Krallen.

Seine einzige Kleidung besteht aus einem fast knielangen, einem Rock ähnlichen Schurz, der über beiden Oberschenkeln vorne geschlitzt ist und ihm so volle Bewegungsfreiheit gewährt. Für seinen fast bodenlangen, schlanken Schwanz mit der typischen dunklen Quaste ist in dem Schurz hinten ebenfalls ein Schlitz. Dazu ein breiter Gürtel mit einigen Taschen, an dem neben Messer und Dolch, ein Kampfbeil und ein Langschwert hängt, dazu ein Köcher mit Pfeilen.

Der dazugehörige Kompositbogen, den ich als eher kurzen Reiterbogen einschätzen würde, steckt in einem Holster auf seinem Rücken, in dem auch noch zwei Chepesch stecken und der von einem vergleichsweise kleinem Schild bedeckt wird.

Insgesamt eine fast vollständige, altägyptische Waffenausstattung - die Chepesch lassen darauf schließen. Nur der, für die alten Ägypter, recht kleine Schild - bei den Ägyptern war der Schild der einzige Schutz vor Waffenwirkung - und das Langschwert passen nicht ganz dazu. Auch gehörte der Speer erst sehr spät zur normalen Waffenausstattung. Aber vielleicht ist es auch nur das Bild eines löwenköpfigen Menschen, dass mich auf Altägypten schließen lässt. Ein wenig wundere ich mich auch über die Menge an Waffen, die er bei sich trägt - das reicht eigentlich für drei oder vier Krieger... vermutlich ist er aber weit weg von seinem Wohnort und will nur auf alles vorbereitet sein.

An seinem Geruch erkenne ich den Löwen, der uns seit einigen Tagen schon beobachtet hat. Nun ist mir auch klar, warum er diesen fremdartigen Bestandteil in seinem Geruch hat, einen Anthro-Löwen kannte ich bisher nicht. Aber immer noch ist schwach etwas vertrautes in seinem Geruch...

Tascha hat sich das ganze Treiben hier angesehen, auch den neuen Gast betrachtet, hat aber im Moment nicht den Sinn und die Ruhe dafür, vermutlich treiben ihre Instinkte sie voran.

„Verzeih Eldingar, mir behagt die Unruhe hier nicht. Ich möchte jetzt eigentlich mit Dir alleine sein, mich mit Dir ..." Sie verschluckt ihren Wunsch, aber ihr Blick ist sehr eindeutig.

„Mir ist aber klar, dass Du jetzt hier gebraucht wirst. Erlaube mir, mich wie Tyria zurück zu ziehen und mich auf Dich vorzubereiten - und auf das Gewitter, das ich spüre und dem ich ein paar Blitze abnehmen möchte."

Ich züngele sanft über ihre Nüstern, was sie sofort erwidert.

„Natürlich meine geliebte Kriegerin. Ich werde Dich schon finden, wenn hier alles geregelt ist."

Tascha hält meinen Kopf mit beiden Händen und blickt mir kurz liebevoll in die Augen, dann dreht sie sich abrupt um und geht mit schnellen Schritten zur Seite, wo genug Platz ist damit sie dort zum Feral transformieren kann. Natürlich zieht sie damit alle Blicke auf sich, stört sich aber nicht daran. Sie scheint jetzt sogar ein wenig stolz darauf zu sein, auch als Feral annähernd gleich groß mit Tyria und einer Großen als meine Partnerin und zukünftige Mutter von Großen Drachen annähernd gleichgestellt zu sein.

Sie sieht noch einmal kurz zu mir, zwinkert leicht, dann breitet sie ihre Schwingen aus, nimmt den gleichmäßigen Aufwind an und hebt mit einem leichten Schwingenschlag sanft ab. Elegant gleitet sie im Hangaufwind davon und verschwindet schnell hinter dem nächsten Höhenzug.

Ich habe währenddessen die Anwesenden hier beobachtet - alle haben mehr oder weniger gebannt dem Abflug einer Drachin hinterhergeschaut, selbst der Löwe. Nur Jaya und Shankar haben ihre Aufmerksamkeit auch auf mich gerichtet um meine Reaktion auf das Geschehen hier zu erfahren. Ein kurzes Nicken von mir beruhigt Jaya sichtlich - immerhin ist wieder etwas geschehen, über das sie mich noch nicht informiert hat. Aber ich gehe davon aus, dass sie selber von der Situation überrascht wurde und noch gar nicht die Zeit dazu hatte.

Nach ein paar Worten zu den Dracciern kommt Jaya, mit Shanti im Schlepptau, zu mir. Sie trägt jetzt eine ähnliche Kleidung wie Shanti: An einem schmalen Hüftgurt einen schmalen Schurz, der vorne mit etwa 30 Zentimeter Breite anfängt und über den Oberschenkeln dann schnell schmaler wird, bis auf höchstens noch 10 Zentimeter. Hinten ist er anfangs ebenso breit und umschließt ihre Schwanzwurzel, wird dann aber nicht ganz so schmal, vielleicht auf 20 Zentimeter. Vorne wie hinten endet der Schurz auf Höhe ihrer Fersen. Das Material ist offenbar sehr feines, weiches, schwarz gegerbtes Bantleder, wie ich den Spuren der Schuppen in der Haut entnehme. Ansonsten ohne jeden Schmuck, hat Jaya das Blitzdrachen-Wappen links vorne unterhalb des Hüftgurtes aufgenäht. Offenkundig ist sie sehr geschickt mit der Nadel, denn es ist nicht zu erkennen, dass sie wohl nur wenige Minuten Zeit dazu hatte.

Ihre Brustdrüsen hat sie mit einer feinen, schwarzen Seidenbandage bedeckt, die ihr sicher noch viel zu durchsichtig sein dürfte, aber sie hat auf weitere Bandagen verzichtet, da das wohl wieder nicht ordentlich genug ausgesehen hätte. Vermutlich hätte sie ebenso wie Shanti sich das Wappen in die Haare eingeflochten, aber das verhindert meine Panzerung, die ihre Haare zu einer harten, wenn auch elastischen Kappe hat werden lassen. Ansonsten trägt Shanti praktisch die gleiche Kleidung, nur dass diese hell gegerbt ist und so gut mit dem dunkelsandfabenen Schuppen von Shanti harmoniert.

Ihre Position verdeutlicht Jaya mit einem aus Metall geflochtenen Halsband auf dem vorne das feingestickte Wappen, unterlegt von den gekreuzten Schwertern der Schwertmeisterin zu sehen ist. Ich muss gestehen, dass Jaya sich mit ihrem Dienst für mich wohl sehr identifiziert. - Ach ja, vergessen habe ich noch den Schwertgurt, der locker um die Taille geschlungen ist und den beide tragen. Obwohl beide recht ähnlich gekleidet sind, wirkt Jaya schon durch ihre wie poliert aussehenden Schuppen mit ihrer im Licht glänzenden Gestalt als deutlich höhergestellt, das Halsband wäre dazu nicht nötig gewesen.

Vor mir angekommen, grinst sie mich etwas schief an.

„Urplötzlich standen die Menschen hier und brachten uns Waren, die wir bestellt hatten. Sie wollten uns den Weg abnehmen - und ein wenig mehr Geld heraus handeln, wie ich vermute. Gleich darauf waren auch die zehn freien Krieger hier, die bei unseren Stämmen vor kurzen einen Unterschlupf gefunden haben, aber noch nicht voll aufgenommen wurden... - Ich bin noch gar nicht dazu gekommen Isha Rajesh zu informieren... Ich hoffe, er verzeiht mir." -

Ihr kaum merklicher Seitenblick auf unseren ungewöhnlichen Gast, der in Hörweite steht und zu uns herüberblickt, erklärt ihre Vorsicht, mich nicht direkt anzusprechen. Immerhin stehe ich als Anthro hier und ich will mich ja im wesentlichen an die Regeln von uns Großen halten.

„Er wird es sicher verstehen, ich werde Dich notfalls unterstützen." -

Jaya atmet beruhigt auf, an Shantis etwas desinteressierten Blick erkenne ich, dass sie mich nicht erkennt, sie hat mich bisher ja nur als Feral gesehen. Etwas verwundert mich das aber schon, denn Padmini ist ja in meiner Nähe, auch wenn sie im Moment etwas Abstand hält.

Inzwischen hat Ranjid sich überlegt, wie er sich zurückziehen kann auch ohne mich direkt anzusprechen.

„Ich denke, ich werde Shankar ein wenig helfen, immerhin kenne ich die Menschen hier schon etwas länger." -

Ich nicke.

„Ja, eine gute Idee."

Ranjid deutet mit einem Nicken eine Verneigung an und geht zu der Gruppe mit Shankar und den Menschen. Da die Aufmerksamkeit gerade auf ihn gerichtet ist, nutze ich schnell die Gelegenheit und flüstere Padmini zu.

„Weiß Shanti nichts über Deine Position?"

Sie macht eine winzige, verneinende Geste. Aha, offensichtlich vermutet sie in Shanti die Informantin des Clans und sie hat nicht vor, anderen einen Informationsvorsprung zu gewähren. Schon interessant die Vorgehensweise des Nachtkriegerclans. Sie schicken mir eine der ihren, damit diese mir treu dient als Beweis ihrer Freundschaft - und wohl wissend, dass diese damit als Informantin ausfällt, senden sie gleich noch eine weitere mit, die dann die Informationen über mich sammelt.

Bevor die anderen es bemerkt haben, bin ich mit meiner Aufmerksamkeit schon wieder bei Jaya.

„Du sagst, es sind freie Krieger, die bei euren Stämmen leben?" -

Sie nickt.

„Ja, sie sind aus verschiedenen Gründen aus ihren ursprünglichen Stämmen ausgeschieden und suchen eine neue Heimat. Jetzt haben sie sich dazu entschlossen hierher zu kommen. Sie wollen sich in den Dienst von Isha Rajesh stellen, hier vielleicht diese neue Heimat finden."

Ein leichtes Grinsen spielt um ihre Lippen.

„Sie sind auch viel mehr Krieger, als die anderen vier - Padmini und Shanti mal ausgenommen. Als Mundschenke für unseren Herrn sind sie wohl weniger gut geeignet. Aber hier draußen mit den Händlern umgehen und das Sichern der Zugänge sind Aufgaben, für die sie gut einzusetzen wären - und die sie auch gerne machen würden, das haben sie mir schon gesagt." -

„Und Du glaubst, Isha Rajesh würde das akzeptieren?" -

Sie sieht mich offen an und zuckt mit den Schultern.

„Ich weiß es nicht. Aber ich fürchte, es wird unserem Herrn bald zuviel und er schickt uns alle fort. Er ist ein Großer, noch dazu einer der Alten... Und die leben nun mal lieber einsam und wollen ihre Ruhe haben." -

Jaya sieht mich gespannt an. Den Hinweis auf das einsame Leben eines Drachen verstehe ich als einen Wink mit dem Zaunpfahl. Sie weiß ja, dass ich darüber etwas anders denke, obwohl der Trubel hier tatsächlich etwas zuviel des Guten ist, ich muss meine spontane Laune, als Feral alle hier brüllend zu verjagen, herunterschlucken. Weil ich andererseits ja die gemeinsamen Gespräche am Abend mit einem Becher Wein nicht vermissen möchte, fällt mir das aber leicht, denn sogar der Drache, das fremde Denken in mir, hat daran schon etwas Gefallen gefunden.

„Du solltest seine ungewöhnliche Herkunft nicht außer Acht lassen. Und vielleicht eine günstige Gelegenheit abwarten. Vergiss nicht, dass er möglicherweise bald erfahren wird, ob seine Partnerin ihm ein Kind schenken wird." -

Ihre Augen leuchten auf.

„Oh, eine gute Nachricht! Ich danke für Deinen Rat, Sunil."

Jaya hat zu ihrer alten Form zurückgefunden. Sie hat eine Möglichkeit erdacht, mich mit einem Namen anzusprechen, indem sie meinen hiesigen Namen/Titel zerlegt und den nur selten genutzten Teil verwendet hat. Und da der Begleiter von Ranga auch diesen Namen trägt, ist es nicht einmal ein ungewöhnlicher Name. -

„Ich denke, Isha Rajesh wird sie nicht sofort wieder fortschicken, selbst wenn er sich gegen eine Aufnahme entscheidet. Also brauchen sie ein Lager für einige Tage - ich denke, die Unterkünfte hier etwas unterhalb wären gut geeignet." Ich überlege tatsächlich, sie hier in den Dienst zu stellen. Irgendetwas sagt mir, dass ich eine Ordnungstruppe bald brauchen werde. - Na Gut, 'bald' kann in ein paar Jahren sein... Aber da ich fürchte, dass hier schon in einigen Wochen die Menschen ein- und ausgehen, als hätten sie nie Furcht vor einem Drachen gehabt, können mir einige Wachen am Eingang helfen, mir diese neugierigen Nackthäuter von den Schuppen zu halten. -

„Ja, ich habe auch schon an die Truppenunterkunft gedacht. Die ist ja für eine Hundertschaft ausgerüstet." -

„Du willst mich doch wohl nicht erschrecken, kommen noch mehr? Wie soll ich das denn erklären?" Ich sehe sie zweifelnd an. -

„Das ist dann schon meine Aufgabe, keine Sorge Sunil. Aber nein, von weiteren Kriegern weiß ich nichts, diese sind ja schon aus eigenem Antrieb, aber mit Wissen der Stammesältesten, hierher gekommen. Ich hoffe, dass weitere dann nur mit Wissen und Zustimmung von Isha Rajesh kommen werden. - Verzeih Sunil, ich werde mich dann um die Unterbringung der zehn Krieger kümmern und sie und ihren Wunsch dann später Isha Rajesh vortragen."

Jaya verabschiedet sich auch mit einem Nicken von mir und geht wieder zu den neuen Dracciern hinüber. Ich stehe jetzt also alleine hier - nein, Padmini ist ja noch bei mir, wenn auch bisher ruhig im Hintergrund.

Jetzt sieht sie die Gelegenheit, sich mir zu nähern. Etwas überrascht spüre ich ihre Hand sanft auf meinen Bauchschuppen, wenig später gleitet ihre Hand höher und bleibt auf meiner Brust liegen, gleichzeitig schmiegt sie sich ganz zart und sehr leise gurrend an mich. Von außen muss es aussehen, als ob sich meine Gespielin um meine Aufmerksamkeit bemüht, ihre Berührungen sind aber viel zu sanft, fast nicht spürbar und zwar durchaus angenehm, aber nicht wirklich erregend. Durch einen bewusst deutlichem Blick zum Löwen und dem anschließenden zärtlichen Streicheln meiner Wangendornen, verstehe ich, dass sie so meine Tarnung aufrecht erhalten möchte. Sie hat verstanden, dass ich mich ihm noch nicht offen zu erkennen geben möchte und erklärt auf diese Weise ihre Anwesenheit. Und die Tarnung wird sogar noch gestärkt, denn ein Großer Drache würde so etwas einer Dracci wohl kaum gestatten - ein anderer jedenfalls.

Sie streckt sich, Padmini ist knapp einen Kopf kleiner als ich, und beginnt mit ihrer Zunge an meinen Wangendornen zu spielen - auch das so raffiniert, dass es von außen wie eine liebevolle Zärtlichkeit aussehen muss, ich aber fast nichts davon spüre. Das gibt ihr aber die Gelegenheit, mit mir zu sprechen.

„Dein Besuch wird langsam ungeduldig, ich glaube, er wird gleich zu Dir kommen. Ich kann keine Feindschaft oder einen Hinterhalt erkennen." flüstert sie mir sehr leise zu - so leise, dass ich fast glaube, sie hätte auch das Sprachorgan der Drachen.

Ich grinse.

„Ein Attentat auf einen Drachen? - Gib mir fünfzehn Sekunden und dann inhaliere ich ihn..." flüstere ich nur zu ihr zurück.

Padmini grinst zurück und leckt mir blitzschnell über meine Nüstern - das habe ich jetzt aber deutlich gespürt...

Auf meinen wohl deutlich verwirrten Blick lächelt sie nur und schmiegt sich wieder an meine linke Seite, jetzt wieder nur zart spürbar, meine Geliebte spielend.

Der Anthro-Löwe hat jetzt wohl wirklich eine Entscheidung getroffen. Beobachtet hat er mich schon die ganze Zeit mit einem Blick, der mir sagt, dass er ahnt wer ich wirklich bin. Aber jetzt gibt er sich deutlich einen Ruck, nimmt seinen Speer und kommt langsam, mit den geschmeidigen Bewegungen der katzenartigen, auf mich zu.

Ich gebe vor, ihn nicht weiter zu beachten - mein Sehfeld macht es ja möglich, ihn zu beobachten, ohne ihn anzusehen - und setze mich auf einen glatten Fels, von dem hier mehrere verstreut im Gras liegen. Padmini setzt sich neben mein rechtes Bein ins Gras. Einen Moment später spüre ich, wie sie meinen Schwanz etwas zurechtrückt, denn unbewusst habe ich den nach Drachenart um meine Beine geschlungen und dabei über ihre Beine gelegt. Meinen Versuch, den Schwanz wieder von ihren Beinen zu nehmen, verhindert sie schon im Ansatz dadurch, dass sie ihren rechten Arm auf meinen Schwanz gelegt hat und ihn so praktisch festhält. Ihr Blick sagt mir eindeutig, dass es zum einen zu ihrer Rolle passt - aber auch, dass es ihr angenehm ist. Mit dem linken Arm umfasst sie jetzt auch noch mein Bein und legt abschließend noch ihren - vergleichsweise kurzen - Schwanz über meinen um den Kontakt noch zu intensivieren. Meine unbewusste, aber auch mir nicht unangenehme Geste, sie mit meinen Schwanz an mich zu ziehen, hat sie wohl mutiger gemacht. Das sanfte Streicheln ihrer Finger und Schwanzspitze ist jedenfalls jetzt deutlich zu spüren.

Und ich spüre, dass ich wohl schon mehr Drache bin, als ich selber gedacht habe: diese sanften Berührungen, das Gefühl ihrer Schuppen auf meinen, ihre Wärme, der sanfte Duft eines Drachenweibchen, der auch in ihrem Geruch deutlich enthalten ist - das alles wirkt sehr angenehm und beruhigend auf mich. - Der langsam wachsende Drang in mir, mich zum Feral zu transformieren und alle Störenfriede ein für alle Mal zu verscheuchen, vergeht schnell wieder unter dem angenehmen Einfluss eines Drachenweibchens auf mich. Auch wenn dieses Drachenweibchen eigentlich eine Dracci ist.

Das war es also, was Tyria meinte, als sie mir erklärte, dass wir Männchen am liebsten immer ein Weibchen um uns hätten. Ihre Nähe hilft uns, unser Gefühlsleben zu kontrollieren, vor allem diesen unbändigen Zorn, der uns so leicht überfällt. Allerdings verstehe ich noch nicht, warum unsere Weibchen so stark auf ihre Unabhängigkeit bedacht sind, denn ihre Gefühle sind nicht weniger intensiv als unsere. Und zumindest Tyria macht nicht den Eindruck auf mich, als wäre ihr meine Nähe unangenehm.

Der Anthro-Löwe reißt mich aus meinen Gedanken. Er hat uns erreicht und sich etwas seitlich von mir, wieder leicht auf seinen Speer gestützt, aufgestellt. Als Mensch wäre ich sehr beeindruckt - seine Größe, die elegant-stolze Haltung, dazu die edle gepflegte Erscheinung eines herrschaftlichen Löwen... Das Bild eines königlichen Herren.

Aber ich weiß, dass ich mich vor ihm nicht zu verstecken brauche. Für einen Menschen sehe ich im ersten Moment zwar bedrohlicher aus - mir fehlt da das „plüschige" - aber nicht weniger edel und stolz. Und auch wenn ich selber immer das Gefühl habe, mich plump zu bewegen, weiß ich doch, dass auch ich die geschmeidige, aber gegenüber dem Löwen doch deutlich sparsamere, sehr effiziente Art der Bewegung zeige, die den Drachen eigen ist. - Das leichte elegante Hüftschwingen, das Tyria mir gegenüber gerne zeigt, ist schon weitab des normalen für einen Drachen.

Aber er ist schon sehr beeindruckend, dieser pelzige Bursche da vor mir.

Den Blick auf die Szenerie vor uns gerichtet, spricht er mich jetzt an - jedenfalls vermute ich das.

„Überraschend viel Trubel für eine Drachenhöhle."

Eine kräftige tiefe Stimme mit einer sehr akzentuierten Aussprache. Fast glaubt man das Brüllen eines Löwen zu hören. -

Auch ich betrachte das Geschehen, behalte ihn aber dabei im Blickfeld.

„Ja, sehr viel." -

Er sieht mich an.

„Ah, das Sprachorgan eines Drachen. Dann war die Drakari vorhin sicher Deine Partnerin...?"

Er zieht seine Frage, als ob er mich herausfordern will. Wie gut kennt er die Verhältnisse unter uns Drachen wohl... - Ich nicke nur kurz. Natürlich ist Tascha meine Partnerin, ich brauche da nicht mal schwindeln. Aber es ist schon ungewöhnlich, dass er bemerkt, dass wir ein spezielles Sprechorgan haben. Er dagegen spricht ganz normal mit seinen Stimmbändern. Das beweist mir, dass sein Kehlkopf und die Zungenbeweglichkeit mindestens so gut entwickelt sind, wie bei den Menschen.

„Ist der Große Drache da? Ich würde gerne mit ihm reden." er sieht mich jetzt direkt an, ein wenig herausfordernd - ja er ahnt wer ich bin, das ist sicher.

Wieder nicke ich kurz.

„Oh bitte - warum muss man euch Drachen immer jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen...?"

Er wirkt jetzt etwas genervt. -

Ich zucke mit den Schultern. Er verdreht die Augen und schüttelt den Kopf.

Grinsend wirft Padmini mir einen Blick zu, sie hat ja schon bemerkt, dass ich normalerweise gesprächiger bin, als die anderen Drachen. Ich erlöse ihn dann mal.

„Verzeih. Wir wirken wohl etwas wortkarg auf die Mammalen. - Ja Isha Rajesh, der Paladin Erces, Lord Eldingar ist hier." -

Er überlegt kurz.

„Eldingar. Das klingt irgendwie nordisch. - Du stehst in seinem Dienst...?" -

Wieder dieses herausfordernde Ziehen der Frage, wieder nicke ich.

„Du sagst, Du möchtest ihn sprechen?" -

„Richtig. Lässt sich da etwas arrangieren?" -

Ich zucke mit den Schultern.

„Er ist ein Großer, die interessiert nicht, was die anderen Völker machen. Aber ich denke, er wird zuhören..."

Padmini dreht sich vom Löwen weg, damit er ihr Grinsen nicht sieht. Sie scheint sich sehr darüber zu amüsieren, wie ich hier den Drakarin in meinem eigenen Dienst spiele. -

„Du meinst, er würde sich nicht für mich interessieren?" Er sieht mich verwundert an. -

„Sowas ist bei den Großen immer schwer zu sagen. Aber er wirkte doch etwas desinteressiert am Geschehen hier draußen."

Das ist nun eindeutig geschwindelt. Nicht nur ich - alle Drachen würden sich dafür interessieren, was vor ihrer Höhle passiert. In der Regel jedoch würden sie die Eindringlinge ohne langes Überlegen direkt vertreiben. -

„Oh, ich hätte gedacht, dass er sich für den einzigen meiner Art hier doch etwas interessieren würde." -

Ich lege meinen Kopf auf die linke Seite. Der einzige seiner Art? Gut, das würde erklären, warum ich noch nie von einem Anthro-Löwen hier gehört habe.

„Der Einzige? - Ich muss zugeben, dass ich bisher nur Drachen als Anthros kenne, aber wie kann es sein, dass es neben Dir keinen weiteren gibt?"

Der Löwe atmet tief durch, während ich durch ein Zupfen an meinem Schwanz auf Padmini aufmerksam werde. Sie sieht mich fragend an, ich weiß, was sie wissen will - ob ich auch sie als Drache ansehe und nicke leicht. Zwar habe ich bisher noch keine Draccier ohne komplettes Schuppenkleid getroffen, denn in den den beiden Clans von Jaya und Shankar gibt es nur wenige, bei denen das menschliche Blut überwiegt. Aber für mich zählt jeder, der wenigstens etwas Drachenblut in seinen Adern hat, auch als Drache. Obwohl ich auch zugeben muss, dass auch ich da schon noch Unterschiede sehe. Aber auch mein „Bauchgefühl", der Drache, der tief in meiner Seele steckt, der Drache, der ich einmal war und dessen Denken und Fühlen immer mehr in mein Bewusstsein dringt, auch der ist dieser Meinung - grundsätzlich jedenfalls.

Padmini versteht mein Nicken, greift meinen Nacken und zieht mich zu sich heran. Der schnelle Kuss, den sie mir gibt und ihr Blick, zeigt mir sehr deutlich ihre Dankbarkeit. Gleich sieht sie mich wieder etwas besorgt an über das, was sie da eben gewagt hat, aber ich nehme es ihr nicht übel. Die Draccier werden gebraucht, oft sogar gefürchtet, erhalten aber nur selten wirkliche Anerkennung. Schon gar nicht von uns Drachen, da kann ich ihre spontane Reaktion durchaus verstehen.

Den kurzen Moment hat der Löwe sich mit einem Ausdruck angesehen, den ich als Lächeln interpretiere.

„Ein Drache mit einer Dracci - das habe ich auch noch nicht gesehen." -

Gut, er weiß wohl wer ich bin, vorhin sprach er von Tascha als Drakari... - so leicht lässt sich die Nase eines Löwen wohl nicht täuschen. Aber ich halte die Tarnung noch ein wenig aufrecht, mir macht das Spiel jetzt Spaß - ihm wohl auch, wie ich am Blitzen seiner Augen erkenne.

„Ich habe da kein Problem - Isha Rajesh sieht auch die Draccier als ein Volk der Drachen an." -

Der Löwe zieht eine Augenbraue hoch.

„Ein ungewöhnlicher Drache, der Herr dieses Reiches... Nun, nach dem was ich gehört habe, ist er ja auch kein richtiger Drache." -

Padmini dreht sich ruckartig zu ihm und faucht ihn an.

„Isha Rajesh ist ein Drache. So richtig und echt, wie ein Drache nur sein kann. Wage es nicht, das anzuzweifeln, wenn Du nicht meine Krallen und meine Klinge spüren willst - Löwe!"

Das 'Löwe' stößt sie mit einer Verachtung aus, dass ich sie verwundert ansehe. -

„Ich hörte, dass er ein Mensch ist..." versucht er sich zu verteidigen. -

„Ja, er war ein Mensch, der durch die Gnade Erces zum Drachen wurde. Zu einem Drachen, reiner und edler, als alle anderen heute lebenden Drachen. Viel zu Edel um sich mit so einem Fellbündel wie Dich abzugeben." faucht sie ihn weiter an.

Ich lege beruhigend meine Hand auf ihre Schulter.

„Bitte keinen Streit darüber. Ich verstehe eure Standpunkte, unser Besucher hat nur wenige Informationen, hat Gerüchte gehört und Du, Padmini, möchtest diese falschen Gerüchte aus der Welt schaffen. -

Vielleicht erzählt uns unser Besucher ein wenig über sich - und wir können vielleicht das eine oder andere Gerücht über Lord Eldingar aufklären. Teilweise habe ich es ja mit erlebt..." beruhige ich meine Nachtkriegerin mit einem Lächeln. Über das 'teilweise' muss auch sie grinsen.

„Setz Dich doch ein wenig hier neben mich und lass uns ein paar Informationen übereinander austauschen."

Ups, jetzt habe ich mich doch verraten. Aber der Löwe ist sich wohl schon so sicher über mich, dass er nicht weiter darauf reagiert. Mit einem Nicken legt er einen Teil seiner Ausrüstung griffbereit neben den Felsen seitlich von mir und setzt sich dann ebenfalls. -

„Entschuldige, ich wollte den Drachen, der hier der Herr ist, nicht beleidigen." sagt er dann ruhig an Padmini gerichtet.

„Er muss in der Tat etwas besonderes an sich haben, wenn eine Dracci ihn so verteidigt." -

Padmini sieht ihn nur mit einem wütenden Funkeln in den Augen an. Ich bin ein wenig verwundert darüber, wie sehr sie mich einem Fremden gegenüber verteidigt, obwohl sie natürlich bemerkt hat, dass es mich nicht besonders stört. Ich schlinge meinen Schwanz etwas fester um ihre Hüfte, was sie mit einem engeren Ankuscheln an mein Bein beantwortet. Sie atmet tief durch, wirft mir einen entschuldigenden Blick zu und beginnt wieder, die Umgebung zu beobachten, während sie spielerisch mit ihren Fingern die Muster meiner Schuppen nachfährt. Ich muss mich ziemlich zusammenreißen um nicht mit dem Schnurren zu beginnen, so angenehm sind ihre zärtlichen Berührungen für mich. Wieder frage ich mich, warum die Weibchen freiwillig darauf verzichten und sich von uns zurückziehen, denn Padmini scheint es ebenfalls zu genießen, nicht nur weil ich ein Großer bin.

„Er ist schon interessant." lenke ich mich mit einer Antwort an meinen Besucher ab.

Sein Lächeln wirkt überraschend menschlich. Eindeutig ist er zu wesentlich mehr Mimik fähig, als wir Drachen. -

„Ich muss mich bei Dir entschuldigen. Eigentlich hätte ich mich schon am Anfang vorstellen müssen. Lass mich das bitte jetzt nachholen. Mein Name ist Tem." -

Hmm, Tem... Ich habe das Gefühl, den Namen zu kennen. Aber es will mir nicht einfallen woher. -

„Du hast sicher schon gehört, ich werde Sunil gerufen. Nun Tem, was führt Dich zu uns?" -

Ich möchte die - eigentlich wohl überflüssige - Tarnung noch ein wenig aufrecht erhalten. Ich habe den Eindruck, dass es ihm so auch etwas leichter fällt, unbefangen mit mir zu sprechen.

„Die Neugier."

Auf meinen schiefgelegten Kopf hin seufzt er und erklärt.

„Ich wurde in einer anderen Welt geboren, eine Welt der Menschen. Meine Familie - meine Art - hat von der großen Schöpfergottheit die Aufgabe erhalten, in andere Welten zu ziehen und die Menschen dort zu leiten, sie zu führen, den richtigen Weg zu zeigen." -

„Interessant - zumindest im wesentlichen die Aufgabe, die in dieser Welt die Großen Drachen erfüllen." -

„Wobei eure Erce nicht der Große Schöpfer ist." -

„Erce ist die Manifestation der Lebenskraft, die alle belebten Welten des Universums durchströmt. Nach meinem Gefühl somit die Kraft, die auch hinter den Göttern steht. Doch lass uns nicht über Glauben und Götter streiten, das ist ein sinnloses Unterfangen. Wenn ich in meinen Leben eines erkannt habe, dann das." -

Tem nickt.

„Du hast Recht. Ich habe es am eigenen Leib erfahren. Aber davon später mehr. Seit ich in dieser Welt bin, habe ich mich aus allem herausgehalten, mich zurückgezogen und mein Leben hier gelebt mit nur wenigen Kontakten zu den Menschen und keinen Kontakten zu den Herrschern dieser Welt, also euch Drachen..." - ich sehe ihn zweifelnd an, wir sind nicht die Herrscher in dieser Welt. -

„...Ja, ich weiß, dass ihr euch als Hüter dieser Welt seht, aber real ist der Unterschied nur gering. - Das ist der Grund, warum ihr mich nicht kennt. Ich habe mich erfolgreich vor euch versteckt." -

„Warum versteckst Du Dich jetzt nicht mehr?" -

„Gute Frage, eigentlich weiß ich es auch nicht so recht. Mein Volk stammt nicht aus dieser Welt und auch nicht aus der Welt, in der ich geboren wurde und doch ist die so etwas wie meine Heimat. Und nun konnte ich ein wenig von der Witterung des Großen Drachen hier aufnehmen, so schwer das eigentlich ist. In dieser Witterung ist etwas, dass mich an die Welt meiner Geburt erinnert - und das möchte ich klären. Nach fast dreitausenddreihundert Jahren bin ich doch neugierig, ob ich hier jemanden aus dieser Welt treffe und was sich dort getan hat..." -

Das erklärt mir einiges. Zum einen seinen Wunsch mich zu treffen, vor allem aber auch das eigenartig vertraute in seinem Geruch. Er wurde anscheinend in der Welt geboren, aus der ich komme. Ich kenne meine Heimatwelt ja nicht mit dem Geruchssinn eines Drachen, aber doch scheine ich in seinem Geruch etwas aus meiner Welt zu erkennen.

Padmini ist auch aufmerksam geworden, sie ahnt wohl, bald etwas über mich erfahren zu können.

„Deine Art gehört also auch zu den Langlebigen, mit Dreitausenddreihundert bist Du ja bereits doppelt so alt, wie ein Drakarin lebt." -

Wieder seufzt er.

„Ich weiß nicht, ob es ein Segen oder ein Fluch ist, der mich getroffen hat. Dass ich auf Wasser Einfluss nehmen kann ist ja hilfreich und mit viel Kraft konnte ich eine zu hohe Nilflut bremsen und langsamer steigen lassen. Aber wenn alle um Dich herum sterben... Meine Art wird normalerweise einige hundert Jahre alt - und mir ist es nicht vergönnt meine Langlebigkeit auf meine Nachkommen zu übertragen. So war ich schon in der Welt meiner Geburt zuletzt alleine, denn nach einiger Zeit kamen keine meines Volkes mehr in die Welt dort. Den Grund kenne ich nicht - achso, ich war fast Viertausendachthundert Jahre alt, als ich den Weg in diese Welt fand." -

Also hat er schon über 8,000 Jahre auf seinem Fell.

„Die ganze Zeit dort im Land am Nil - so hast Du den Fluss doch genannt...?" -

„Die meiste Zeit. Aber auch ein wenig in den angrenzenden Ländern." -

„Es hat Dir dort aber nicht gefallen..." -

Tem schüttelt den Kopf.

„Das ist komplizierter. Eigentlich habe ich mich dort recht wohl gefühlt. Das Land hat mir gefallen - das fruchtbare Flusstal, trotz der recht dichten Besiedelung durch die Menschen, gab es immer Wild zum jagen, notfalls nur ein paar Tagesreisen im Süden. Dann die Ruhe der weiten Wüste, die Oasen dort... - auch die Menschen waren sehr interessant und unterhaltsam. Und ich durfte ihnen helfen, ihre Zivilisation dort aufzubauen. Das war schon spannend, die Entwicklung zu beobachten - auch wenn sie irgendwann anfingen, sich in ihrem Glauben und ihrer Kultur festzufahren, so gab es in ihrem Leben doch immer wieder neues. - Ich könnte den Menschen hier noch einiges zeigen, dass die Ägypter bereits kannten."

Er verstummt, offensichtlich hat ihn die Sehnsucht nach dem Ort seiner Geburt auch nach dreitausenddreihundert Jahren noch nicht verlassen. - Ich rechne kurz nach: demnach müsste er Ramses II ja noch gekannt haben. - Ich spüre, dass da irgendwo tief in mir eine Erinnerung steckt, aber ich komme nicht dran...

Auf meinen wieder einmal schiefgelegten Kopf holt er tief Luft und spricht weiter - er weiß also, was das bedeutet.

„Nein, ich habe wirklich gerne dort gelebt. Und ich habe auch den Menschen immer gerne geholfen. Aber das mit dem Glauben... Ihr Drachen kennt das doch auch: wenn Menschen etwas für sie Fremdes treffen, sie etwas nicht verstehen, oder sie etwas oder jemanden fürchten - auch wenn das ohne Grund ist - dann reagieren sie zumeist auf zwei Arten. Sie bekämpfen es, versuchen das oder denjenigen zu vernichten oder zu vertreiben. Oder sie beginnen es oder ihn zu verehren, zu ihrem entrückten Anführer, oder sogar zu ihrem Gott zu machen. - Nun, da die Ägypter ohnehin ihre Götter im Tierreich suchten, machten sie mich irgendwann zu ihrem Gott." -

„Und das wolltest Du nicht?" -

„Ich bin kein Gott! Kein göttliches Wesen, nicht mal ein Wesen höherer Art. Zwar kann ich die Form eines Löwen annehmen und mit einiger Anstrengung auch die Form eines Menschen. Ich habe eine gewisse Gewalt über das Wasser, auch wenn ich es nicht ganz beherrsche, da haben einige von euch Drachen mehr Macht. - Aber das alles macht mich nicht zu einem Gott. Nicht mal zu einem Cherub oder Deva. - Oder seht ihr Drachen euch als Götter?" -

Ich schüttele den Kopf.

„Jedenfalls ist mir keiner bekannt, der dieser Meinung wäre." -

„Über zweitausend Jahre habe ich dagegen gekämpft. Habe ihnen immer wieder erklärt, dass ich nicht der Gott bin, den ihre Priester auf die Wände malen ließen, auch wenn es ein Abbild von mir war. Einige haben es begriffen, aber es wurden mit der Zeit immer weniger, die mich nicht als übernatürliches Wesen ansahen..."

Hallo Großer, Du bist ja ganz durcheinander..."

Sálleiðtogi hat bemerkt, dass ich versuche die Erinnerung, die ich deutlich spüre, mir ins Bewusstsein zu rufen. -

Hallo Schwesterchen. Ja, mein Besucher hat da eine Erinnerung geweckt, aber ich komme nicht an sie heran, obwohl ich weiß, dass sie mir erlaubt ist."

Ich übermittele ihr gleichzeitig meine Erinnerung der letzten Minuten, bzw. erlaube ihr, dass sie diese abrufen darf.

Wenn Du erlaubst, versuche ich an die verschüttete Erinnerung zu kommen und Dich dann zu führen." -

Ja gerne."

Ich erlaube es ihr wirklich gerne, denn sie wird mir dabei helfen, meine Vergangenheit besser zu verstehen. Und da ihre Neugier jetzt ohnehin geweckt ist, wie ich überdeutlich spüre... - Nebenbei weiß ich plötzlich, dass es ihr helfen wird, ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Oh Erce, sag es mir doch einfach, ich helfe Sálleiðtogi gerne dabei, selbst wenn sie sich dann kreuz und quer durch mein Bewusstsein gräbt. -

„... Zuletzt waren es fast nur noch einige Menschen aus dem Fayum - dem Ort an dem ich geboren wurde - die mich irgendwie noch als einen der ihren angesehen haben. Da hat uns wohl die gemeinsame Herkunft verbunden."

Tem hat nichts von meinem Kontakt mit Sálleiðtogi bemerkt, wenn ihm die Farbänderung in meinen Augen aufgefallen ist, weiß er ohnehin nichts damit anzufangen. Padmini allerdings sieht mir mit sehr schmalen Pupillen in die Augen, sie hat die Farbveränderung sofort registriert. Ich neige mich vor und züngele schnell über ihre Nüstern, was ihre Pupillen kurz weit werden lässt.

„Alles in Ordnung, ich erkläre es später."

Ich habe meine Stimme nur auf sie konzentriert, Tem kann nichts hören, mögen seine Ohren auch noch so gut sein... Ein Vorteil unseres Sprachorgans.

Sie seufzt, dann wird ihr Blick wieder ernst und die schmalen Pupillen zeigen ihre Anspannung, noch ist sie nicht wirklich beruhigt. Also entweder hat auch sie sich in mich verliebt, oder sie nimmt ihren Dienst wirklich ernst.

Sie mag Dich sehr, aber verliebt ist sie nicht. Sie ist nur sehr glücklich darüber, dass Du nicht nur ihr Herr bist, sondern sie auch in eine enge freundschaftliche, fast schon familiäre Beziehung aufgenommen hast." -

Habe ich das?" -

Ja. Auch wenn es Dir noch nicht ganz bewusst ist. Aber Du wirst sie schon bald so behandeln, als wäre sie auch Deine Schwester." -

Hey, gegen Dich wird sie nie ankommen, meine kleine Drachenlady."

Sálleiðtogi übermittelt mir ein Kichern.

Da habe ich auch keine Angst. Ich weiß, wie sehr unsere Seelen verbunden sind. Selbst wenn wir es kaum bewusst bemerken, aber ohne diesen ständigen Kontakt können oder wollen wir beide wohl nicht mehr leben."

Sie hat Recht. Wir könnten wohl leben, ohne den anderen in seinem Bewusstsein zu spüren, aber auch ich will ihren sanften Kontakt nicht mehr missen. Wir sprechen ja nicht ständig zueinander, geschweige denn, dass wir die Gedanken des anderen mithören. Es ist nur die zarte Präsenz des anderen, das Wissen, sie ist da...

Die Erinnerung ist da, Großer. Ich bin da jetzt nicht eingedrungen, weiß also nicht, was es ist - aber es fehlt nur noch ein Schlüssel: ein Wort, ein Name, irgendwas."

Dann werde ich mich wohl noch ein wenig gedulden müssen.

Verzeih, ich wollte da jetzt nicht aktiv eingreifen..." -

Nein, schon richtig. Es freut mich, dass Du vorsichtig mit Deiner Fähigkeit umgehst." -

Mama zeigt mir ja immer, wie wichtig es ist, vorsichtig und aufmerksam mit den Fähigkeiten umzugehen, die Erce uns gegeben hat. Sie trägt mich gerade zu einem Ort, wo sie einigen Menschen helfen möchte, ich bin jetzt fast immer dabei, wenn sie unterwegs ist. Und immer, wenn wir in der Nähe des Dorfes sind, setzt sie mich für einige Zeit bei Raissa ab. Ich lerne da viel über die Menschen, denn ihr Vater erzählt mir auch viel. Die im Dorf haben sich auch schon an mich gewöhnt, da guckt schon keiner mehr, wenn ich da lang laufe. Aber alle begrüßen mich, wenn sie mich treffen." -

Ja, das ist unter den Menschen üblich. Und wie Du jetzt erlebst, auch meistens nicht so umständlich, wie bei uns Drachen."

Wieder ein kurzes Kichern, dann zieht Sálleiðtogi sich etwas zurück, denn sie sind angekommen und Fjörgyn fordert jetzt wieder die Aufmerksamkeit. Wobei ich weiß, dass Fjörgyn uns unseren Kontakt nie verbieten würde.

Ich richte meine Aufmerksamkeit wieder auf Tem.

„Ja, so eine gemeinsame Herkunft kann schon eine starke Bindung sein, selbst wenn einen sonst wenig verbindet. Immerhin kommst Du von einer anderen Welt, bist ganz offensichtlich kein Mensch, hast Fähigkeiten, die kein Mensch hat. - In einer Welt, in der noch an jeder Ecke Geister oder Götter gesehen werden, in der man glaubt, dass alles von Göttern gesandt wird, ist das schon schwer, es zu sehen und es nicht als göttlich zu bezeichnen." antworte ich Tem laut.

Ein wenig bin ich schon froh darüber, dass dieses fremde, strenge und sehr gradlinige Denken des Drachen tief in mir ist. Es hilft mir jetzt, den Faden nicht zu verlieren.

Und es ist auch notwendig, denn Padmini zupft sanft an meinen Fingerschuppen.

„Verzeih, dass ich Dich störe, aber die Waffenmeisterin des Herrn hat mir mitgeteilt, dass die Menschen dem Herrn ein Anliegen vortragen wollen." -

Ich sehe zu Jaya hinüber, die jetzt mit Shankar bei den Menschen steht und mit den Schultern zuckt. Offensichtlich konnte sie es den Menschen nicht ausreden.

Seufzend nehme ich meinen Schwanz von den Beinen Padminis und stehe auf. Schnell steht sie an meiner Seite auf der Position, die ein Schatten üblicherweise einnimmt.

„Nun, es ist wohl Zeit, Isha Rajesh, den Paladin Erces, Lord Eldingar zu bitten, uns mit seiner Anwesenheit zu ehren. Wenn Du uns begleiten möchtest, Tem. Lord Eldingar wird sicher einen Moment Zeit für Dich finden." -

Auch Tem steht auf und sieht mich seufzend, aber auch ein wenig belustigt an.

„Ihr Drachen mögt ja dieses Umständliche. Wie habe ich den Herrn dieses Landes anzureden?" -

„Oh, die Menschen sind gerne so besonders theatralisch dabei. Unter den Großen Drachen ist es nur üblich, sich mit Lord oder Lady und dem Namen anzureden. Allerdings ist darauf zu achten, dass die Anrede in der dritten Person erfolgt." Er sieht mich fragend an, sicher war die Grammatik im alten Ägypten anders.

„Ihr und Euch, statt Du und Dich - naja und dann auch etwas altmodisch höflich." -

Tem nickt.

„Ah ja. Ja von solchen umständlichen Formen hat mir Rahotep noch erzählt..." -

Rahotep... etwas löst das in mir aus.

„Rahotep...?" frage ich daher schnell. -

„Ja, ein Freund den ich dort hatte. Der letzte, bevor ich gegangen bin. Einer, der nicht glauben wollte, dass ich ein Gott bin und mich als normales Wesen behandelt hat. Genau hieß er Pa-Ra-hotep, Sohn des Pa-Hem-netjer... - Entschuldige, ist etwas mit Dir?" -

Ich verliere fast das Gleichgewicht, denn als er den Namen auf altägyptisch nennt, ist der Damm in meiner Erinnerung gebrochen und die Erinnerung an ein Leben als Mensch dort in Ägypten strömt in mein Bewusstsein. Aber im nächsten Moment habe ich mich auch schon wieder gefangen.

„Nein, alles in Ordnung. Mir ist nur etwas eingefallen und ich habe nicht auf den Weg geachtet."

erkläre ich ihm und Padmini kurz. Sie nimmt mir das aber nicht so ohne weiteres ab, ein Drache stolpert selbst als Zweibeiner praktisch nie, unser Tastsinn und die Reflexe sind einfach zu schnell, als dass das passieren könnte... Aber sie sagt nichts. Nur ihre Pupillen werden noch schmaler, wenn das überhaupt noch geht. Lächelnd lege ich meinen Arm um ihre Hüfte und gehe weiter zur Höhle.

Padmini macht zuerst kurz eine Bewegung, als ob sie sich von mir lösen wollte - aber im nächsten Augenblick begreift sie auch die tiefere Bedeutung dieser Geste. Mit einem vorsichtigen Seitenblick schiebt sie ihren Arm langsam unter meinen Schwingen durch und legt ihre Hand ebenfalls auf meine Hüfte, ermutigt durch mein leichtes Anheben der Schwingen, damit sie es einfacher hat. So gehen wir vor den Augen aller mit der menschlichen Geste tiefer Vertrautheit zur Höhle. Selbst wenn nicht alle wissen, wer ich bin, spüre ich doch, wie sehr Padmini dies genießt. Diese gar nicht so kleine Geste der Vertrautheit.

Ein Räuspern hinter mir lässt mich vermuten, dass Tem wohl nur mit Mühe ein Grinsen unterdrücken kann - ihm scheint klar zu sein, was es für eine Dracci bedeuten muss, sich so an einen Großen schmiegen zu dürfen.

In der Höhle gehe ich mit Padmini immer noch im Arm, direkt zur Apsis und steige mit ihr auf das Podest. Tem bleibt davor stehen.

„Du weißt ja, was Du tust, aber nach dem, was ich von den Großen so gehört habe, bleibe ich lieber hier vorne stehen..." erklärt er lächelnd. -

„Womit Du nicht ganz unrecht hast, so ein Drache ist schon recht groß. Und auch wenn ich oft anders denke, als die anderen meines Volkes, habe auch ich gewisse Prinzipien." -

Padmini lässt mich los und geht ein paar Schritte zur Seite. Sie hat, ohne dass ich es ihr sagen musste, begriffen, was ich jetzt tun möchte. Obwohl es auch für sie eine Premiere ist, sie hat noch keine Transformation von mir erlebt.

Ich gehe ebenfalls ein paar Schritte nach hinten, drehe mich wieder um und hocke mich hin - in dieser Position fällt mir der Übergang in die vierbeinige Feralform einfacher. Kurz konzentriert und schon spüre ich, wie die Lebensenergie in mich fließt, mein Bewusstsein in ein helles, warmes Licht taucht und mich für einen kurzen Moment von meinem Körper trennt. Nur weit entfernt spüre ich, wie mein Körper sich wandelt - das Gefühl des Wachsens, das ich beim ersten Mal hatte, hat sich verändert. Es ist jetzt mehr, als ob ich zwei Körper habe - während ich den materiellen Körper beseele, wartet der andere als Teil meiner Lebensenergie im Strom auf mich - und jetzt wechsele ich die Körper, der materielle wird zur Lebensenergie, der im Lebensstrom materialisiert. So jedenfalls übersetzt mir mein Bewusstsein diesen Vorgang, was aber vermutlich auch nicht vollständig dem wirklichen Vorgang entspricht. Das Gefühl des Wachsens - oder Schrumpfens - entsteht nur dadurch, dass meine Sinneseindrücke während der Transformation die Perspektive ändern. Von außen allerdings wirkt es tatsächlich, als ob der Körper wächst und seine Form ändert, oder schrumpft natürlich. So jedenfalls war mein Eindruck bei den anderen bisher.

So ein oder zwei Sekunden nach dem Abschluss meiner Transformation - ich orientiere mich gerade und bemerke, wie Jaya vom Eingang her herüberblickt und dann eine Gruppe der Menschen und die Draccier-Neuankömmlinge hereinführt - höre ich Padmini.

„Unser Herr, Isha Rajesh Sunil beehrt uns mit seiner Anwesenheit. Beugt die Knie vor dem Paladin Erces, Lord Eldingar, Herr der Blitze und Bezwinger der Stürme."

Ihre Stimme ist überraschend laut und deutlich zu vernehmen. Offensichtlich hat sie einen Standort entdeckt, an dem die Akustik für solche Ansagen optimiert wurde.

Gleich nach ihren Worten, dreht sie sich zu mir, schaut kurz zu mir mit einem Augenzwinkern hoch, sinkt dann auf ihr Knie und neigt leicht ihren Kopf.

Jaya und Shankar stoppen ihre Begleiter in gebührenden Abstand und machen es Padmini nach. Ebenso Shanti, die wieder nahe bei Jaya ist. Die anderen Draccier legen zusätzlich ihre Rechte auf den Boden. Die Menschen dagegen liegen auf beiden Knien und verneigen sich tief, die Stirn auf dem Boden.

Tem sieht sich kurz um, blickt mich dann mit einem leichten Lächeln und einem fast unmerklichen Kopfschütteln an - und macht es dann ebenfalls Padmini nach.

Ich sehe mir das ganze an, eigentlich möchte ich das ja nicht so in dieser sehr unterwürfigen Art, aber die Ehrerbietung, die mir so erbracht wird, das Gefühl der Macht, die ich ja tatsächlich habe, ist schon sehr angenehm. Mit einem tiefen Durchatmen bemühe ich mich, diese Gedanken wieder zu verdrängen. Es entspricht nicht dem Bild, das ich von einem Drachen habe. Und auch die Gedanken des Alten Drachen tief in mir warnen mich davor, dieser Versuchung zu erliegen - so fremd und unheimlich mir die Denkweise des Drachen, der ich vor langer Zeit einmal war, auch immer noch ist.

Kurz recke ich mich und stelle mich entsprechend eindrucksvoll hin, dann sehe ich mir das ganze noch einmal an, bevor ich ein zufriedenes Grollen ausstoße. Ich finde selber die kräftige sehr tiefe Stimme eines Drachen immer wieder beeindruckend.

„Ich danke euch und begrüße euch in meiner Wohnstätte. Erhebt euch."

Auch unser Sprechorgan klingt nicht weniger beeindruckend, wie ich von den anderen weiß.

Tem und die Draccier kommen meiner Aufforderung auch gleich nach. Nur die Menschen müssen von Shankar nochmals ermutigt werden. Schon merkwürdig, sie haben den Mut hier zu erscheinen und wollen mit mir sprechen, aber wenn sie vor mir stehen - oder fast liegen - dann ist es schnell vorbei mit dem Mut. Da fallen mir gerade wieder die Siedler ein, die ich vor ein paar Tagen hier besucht hatte und die sich mir deutlich mutiger gegenüber gestellt hatten. Allerdings befürchteten die auch, dass ich ihr Dorf zerstören könnte.

„Tem, ich möchte zuerst mit den anderen Besuchern sprechen." wende ich mich an den Löwen.

„Denn ich glaube, unser Gespräch wird etwas ausführlicher werden."

Sein Blick ist fragend, aber er nickt nur.

Padmini hat sich jetzt neben meine rechte Hand gestellt und beobachtet wieder alles, jetzt aber mit dem Ausdruck einer Kriegerin.

„Nun Jaya, was wünschen meine Besucher von mir?" -

Sie sieht sich kurz um und winkt dann den Dracciern. Die kommen auch sofort näher und stellen sich vor mir auf. Kurz sehen sie sich an, dann tritt eine grünschuppige Dracci einen Schritt vor. Sie hat kurzgeschnittene braune Haare, über denen auch ein grüner Schimmer liegt. Mit ihren Schwingen ist ihre Erscheinung schon recht drachenartig und etliche Narben zeugen von ihrer Kampferfahrung.

„Mein Name ist Aditi, Isha Rajesh. Wir sind zehn freie Krieger aus verschiedenen Stämmen des Südens, die beim Ganga-Stamm Aufnahme gefunden haben. Doch wir suchen eine Heimat - Dein Angebot einer Heimat für alle Draccier klingt interessant, also möchten wir in Deinen Dienst treten und bitten um Aufnahme." -

„Ich verstehe. Doch ihr bittet um Aufnahme in eine Heimat, die erst noch geschaffen werden muss." antworte ich. -

Aditi dreht sich kurz zu den anderen um, ich registriere ein fast unmerkliches Nicken bei ihnen, sie wendet sich wieder mir zu, mit einem leichten Grinsen.

„Das klingt nach einer interessanten Aufgabe, Isha Rajesh." -

„Nun, wenn euch eine Kriegerunterkunft vorerst Heimat genug ist..." -

„Die Herrin Jaya hat uns die Räume bereits gezeigt. Bereits das ist mehr Heimat, als wir bisher je hatten, sogar bei unseren eigenen Stämmen. Werden wir nach unserem Dienst etwas Land erhalten, Herr?" -

„Land, oder eine andere Möglichkeit für euer Leben zu sorgen. Krieger in meinem Dienst werden nicht auf der Straße als Bettler enden. Aber das gehört auch zur Zukunft." -

Aditi nickt und dreht sich wieder zu ihren Kameraden - und Kameradinnen - um. Alle nicken ohne langes Nachdenken, ziehen ihr Schwert und knien dann nieder. Aditi dreht sich wieder zu mir.

„Isha Rajesh, wir bitten Dich um Aufnahme als Krieger in Deinen Dienst."

Dann zieht auch sie ihr Schwert und kniet nieder.

„Unser Schwert gehört ab sofort Dir, Isha Rajesh. Unser Schwert und unser Leben wenn es nötig ist."

Die anderen neun stoßen gemeinsam ein bestätigendes Brummen aus. -

„Ich begrüße euch also als Krieger in meinem Dienst. Meine Schwertmeisterin wird euch weiter einweisen."

Die zehn Draccier verneigen sich kurz und stehen dann auf. Ich bemerke, dass Aditi Jaya lächelnd zunickt und der schwingenlose sandfarbene Draccier mit einer kurzen braunen Mähne verstohlen zu Tem herüberblickt - der wiederum ein gewisses Interesse an dem Draccier zu zeigen scheint. Liegt das daran, dass der mit seiner Schuppenfarbe und der kurzen Mähne fast einem jungen Löwenanthro ähnelt?

Jaya verneigt sich kurz militärisch und kommandiert meine neuen Krieger ab, die auch perfekt reagieren, als Krieger jedenfalls sind sie gut ausgebildet.

Shankar hat die Begleitung der Menschen übernommen und versucht nun einen von ihnen zu ermutigen. Schließlich gelingt es und einer kommt vorsichtig, mit gesenktem Blick etwas näher.

Grinsend spreche ich ihn an.

„Nun stehst Du schon hier in der Höhle des Drachen und traust Dich nicht mal, ihn anzusehen... - Nur Mut. So schnell beiße ich nicht und wegen einem Blick röste ich auch niemanden."

Mein belustigter Ton ermutigt ihn wohl wirklich, jedenfalls hebt er seinen Blick und sieht mich an. Deutlich spüre ich seine Neugier, die jetzt die Oberhand gewinnt. Doch er hält sich zurück.

„Ich bitte Dich um Verzeihung Isha Rajesh. Wir sind alle Bewohner der Siedlungen in der Nähe Deiner Höhle." -

„Ich grüße Euch. Was führt Euch zu mir." -

„Danke... - Der Handel, Isha Rajesh, der Handel führt uns zu Dir. Seit einigen Tagen handeln Deine Diener mit uns und erwerben verschiedene Dinge..." - er stockt.

„Ja, das ist mir bekannt. Und bisher sind eure Waren von guter Qualität." -

Der Mensch verneigt sich hastig.

„Danke Isha Rajesh. Es ist uns eine Ehre, dass unsere bescheidenen Produkte Deinen Geschmack treffen." -

„Ja. War das der Grund, warum Du mit mir sprechen wolltest?" -

„Ja... - Nein, bitte verzeih, Isha Rajesh. Wir... wir haben uns überlegt, ob wir Dir die von Dir gewünschten Dinge nicht direkt liefern dürfen..." -

„Und ihr so ein wenig mehr dafür erhaltet, nicht wahr?" -

Erschreckt verneigt er sich wieder, noch tiefer.

„Bitte, Isha Rajesh, verzeih uns..." -

Ich muss lachen - was die Menschen nur noch mehr erschreckt. Aber das habe ich ja selber erlebt.

„Keine Sorge. Mir ist der tiefere Sinn des Handels durchaus bekannt. Für Ware wird ein angemessenes Äquivalent geleistet, das gleiche gilt für Dienstleistungen. Nun, was euch der Schutz und der Frieden eines Drachen wert ist, wird sich zeigen. Meine Verwalter werden mit euch schon einen Wert aushandeln." -

„Ja Isha Rajesh. Das wird sicher geschehen. Aber..." -

„Aber...?" ich lege eine leichte Drohung in meine Stimme. Sie sollen sich auch nicht zu sicher fühlen hier. -

Er zuckt zusammen.

„Es ist nur... wir dachten... verzeih... aber... ein Handelshaus..." stottert er eingeschüchtert.

Es wirkt also.

„Ach so. Ihr denkt daran, hier einen Handelsstützpunkt zu errichten. Nun, es könnte durchaus vorteilhaft sein, wenn die Wege kurz sind. - Aber nicht hier oben. Ich wünsche ungestört zu bleiben, es reicht, wenn jemand mich sprechen möchte. Weiter unten am Berg bin ich mit einer kleinen Siedlung der Menschen einverstanden. - Solange ihr meine Ruhe achtet. Und es muss euch klar sein, dass hier auch Draccier siedeln werden und diese euch gleichgestellt sind." -

Er atmet sichtlich auf.

„Ja Isha Rajesh. Damit sind wir vollauf einverstanden, es ist bereits mehr, als wir erhofft hatten. - Was die Draccier angeht: wir hier haben mit ihnen keinen Streit und einige wenige leben bereits in verschiedenen Siedlungen hier in der Nähe. - Verzeih bitte, wir haben eben gesehen, dass Du einige Draccier in Deinen Dienst genommen hast. - Wir selber sind Händler und Bauern, aber einige Menschen wird es sicher geben, die ebenfalls als Krieger in Deinen Dienst treten würden..." -

„Wenn meine Schwertmeisterin sie als geeignet ansieht, nehme ich ebenso Menschen in meinen Dienst. Derzeit werde ich aber nicht viele weitere Krieger benötigen." -

„Natürlich. Es war auch mehr die Frage, wie Du zu uns Menschen stehst, Isha Rajesh." -

Ich sehe ihn an und lege meinen Kopf nach links - was will er mir damit sagen... - Dann begreife ich.

„Oh, ich verstehe. Dass ich bislang Draccier in meinen Dienst genommen habe, bedeutet nicht, dass ich diese den Menschen vorziehe - nur weil ihr Körper von Schuppen bedeckt ist, oder warum auch immer. Sie sind nur etwas unbefangener gegenüber einem Drachen. Oder einfach nur mutiger... - Falls es Dich beruhigt: ein junger Mensch, der bald seine Ausbildung als Schmied abgeschlossen hat, möchte sehr gerne in meinen Dienst treten, obwohl er einen sehr weiten Weg hierher hat." -

Einer der anderen Menschen räuspert sich.

„Verzeih mir Isha Rajesh... ich bin Devadas. - Äh, der... der Sohn meiner Schwester - er lernt das Handwerk des Zimmermanns und Schreiners. - Er wünscht sich ebenfalls in Deinen Dienst treten zu dürfen. Verzeih, er sagt, Du kennst ihn..." -

Welchen Menschen soll ich hier kennen... Dann fällt mir das Dorf an meinem ersten Tag hier ein.

„Sei gegrüßt Devadas. Du sprichst von Kumar?" -

Ja Isha Rajesh. Er lernt so gut er kann, damit er als guter Handwerker für Dich tätig sein darf. - Und... bitte verzeih... Sitara fragt, ob sie noch mal mit Dir fliegen darf..." -

„Ich wusste, dass ich einen Fehler mache. - Ich werde beide nicht vergessen, Devadas." -

Jetzt sieht mich der Sprecher der Menschen besorgt an.

„Ich... Verzeih mir bitte Isha Rajesh. Ich habe die Höflichkeit vergessen... Mein Name ist Chetan. Ich bin Viehzüchter und handele mit den Waren, die unsere Siedlungen erzeugen." -

„Ich grüße Dich Chetan. Und ich wiederhole meine Zustimmung zu einer Handelssiedlung unten an meinem Berg. Wenn ihr Hilfe benötigt, könnt ihr euch an den Mittler wenden, den Jaya oder Shankar euch benennt." -

Shankar tritt einen Schritt vor.

„Vorerst werde ich das noch selber machen, Herr." Er sieht zu den Menschen.

„Wenn es dann keine weiteren Anliegen gibt, bitte ich um Erlaubnis, mich mit den Menschen zurückziehen zu dürfen."

Ich nicke und er sammelt seine Gruppe, von denen die meisten froh zu sein scheinen, die Drachenhöhle wieder verlassen zu dürfen. Als sie endlich draußen sind, lasse ich seufzend den Kopf hängen.

„Ich hatte vergessen, wie unbequem solche Audienzen sind - und wie ineffektiv es meistens ist. Triff Dich mit einem oder zwei, am besten vor Ort und bespreche, was zu besprechen ist - dann ist es meist erfolgreich. Versammeln sich viele in Deiner Residenz, wird nur unsinniges Gerede dabei herauskommen." -

Tem sieht mich an.

„Das klingt nach einem erfahrenen Verwalter in führender Position." -

„Das sind Erinnerungen, die geweckt wurden." antworte ich mit einem leichten Schulterzucken. -

„Ich fand das Treffen hier eigentlich gar nicht so ineffektiv. Es ist doch was dabei herausgekommen - oder nicht?" -

Ich seufze, dann hebe ich meinen Kopf und sehe ihn direkt an.

„Ja, schon richtig. Aber es wurde viel zu viel geredet." Er sieht mich fragend an.

„Jedenfalls für einen Drachen." schränke ich mit leichtem Grinsen ein. -

„Achso, ja." er grinst auch.

„Du... - entschuldigt - Ihr hättet mir nichts vorspielen brauchen, Lord Eldingar. Es war mir schnell klar, wer Ihr seid, Euer Geruch war eindeutig." -

„Das habe ich übersehen, normalerweise ist mein Geruch nur schwer wahrzunehmen, aber meine Weibchen verwirren meine Sinne wohl etwas, wenn sie meine Schuppen kraulen..."

Ich sehe Padmini an, die eine entschuldigende Geste macht - aber auch sichtlich stolz darauf ist, dass ich sie auch als 'mein Weibchen' mit einbezogen habe.

„Aber es hatte auch den Grund, dass ein Besucher freier mit einem Drakarin spricht, zumal mit einem Anthro, als mit einem Großen. Selbst diejenigen, die nicht direkt Furcht vor uns haben, sind doch zumindest vorsichtig. Unser Ruf ist da ja etwas speziell." -

Tem nickt - hat aber ein aufmerksames Auge auf mich gerichtet.

„Das ist schon richtig. Bitte entschuldigt, wenn ich mich gerade ein wenig unbehaglich fühle und nicht besonders gewandt rede - das liegt daran, dass ich einem Drachen, einem Feral, noch nie so nahe gewesen bin, wie jetzt gerade. Und einem von euch schon gar nicht. Das ist nichts persönliches, aber ich habe die Großen stets gemieden." -

„Aber es war Dein Wunsch, mich zu treffen, Tem..." -

Er atmet tief durch.

„Ja, schon richtig. Obwohl ich schon seit ein paar Minuten überlege, ob es klug war, Euch mit den unbedeutenden Wünschen eines Fremden in Eurer Welt zu belästigen. Verzeiht mir bitte." -

Ich sauge die Luft langsam durch meine Nüstern. Ja, er hat diesen bekannten Geruch. Jetzt, wo meine Erinnerung an eines meiner früheren Leben als Mensch geweckt wurde, weiß ich auch, was es ist, das mir bekannt vorgekommen ist. -

Bitte Ralf, warte nicht mehr so lange. Ich kann gleich nicht mehr so direkt dabei sein - ich muss hier aufpassen - und er läuft gleich weg..." -

„_Neugieriges Biest."_grinse ich innerlich. Aber Sálleiðtogi hat schon recht, Tem macht jetzt den Eindruck, als ob er so schnell wie möglich aus meiner Höhle verschwinden möchte.

„Mache Dir keine Sorgen, Tem. Ich fühle mich nicht belästigt durch Deine Anwesenheit. Und die meiste Zeit bin ich eigentlich ganz umgänglich."

Vorsichtig, insbesondere um Padmini nicht zu gefährden, lege ich mich hier auf dem Podest hin. Auch hier sind entsprechende Mulden eingearbeitet, die mir die liegende Position sehr bequem machen. So kann ich meinen Kopf einfacher senken und mit Tem sozusagen auf Augenhöhe reden. Ich muss aber gestehen: 'Augenhöhe' ist hier sehr aus der Sicht eines Drachen gesehen...

„Ich habe nicht vor, Dir den Pelz zu versengen. Und Du hast ja auch noch nichts von mir erfahren. Oder interessiert Dich nicht mehr, wie es in der Welt dort drüben weiter gegangen ist?" -

Jetzt habe ich wohl sein Interesse wieder geweckt.

„Es stimmt also? Ihr seid tatsächlich aus meiner Welt? Erkennt Ihr auch den Geruch unserer Welt an mir?" -

Ich nicke.

„Ja, es stimmt. Nur der Geruch, den ich an Dir wahrnehme und an den ich mich erinnere, ist nicht der Geruch der Welt dort drüben - das ist etwas sehr viel direkteres und persönlicheres... Und ich finde, wir sollten beide beim Du bleiben, alter Freund..." -

Padmini, die inzwischen vor mir steht und wohl überlegt, ob sie sich in meine linke Hand setzt, die ich locker vor mir liegen habe, sieht mich mit einem überraschten Blick an. Tem jedoch reagiert noch nicht.

„Äh, ja - wenn Ihr... Du es wünscht, gerne. Eigentlich entspricht es auch mehr meiner Art - nur ihr Großen Drachen habt so eine ausdrückliche Präsenz, da scheint es sogar mir angebracht." -

„Ja, das kann ich noch gut nachvollziehen. Als ich mich von gleich drei Großen umgeben sah - zudem war ich bereits dem Tod näher, als ich zu der Zeit wusste - da war diese Präsenz schon sehr erdrückend. Nur die beruhigende Nähe der Tochter Fjörgyns, das angenehme Gefühl der Hände einer jungen Drachin, die mich am Leben hielten, machten es mir möglich, überhaupt mit ihnen zu sprechen." -

Ich nicke Padmini ermunternd zu, die offensichtlich wieder überlegt, ob sie sich einfach in meine Hand setzen darf. Sie fühlt sich als mein Schatten im Moment wohl nicht gebraucht, aber möchte doch wissen, was ich von mir zu verraten bereit bin. Und einer der bequemsten Plätze hier oben ist dann wohl die Hand eines Drachen. Man muss nur den Mut haben, das auch zu nutzen.

„Dann wart... warst Du wirklich ein Mensch? - Wie..." Tem überlegt, wie er seine Frage am besten anbringen kann.

„Das 'wie' kann nur Erce beantworten. - Ja ich war da noch ein Mensch. Aus der Welt, aus der auch Du gekommen bist, Tem. Ich habe zufällig bei einem Ausflug eine junge Drachin getroffen - oder sie mich, genau genommen. Wir haben uns schnell angefreundet, auch wenn es keine Drachen in unserer Welt gibt und sie meistens als Wesen des Schreckens angesehen werden, die es nur darauf absehen, Menschen zu töten. Naja, Sálleiðtogi, die da noch ihren Nestlingsnamen trug, zeigte mir, dass es in Wirklichkeit doch etwas anders ist.

Dann kam ihre Mutter wieder zurück - Fjörgyn schätzte die Lage falsch ein und verletzte mich unbeabsichtigt sehr schwer. - Naja, Sálleiðtogi weigerte sich, meine Seele gehen zu lassen und hielt mich fest." -

Das sanfte Streicheln meiner Handfläche durch die unbewussten Bewegungen von Padminis Schwanz stoppt kurz. Sie sieht mich überrascht an. Aber Tem spricht mich an.

„Sie hat Dich nicht sterben lassen? Deine Seele in Deinem Körper festgehalten? So eine Kraft haben die Drachen?" -

„Sálleiðtogi hat diese Fähigkeit. Zumindest bei mir." -

Ich glaube, dass ich es auch bei anderen kann, aber nicht so gut, wie es bei Dir geklappt hat. Wir beide gehören eben zusammen." klingt in meinem Bewusstsein auf. -

Meinst Du sowas wie eine Seele in zwei Körpern?" -

Nö, eher wie 'zwei Dumme, ein Gedanke'..." Sie übermittelt mir den Eindruck, dass sie schnell wegläuft. - Mein kleines Drachenmonster. Ich bin aber froh darüber, dass sie diese Erkenntnis so jugendlich unbekümmert aufnimmt, denn hinter ihren, mir übermittelten, Gedanken ist nichts bekümmertes oder nachdenkliches.

Hey Großer. Ich weiß, dass wir Drachen nur existieren, weil wir eine Aufgabe zu erfüllen haben. Mama hat mit mir darüber gesprochen. Ja und ich glaube, Deine Aufgabe ist es, diese Welt vor einer Gefahr zu schützen und ich bin dazu da, Dir zu helfen. Und in der restlichen Zeit dürfen wir auch ein wenig Spaß haben. - Ich bin schon gespannt, wie der Löwe reagieren wird..."

Kurz und knapp auf den Punkt gebracht. Und wieder dieses fremde Denken der Drachen... Sálleiðtogi ist sonst ja bemüht, ihre Gedanken an mich anzupassen - was ihr offensichtlich nicht mal besonders schwer fällt. Aber das eben zeigte mir wieder mal, dass sie doch ein Drache ist. Und dass ihre Intelligenz wesentlich früher entwickelt ist, als bei den Menschen.

Padmini hat diese Information inzwischen geschluckt, ihr Schwanz schlängelt schon wieder über meine Handfläche und sie sieht mich offen neugierig an.

Tem nimmt das auch erst mal so hin.

„Und wie ist das mit dem Drachen passiert?" Er zweifelt noch. -

„Wie es mit mir weitergegangen ist? - Fjörgyn entschied, es hier zu versuchen, mich zu heilen. Aber auch ihr Sohn, Græðarinn, ein Heiler, konnte mir nicht helfen, da mein Körper seine Heilkräfte nicht angenommen hat. Ich konnte seine Kräfte spüren, aber mein Körper reagierte nicht darauf. Also blieb nur noch die Möglichkeit, dass ich das Blut eines Drachen erhalte, um in diese Welt integriert zu werden." -

„Drachenblut? Ist das nicht tödlich für uns?" -

„Ja. Aber wie ich jetzt weiß, gibt es einige wenige, deren Blut auch für Säuger heilend sein kann, wenn ein Heiler seine Kraft darauf konzentriert. Fjörgyn gehört zu diesen Lebensspendern. Lord Eldflóð vermag die Energie des Lebensstromes zu konzentrieren - und so war die Situation geschaffen, die es Erce ermöglichte, meine Seele in den Körper eines Drachen zu versetzen. Ein wenig von dem Menschen ist aber noch in diesem Körper mit enthalten. Alle Drachen sagen mir, dass sie ein wenig Mensch an mir riechen können." -

„Ich glaube Dir, aber wie kann das sein? Nach meiner Erfahrung interessieren sich die Götter nicht für uns Sterbliche - oder Langlebige. Und die, die es tun, sind keine Götter." -

„Die Lebensenergie, der Strom des Lebens, die Kraft, aus der wir Drachen unsere Fähigkeiten beziehen, ist kein Gott. Dem Leben, ob Mikrobe oder Drache, ob Pflanze oder Tier, entspringt eine Kraft, eine Energie, die der Planet, der das Leben trägt, sammelt und bündelt. Und diese Kraft, die aus dem Leben stammt, kann das Leben auch beeinflussen." versuche ich ihm zu erklären. -

„Und wer ist Erce?" -

Huh, jetzt wird es schwierig. Für mich ist Erce ja fast eine Person im Lebensstrom, mit der ich mich unterhalten kann.

„Für mich die Personifizierung der Lebensenergie. Für andere das Synonym dafür. Die Masse der Seelen, die in den Lebensstrom eingehen, erzeugen irgendwann eine eigene Intelligenz. Und die wird von denen, die mit dem Lebensstrom in aktiven Kontakt stehen, Erce genannt." -

„Du hörst auf Erce?" -

Mein lieber Löwe, ich kenne dich. Besser, als Du ahnst...

Aber noch spiele ich mit.

„Ich bin ihr Geschöpf. Ich bin, was ich bin, nur durch Erce." -

„Du tust also was Dir gesagt wird..." -

„Nein."

Er sieht mich überrascht an. So klar hat er es nicht erwartet.

„Ich erhalte Informationen von Erce, keine Befehle. Mein Leben wurde bisher von Erce gesteuert, das ist richtig. Aber in Zukunft erhalte ich das Wissen über das, was geschieht und die Gründe, warum ich eingreifen soll. Und dann kann ich entscheiden, ob und was ich mache." -

„Und Du denkst, Du erfährst immer die Wahrheit?" -

„Ja, nur sicher nicht immer alles. Du hast auch nicht immer die Wahrheit gesagt, Tem..." -

„Was..." -

„Du hast den Menschen nie verraten, dass Du aus einer anderen Welt stammst. Du wurdest in unserer Welt zwar geboren, aber bist kein Mensch, auch wenn Du ihre Gestalt annehmen kannst. Du hast Dich zwar immer gewehrt, als Gott oder als Sendbote der Götter angesehen zu werden, aber Du hast nie widersprochen, wenn man Dir alle möglichen magische Fähigkeiten angedichtet hat. -

Und Du hast einem Freund nie verraten, dass Du einen langen und tiefen Streit mit der Familie vonRa mesi su meri Amunhattest und deswegen fortgegangen bist." -

„Woher..." -

„Ich kenne Dich Tem, oder Temu. Aber eigentlich kenne ich Dich als Atum - Der, der sich selbst erschaffen hat. Vorderster der Neunheit, Licht des Ur-Nichts. Aus Dir entstanden die göttlichen zwei Geschlechter Schu und Tefnut und Du schufst das Diesseits und das Jenseits. Du bist der Lichtgott, die Sonne des Abends und der Nacht. Du bist auch Re, dem ich geweiht wurde. -

Ja, ich kenne Dich, Atum." -

„Warst Du Priester in Iunu? Du klingst genau wie sie..." -

Das kam jetzt recht verächtlich rüber. Ja, Du hast mir selber gesagt, dass Du nicht der Gott bist, den mein Volk in Dir sehen wollte.

„Zum Ende meines Lebens ehrte mein Freund und Pharao Ra mesi su meri Amun mich mit dem Amt des Wer-mau von Iunu, und ernannte mich dazu auch zum Wer-cherep-hemut. Auch nach über vierzig Jahren als Tjati des Nordens im Dienst des Pharao noch eine hohe Ehre, da diese Positionen sonst ja meist den Söhnen des Pharao vorbehalten waren." -

„Du bist also Ägypter." -

„Du meinst jetzt, bevor ich hierher kam und ein Drache wurde? - Nein, da war ich Deutscher - ein Volk, das Du nicht kennst, hoch im Norden noch weit jenseits des Meeres, in das der Nil sich ergießt. Aber meine Seele hat viele Leben gelebt in der Welt dort, die wir unsere Heimat nennen. Das Leben, an das ich mich gerade erinnere begann in der Regierungszeit von Sethi meri en Ptah, im Fayum. Mein Vater war später auch der Hoherpriester des Ptah..." -

Atum macht eine abwehrende Handbewegung, gleichzeitig kommt er aber langsam näher und schnuppert immer wieder, er versucht wohl in meinen Geruch den Menschen wahrzunehmen.

„Du... - nein, das kann nicht sein... Aber... - Sethos, Sohn des Ramses und Vater des zweiten Ramses? Du meinst diesen Sethos?"

Immer wieder schnuppert er. -

Ich strecke meinen Hals etwas und halte ihm meinen Nacken hin.

„Hier, hinter den Wangendornen im Nacken sitzen wichtige Duftdrüsen, da kannst Du mich am besten wahrnehmen, auch den geringen Anteil des Menschen." -

Er kommt vorsichtig näher, wirft einen etwas zweifelnden Blick in mein Auge und auf mein aufmunterndes Nicken wagt er es, mich zu berühren, mit einer Hand hält er sich geradezu an einem meiner Wangendornen fest, die andere liegt auf meinen Halsschuppen.

„Bitte, entschuldige..." flüstert er fast. Dann schnuppert er, stockt, schnuppert nochmal, intensiver - und nochmal.

Ich dagegen fühle die haarlose Innenseite seiner Hand auf meinen Schuppen, erinnere mich an die Berührung seiner feingliedrigen Hände, erinnere mich an die vielen sanften Berührungen dieser sonst so starken Hände auf meiner Haut, wenn er mich hielt und beschützte, als ich als Kind mich bei ihm geborgen fühlte...

Mit einem überraschten kurzen knurrenden Röhren eines Löwen springt er zwei, drei Schritte zurück und sackt auf seine Knie, bleibt dann auf seinen Fersen sitzen und starrt mir in die Augen, denn ich habe mich ihm jetzt wieder zugewandt, meine Nüstern keinen halben Meter vor ihm. Und mit seinem Geruch so in meinen Nüstern weiß ich jetzt auch, was mir die ganze Zeit an ihm bekannt vorgekommen ist. - Nicht der Geruch der Welt, die wir hinter uns gelassen haben, nein, es ist sein Geruch, an den ich mich sogar mit der blockierten Erinnerung an dieses Leben damals, irgendwie doch erinnert habe. Als Kind habe ich oft mein Gesicht in seiner Mähne vergraben, habe oft an das weiche Fell seiner Brust gekuschelt ein Nickerchen gemacht - da habe ich sogar als Mensch seinen Geruch so aufgenommen, dass ich mich jetzt an ihn erinnert habe. Das Geruchsgedächtnis von uns Drachen hat mir dabei aber schon geholfen.

Atum sieht mich an, versucht in meinen Augen irgendetwas zu erkennen.

„Du riechst wie... aber das ist doch unmöglich, Du kannst nicht Rahotep sein, er war ein Mensch und muss schon lange zu Staub zerfallen sein..." -

„Ja und nein. Ich war Rahotep - der Rahotep den Du gekannt hast, Dein, wie Du vorhin gesagt hast, letzter Freund in der Welt dort. Und schon lange gestorben, tot und mumifiziert. Aber meine Seele wurde wiedergeboren, wanderte noch in fünfzig oder sechzig weiteren Leben durch die Welt, ehe Sálleiðtogi mich fand und hierher brachte. - Interessant, dass die Seele den individuellen Geruch beeinflusst." -

„Ich verstehe das einfach nicht. Die Menschen haben immer versucht, mich zu ihrem Gott zu machen - und jetzt hocke ich hier und weiß nicht mehr weiter. - Schließe ich die Augen, dann rieche ich den kleinen Rahotep tief da drinnen - aber wenn ich dann die Augen öffne, sehe ich nur eine Echse, ein Krokodil... „ -

Padmini, die näher gekommen ist und fast neben Atum steht, faucht ihn wütend an.

„Bitte Padmini. Ich verstehe ihn ja." beruhige ich sie. Sie senkt verlegen den Kopf. -

Atum sieht sie traurig, fast müde an.

„Entschuldige, ja natürlich sehe ich einen Drachen. Aber ich sehe eben nur diesen Drachen, da ist nichts von einem Menschen, nichts von Rahotep, nicht mal in den Augen kann ich eine Spur erkennen, da blickt mich nur ein Drache an - nur etwas von seinem Geruch kann ich wahrnehmen. Machst Du keinen Scherz mit mir? Bist Du wirklich Rahotep?" -

„Atum, alter Freund, ich scherze nicht. Ich weiß nicht, wie viele Menschen das noch erleben, aber ich war ein Seelenwanderer. Auf eine besondere Art bin ich schon immer ein Langlebiger gewesen - nur eben auf viele kurze Leben aufgeteilt. Und ohne Bewusstsein über die früheren, schon gelebten Leben. Jetzt, als Drache in dieser Welt, kann ich auf eine lange Erfahrung über das Verhalten der Menschen und der Entwicklung ihrer Technik zurückgreifen. Und manchmal wird mir auch die Erinnerung an ein Leben wiedergegeben. -

Ja ich bin, genauer ich war auch Rahotep. Aber zuletzt war ich ein anderer Mensch, dreitausenddreihundert Jahre weiter in der Geschichte der Menschheit. Mit anderem Hintergrund, einer anderen Geschichte, einem völlig anderen Leben ohne besondere Berührungspunkte zu Rahotep. Wäre ich ihm vor ein paar Tagen begegnet - ich hätte ihn, mich, nicht erkannt. Und die vielen Leben dazwischen - denn nach dem Ende eines Lebens, habe ich gleich ein neues, vom vorherigen unabhängiges Leben als Mensch begonnen... - diese vielen Leben haben wohl alles, was Dir bekannt war, mittlerweile verwischt." -

Atum betrachtet mich immer noch intensiv. Und schüttelt jetzt bestimmt den Kopf.

„Nein. Das ist nicht der Grund. Ich sehe nur einen Drachen vor mir, nichts von einem Menschen, nicht mal von einem mir fremden Menschen. Nichts, nur Drache. Wäre da nicht dieser Rest von dem bekannten Geruch, würde ich Dir kein einziges Wort glauben." -

„Ich verstehe. Ein Drache hat es da wohl etwas leichter. Obwohl auch Græðarinn mich als reinen Drachen erkannte. - Nun, vielleicht liegt es daran, dass ich zwar sehr viele Leben dort drüben gelebt habe, aber ebenso nicht aus der Welt dort stamme, wie Du. Ich bin aus dieser Welt nach drüben gesandt worden, ich war damals auch ein Drache, als die Drachen noch ein junges Volk waren, wild und ungestüm, noch stark von ihren Emotionen beherrscht. Ich bin nach drüben gegangen, um dort von den Menschen zu lernen. Hätte ich gewusst, wie das abläuft, wäre ich wohl nicht so bereitwillig gewesen. Denn ich musste dazu dort meinen Körper zurücklassen um als Mensch wiedergeboren zu werden. Nun, ich war da, ich hatte mich dazu bereiterklärt und ein Drache war damals eher noch stolzer, als die heute - also habe ich das dann auch durchgezogen. Ich starb als Drache und wurde als Mensch geboren. Anfangs noch mit der Erinnerung an die vorhergehenden Leben, was nicht einfach war. Daher haben wir bald entschieden, dass ich mich nicht mehr an die vorherigen Leben erinnern sollte. Und so war ich bald ein Mensch unter den Menschen, vollständig einer von ihnen. Bis heute - ich fühle mich immer noch mehr als Mensch und fürchte ein wenig den Drachen, der in mir erwacht ist." -

„Demnach habe ich also einen Drachenwelpen in meinen Armen gehalten..."

So langsam scheint Atum damit zurecht zu kommen. -

„Irgendwie schon. Zumindest die Seele von einem in dem menschlichen Körper. - Dass Du mich immer als Deinen „Welpen" bezeichnet hast, hatte mich übrigens sehr stolz gemacht. Zum Glück glaubten meine Eltern mir, dass sie Dich nicht fürchten müssen, Du für mich ein Lehrer und väterlichen Freund bist. - Meine Mutter war darüber sogar sehr glücklich, sie glaubte ja an Deine göttliche Herkunft. Mein Vater, als Priester, hat ja bereits gezweifelt und war bereit, an Deine Menschlichkeit zu glauben - auch wenn für einen Ägypter ein Löwenanthro damals nicht gerade ein normaler Mensch war." -

Atum nickt.

„Es stimmt, Pa-Hem-netjer hatte als Priester erkannt, wie oft die Menschen betrogen wurden und war daher bereit mir zu glauben, dass ich trotz allem kein Gott bin. Vielleicht hat er auch nur gedacht, dass ein Gott sich nie mit diesem Wildfang, der sich sein Sohn nannte, abgeben würde." -

„War ich so wild? Zugegeben, ich habe Dir oft die Mähne zerzaust, selbst noch als ich älter war. Und Dich ein wenig zu ärgern und mit Deinen Ohren spielen, war immer ein Spaß für mich, selbst wenn Du irgendwann die Geduld verloren und mich entnervt angebrüllt hast. Manchmal so ernst und wütend, dass ich befürchtete, Du jagst mich für immer weg." -

„Manchmal war es auch wirklich zuviel des Guten. Du wusstest sehr gut, dass ich das nicht ausstehen kann." -

„Nun, wenn es schon reicht, nur über die Haare an den Ohrenspitzen zu streichen oder zu blasen, damit sie zucken..." Atum zuckt grinsend mit den Schultern.

„Aber ich habe bemerkt, dass Du mich, Rahotep nicht vergessen hast. Du trägst immer noch mein Amulett mit dem ich Ra geweiht wurde und dass ich Dir ein paar Tage vor Deinem Verschwinden gegeben hatte." -

Atum greift an seinen Gürtel, an dem ein altes Ra-Amulett befestigt ist. Alt und abgegriffen, aber immer noch deutlich erkennbar.

„Das Amulett. Zwar von einem Gott, an den ich nie glaubte, aber das ein Freund sein bisheriges Leben lang getragen hatte. Ja, ich habe es noch immer und es erinnert mich an die wenigen guten Zeiten am Ende. Warum hast Du es mir eigentlich gegeben, ich hatte nicht gesagt, dass ich für immer fortgehen wollte." -

„Dein Verhalten hatte sich verändert. Als Kind konnte ich mich immer bei Dir ankuscheln, Du hast mich gehalten, meine Wildheit toleriert, mich im weichen Fell Deiner Brust schlafen lassen. Auch später, als ich älter war, konnte ich Dir immer nah sein. Immer wenn ich Trost brauchte oder Probleme hatte und meine Eltern mir nicht helfen konnten, war Dein weiches Fell meine Zuflucht. Und Dein Rat hat mir mehr als einmal geholfen. -

Dann, als ich langsam ins heiratsfähige Alter kam, also geschlechtsreif wurde, hast Du Dich etwas zurückgezogen, den körperlichen Kontakt vermieden. Da auch meine Eltern mich anders behandelten, habe ich das nicht weiter beachtet. Aber dann, einige Tage, bevor Du verschwunden bist, hast Du plötzlich wieder den Körperkontakt aufgenommen. Anders als früher, sanfte Berührungen, mal ein sanftes Streicheln. Damals wusste ich bereits, dass Du nicht nur mit Weibchen zusammen warst, sondern auch zu anderen Männchen sexuellen Kontakt hattest. Also dachte ich, dass Du auch mit mir jetzt intimer werden wolltest." -

Atum schüttelt den Kopf.

„Nein. Zwar habe ich mich zu der Zeit auch mit Menschen gepaart und es wäre für mich sehr angenehm gewesen, mal mit einem Partner zusammen zu sein, der mich nicht als göttlich ansah. Aber Rahotep - Du warst wie mein eigener Welpe. So gerne ich Deinen Körper auf meinem gespürt hätte, es wäre falsch gewesen. Es tut mir leid, ich habe mit meiner Vorsicht eigentlich versucht, genau den Eindruck nicht zu wecken." -

Ich nicke langsam.

„Obwohl ich stets ausschließlich mit Weibchen sexuelle Kontakte hatte - soweit ich mich erinnere jedenfalls - war ich damals versucht, mich Dir hinzugeben, Du hättest mir sicher viel zeigen können in den Dingen der körperlichen Liebe. Aber auch mir erschien es irgendwie falsch, obwohl ich mit Dir weniger Gene teilte, als mit irgendeinem Menschen, war mir Dein Geruch einfach zu vertraut. - Erst später, viel später habe ich erkannt, dass Du nicht um mich geworben, sondern Dich von mir verabschiedet hast." -

Er steht auf, kommt den Schritt auf mich zu und legt seine Hand auf die Schuppen zwischen meinen Nüstern.

„Ja, es war eine Verabschiedung, so wie ich mich von allen meinen Welpen verabschiedet habe - zum ersten Mal aber, weil ich gegangen bin, nicht weil sie mich verließen - verlassen mussten, weil ich als Langlebiger sie überlebte. Es tut mir leid, dass ich nicht den Mut hatte, Dir zu sagen, dass wir uns nie wiedersehen werden." -

„Nun, es ist zwar etwas egoistisch, aber für mich gilt es ja auch nicht. Zwar unerwartet und reichlich spät, aber ich sehe Dich ja wieder. Für Dich muss es zugegebenerweise sehr viel schwieriger sein. Selbst als Mensch hättest Du mich nicht mehr erkannt, so ein Nordeuropäer sieht schon um einiges anders aus, als ein Altägypter. Du hättest mich auch nicht mehr ganz so weit überragt, ich war zuletzt einen ganzen Kopf größer." -

Jetzt muss er grinsen.

„Du machst mich direkt neugierig, mit Deiner letzten letzten Inkarnation hätte ich mich sicher gerne etwas näher befasst..." -

„Hm, Inkarnation klingt jetzt aber auch irgendwie göttlich..." knurre ich.

„Entschuldige. Ich wollte da nichts andeuten, einfach ein alter Begriff der mir gerade in den Sinn kam. - Hat Dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass sich Deine Schuppen sehr angenehm anfühlen? Sie sind hart und glatt, aber vermitteln einem das Gefühl weich und samtig zu sein. Dazu die Wärme, die ein Drache ausstrahlt - sehr verführerisch... - Nur ein wenig zu groß." wieder grinst er. -

Ich verziehe meine Lippen zu einem vorsichtigen Lächeln, ich will ihn ja nicht erschrecken, so direkt vor meinen Fangzähnen, die fast so lang sind, wie er groß.

„Verzeih, aber wie ich schon sagte, war ich immer hinter Weibchen her, Männchen interessieren mich in dieser Hinsicht nicht. Das ist jetzt als Drache sogar noch strikter geworden, du musst Dir leider einen anderen Partner suchen, alter Freund. -

Padmini, sei vorsichtig!" -

Ich zucke zusammen und kann nur mühsam verhindern, dass ich sie mit meinen Krallen durchbohre. Sie hat schon die ganze Zeit an den Schuppen meiner Finger gespielt, sicher unbewusst, aber gerade hat sie eine ihrer Krallen in die Hautfalte gedrückt, die meine Kralle umschließt. Nicht schmerzhaft, aber der Reiz lässt meine Krallen reflexartig hervorschießen. Nur das schnelle Spreizen der Finger verhindert, dass ich Padmini aufspieße.

Ich drehe meinen Kopf und sehe sie an. Sie kauert mit schreckrunden Pupillen auf meiner Handfläche und starrt auf meine Krallen, die jetzt voll ausgefahren, so lang sind, wie sie selber.

„Isha Rajesh... verzeih, ich wusste nicht..." -

„...wie lang meine Krallen wirklich sind. Ja, offensichtlich. Aber es war mein Fehler, ich hätte Dir mehr über mich sagen und zeigen müssen, wenn ich Dich so nah an mich heranlasse." -

Atum ist näher gekommen und betrachtet meine Krallen, die ich jetzt wieder einziehe.

„Interessant, ein Drache mit den Krallen einer Katze... jetzt weiß ich auch, warum mir Deine Tatzen so ungewöhnlich bekannt vorgekommen sind, mit Fell wären es die Tatzen eines Löwen. - Entschuldige meinen ungewöhnlichen Wunsch... darf ich Deine Zähne sehen...?"

Ich grinse ihn an.

„Danke, das reicht schon, näher möchte ich die nicht unbedingt erleben." Sein Grinsen wirkt etwas schief.

„Aber auch das sind nicht die Zähne, die ich sonst bei Drachen sehe. Auch das sind eher Zähne wie bei einem Löwen - oder einem anderen Katzenartigen. Ich sehe das nun mal mit den Augen eines Löwen. - Wie kommt das? Ich kenne sonst keinen Drachen mit solchen Merkmalen." -

„Wir Drachen wirken auf euch Mammale zwar wie echte Echsen, besonders wir Großen, aber wir sind anders. Ja, unsere Haut ist von Schuppen geschützt und unser Nachwuchs schlüpft aus Eiern. Aber wir sind warmblütig, die Struktur unseres Skeletts zeigt mehr mammale Merkmale, als sauroide. Unsere Weibchen geben unseren Nestlingen nach dem Schlupf eine milchähnliche Nährflüssigkeit. - Nun, richtig ist, dass wir keine Säuger sind, aber wir sind auch keine Saurier. Unsere Art ist vor Urzeiten entstanden, noch bevor das Leben an Land gegangen ist. Und hier in dieser Welt konnten sich unsere Ahnen halten, eine sechsbeinige Spezies, die Merkmale der späteren Saurier und Säugetiere in sich vereint. Und die in sich schon sehr lange die Fähigkeit trug, mit dem Lebensstrom in Wechselwirkung zu treten und dadurch auch sehr früh ein Bewusstsein entwickelte.

Irgendwann formten sich bei unseren direkten Vorfahren beiden vorderen Beinpaare zu Armen und später dann eines davon weiter zu Schwingen um. Wir erlangten die Fähigkeit, biologisches Feuer zu erzeugen und dieses einzusetzen. Und schließlich, so zu der Zeit, als die Vorfahren der Menschen begannen, sich zu entwickeln, gewährte Erce uns die Gnade, unser noch schwaches Bewusstsein zu entwickeln, uns vollständig unserer selbst bewusst zu werden und die Fähigkeit, nicht nur zu denken, sondern auch nachzudenken, zu reflektieren, zu planen und Wissen zu erlangen. Die Menschen nennen es Intelligenz und reklamieren es für sich. Aber wie man hier sieht, gibt es da noch andere Völker, wie euch Löwen und uns Drachen. Wer weiß, was alles in anderen Welten unsere Plätze einnimmt. Wenn ich an die Kraken denke, die schon in der Welt drüben eine beachtlich hohe Intelligenz zeigen. Wenn die einmal älter werden als nur zwei Jahre und sich um ihre Nachkommen kümmern, wer weiß..." -

„Mensch oder Drache?" fragt Atum kurz. -

„Über die Drachen ist es das Wissen eines Drachen, ansonsten menschlich, warum?" -

„Ich erkenne, dass die Menschen viel Wissen erlangt haben in den paar Jahrtausenden." -

„Genau genommen sogar im wesentlichen in den letzten zweihundert Jahren und das zunehmend schneller und weitergehender. Sie haben in den letzten fünfzig Jahren sehr viel über die Entstehung des Lebens und ihrer eigenen Art entdeckt. Zudem die Technik in einem Maß entwickelt, die zu Deiner Zeit noch unmöglich schien. Zwar sind Kenntnisse, die es zu unserer gemeinsamen Zeit gab, teilweise verloren gegangen, aber sehr viel mehr anderes ist dazugekommen. Sie haben gelernt, mit Maschinen zu fliegen... - aber auch, sich sehr viel effizienter gegenseitig zu töten..." -

„Sie führen immer noch Kriege?" -

„Mehr denn je. Irgendwo auf der Welt töten sie sich jeden Tag und nennen es Krieg. Aus nichtigeren Gründen und unbarmherziger als früher. Du verpasst da drüben nicht viel, alter Freund." -

„Das allerdings ist, was ich befürchtet habe. Wie weit sind sie?" -

„Wasserstoff." -

Er atmet tief ein.

„Wie lange schon?" -

„Spaltung etwa siebzig Jahre, Fusion sieben Jahre später." -

„Da sie noch existieren, sind sie vernünftiger, als ich gedacht hätte... Was ist seitdem passiert?" -

„Eigentlich war es nur Glück... - Nun, die Dinger wurden immer kleiner, die ganz großen wurden zwar entwickelt aber nicht weiter verfolgt. Da gleich am Anfang in einem Krieg noch zwei eingesetzt worden sind, waren die Auswirkungen bekannt, das hat wohl geholfen zu begreifen, welcher Irrsinn diese Dinger sind. Dafür haben sie andere Waffen effektiver und zielgenauer gemacht. Das grobe Plattmachen ist nur noch die Drohung im Hintergrund - aber leider immer existent." -

Kopfschütteln.

„Menschen..." -

„Ja, leider war ich einer von ihnen." -

„Maßgebend?" -

„Nein, ich glaube nicht. Zumindest die letzten paar Leben. Aber immer wieder beteiligt, wohl ein recht guter Kampfpilot." -

„Ah ja, Du sagtest ja schon, dass sie das Fliegen gelernt haben. Hat Dir sicher ein wenig geholfen hier..." -

Ich grinse.

„Ja, ich denke schon. Man sagt mir nach, dass ich für einen wenige Tage alten Drachen recht gut fliege." -

„Erst wenige Tage?" -

„Ja, zwei Wochen jetzt." -

„Oh, und schon Herrscher über eines der größten Drachenreiche hier." -

„Ich hatte eine starke Fürsprecherin. Und Eldflóð war ja an meiner Wandlung beteiligt, seine Kräfte kanalisierten die Lebensenergie. So ist nicht nur Fjörgyn meine Drachenmutter, er ist auch so etwas wie mein Pate hier. Und die Drachen unterscheiden nicht so zwischen einem geschlüpften und einem aus einem Menschen gewandelten Drachen. Für sie ist ein Großer Drache ein Großer Drache." -

„Und die anderen?" -

So langsam geht mir seine Fragerei auf die Nerven, noch kann ich den aufsteigenden Zorn aber bändigen.

„Die Kleinen, also die Drakarin und die Draccier wissen nichts von meiner Herkunft. Aber ich glaube, die meisten würden auch nicht besonders drüber nachdenken, für sie bin ich ein Großer - und die fürchten sie einfach zu sehr. Ich sehe nun mal so aus, ich habe die Position - zudem gelte ich als Paladin Erces - also werde ich genau so sein, wie die anderen." -

Ich spüre direkt, wie meine Pupillen schmaler werden, als Atum wieder ansetzt. Aber Padmini hat meine Stimmung gespürt und greift hilfreich ein.

„Verzeih, Isha Rajesh. Ich würde gerne mehr über Dich erfahren, wie Du schon bemerkt hast. Aber vielleicht sollten wir Deinem Gast doch erst die Möglichkeit geben, sich zu erfrischen. Menschen machen so etwas gerne, ich denke dass ein Löwe da nicht viel anders ist." -

Das hilft mir tatsächlich, den Zorn wieder zu beherrschen.

„Richtig, Padmini. - Verzeih, dass ich nicht daran gedacht habe, Atum. Hast Du in der Nähe eine Unterkunft?" -

„Nein, nicht hier. Natürlich habe ich eine bequeme Wohnung, aber die ist einige Tagesreisen entfernt. Dass ich jetzt schon hier bin, liegt daran, dass ich gerade in der Nähe war, weil ich gutes Erz gesucht habe - ich schmiede ein wenig vor mich hin, musst Du wissen. - Hier habe ich auf die Schnelle nur eine Felsnische gefunden, da ich die großen Höhlen lieber gemieden habe. Nur etwas auf die schnelle, aber trocken und bietet die Möglichkeit eines kleinen Feuers - eine Jagdunterkunft eben." -

„Wenn du erlaubst, Isha Rajesh..." Padmini ist immer noch vorsichtig um meinen Zorn nicht zu wecken. Ich erkenne, dass sie auch eine gute Diplomatin ist. Dass die Nachtkrieger sie ausgewählt haben, ist sehr gut überlegt gewesen. Sie deutet meine Aufmerksamkeit als Zustimmung.

„Da sind ja die Wohnungen für menschliche Gäste. Die sind aber auch groß genug für den Herrn Atum. Wenn Du also erlaubst, werde ich ihm dort eine Unterkunft zeigen." -

„Eine gute Idee, Padmini. Atum, alter Freund, lass uns später weiter reden. Ich muss noch mit den Unterhändlern der Stämme sprechen, ehe sie uns wieder verlassen." -

Atum nickt - zwar etwas verwundert, weil ich hier so plötzlich abbreche, aber der eindringliche Blick von Padmini lässt ihn jetzt lieber ruhig sein. Die schnappt sich jetzt sein Handgelenk, sein Blick sagt mir, dass er über ihre Kraft erstaunt ist, dann führt sie ihn in Richtung Ausgang.

„Übrigens... verzeih Herr Atum, mir ist aufgefallen, dass Surya, das Männchen, dass einem Löwen etwas ähnlich sieht, mehr als einen Blick zu Dir geworfen hat."

Übernimmt Padmini jetzt den Posten der Kupplerin? Aber ich habe auch bemerkt, dass Atum ebenso einen interessierten Blick auf den Draccier geworfen hatte. -

„Der löwenfarbige mit der kurzen Mähne?" fragt er sie mit gewecktem Interesse. -

„Richtig. Surya ist ebenfalls ein Männchen, das mit uns Weibchen nichts anfangen mag, er bevorzugt ein Männchen zur Paarung." Immer direkt heraus, mein kleiner Schatten. Atum zögert noch.

„Verzeih Herr Atum, wenn ich es richtig verstanden habe, bevorzugst Du ebenfalls Männchen..." -

„Nun, ja. Schon richtig - auch..." -

„Oh, verzeih, nein, ich will euch nicht zusammenbringen. Nur auf einen Draccier aufmerksam machen, der eine ähnliche Orientierung hat. Er ist von seinem Stamm fortgegangen, weil er dort deswegen Probleme hatte. Mein Stamm interessiert so etwas weniger. Daher hat er sich uns angeschlossen..." -

Atum brummt, seine Aufmerksamkeit bezeugend. Weiter höre ich nicht zu, Padmini wird schon nicht weiter mit der Tür ins Haus fallen.

Ich lasse meinen Kopf auf meine Hände sinken und schließe seufzend die Augen.

Werde ich irgendwann mal eine Zeit ohne neue Überraschungen erleben?" -

Hey, großer Bruder, Trübsal? Du bedauerst es doch nicht schon, ein Drache geworden zu sein?" -

Naja, hätte ich Dich nicht getroffen oder wäre ich noch rechtzeitig weg gewesen, bevor Mom gekommen ist, dann wäre mein Urlaub jetzt vorbei und ich würde in mein normales Leben zurückkehren." -

Äh...was ist Urlaub? - Ah, ich verstehe, so ist das drüben. Ist das nicht blöd, nur ein paar Tage im Jahr machen zu können, was man möchte?" -

Hier haben die Menschen zwar mehr Spielraum im täglichen Leben, aber die meisten können dafür auch nicht einfach mal ein paar Tage gar nicht arbeiten und reisen." -

Sálleiðtogi brummt mir ein „Hmmm" in meine Gedanken, darüber muss sie wohl noch ein wenig nachdenken - Drachen haben ja nicht den Zwang, zum überleben täglich arbeiten zu müssen.

Möchtest Du in Dein altes Leben zurück? Ich verstehe Deine Gedanken und Gefühle im Moment nicht." -

Nein, eigentlich nicht. Mein altes Leben war nicht gerade spannend und hier ist ja momentan ständig etwas los. - Nein, mir geht es eher darum, dass ich mich irgendwie noch nicht richtig daran gewöhnen konnte, ein Drache zu sein. Mir fehlt einfach ein wenig Ruhe, um mit mir selbst ins Reine zu kommen, zu begreifen, wer und was ich jetzt wirklich bin. Am liebsten würde ich zwei oder drei Mondläufe in eine einsame Berghöhle ziehen und mich erstmal so richtig daran gewöhnen, ein Drache zu sein." -

Ich merke, dass sie tief in mein Bewusstsein abtaucht um zu verstehen, was in mir vorgeht. Plötzlich kommt eine Welle der Erleichterung bei mir an.

Ich glaube, ich habe verstanden, was mit Dir ist. Deine Seele konnte sich nicht verabschieden. Sie ist noch mit der anderen Welt verbunden, in der Du so lange gelebt hast. Wenn Du es schaffst, Dich von Deiner alten Welt zu trennen, dann werden auch diese Zweifel verschwinden. - Wenn Du erlaubst, werde ich Mama das sagen, sie weiß sicher, was da zu machen ist."

Natürlich bekommt sie meine Erlaubnis. Fjörgyn hat sicher mehr Erfahrung, wie mit einem irgendwie entwurzelten Drachen umzugehen ist. Und ich werde auch mit Tyria darüber reden, jetzt weiß ich ja, warum ich jetzt gerade in diese merkwürdige Stimmung geraten bin.

Plötzlich überschwemmt mich ein gewaltiger Schreck. Sálleiðtogi zieht sich so plötzlich zurück, dass ich mich unbeabsichtigt auch auf ihrer Seite finde. Fjörgyn beugt sich herab und sieht sie verwundert an.

„Ist etwas, Kleines?" -

Sálleiðtogi kontrolliert ihren Körper noch, kann also antworten, ich bemerke aber, dass sie den Kontakt zu mir meidet.

„Ich glaube, ich habe eben einen Fehler gemacht..." Fjörgyn legt fragend ihren Kopf schief.

„Ich war in Eldingar und wollte ihm helfen, dabei bin ich tief in seine Seele vorgedrungen - und habe vergessen ihn um Erlaubnis zu fragen... Bitte Ralf sei mir nicht böse deswegen, ich habe es einfach vergessen..." -

„Ist Ralf hier?" -

Sálleiðtogi zieht sich ohne etwas zu sagen völlig zurück, sie zwingt mich geradezu, ihren Körper zu kontrollieren. Eine weitere neue Erfahrung über ihre Fähigkeiten, denn ich bin zum ersten Mal in der Lage, gleichzeitig hier bei ihr aktiv zu werden und dabei die Kontrolle über meinen Körper zu behalten. Allerdings auf beiden Seiten nicht im vollen Umfang, aber ich habe doch den Eindruck, ich kann so auf beiden Seiten gleichzeitig eine Unterhaltung führen - was aber viel Konzentration benötigt.

„Ja, ich bin hier Mom. Sie hat mich praktisch hierhergezogen, ich weiß nicht, ob absichtlich oder ein Nebeneffekt, weil sie sich sehr schnell zurückgezogen hat." -

Fjörgyn beginnt zu lächeln.

„Bitte sei ihr nicht böse wegen dem kleinen Fehler. Du spürst ja am besten, wie sehr sie deswegen besorgt ist." -

„Dabei hat sie keinen Grund zur Sorge, wenn ich es nicht zulasse, kann sie mir gerade noch 'Hallo' sagen. Aber das weiß sie doch, auch dass ich sie jederzeit blockieren und herauswerfen könnte. Mir war bewusst, dass sie tief in den Bereich vordrang, der meinem bewussten Denken meist verborgen bleibt, trotzdem aber mein Denken und meine Gefühle beeinflusst. - Nein ich bin ihr deswegen nicht böse, sie hat mir damit vermutlich sogar geholfen, oder wird dies noch tun." -

Du bist mir wirklich nicht böse deswegen...?" -

Nein. Mir war klar, wo Du hingegangen bist. Aber ist es schon richtig, dass Du Dir darüber bewusst bist, was Du da tust. - Denn Du wirst nicht immer vorher fragen können, es wird vielleicht auch mal notwendig, das ohne Einverständnis zu machen." -

Ich spüre ihre Erleichterung und konzentriere mich wieder auf Fjörgyn.

„Alles geklärt, Mom." -

Fjörgyn lächelt intensiver.

„Schön. Wie geht es Dir?" -

„Oh, bis auf eine kleine psychische Müdigkeit, auf die Schwesterchen ja schon reagiert hat, geht es mir gut. - Ich paare mich abwechselnd mit meinen Partnerinnen, dazwischen haben wir viele Gespräche, bei denen vor allem ich viel lerne über uns Drachen. Dazu wächst mein 'Hofstaat', gestern sechs, heute zehn Draccier. Dabei ist eine weitere Dracci, die ich gerne um mich habe. Und die Menschen hier möchten sich in der Nähe meiner Wohnstätte niederlassen..." -

„Die Menschen wollen in der Nähe eines großen Drachen siedeln? Sie wissen doch nichts über Dich, oder? Seltsam - aber interessant." unterbricht Fjörgyn mich. -

Ralf...?" -

„Etwas verwunderlich ist es schon, aber wenn Menschen Sicherheit und die Möglichkeit zu etwas Wohlstand sehen, sind sie sehr flexibel." -

Ralf, bitte..." -

Fjörgyn nickt.

„Ich verstehe. Ja so etwas ähnliches bemerke ich hier auch gerade. - Verzeih, aber nach dem, was Du gerade berichtest und Tyria nebenbei andeutet, entwickelst Du Dich zu einem aktiven Männchen." -

„Aktives Männchen? Was meinst Du?" -

Ralf... Eldingar, bitte..." -

Fjörgyn grinst mich breit an.

„Tyria hat Dir sicher schon gesagt, dass uns Weibchen unsere Unabhängigkeit wichtig ist. Manche Männchen akzeptieren das passiv und pflegen die Einsamkeit - und leiden leise, wie ich weiß. Andere sind da eher aktiv, pflegen Kontakte mit Kleinen oder Menschen oder versuchen ein weiteres Weibchen zu finden. - Du erinnerst mich an Eldflóð, vor ein paar hundert Sommern hatte er auch noch so einen kleinen Hofstaat. Jetzt sind es nur noch ein paar Kleine in seinen Wohnstätten und eine Freundin, die ihm öfter mal den Bauch streichelt." -

„Ich verstehe. Hast Du Dich mit ihm auch gepaart?" -

Sie sieht mich kurz an, grinst dann wieder und nickt.

„Ein paar Mal schon, die beiden sind aber nicht von ihm. - Es war klar, dass wir Dir das nicht lange verheimlichen konnten. Oder hat jemand geplaudert? Sálleiðtogi?" -

„Nein. Aber Eldflóð hatte ein paar eigentlich unauffällige Bemerkungen gemacht, als wir nach den Tornados alleine waren - und Deine Augen und die Schwanzspitze hat Dich eben auch verraten. So langsam lerne ich euch Weibchen zu lesen." -

Bitte, Eldingar, mein Lord... ich bitte Euch..." -

„Ja, Tyria machte ähnliche Anmerkungen. Aber auch, dass Du mit Deiner Drachenidentität kämpfst." -

„Ihr steht in regem Kontakt, wie mir scheint. - Mir ist die Art wie ein Drache denkt einfach noch zu fremd, es erschreckt mich. Mehr noch dieser schwer zu bändigende Zorn der immer drängender in mir aufsteigt. Das ist, wogegen ich noch ankämpfe, nicht, dass ich ein Drache bin. Und dass ich noch einmal meine Familie dort treffen möchte, ist einfach die Sentimentalität meiner menschlichen Seele. Ich hoffe, auch ihr Drachen könnt das verstehen - Du sicher, ich hoffe auch Eldflóð." -

Fjörgyn züngelt mir kurz um die Nüstern

„Mache Dir keine Gedanken um Eldflóð deswegen. Er versteht Dich vermutlich besser, als ich. Er ist ein Männchen und hat mehr Kontakt zu Menschen. Und zürne Tyria nicht, sie möchte Dich einfach so gut wie möglich verstehen und sucht daher jede Information. Und ich habe sie gebeten, mir zu berichten, wie es Dir geht." -

Ralf, bitte. Ich habe es verstanden." -

Was hast Du verstanden?" -

Dass Du mich und meine Kräfte kontrollierst. Du bist mein Herr, ich Diene Dir." -

Ich glaube, ich muss Dich noch ein wenig schmoren lassen... Ja, ich kann Deine Kräfte in gewissem Rahmen kontrollieren, aber das mit dem Herrn und dem dienen...?" -

_Ralf... was denn noch..."_meine Kleine beginnt langsam zu verzweifeln. Ich habe sie in ihrer kleinen Ecke, in die sie sich vorhin aus Furcht vor mir verkrochen hat, praktisch eingesperrt. Zwar kann sie mich spüren, sie weiß, dass sie nicht alleine ist, aber alle anderen Sinneseindrücke habe ich ihr nach und nach verwehrt und sie kann jetzt nur noch mit mir kommunizieren. Ich bin ihr wirklich nicht böse, aber es ist eine Gelegenheit, ihr noch mal bewusst zu machen, wie ihre Kräfte wirken können und dass es da noch jemand gibt, über den sie keine Macht hat, der sie sogar aufhalten kann.

Ralf... och bitteeee - es ist so dunkel und einsam hier..." -

Ich löse die Sperre. „Du wirst schon bald eine gewaltige Macht über andere haben. Schon jetzt sind Deine Kräfte unglaublich stark. Ich wollte Dir nur einmal zeigen, wie es für andere sein wird, wenn Du ihre Seele verdrängst und sie kontrollierst. - Und ein wenig den bösen großen Bruder spielen..." -

Das ist Dir gelungen. - Die Erfahrung ist nicht wirklich angenehm, auch wenn ich mich dabei noch sicher fühlte, weil Du es bist. Ich verstehe - das ist zwar eine einfache Sache, die Seele einfach einzusperren und den Körper zu übernehmen, aber andere Methoden sind wohl oft besser, auch wenn sie anstrengender sind. - Woher weißt Du, dass ich das kann? Ich habe es erst gestern bemerkt, als ich mit Raissa geübt habe. Ihr hat das aber nichts ausgemacht, weil sie mich dabei immer gespürt hat." -

Ich habe mir fast so etwas gedacht. Die Art, wie Du mich mit hierher gezogen hast, hat dieses Wissen in mir geweckt. Jetzt kennst Du das Gefühl aus eigener Erfahrung, besonders auch die Hilflosigkeit dabei. Das wird Dir helfen, es bewusster einzusetzen, ganz darauf verzichten musst Du nicht, es hat sicher einen Sinn, dass Du es kannst."

„Fjörgyn, Mom. Ich muss mich wieder um meine eigene Umgebung kümmern, ich möchte noch ein Gespräch führen, ehe meine Gäste mich verlassen und die sind gleich bei mir, wie ich höre." -

„Grüße Deine Partnerinnen von mir. Ich hoffe, Natascha und die beiden Mischlingsweibchen bald mal kennen zu lernen. Ich glaube, ich werde Dich im Winter mal besuchen dort. Dann kann ich Sálleiðtogi zu ihrer Trennungszeit dort lassen und brauche mir keine Sorgen machen. - Tu nicht so überrascht. Ich weiß, dass sie schon längst fliegen kann. Sie versucht es zwar, das vor mir zu verheimlichen - das war bestimmt Deine Idee - aber ich spüre doch, wie sie mitgeht, wenn ich sie trage." -

„Es ist also möglich, dass sie hier bei mir die Zeit verbringen darf?" -

„Eldflóð weiß nichts, was dagegen spricht. Sie darf sich dann ja einem anderen Drachen anschließen. Und auch wenn Du mein Blut bekommen hast und Dich als ihr Bruder fühlst, bist Du nach unseren Regeln nur sehr indirekt mit ihr verwand, zudem erst nachträglich. Nur sollte sie bei dir eine eigene Höhle bewohnen und gelegentlich auch dort übernachten. - Hast Du Dich schon mit den Mischlingsweibchen gepaart?" -

„Ich verstehe. - Nein, bisher nicht. Aber ich fürchte, Jaya werde ich nicht mehr lange davon abhalten können. Padmini mag zwar den Kontakt zu mir und genießt es geradezu, sich an meine Schuppen zu schmiegen. Aber sie ist nicht darauf aus, sich mit mir zu paaren. Und ich habe momentan genügend Partnerinnen und werde wohl die nächsten paar hundert Sommer immer ein Weibchen an meiner Seite haben." -

„Ach ja, die Kleine. Tyria ist sich ja leider noch nicht so recht sicher wegen einem Nestling. Aber keine Sorge, ich denke, das wird sich schon bald ändern. - So, nun lass meine Kleine wieder ran, sonst wird sie noch ungeduldig. Entschuldige, wenn ich Dich jetzt nicht umarme, aber hier ist noch ein Großer Drache nötig. So überzeugt man die Menschen doch noch am besten. Grüß Tyria von mir." -

Sálleiðtogi hat geduldig 'neben mir' gewartet, bis ich mich wieder ganz in meinen Körper zurückziehe.

Du bist aber auch stärker geworden." bemerkt sie.

Es war Dir sonst nicht möglich, beide Körper gleichzeitig zu kontrollieren, dazu noch mich einzusperren." -

Aber nur bei Dir. Andere kann ich nicht beeinflussen, jedenfalls ist mir das nicht bewusst. Meine Kraft bleibt der Blitz." -

Ich bin mir da nicht mehr so sicher. So wie Du mich heute kontrolliert hast, ist es Dir vielleicht auch möglich, Dir einfach meine Kräfte zu nehmen, wenn Du sie brauchst." -

Ich glaube nicht, dass das im Sinne von Erce ist. Dann hätte sie mir diese Kräfte ja gleich geben können. Nein, wir sollen uns gegenseitig ergänzen und kontrollieren. Ich bin mir sicher, dass Du mich irgendwie wieder auf den Boden holen kannst, wenn ich mal abheben sollte. Selbst wenn Du mich nicht direkt beeinflussen kannst. Naja, und dass ich Dich notfalls aufhalten kann, haben wir ja gerade wieder bemerkt." -

Sálleiðtogi hat sich wieder mit meinem Bewusstsein verbunden, hat also verstanden was ich mit 'abheben' meine. Und ich bekomme ein sehr deutliches Bild davon, wie einsam und dunkel es in ihrer kleinen Ecke war. Angenehm ist das wirklich nicht, wenn dann noch der letzte Kontakt, den sie ja noch hatte, abbricht, wird es nicht lange dauern, bis so eine Seele in den Wahnsinn abdriftet.

Meinst Du, das kann passieren?" meine Kleine wirkt jetzt besorgt. -

Du hast mich ja noch deutlich in Deiner Nähe gespürt und warst trotzdem schnell bereit, alles zu tun, nur damit ich Dich wieder freigebe..." -

Es war eben ein blödes Gefühl - nichts sehen, nichts hören, riechen, nicht mal mehr das Gras unter den Füßen zu fühlen. Nur dass Du noch da bist, konnte ich spüren. Und dann hast Du nicht auf meine Gedanken reagiert, mit denen ich Kontakt mit Dir aufnehmen wollte. Ich mochte mir nicht vorstellen, dass Du mich nicht gehört hast, aber..." -

Nun stell Dir vor, auch dieses bisschen Kontakt zu mir hätte gefehlt, Du schwebst einfach nur in diesem dunklen Nichts, bist völlig alleine - und das ein paar Stunden lang, vielleicht einen Tag..." -

Wie lange war das bei mir?" -

Vielleicht zwei höchstens drei Minuten." -

Durch ihre Verbindung mit mir, hat sie meine Zeiten und Maße kennen gelernt.

Oh, nicht länger? Ich habe eher an eine Stunde oder sogar länger gedacht... - Oh - dann... Au, da habe ich wohl viel Glück gehabt bei Raissa, dass sie das überstanden hat. Auch wenn es immer viel kürzer war. Ihre Sinneseindrücke sind so merkwürdig, dass ich Probleme habe, ihren Körper zu verstehen." -

Nun ich denke, Raissa ist durch Erce darauf auch so vorbereitet, dass sie nicht so schnell Angst bekommt, wenn sie eine Zeitlang so einsam zubringen muss. Sie war auch da unter den Felsen ganz ruhig und wunderte sich auch nicht, plötzlich einen Drachen zu sehen. - Aber was ist an ihren Sinneseindrücken so merkwürdig?" ich bin doch neugierig, wie sie als Drache einen Menschen erlebt. Soviel Zeit ist noch, auch wenn Padmini schon mit Ranga und seinem Begleiter bei mir angekommen ist. -

Ach so. Du meinst, sie verträgt das? Aber ich werde trotzdem ganz langsam vorgehen, auch weil ich mich an einen Menschenkörper gewöhnen muss, ich will den ja nicht kaputt machen, so zerbrechlich wie die sind. - Ja was ist merkwürdig... ich bekomme einfach nicht den vollen Kontakt, da fehlt noch so viel in allen Wahrnehmungen. Ich kann fast nichts sehen, nichts riechen, höre kaum etwas, auch bei allem anderen ist das noch so unvollständig. Kannst Du mir da helfen? - Ist daran etwas lustiges?" -

Ich kann eine gewisse Belustigung nicht verbergen, was sie auf die letzte Frage bringt.

Eigentlich ist das gar nicht lustig, aber ich habe genau das umgekehrte erlebt. Als Drache habe ich plötzlich viel zu viel gesehen und gehört. Dinge gerochen, von denen ich nicht wusste, dass es sie gibt. Und das Gefühl des Windes auf den Schuppen ist so ganz anders, als vorher auf meiner Haut." -

Du willst doch nicht sagen, dass das schon alles ist?" Sálleiðtogi ist fast entsetzt. -

„Vielleicht kommt mit der Erfahrung noch ein wenig mehr. Aber insgesamt können Menschen nicht mal ein zehntel dessen wahrnehmen, was ein Drache über seine Sinne wahrnimmt. Im Vergleich können sie fast nichts riechen, das Sichtfeld ist viel enger und sie sehen in der Ferne weniger scharf, dafür aber sehr gut bis auf Armlänge, da sind wir auch nicht viel besser. Ihr Gehör ist recht begrenzt, kann aber bestimmte Frequenzen noch ganz gut wahrnehmen, allerdings brauchen sie mehr Lautstärke als wir, um etwas zu hören. Das Fühlen, der Tastsinn bei Ihnen ist insgesamt fast so gut wie bei uns, nur fühlt man mit ihrer Haut anders, direkter, als wir mit unseren Schuppen. Ihnen fehlen aber die Zonen, mit denen wir feinste Luftdruckschwankungen wahrnehmen können, da sind sie deutlich im Nachteil. Aber sie haben einen extrem feinen Tastsinn in den Fingerspitzen, da haben sie sogar einen kleinen Vorteil, selbst als Anthro habe ich den Eindruck, dass ich früher besser etwas ertasten konnte - vielleicht liegt das auch nur an den Schuppen, es ist irgendwie wie früher mit engsitzenden feinen Latexhandschuhen. Und ihre Finger sind filigraner und etwas beweglicher als bei uns. Mit feinen und sehr kleinen Dingen können sie besser umgehen, sogar mit meinen kurzen Krallen bin ich da im Nachteil. Nur wenig, Du hast mir ja schon bei unserer ersten Begegnung gezeigt, dass Du auch mit Deinen Feral-Händen sehr gut umgehen kannst. - Aber ansonsten sind sie fast blind, taub und können nichts riechen. Nur achte sie nicht gering deswegen, sie haben Erfindungsgabe und handwerkliches Geschick, zudem sind sie nicht weniger intelligent wie wir." -

„Ich verstehe - ich versuche es jedenfalls... ich bin ziemlich verwirrt. Wie können sie alle diese Dinge machen, oder die Technik in der anderen Welt entwickeln, wenn sie so wenig wahrnehmen können?" -

„Intelligenz hängt nicht vom Umfang der Wahrnehmungen ab. Die Menschen können alles wahrnehmen, was sie zum Leben brauchen, wir Drachen aber viel mehr, als wir eigentlich benötigen. Wir jagen aus der Luft, da brauchen wir gute Augen, aber warum können wir auch so gut riechen? Das ist eigentlich überflüssig, so etwas brauchen Bodenjäger im Wald, die aber nicht so gut sehen brauchen, es reicht, wenn sie einen Baum erkennen um nicht dagegen zu laufen." -

Sálleiðtogis Kichern erfüllt mein Bewusstsein. Aber schnell ist sie wieder ernst.

„Du meinst also, wir sind nicht normal?" -

Jetzt muss ich innerlich grinsen.

„Nein, das nicht, immerhin macht uns das sehr flexibel. Für einen Drachen sind nur alle anderen Lebewesen sehr eingeschränkt in der Wahrnehmung der Umwelt, auch wenn sie nicht mehr benötigen für ihr Leben. Und die Menschen haben dann mit ihrer Intelligenz begonnen, ihre Schwächen mit Hilfe von Technik auszugleichen. Auch hier gibt es ja bereits Technik, wenn auch noch von einer Art, die ohne Schädigung unserer Lebensenergie auskommt." -

„Ah, jetzt verstehe ich das. Die Menschen machen sich solche Dinge, um ihre körperlichen Nachteile auszugleichen, so meinst Du das doch?" -

„Ja, so ungefähr jedenfalls." -

„Danke Großer. Das hilft mir, die Dinge zu verstehen, die ich in dem Dorf sehe und erlebe. Und ich werde mit Raissa sprechen und sie so gut ich kann vorbereiten, wenn ich diese Fähigkeit an ihr übe, damit sie keine Angst bekommt, wenn sie dann etwas länger alleine ist. Jetzt weiß ich ja, wie sich das anfühlt. - Aber jetzt kümmere Dich um Deine Besucher, Du spürst ja, dass sie etwas unruhig werden, weil Du sie noch nicht beachtet hast. Ich glaube, die denken dass Du schläfst und trauen sich nicht, Dich zu wecken." -

Sálleiðtogi zieht sich wieder aus meinem Bewusstsein zurück, der Kontakt bleibt aber weiter bestehen, dass nur ein Gedanke reicht um den anderen zu rufen.

Meine Umgebung hier habe ich nur am Rande wahrgenommen. Padmini wartet mit den beiden Dracciern, die heute noch wieder aufbrechen wollen, nur wenige Schritte vor mir. Offensichtlich hat sie jetzt den Entschluss gefasst, mich zu wecken, sie weiß ja, dass ich auch mit den beiden noch sprechen wollte. Ich spüre ihren Atem leicht über meine Nüstern streichen, sie muss also direkt vor mir stehen, dann spüre ich ihre Hand leicht auf den Schuppen zwischen meinen Nüstern liegen. Sie wartet zwei Atemzüge von mir ab, dann spricht sie mich leise an.

„Isha Rajesh, verzeih."

Ich brumme eine leise Bestätigung.

„Ich störe Dich nur ungern, aber Du wolltest Ranga und Agni sprechen, bevor sie aufbrechen." -

„Leg Deine Hand etwas fester auf meine Schuppen, Du kitzelst mich..." Ich öffne die Augen und sehe sie an. Sie steht direkt vor meiner Schnauze und legt ihre Hand jetzt mit einem Grinsen fest auf die Rundung zwischen meinen Nüstern. -

„Bevor Du mich weg niest... - verzeih, ich war mir nicht sicher, wie ich Dich wecken darf." -

„So ist es schon ganz gut. Direkt vor meinem Gebiss wird wohl kaum ein Angriff erfolgen, da bleibe ich entspannt dabei. Nur fasse mich richtig an, sonst verwechsele ich Dich noch mit einer Fliege. Keine Sorge, ich halte schon etwas aus." Sie nickt grinsend.

Ich blicke zu den beiden anderen.

„Verzeiht, dass ich nicht eher Zeit fand, die unerwarteten Besucher heute haben meinen Plan etwas durcheinander gebracht. Und eben habe ich mit meiner Schwester gesprochen, ihr habt mich also nicht aus meiner Ruhe geweckt."

Ranga und der andere, Agni, ein brauner, haarloser Draccier mit Schwingen, sehen mich etwas fragend an. Padmini dagegen weiß schon mehr.

„Ich verstehe. Jaya hat mir darüber etwas gesagt, dass Du einen Seelenkontakt zu Deiner Schwester hast. Das muss eine interessante Erfahrung sein." Sie nimmt ihre Hand von meinen Schuppen und stellt sich dann neben meine rechte Hand. Mit einer leichten Verneigung zu Ranga und Agni eröffnet sie sozusagen die Audienz.

„Isha Rajesh ist bereit zu einem Gespräch, ich bin nur der Schatten Isha Rajeshs, ich höre und sehe nichts, bitte beachtet mich nicht." -

Ranga nickt ihr zu, dann sieht er mich an. Ich habe meinen Kopf immer noch auf meiner linken Hand liegen, also braucht er nicht allzu hoch blicken. Aber sein Begleiter spricht als erster.

„Isha Rajesh. Ich bin Agni, Bote der Ältesten des Ganga-Stammes. Zuerst möchte ich Euch meinen Dank aussprechen, dass Ihr eine der unseren als Euren Schatten betrachtet." -

„Ich betrachte sie nicht - sie ist mein Schatten. Und nicht länger eine von euch." -

Alle sehen mich verwundert an, auch Padmini.

„Isha Rajesh...?" kommt von Agni. -

„Der Schatten eines Drachen hat auch das Blut eines Drachen. Und ihr Stamm bin jetzt ich. - Ähnliches gilt im übrigen für meine Waffenmeisterin und die anderen Offiziere. Sie sind jetzt von meinem Stamm, nicht mehr von euren." -

Padmini hat sofort verstanden, dass ich sie damit offiziell gegenüber ihrem Stamm anerkannt und aus ihren alten Bindungen gelöst habe um sie an mich zu binden. Und nebenbei erwähnt habe, dass ich sie als Drachenblütige anerkenne. Agni braucht noch etwas, aber Ranga hat auch schnell begriffen.

„Also betrachtet Ihr Jaya, Padmini und Shankar nicht länger als Draccier der Stämme der Ostländer und vom Ganga? Sie sind für Euch jetzt Mitglieder Eures Hauses - und ... verzeiht, und ... Drachen?" Er wurde immer leiser und vorsichtiger, bemüht mich nicht zu verärgern. -

„Richtig." -

„Verzeiht - auch Jaya? Ich meine, sie hat doch... äh, wegen den ... Schwingen...?" -

Ich schnaube belustigt, was ihn leicht zusammenzucken lässt. Es ist offensichtlich, dass er mir noch nicht ganz traut.

„Ja, auch Jaya - auch ohne Schwingen. Warum soll ich da Unterschiede machen, die ihr nicht macht?" -

„Verzeiht Isha Rajesh, es ist nur..." -

„Ungewohnt? Unerwartet? - Schon möglich. Doch täuscht euch nicht, auch ich mache noch Unterschiede zwischen unseren Völkern. Mit mir hat Erce einen der ursprünglichen Drachen wieder geschaffen. Mir stehen die heutigen Großen Drachen am nächsten, ich spüre noch sehr viel von unseren Genen in Drachen wie Eldflóð, Fjörgyn und Tyria. Und auch die Drakarin sind nur wenig mehr von uns getrennt, auch sie sind echte Drachen. Bei euch spüre ich schon deutlich weniger von unseren Genen, aufgefüllt ist es mit dem veränderten Erbgut der Großen und Drakarin und vermischt mit etwas menschlichem Erbgut. Also ist der Begriff 'Mischling' nicht verkehrt, da ihr von allen intelligenten Völkern dieser Welt etwas in euch habt." -

„Ich verstehe Euch nicht, Isha Rajesh. Ihr habt eben noch Padmini zu einer Drachin erklärt, sagt, dass Jaya und Shankar zu Eurem Stamm gehören - und nun sagt Ihr, dass wir auch für Euch nur Mischlinge sind." -

„Ich gebe zu, dass ich euch eben als Mischlinge bezeichnet habe. Das war aber rein genetisch gemeint, denn in euren Adern fließt auch ein wenig menschliches Blut. Als Volk werde ich euch ebenfalls weiter als Draccier bezeichnen, da der andere Begriff zu sehr negativ euch gegenüber verwendet wird. - Ja Padmini?" -

„Verzeih Isha Rajesh, wenn ich als Dein Schatten mich einmische..." ich nicke.

„Ich verstehe das so: auch Isha Rajesh ist nicht frei von Vorurteilen, er erkennt uns zwar an als ein Volk der Drachen, aber nicht als gleich mit ihm. Aber da nicht einmal die Großen wirklich mit ihm gleich sind, ist für ihn der Schritt, uns trotzdem als Drachen anzuerkennen, nicht so groß und er ist bereit ihn zu gehen. Oder ist ihn schon gegangen, er geht mit Jaya, Shankar und mir kaum anders um, als mit seinen Partnerinnen. Nur gepaart haben wir uns noch nicht - noch nicht." -

Sie drückt mit ihrer Hand meinen kleinen Finger, worauf ich mir eine Reaktion verkneife. Sie sagt da ja nichts falsches, obwohl sie ja bisher keine Andeutungen dahin gemacht hat.

Ranga sieht sie erstaunt an.

„Ein Schatten, der spricht?" -

„Ein Schatten sieht und hört nichts." antworte ich.

„Das gilt nach außen und da gibt es keine Zweifel. -

Aber mein Schatten ist auch meine Konfidentin, meine enge Vertraute, sie ist ja praktisch immer und überall dabei, sie begleitet mich Tag und Nacht. Padmini ist erst seit kurzem mein Schatten, aber schon bald wird sie mehr über mich wissen und mich genauer kennen, als meine Partnerinnen. Ich teile meine Gedanken mit ihr und werde ihre Erkenntnisse daraus stets berücksichtigen. Und es ist selbstverständlich, dass sie ihre Meinung als ein Teil meiner Meinung hier vertritt."

Padmini wirkt teilnahmslos, aber sie starrt mich mit großen Pupillen an. Ich kenne ihre feinen Signale bereits etwas, jetzt scheint sie ist völlig fassungslos zu sein. Hat sie etwa etwas anderes erwartet? Ein wenig als völlig überflüssige Leibwächterin in meiner Nähe herumhängen und sich langweilen? Höchstens gelegentlich mal ein paar Informationen besorgen, was über ihren Nachtkrieger-Clan ziemlich einfach sein dürfte? Nee, meine Kleine, wenn Du mir schon fast unter die Schuppen kriechst und alles mitbekommst, dann darfst Du auch Deinen hübschen Kopf für mich anstrengen. -

Ranga findet als erster wieder Worte.

„Ihr bevorzugt also die alte Form dieser Position. Heute ist es eigentlich nur noch ein besonders vertrauenswürdiger Leibwächter, der den Rang eines Schatten hat. Früher nutzten die Fürsten die ständige Anwesenheit ihres Schattens auch, um sich von ihm einen Rat zu holen, teilweise waren die Schatten auch mehr Berater als Leibwächter, es war ein Ehrenposten. - Dass Ihr Padmini jetzt schon so sehr vertraut, gibt mir die Sicherheit, dass ihr es mit uns ehrlich meint." -

„Natürlich meint Isha Rajesh es ehrlich. Die Großen haben uns abgelehnt, verachtet und ignoriert. Aber haben sie uns jemals betrogen, wie die Menschen?" Der Ton von Padmini ist wieder messerscharf geworden. -

Der Blick von Ranga wird etwas unsicher.

„Nein, verzeiht Isha Rajesh, wir wollten Euch nicht unterstellen, dass Ihr die Absicht habt, uns zu betrügen." -

Ich knurre leicht verärgert. Unsinniges Gerede. Aber ich verdränge den aufkeimenden Zorn. Aber ich konnte es wohl nicht verbergen, die beiden Draccier sehen mich besorgt an.

„Das habe ich auch nicht vermutet. Aber Schluss mit dem sinnlosen Geschwätz. Ihr wollt doch anderes wissen von mir." -

„Äh, ja natürlich Isha Rajesh. Unsere Ältesten..." -

„Wollen mehr über meine Pläne mit euch Dracciern wissen."

Beide nicken mit besorgter Mine. Ich schüttele ungehalten den Kopf, reiße mich dann aber zusammen.

„Schon gut. - Nun, besondere Pläne habe ich da noch gar nicht. Ein wenig darüber nachgedacht, euren Stämmen einen festen Platz zu bieten, habe ich bisher." -

„Das ist, was wir vernommen haben, Isha Rajesh. Aber wie soll das aussehen?" Agni beteiligt sich jetzt wieder.

„Was dürfen wir den Ältesten mitteilen?" -

„In groben Umrissen: Genug Land für mehrere Stämme, geeignet für Landwirtschaft und Jagd. Als Vorschlag vielleicht das Land von hier bis herunter zum Ganga, ein paar Tagesreisen den Fluss entlang. Dort siedeln nur wenige Menschen bisher, es gibt mehr als genug gutes Land unten in der Ebene, auch ohne viel roden zu müssen. Das Land erhaltet ihr zum Lehen ohne zeitliche Begrenzung, eure Stämme verwalten es selber und frei. Ihr sagt aber zu, die dort siedelnden Menschen in Ruhe zu lassen und zu integrieren oder sie sich selber verwalten zu lassen, wenn sie es so wollen. Und mir Dienst zu leisten, wenn ich eure Hilfe benötige." -

Ranga atmet tief durch.

„Ich verstehe..." -

„Das ist nur ein erster Gedanke. Über alles lässt sich noch sprechen und muss auch noch gesprochen werden. Aber dafür muss ich mit den Ältesten der gründenden Stämme oder ihren bevollmächtigten Vertretern verhandeln." -

„Natürlich. - Verzeiht, alles ist noch verhandelbar?" -

Ich knurre kurz bestätigend.

„Grundsätzlich ja. Nicht verhandelbar ist die Toleranz gegenüber bereits auf den Ländern siedelnden Menschen oder Dracciern. Über alles andere bin ich bereit mit mir sprechen zu lassen. Ich bin mehr an einer Einigung interessiert, als meinen Willen durchzusetzen." -

„Wir danken Dir Isha Rajesh. Das reicht uns schon, um die Ältesten zu informieren. Dass es noch keine feststehenden Entscheidungen gibt, sondern von Euch nur offene Vorschläge gemacht werden, wird sie positiv stimmen. Wenn ich ehrlich bin, ist dieser noch vage Vorschlag besser, als wenn Ihr bereits konkrete Angaben gemacht hättet. So wissen wir, dass wir uns daran beteiligen dürfen."

Ranga scheint zufrieden zu sein. Und auch Agni ist zufrieden und ergänzt.

„Der Ganga-Stamm siedelt ja jenseits des Flusses. Aber dort haben wir immer Probleme mit den Fürsten der Menschen dort, die uns am liebsten vertreiben würden, unsere Kampfkraft aber zu sehr fürchten. - In die Länder auf dieser Seite trauen sie sich nicht, da es als Drachenland gilt. So sind riesige Ländereien frei von den Ansprüchen der Menschenfürsten. Einige freie Siedler gibt es hier, aber es ist noch sehr viel gutes Land frei. Wenn ich ehrlich sein soll, haben auch wir bereits daran gedacht, hier zu siedeln, aber es ist nun mal Drachenland... Zwar seit einigen Sommern unbesetzt, aber Valarinn ist in keiner guten Erinnerung und keiner weiß, wie der Neue sein wird." -

„Verzeih ihm, Isha Rajesh. Er spricht über die Vergangenheit." ergänzt Padmini schnell.

Ich nicke.

„Nicht verkehrt, die Vorsicht. Ich muss gestehen, auch wenn ich mit euch zusammenarbeiten will, weiß ich nicht, wie ich auf eine Invasion der Draccier reagiert hätte." -

„Oh Isha Rajesh, eine Invasion mit Weibchen, Nestlingen und Alten...?" Agni grinst. -

„Akzeptables Argument." -

„Danke Isha Rajesh. Verzeiht - im Falle einer grundsätzlich positiven Einschätzung einer Zusammenarbeit mit Euch wurde ich von den Ältesten meines Stammes beauftragt, Euch noch einige Fragen zu stellen. Ich bitte Euch, mir das zu erlauben." -

Mit einem belustigten Schnauben schüttele ich leicht den Kopf.

„Jetzt weiß ich, woher Jaya und Padmini ihre unbekümmerte Frechheit haben. Seid ihr im Ganga-Stamm alle so?" -

„Äh, verzeiht bitte Isha Rajesh? Ich verstehe nicht..." -

„Schon gut. - Frage." -

Er nestelt so etwas wie ein Notizbuch hervor.

„Ja, Isha Rajesh. Verzeiht, einige Fragen habt Ihr eigentlich schon beantwortet, doch möchte ich Euch alle Fragen stellen, die mir aufgetragen wurden." -

„Gut." -

„Verzeiht, Isha Rajesh. Wir hörten, dass Ihr uns ein eigenes Reich geben wollt, wir vermuteten, dass es ein zusammenhängender Bereich zum siedeln sein wird. Wenn ich Euch richtig verstanden habe, ist das auch so." -

„Ja. Land zum ansiedeln." -

„Verzeiht, Isha Rajesh. Ihr spracht davon, dass wir uns selber verwalten können." -

„Ja." -

„Bitte verzeiht, Isha Rajesh, wie?" -

„Ob ihr ein Fürstentum gründet, wie die Menschen, das System der Ältesten ausweitet oder eine andere Form wählt, bleibt Euch überlassen. Ich würde ein demokratisches System allerdings bevorzugen, aber das ist eure Entscheidung." -

„Verzeiht, Isha Rajesh. Demokratisch?" -

„Eine Regierungsform in der die Entscheidungsträger von allen gewählt werden, in der Regel für eine begrenzte Zeit. Entscheidungen werden meist gemeinsam getroffen. Eure Ältestenräte sind eine Variante davon, soweit ich Informationen darüber habe. Wenn ihr mehr Informationen über mögliche Regierungsformen haben wollt, kann ich euch dann im Vorfeld verschiedene genauer vorstellen. - Aber ich würde zumindest am Anfang nicht allzuviel ändern, das kann später noch kommen." -

„Verzeiht, Isha Rajesh. Und Ihr?" -

„Solange die gemeinsam verhandelten Grundsätze eingehalten werden, halte ich mich aus allem heraus." -

„Ich verstehe. Nun Isha Rajesh, verzeiht..." -

„Wenn Du mich weiter bei jedem Satz um Verzeihung bittest, sind wir morgen noch hier..." -

„Äh, oh verzeiht... - Ja Herr. - Das Land ist dann nur für uns?" -

„Einige menschliche Siedlungen gibt es ja bereits, die stehen unter meinem Schutz. Darüber hinaus ist es eure Entscheidung ob ihr Draccier, Menschen, Drakarin oder Große aufnehmt und siedeln lasst." -

Dass ich auch die Großen mit einbeziehe, lässt Agni grinsen.

„Außer Euch natürlich, ich verstehe. - Aber wenn die Menschen schon die besten Gebiete besetzt haben...?" -

„Ich komme aus einer Welt der Menschen. Dort leben in den Gebieten, die diesen in allem entsprechen, leicht dreißig oder vierzig Millionen Menschen. Und in den angrenzenden noch mal so viele. Dieses Land ist sehr gut und fruchtbar. Wie viele Draccier gibt es insgesamt in dieser Welt?" -

„Isha Rajesh.... dreißig Millionen? Nur hier? In eurem Reich? Das ist... unglaublich." -

„Oh nein, in dem gesamten Gebiet, das ich als mein Revier bezeichnen darf, leben dort etwa eintausendfünfhundert Millionen Menschen. Mit 'hier' meine ich nur das Land zwischen den Bergen und dem Ganga etwa von hier bis kurz hinter Patna den Gandak entlang. Auf dem Gebiet der Menschen südlich des Ganga leben dort auf etwa gleicher Fläche noch einmal so viele." -

„Isha Rajesh - verzeiht, aber Ihr treibt einen Scherz mit mir. Auf dem Gebiet eures Reiches anderthalb Milliarden Menschen? Ist dort denn noch Platz für Draccier?" -

„Nein, kein Scherz. Insgesamt leben dort sehr viele Menschen. Aber es ist eine reine Menschenwelt. Keine Draccier, keine Drachen. Ein anderes Mal mehr. - Du bist ein Schreiber?" -

„Isha Rajesh, Ihr verwirrt mich. Das ist doch unmöglich, soviele Menschen... - Äh ja, ich bin Schreiber, warum?" -

„Nun, Du notierst alles, rechnest auch mit großen Zahlen. Das sieht mir nach einem Schreibkundigen, einem Spezialisten der Verwaltung aus. Eine Tätigkeit, die mir nicht unbekannt ist. Ich werde Dich sicher in der Verwaltung eurer Länder wiedersehen." -

„Oh, äh, Danke Isha Rajesh. - Äh, wenn ich noch einige Fragen stellen darf... - was wird uns das kosten?" -

Ein echter Verwaltungsbeamter, blitzschnell wieder in seinem Fachgebiet...

„Eine gute Frage. Nun, gutes Land, die Ruhe vor irgendwelchen menschlichen Fürsten und der Schutz eines Großen Drachen sollte doch mindestens 50 Silberstücke im Jahr für eine Familie wert sein. Heiratsfähige ohne Familie die Hälfte, Kinder und Alte, die nicht mehr arbeitsfähig sind, sind frei. Dazu Freiwillige als Garde zum Schutz meiner Heimstätte - ihr habt ja gehört, dass sich hier auch schon Menschen ansiedeln wollen. - Die sind dann für ihren Dienst auch befreit von der Steuer."

Ich habe mal ordentlich reingegriffen, das gibt dann Verhandlungsmasse. Ein klein wenig möchte ich aber schon haben, damit die Truppe sich finanziert. -

„Isha Rajesh, das ist aber nicht gerade wenig. Bedenkt, dass wir hier neu anfangen, wenn wir hierherziehen." -

„Richtig. Bedenkt, dass fast alles noch verhandelbar ist, auch das... Also überlegt ein Gegenangebot." -

„Ich verstehe. - Ihr wünscht Söldner. Wie soll das geschehen?" -

„Einige noch als Garde hier, damit ich nicht täglich irgendwelche Menschen anfauchen muss, weil sie in meiner Höhle herumlaufen. Möglicherweise später auch als Wachtruppe, um die Siedlung abzusichern, die hier entstehen könnte. Und ich möchte eine Truppe von Wächtern, die in verschiedenen Bereichen für Ordnung sorgen soll. - Und für den Fall, dass es einen großen Krieg gibt, wäre ich dankbar für die eine oder andere Söldner-Legion, die meine Flanken und den Rücken decken." -

„Ihr erwartet Krieg?" -

„Ehrlich - ich weiß es nicht. Ich weiß von einer Gefahr für diese Welt, die ich bekämpfen soll. Es klingt, als ob es ein Krieg sein könnte. Aber Erce hat mir noch keine weiteren Informationen gegeben, da die Situation noch offen ist und von unserer Seite kein Weg dahin geöffnet werden soll. Wenn es ein Krieg sein sollte, werden sicher wir Drachen den Hauptkampf führen. Aber eine Armee von entschlossenen Kriegern macht Eindruck und sichert uns ab." -

„Ja, so eine Draccier-Legion macht Eindruck. Obendrein verweigert unser Volk gerne eine einheitliche Rüstung und nimmt lieber eigenes Material, was dann sehr wild aussieht. Dagegen kämpfen sie sehr diszipliniert, und gleichzeitig sehr flexibel." -

„Du meinst, sie werden hier bei mir meine Rüstungen nicht tragen, weil es gegen eure Art ist?" -

Agni schüttelt den Kopf.

„Nein. Hier dienen sie Euch als Garde. Die trägt eine einheitliche Ausrüstung, das ist auch unsere Meinung. Allerdings werden sie ihre Ausrüstung schon bald ein wenig abändern, die Rüstungen sind uns zu menschlich. Bald wird sie besser zu einem Drachen passen, gefährlicher aussehen, aber keine Sorge, es wird trotzdem edel wirken und einheitlich sein, dafür wird Jaya schon sorgen. - Ich sollte es Euch eigentlich nicht sagen, aber Jaya hat mich beauftragt, einige Schmiede kommen zu lassen." -

„Ah ja..."

Ihr reicht das Wappen also nicht... Was wird daraus wohl werden - eine Drachenrüstung...

„Ich werde sie gelegentlich danach fragen..."-

„Oh, verzeiht Isha Rajesh. Ich soll erst Freiwillige finden - Jaya wird Euch dann sicher erst um Erlaubnis bitten, bevor sie die Schmiede anfordert. Sie wird sicher nicht gegen Euren Willen handeln." -

Ich knurre kurz, was Agni richtig als Zustimmung wertet.

Er blättert ein wenig in seinen Papieren. Sie wirken etwas weniger fein in der Qualität, wie meine Bücher und Schriftrollen, aber es ist eindeutig Papier, so wie auch bei mir das meiste eine Art Büttenpapier ist.

„Nun Isha Rajesh. Ich denke die weiteren Fragen sind eher allgemeiner Art und die Antwort ist bereits auf anderem Wege durch Euch geschehen. Darf ich Euch noch eine Frage stellen, die mir in den Sinn gekommen ist? - Warum?"

Ich lege fragend den Kopf schief. Warum... warum was?

„Verzeiht. Ihr könntet jederzeit Söldner bekommen, ein paar Silberstücke reichen um eine kampfstarke Truppe aufzustellen, der Einsatz für einen Großen Drachen ist auch für uns eine Ehre, für die wir nicht viel Geld verlangen würden. - Warum wollt Ihr uns Land geben? Auch wenn wir sehr viele Probleme mit den umliegenden Menschensiedlungen haben und die Fürsten uns besonders auspressen, so haben wir doch in der Masse einen Platz, an dem wir leben können." -

„Ich habe davon gehört, dass das Volk der Draccier hier nur als Söldner halbwegs akzeptiert werden, ansonsten eher gefürchtet und vor allem verachtet wird. Und etwas sagte mir, da etwas zu unternehmen. Eigentlich ist die Abgrenzung und ein Zurückziehen, ein Einigeln nicht die beste Lösung. Aber nach vielen hundert Sommern, in denen das Zusammenleben mit den Menschen nicht besser wurde, ist eine Ruhezone vielleicht doch notwendig. Es sollen ja nicht alle kommen, die ein ruhiges Umfeld und ein gutes Zusammenleben mit den Menschen haben, dürfen und sollen gerne dort bleiben. Aber alle die Schwierigkeiten haben und schlecht behandelt, ja unterdrückt werden, sollen lieber in ein eigenes selbstverwaltetes Land kommen, ehe sie sich nur noch durch Kampf wehren können. Ich möchte keinen Krieg zwischen Dracciern und Menschen hier haben. Von hier aus kann die Integration dann neu versucht werden." -

Jetzt mischt Ranga sich ein.

„Ja, als Söldner akzeptieren uns die Menschenfürsten notgedrungen, aber ungern. Schon dann werden wir oft nicht gut behandelt, die Angst vor unserer Kampfkraft lässt es gerade erträglich sein. Aber sobald wir nicht mehr gebraucht werden, jagen sie uns oft direkt weg - oft mit neuen Söldnern anderer Stämme, die das aber auch nur notgedrungen machen, sie wissen, dass sie als nächstes dran sind. Ein ewiges Spiel: sie brauchen uns, um sich gegen den Nachbarn wehren zu können, der ja auch Draccier-Söldner hat, aber sie fürchten uns und wollen uns weit weg wissen. Die Verachtung wächst aus der Furcht, wir sind für sie irgendwie doch Drachen, selbst die, die nur wenige Schuppen tragen. Unser Aussehen erschreckt sie und deswegen hassen sie uns. - Nicht alle, aber die Mehrheit und vor allem viele hochstehende bei den Menschen. - Eine sichere Heimat wäre besonders für die Söldner ohne eigene Familien ein wichtiger beruhigender Faktor. -

Doch, verzeiht Isha Rajesh..." er grinst.

„Wozu braucht ein Drache Steuereinnahmen?" -

„Berechtigte Frage. Diese Einnahmen sollen nicht für mich sein. Sie verbleiben in der Obhut eurer Verwaltung und sollen die Stadtwachen, eine Ordnungstruppe, die auf die Siedlungen verteilt ist und eine kleine Grenzsicherungstruppe finanzieren, die dort dienen, müssen ja auch von etwas leben. - Für mich wünsche ich mir nur ein wenig Nahrung um nicht täglich jagen zu müssen." -

Agni schreibt fleißig mit.

„Die 50 Silberstücke im Jahr sollen also dazu dienen? Isha Rajesh, das sind doch eigentlich Dinge, die uns betreffen." -

„Nun ja. Die Stadtwache für die Siedlung hier dient ja auch mir. Die Ordnungshüter im Land sind zwar für die Bewohner dort tätig, aber ich möchte, dass sie in meinem Namen handeln. Das selbe gilt für die Grenzwachen. Seid unbesorgt, sie werden für euch tätig sein, eurem Wohl dienen. Ich möchte nur sicherstellen, dass sie für alle, auch für hier siedelnde Menschen, ihren Dienst verrichten. Deshalb sollen sie mir, oder meinen Vertretern, Rechenschaft ablegen. Und vielleicht kann ich ein paar Informationen durch sie bekommen." -

Agni klappt sein Notizbuch zu.

„Ich verstehe. Wir werden uns sicher über eine angemessene Steuer einigen können. Und hungern werdet Ihr und die Euren sicher nicht. Für mich klingt das nach einer angemessenen Entlohnung für das Land und dafür, dass ein eroberungswütiger Menschenfürst sich direkt mit einem Drachen anlegt, denn es bleibt ja nach dem Wort Euer Land, in dem wir frei siedeln dürfen." -

Mit einem grollenden Seufzer lasse ich wieder meinen Kopf auf meine linke Hand sinken. Ich bin einfach die ganze Zeit hier liegengeblieben. Den beiden muss ich nicht den stolzen Drachen vorführen, sie achten mich auch so - vielleicht sogar noch mehr, weil es einfach vertrauter wirkt.

„Gut. Genug geredet. - Euch bitte ich jetzt, einen Vorschlag zu erarbeiten, wie ihr euch das Zusammenleben mit mir vorstellt. Oder wie die Gegenleistung für die Erlaubnis auf meinem Land zu siedeln, aussehen soll - um Deinen letzten Satz aufzunehmen." -

„Ja, Isha Rajesh. Das dürfte aber recht einfach gehen. Die Bedingungen sind akzeptabel und es geht ja wirklich nur um ein paar Grundlagen. Ich hatte noch viele Fragen über die Art Eurer Beteiligung an der Verwaltung und Regierung unserer Stämme, aber die haben sich ja von vornherein erledigt. - Ihr wollt wirklich keinen Einfluss auf die Form unserer Selbstverwaltung nehmen?"

Ranga zweifelt wohl noch ein wenig. -

„Ranga, das hat er doch gleich deutlich gesagt. Er zieht zwar eine bestimmte Form vor, überlässt uns aber die Entscheidung." verteidigt Agni mich sofort. -

„Und das mit den verschiedenen Regierungsformen?" -

Agni schlägt eine Seite auf.

„IR würde uns auch weitere, uns unbekannte Formen der Selbstverwaltung vorstellen, hält sich aus der Entscheidung und der Selbstverwaltung aber heraus. - So habe ich seine Antwort notiert. Äh, verzeiht mir bitte, Isha Rajesh. Ich hätte das Schriftkürzel nicht vorlesen dürfen." -

Ich nicke.

„Und so habe ich es gemeint. - Nebenbei: keine Sorge, mir ist klar, dass Du in Kürzeln mitgeschrieben hast." -

Ranga verneigt sich leicht.

„Verzeiht meine Zweifel. Wie ich sehe, hat Agni alles niedergeschrieben. Wenn ihr erlaubt, werden wir uns von unseren Freunden noch schnell verabschieden und dann aufbrechen. Wir beide fliegen recht gut, werden also noch vor Sonnenuntergang bei unseren Stammesführern eintreffen." -

Auch Agni verneigt sich.

„Ja, wir müssen aufbrechen, ich bin leider nicht so schnell, wie Ranga. Bitte verzeiht mir meine Fehler, die ich Euch gegenüber gemacht habe, Isha Rajesh." -

Ein kurzes Seufzen von mir.

„Ranga, klemm' ihn unter den Arm und verschwindet von hier, sonst werde ich doch noch zornig..."

Agni sieht mich leicht erschreckt an, aber Ranga hat meinen Tonfall verstanden - oder auf meine Schwanzspitze geachtet, die zu meiner Verwunderung immer noch klar meine Stimmung wiedergibt und jetzt klar zeigt, dass ich scherze, wie ich weiß. Wenn das so bleibt... - endlich schleift der Schwanz nicht mehr wie ein fremdes Anhängsel hinter mir her und die anderen können meine Gefühle und Befinden so lesen, wie ich ihre.

„Ich nehme das also als Erlaubnis, uns verabschieden zu dürfen, Isha Rajesh. Ihr werdet sicher bald mehr von uns hören. - Wie sagen die Großen...? Lebt lang, schützt die Kraft und gute Jagd." verabschiedet Ranga sich und Agni. -

Ich nicke.

„Auch euch ein langes Leben und gute Jagden."

Die abgewandelte Form mit der wir Großen die anderen Völker ansprechen.

Beide ziehen sich nach einer kurzen Verneigung schnell zurück und machen sich auf den Weg zum Ausgang, offensichtlich haben sie bereits alles für ihre Abreise vorbereitet und können direkt aufbrechen

...

(Fortsetzung in Kapitel 15)