Drachenmenschen - 08/1 Endlich richtig fliegen...
#8 of Drachenmenschen
So langsam wird das was mit dem Fliegen, auch alles andere wird immer besser - nur dieses dumme eingesperrt sein in den Schuppen, kaum etwas zu spüren, nervt...
Die Beziehung zu Kyrrah wird auch wieder besser, beide haben sich beruhigt und finden wieder zusammen.
Dies Kapitel teilt sich in diesen weitgehend 'tageslichttauglichen' Teil, dessen 'ab 18' Einstufung eher sicherheitshalber ist - und einen folgenden 'Rotlicht'-Teil auf.
Dabei kann das Yiff-Kapitel 8/2 ausgelassen werden, ohne dass der Handlungslauf der Story darunter leidet.
Wen die Parental Advisory--Explicit Content für 8/2 eher anzieht: Viel Spaß ^^
Drachenmenschen
8.1. Endlich richtig fliegen...
Wieder bin ich früh wach, aber ich bin ja auch relativ früh ins Bett gegangen. Auf jeden Fall habe ich gut geschlafen, meine Flugarme fühlen sich wieder kräftig an. Das Frühstücken fällt mir heute wieder deutlich einfacher, denn ich habe ja meine Hände wieder - dennoch nutze ich jede Gelegenheit, mir Dinge auch mit meinen Flugarmen heranzuholen, denn ich will das noch weiter üben, noch fühle ich mich nicht völlig sicher.
Nach einigen Stücken Fleisch, ein paar Kaffee und genug Wasser bin ich bereit. Wieder packe ich mir ein paar Wasserflaschen in eine Umhängetasche und mache mich auf den Weg.
Draußen ist auch heute wieder alles noch morgendlich ruhig. Also gleich los und schnell in den Wald abgebogen - ich laufe lieber hier auf dem weichen Boden, als auf Beton und Schotter aus denen die Fahrwege im Umfeld der Häuser sind. Erst ein Stück weiter im Wald gehen die Wege dann in normalen festgefahrenen Boden über.
Mein Ziel, eine größere offene Fläche, die von relativ dichtem Wald umgeben ist, liegt nur etwa 500 Meter weiter, als die kleine Lichtung, wo ich gestern geübt hatte. Auf dieser Waldwiese die fast 700 Meter lang und an den schmalsten Stellen noch über 100 Meter breit ist, stellt sich nur entlang eines Baches eine lockere Baum und Buschreihe quer in den Weg. Ich habe so mindestens 400 mal 200 Meter freie Fläche zum üben und kann nebenbei auch Hindernissen ausweichen, was ich ja auch lernen muss. Dazu das ganze mit gutem Sichtschutz, solange ich nicht zu hoch aufsteige.
Die Wasserflaschen klemme ich zwischen ein paar Wurzeln im Bach, da bleiben die angenehm kühl. So... da steh ich nun und schaue über die Dunstreste auf dem größeren und feuchteren Teil der Waldwiese. Was jetzt... ab besten, erstmal an dem anknüpfen, wo ich gestern aufgehört habe. Ein paar Starts und vor allem Landungen mit Schwingeneinsatz, um mich aufzuwärmen und zu sehen, ob es auch wirklich 'sitzt'.
Nach einem wohligen Recken meiner Schwingen und ein paar Minuten, in denen ich die langsam höher steigende Sonne wärmend auf meinen Schwingenhäuten spüre, geht es los. Erstmal die Trockenübungen - den Bewegungsablauf nochmal einige Minuten lang durchgehen, erst langsam, dann immer schneller. Und dann Kraft in den Abschlag legen, schneller und kräftiger. Schnell hebe ich dabei ab. Zuerst nur kurz, noch muss ich mir die richtigen Bewegungen einprägen. Hoffentlich sind es die richtigen Bewegungen und ich übe mir hier keinen Mist an...
Nach einer Stunde mache ich eine kleine Pause. Ich schaue mich ein wenig um und nutze die Zeit, die Beweglichkeit meiner Flughände weiter zu üben. Das Greifen von Steinen und Zweigen, damit zu hantieren und so was. Ich stochere mit Zweigen in der Rinde der Bäume herum, sammele trockenes Laub vom Vorjahr und spieße es mit einer Hand auf einen Zweig in der anderen und anderes so eigentlich sinnloses Zeug, das aber die Beweglichkeit und meine Koordination mit den Flugarmen spürbar verbessert. Gleichzeitig versuche ich ganz andere Bewegungen mit meinen Händen zu machen, zumindest mit einer Flughand etwas zu greifen und in der entsprechenden Hand gleichzeitig einen Stein rollen und sowas.
Eine halbe Stunde weiter, jetzt will ich richtig abheben, so drei oder vier Meter hoch. Erst wieder mit dem Ziel, aktiv und gesteuert zu landen, was ich gestern vernachlässigt hatte, daraus ergibt sich schnell das Zwischenziel, einige Sekunden bis Minuten die Höhe zu halten. Nach einigen Fehlversuchen, bei denen ich ein paar Mal fast abgeschmiert wäre, gelingt mir das aber bald auch sicher und reproduzierbar. Nur merke ich schnell wieder, dass es doch recht anstrengend ist, so mit vollem Einsatz zu fliegen. Das ist wirklich nur was für einen Start oder eine Landung, aber nicht um auf diese Art längere Strecken zu fliegen.
Also wieder eine Pause. Ich setze mich an den Bach und lasse mir die Sonne auf den Rücken scheinen. Wieder spiele ich mit den Schwingenhänden herum. Sogar den Umgang mit Messer und Gabel übe ich mit Zweigen, denn ich will Kyrrah das noch vorführen. Und langsam komme ich immer besser mit meinen Flugarmen zurecht, sogar die klare Trennung scheint jetzt weitgehend in meinem Bewusstsein und vor allem Unterbewusstsein angekommen zu sein. Die Fesselung hat wohl ihren Sinn erfüllt.
Dann also weiter mit Üben, ich will ja endlich mal Strecke machen und vor allem in eine vernünftige Flugposition kommen. Aber gleich einen kompletten Sprintstart, so wie Josef ihn mir beschrieben hat, ist mir dann doch noch zu unsicher. Also Schritt für Schritt. Erst mal einen Sprung aus dem Stand und zum richtigen Zeitpunkt meine Schwingen dazu einsetzen. Das braucht nicht allzu viele Versuche.
Jetzt also der nächste Schritt, Josef hat mir genau beschrieben und auch an meiner Schwinge gezeigt, wie ich sie beim Schlagen drehen muss, um gleichzeitig Vortrieb zu bekommen. Und er weiß sehr gut, worüber er da spricht, auch wenn er selber nicht fliegt. Aber er hat es mit seiner Partnerin sehr genau ausgearbeitet, um es den Neuen beibringen zu können. - Den eigentlichen Flug und die dazugehörende Schwingenstellung hat er mir auch schon gezeigt, aber dazu werde ich wohl erst später kommen.
Zusätzlich habe ich mir auch Aufnahmen von Fledermäusen im Internet angesehen. Viel gibt es da nicht, meistens nur sehr kurze Sequenzen - und mir ist klar, dass die auch nicht wirklich als Vorbilder dienen können, denn die haben so extrem viel weniger Masse zu bewegen, dass die ihre Schwingen beim Aufschwung kaum einfalten müssen. Würde ich das so probieren, würde ich mich jedesmal wieder runterdrücken - ich muss jedesmal einfalten. - Allerdings könnte ich beim Streckenflug deren Ruderschlag ja mal ausprobieren, also einen kurzen Abschwung und gleichzeitig von vorn oben, nach hinten unten rudern, dann leicht eingefaltet im leichten Bogen wieder zurück nach vorn oben.
Aber erstmal wie schon gewohnt weiter. Wieder der Sprung, der so ganz nebenbei immer höher ausfällt. Ich glaube, ich könnte aus dem Stand eine Hochsprungmeisterschaft gewinnen... egal. In den Sprung dann wieder zur richtigen Zeit den Schwingeneinsatz, jetzt gleichzeitig mal mit mehr mal mit weniger Vortrieb. Logisch, dass ich jetzt nicht mehr so schnell Höhe gewinne, aber ich komme dafür auch nach und nach gleichzeitig voran. - Natürlich verliere ich recht oft das Gleichgewicht, schlage unterschiedlich stark mit meinen Schwingen oder meine Fingerstellung ist auf beiden Seiten nicht gleich und treibe so nach links oder rechts, oder gerate auch ein paar Mal richtig aus der Balance und muss notlanden. Aber das wird mit der Zeit immer seltener und irgendwann kann ich es zumindest soweit abfangen, dass ich nicht mehr abstürze, allerdings taumele ich dann schon ziemlich herum.
Langsam spüre ich die Anstrengung wieder in meinen Flugmuskeln, denn ich flattere ja noch immer in dieser anstrengenden Haltung herum. - Also Pause. Noch mal was trinken und die warme Sonne durch die Schuppen dringen lassen.
Es hilft nix, ich muss endlich richtig Vortrieb bekommen. Aber noch immer traue ich mir diesen Sprint nicht zu. Wie also anfangen... Vielleicht erstmal nur einen Schritt und dann nicht nur hoch, sondern auch nach vorne abspringen. Ich probiere es erstmal nur mit einfach ausgebreiteten Schwingen, ja fühlt sich schon ganz gut an. Also dann los, Schritt, Absprung, Schwingenschlag... shit, zu spät, ich habe nicht den idealen Punkt erwischt und musste abbrechen um mit meinen Fingern nicht auf den Boden zu schlagen. -
Nochmal... wieder shit... zu flach gesprungen, dafür aber mit mehr Vortrieb, na gut, gleite ich halt ein paar Meter, das übt ganz gut, den Hintern hoch zu bekommen.
Und nochmal... jetzt passt es, aber ich komme nicht recht hoch... zuviel auf Vortrieb gesetzt - und mir fehlt noch die Übung, mal eben umzuschalten. - Also nochmal, oh nee, jetzt bin ich zu früh... - dann wieder mal zu spät... zu flach, viel zu flach - ich lande auf dem Bauch. Höher springen... nee... jetzt wollte ich zu viel und bin einfach nur hoch gesprungen... -
Ha! Jetzt passt es! Endlich! Auch die Mischung aus Auf- und Vortrieb passt, nach sechs Schwüngen bin ich hoch und schnell genug, dass ich mich traue den Hintern hoch zu nehmen - aber der Umstieg in der Armhaltung misslingt, ich komme stark ins Taumeln. - Schade... Aber so kann es weiter gehen.
Und so geht es weiter... von 10 Versuchen misslingen 8 völlig, einer passt halbwegs und nur einer geht so... - Ich nehme einen ordentlichen Schluck Wasser und mache weiter. Langsam, ganz langsam wird die Erfolgsrate etwas besser. - Ich mache jetzt immer solche Reihen von 10 Startversuchen und dann eine kurze Pause zum Luftholen. Und nach und nach komme ich auf 5 brauchbare Versuche, dann 6. Aber meistens enden auch die beim Umsetzen auf den Horizontalflug mit einem wilden Taumeln, weshalb ich dann sicherheitshalber abbreche.
Langsam wird es mal wieder Abend, noch scheint mir die Sonne aber warm auf die Schuppen und ich mache nochmal eine kurze Pause.
Mir kommt mal wieder der Gedanke, auf einen Baum zu klettern und aus ausreichend Höhe abzuspringen, um gleich in den Horizontalflug zu kommen und einfach mal das Fliegen für einen Moment zu erleben, aber das scheint mir doch etwas schwierig.
Zurück zum üben, etwas Zeit ist noch. Und ich will es einfach mal probieren, aus einem Sprint heraus zu starten, auch wenn ich mich noch nicht wirklich sicher fühle. Wie also am besten... ich stelle mir eine Art Weitsprung vor, dabei geht es ja darum, möglichst hoch zu springen um lange in der Luft zu bleiben und mit der Geschwindigkeit aus dem Anlauf die Weite zu erreichen.
Los jetzt, ich habe genug von der Wiese schon platt getreten, um einen guten Anlauf zu haben. Ich lege mir die Schwingen zurecht, noch gefaltet, aber angespannt, bereit nach oben zu schnellen und den ersten kräftigen Schlag einzuleiten, dann sprinte ich los, Vollgas, 10 Schritte, Absprung, Schwingen hochreißen und Abschwung, passt, gleich der Nächste, also hochreißen und Abschwung... ich spüre den Druck auf meinen Hüftfinnen - noch einen schnellen, kräftigen Abschlag, dann einen halben... Schwingen ausbreiten und kurz gleiten, den Hintern hoch, schnell umorientieren, die Schwünge jetzt rechtwinkelig zum Rücken - oh, fühlt sich das gut an, nicht mehr so verkrampft... noch ein paar Schwünge, weniger Kraft - die Wiese ist ja nicht unendlich lang... In den Gleitflug... abbremsen, zuletzt schnell aufrichten, einen Schlag zum Bremsen - ich stehe... auf der anderen Seite dieser Wiese... und ich bin diese Strecke wirklich aktiv geflogen, war zwischenzeitlich über 5 Meter hoch dabei.
Ja, ja, jaaaa!
Wieder mal Stille um mich, nur langsam trauen sich die Vögel und die kleinen Nager wieder, sich zu bewegen. Der Ruf eines Drachen lässt wirklich die Natur ehrfürchtig erstarren, na vielleicht auch vor Furcht...
Schluss für heute, ich will mir dieses Triumphgefühl bewahren, es nicht durch misslungene Versuche wieder kaputtmachen. Das kann morgen kommen, heute will ich mich freuen!
Ich sammele meine Sachen wieder ein und mache mich auf den Weg zurück. Auch heute liegt wieder frisches Hirschfleisch in der Kühlbox, nicht so viel, wie die letzten Tage, aber genug, um meinen Hunger zu stillen, ich kann nachher ja noch was essen.
Heute bin ich früher wieder zurück, die Sonne geht gerade erst unter, es ist noch hell. Ich genieße erstmal die Dusche und setze mich dann mit einem großen Fruchtsaft ins Wohnzimmer und lasse mich mit Musik berieseln.
Dann meldet sich der Computer, Josef ruft mich über Videokonferenz an - er ist heute zu seiner Partnerin nach Berlin gefahren und möchte nur schnell wissen, wie es mir geht. Mein Erfolgserlebnis freut ihn offensichtlich. Doch eine junge Frau mit einer dunkelblonden Löwenmähne beendet dann schnell unser Gespräch, sie winkt mir freundlich zu, erinnert Josef aber daran, dass sie jetzt los müssen, um den Termin einzuhalten. Das war offensichtlich seine Partnerin, ich werde sie sicher bald näher kennenlernen.
Ich schaue noch ein wenig im Internet herum, um möglichst viel über den Flug von Vögeln und Fledermäusen heraus zu finden, nasche dabei noch etwas frisches Carpaccio, das ich mir schnell mache und gehe wieder mal recht früh in meine weiche, warme Schlafkugel.
Der Blick auf den Wecker sagt mir, dass ich heute länger geschlafen habe - und der Kuschelfaktor an meinen Flugarmen sagt mir, dass ich noch liegen bleiben möchte - klar es ist ja auch Wochenende, ich bin jetzt eine Woche hier...
Noch ein bisschen... ich mummele mich nochmal richtig in die weichen Polster, bis nur noch meine Nüstern herausschauen, jetzt in der Ruhephase atme ich ein und aus, wie ein Mensch.
Irgendwann schiebe ich meinen Kopf aus dem Polster und blinzele zum Wecker... upps, schon nach 9... nochmal eine Stunde geschlafen - und dabei bin ich gestern schon um 10 abgedampft...
Egal, mich treibt ja keiner - jedenfalls nicht direkt. Na gut, dann hoch... eigentlich überraschend wie leicht man aus diesen dicken, weichen Polstern herauskommt - wenn man es denn will. Nachdem ich dann erstmal meine Kiefermuskeln ausgiebig gedehnt, und alle vier Arme gereckt habe, tappe ich zur Küche und werfe den Kaffeeautomaten an. Durch den Kühlschrank geschnuppert, sagt meine Nase mir, dass noch reichlich von dem Fleisch übrig ist, von dem ich gestern das Carpaccio geschnitten habe, etwas dicker geschnitten wird mir das als Frühstück sicher munden.
Etwas über ein Pfund Fleisch und zwei große Pötte Kaffee später bin ich mit ein paar Wasserflaschen wieder auf dem Weg zur Wiese. Und lege gleich richtig los, Flaschen kühl gestellt, Schwingen raus, lossprinten, Sprung... ja... platsch... - nee. War ja klar - beim Sprint einen flachliegenden Ast übersehen, verstolpert, Krafteinsatz zu ungleich... das musste ja schiefgehen. Aber ich bin ja zum üben hier. Und das mache ich - auch in allen anderen Bereichen wie riechen, sehen, fühlen... ja ich probiere regelrecht, die Schuppen meines Körpers zu kitzeln, mit den Händen das Gleiche zu fühlen, wie mit meinen Flughänden - aber das ist immer noch das einzige, wo ich nicht einen Millimeter vorankomme.
So gegen 13 Uhr steht Kyrrah plötzlich auf der Wiese und sieht mir zu, wie ich gerade mit den Nüstern auf dem Boden die frischen jungen Triebe erschnüffele. Die Gelegenheit will ich nutzen, um mich ein wenig in die Sonne zu legen und den Kontakt zu ihm wieder aufzunehmen. Ich jedenfalls habe für meinen Teil genug gemault.
Noch ehe ich richtig vor ihm stehe, greift er zu dem Rucksack, den er mitgebracht hat.
„Ich habe etwas zu essen mitgebracht, wenn Du möchtest?" -
„Klar, setzen wir uns ein wenig in die Sonne." -
Er nickt. Wortlos reicht er mir ein Stück Fleisch, ein ordentliches Stück, nicht zu viel und ganz frisch. Schlicht lecker. Natürlich isst auch er etwas mit. Auch an Wasser und Apfelsaft hat er gedacht. Schließlich sitzen wir nebeneinander und ich lasse mal wieder das weiter Blickfeld auf mich wirken. Noch sehe ich immer noch nicht wirklich alles gleichzeitig, aber jetzt verwirrt mich das ganze schon nicht mehr.
„Josef hat mich angerufen..." -
beginnt er vorsichtig.
„Ja? Wie geht es den beiden?" -
„Gut. T'Irrh hat noch eine Aufgabe bekommen und Josef bleibt solange bei ihr in Berlin. Es wird noch einige Tage dauern." -
„Ah. Ja klar, kein Problem..." -
„Fleisch bekommst Du natürlich von mir. Du musst nicht auf die Gefriertruhe zurückgreifen. Und auch wenn Du sonst irgendwas benötigst, sag's mir, ich besorge das dann." -
Ich lege ihm meine Hand auf sein Knie.
„Danke. Im Moment bin ich mit dem Fleisch schon zufrieden." -
Er nickt.
„Josef sagt, Du fliegst schon?" -
„Da hat er übertrieben. Ich kann mich in die Luft bringen, aber fliegen kann man das nicht nennen. Momentan übe ich den Start mit einem Sprung." -
„Ah ja. Schon mit vollem Anlauf?" -
„Nein, klappt noch nicht. Ein, zwei Schritte und selbst dann klappt nur die Hälfte halbwegs sicher." -
„Kenne ich. Ich habe wohl tausend mal den Boden geküsst. Wenn Du erlaubst, schaue ich ein wenig zu, vielleicht erkenne ich einen Fehler oder kann Dir einen Tipp geben." -
„Ja klar. Ein paar Minuten möchte ich mir aber die Sonne noch auf den Bauch scheinen lassen..." -
„Gerne. Wie ist es mit Deinen Sinnen?" -
„Gehör ist wohl soweit gut, um alles genau erkennen und orten zu können, braucht es eben ein wenig Übung, aber das passt schon. Riechen wird auch langsam - es ist zwar immer noch extrem viel, was ich rieche und das erschwert mir manchmal die Orientierung. Aber ich weiß inzwischen schon oft, was ich eigentlich rieche, das hilft schon sehr - vor allem auch dabei, es nicht zu beachten.
Beim Sehen wird es auch langsam, ganz langsam. Mir wird nicht mehr schwindelig, wenn ich mich ganz öffne und ich kann schon zwei, drei Punkte gleichzeitig sehen. Genau genommen kann ich mir mehrere Punkte gleichzeitig bewusst machen. Mir ist klar geworden, dass mein Gehirn das eines Drachen und dafür ausgelegt ist, nur mein Bewusstsein reagiert noch zu menschlich auf die Reize." -
„Gut. Ich habe nämlich schon überlegt, wie ich das mit dem riechen mache - auf die Idee, durch den Wald und über die Wiese zu kriechen und alles möglichst einzeln zu beschnuppern, bin ich noch nicht gekommen. Werde ich mir merken, denn am Anfang habe ich auch kaum gewusst, was ich da alles rieche. - Wie bist Du darauf gekommen, dass es Dein menschliches Bewusstsein ist, dass Dich noch einschränkt?" -
„Durch das Riechen. Ich muss nur ein einziges Mal wissen, was wie riecht, wie sich ein Geruch zusammensetzt und ich kenne den Geruch. Ich muss ich nur dran denken, wie Kiefernharz riecht und es ist so klar vor mir, als ob ich meine Nüstern reinstecken würde. - Das kann kein menschliches Gehirn. Und es ist ja auch logisch, dass in einem Drachenkörper auch ein Drachenhirn steckt, oder?" -
„Und das bedeutet für's sehen...?" -
„Dass ich alles sehe. Mein Gehirn kann es, mein Bewusstsein traut sich nur noch nicht, es auch anzunehmen." -
„Also üben... - Was ist mit Deinen Schuppen?" -
„Ja, üben. Mit dem Fühlen auf den Schuppen bin ich noch nicht weiter. - Doch, ein klein wenig in den Fingern, es fällt mir einfacher, etwas anzufassen. - Zum Glück funktioniert es in den Flugarmen, ohne Gefühl in der Flughaut könnte ich vermutlich keinen Millimeter fliegen." -
Kyrrah streicht mit zwei Fingern leicht über meine locker vor ihm liegende Schwinge. Sehr deutlich fühle ich die Bewegungen und kann auch exakt bestimmen, wo auf der Flughaut er mich berührt. Ein leichter Schauer antwortet dem Streicheln... Auch wenn immer von einer 'Flughaut' gesprochen wird, ist es doch eigentlich ein großes, flaches Paket feiner Muskeln, das empfindsam auf Reize reagiert.
Er betrachtet die Reaktionen auf seine Berührungen.
„Ich habe mir bisher noch gar nicht so bewusst gemacht, wie fein die Flughaut auf Reize reagiert..." er pustet leicht über meine Schwingenhaut, die sofort mit einem leichten Zusammenziehen an den Stellen reagiert.
„Wow... die reagiert ja auf jeden Lufthauch..." -
„Das hast Du noch nicht gesehen?" -
Er schüttelt den Kopf.
„Nein, wenn ich auf meine Schwingenhaut puste, tut sich nichts. Beim Fliegen habe ich noch nicht drauf geachtet." -
„Ich habe es gestern gesehen, als ich meine Schwingen ausgebreitet und den leichten Wind aufgefangen habe, wie die Flughaut auf die leichten Verwirbelungen reagiert hat. Das machte mir klar, dass ich ohne Gefühl in den Schwingen nicht fliegen könnte. - Spann Deine Schwinge mal aus und versuche den Wind zu spüren." -
Er sieht mich etwas zweifelnd an, weil gerade kein Wind zu spüren ist, macht es aber. Und auch seine Flughaut reagiert auf mein leichtes Pusten, wie eben meine, als er es machte. Kopfschüttelnd sieht er dabei zu, wie ich seine Flughaut mit etwas Pusten fast in Falten lege.
„Die instinktive Reaktion ist wichtig, damit wir mit unseren Flughäuten überhaupt stabil fliegen können. Vogelfedern weichen mechanisch aus und puffern so Verwirbelungen ab - unsere Flughäute machen das aktiv. Aber wenn ich mir die Fledermäuse so ansehe, dann können wir das auch für akrobatische Manöver nutzen." -
Er faltet seine Schwinge wieder zusammen, was auch aktiv durch die Muskeln der Flughaut unterstützt wird, wie ich jetzt beobachte. Die sind wirklich ein wichtiger Bestandteil unseres Flugapparates.
Grinsend legt er mir seine Hand auf den Flugarm.
„Aber nicht jetzt schon mit Akrobatik anfangen, erst mal musst Du den Bogen raus haben. Das ist ein bisschen wie Fahrradfahren, es muss einmal klick machen in Kopf, dann funktioniert es." -
„Ja, so richtig hat das noch nicht geklickt..." -
Na... dann wollen wir mal wieder. Ich führe Kyrrah vor, was ich bisher so erreicht habe. Sogar der Startsprung mit zwei Schritt Anlauf klappt so halbwegs, zwar schaukele ich etwas in der Luft, aber ich bleibe sicher oben.
Kyrrah grinst.
„Wie lange machst Du das jetzt? 3 Tage, ohne Hilfe? Das ist schon sehr gut, besser als ich in der Zeit. Aber Du hast wohl auch mehr Wissen über die Zusammenhänge, was sicher hilft. Und mehr Ausdauer beim Üben... -
Mir ist nur aufgefallen, dass Du sehr viel Kraft in Deine Schwünge legst. Gut, die ersten zwei, damit Du vom Boden wegkommst, aber dann kannst Du viel Kraft rausnehmen - vielleicht macht es das einfacher, das Gleichgewicht zu halten.
Ich lasse Dich dann wieder alleine, heute Abend stelle ich Dir noch frischen Fleisch vor die Tür. Wie schon gesagt, wenn Du was brauchst, sag Bescheid." -
Damit geht er wieder und überlässt mich meinen Gedanken und meinen Übungen. Ich habe deutlich gespürt, dass er sich nach Nähe und den Kontakt zu einem Drachen sehnt. Aber er fürchtet wohl, dass unser Streit unsere Beziehung zerstört haben könnte und sucht jetzt fast heimlich wieder den Kontakt. Nun, meinetwegen gerne, ich habe seinen Geruch irgendwie schon vermisst.
Egal jetzt, weiter mit üben. Ich probiere es mit seinem Hinweis und nehme noch weiter Kraft aus meinen Schwüngen - es braucht allerdings noch den ganzen Nachmittag, bis ich einen halbwegs brauchbaren Krafteinsatz für mich gefunden habe. Aber dann liege ich wirklich stabiler in der Luft und komme so langsam auch in die Flugphase. Aber die einbrechende Dunkelheit mahnt mich zum Aufhören. Nicht so sehr, weil ich nichts mehr sehen würde, denn so langsam beherrsche ich auch meine Nachtsichtigkeit, die mir eine praktisch ebenso gute Sicht gewährt, wie am Tag - nur ist es fast Schwarzweiß, die Farben sind nur schwach zu erkennen. Aber das ist ja auch nicht unbedingt notwendig. - Aber mir sagt die einbrechende Dunkelheit, dass ich wieder einen vollen Tag mit Üben verbracht und ich ein wenig Pause verdient habe.
Kyrrah hat Wort gehalten, eine kleine Kühlbox mit reichlich frischem Fleisch steht vor meiner Tür und seinem Geruch nach auch erst vor höchstens einer halben Stunde hierher gestellt. Gehe ich noch mal zu ihm rüber? Ich weiß nicht, ich habe heute Nachmittag trotz der Fortschritte wieder so ein kleines Stimmungstief, fühle mich mal wieder unwohl in meinen Schuppen und möchte mal wieder was auf meiner Haut spüren - besser also nicht. Die Kühlbox nehme ich mit in die Küche und wandele mich spontan zum Menschen. Aah, Fliegen ist ja schön, aber einfach so direkt was auf meiner Haut spüren, das fehlt mir als Drache einfach.
Jetzt erstmal unter die Dusche, das Wasser auf der Haut spüren, einseifen und abspülen... fast schon erotisch... grinsend nutze ich es und wasche ausgiebig meine Latte - mit schnellem Erfolg...
So gewaschen und etwas Spaß gehabt... was ziehe ich an? So schlank und drahtig, wie ich nach den paar Tagen jetzt schon bin... da bietet es sich doch an, eine Tight und ein Laufshirt anzuziehen, leicht, sitzt knapp und vermittelt mir genau das geile Gefühl auf der Haut, das ich jetzt brauche.
Was ist eigentlich an Fleisch in der Box... Kyrrah, Du bist bekloppt... beide Filetstücke? Was hast Du vor? - Aber wayne... Salat ist auch noch da, also gibt es rosa gebratenes Hirschfilet auf grünem Salat. Anschließend schaue ich mir noch einen Film im Fernsehen an, falle dann aber auch recht schnell in mein Nest.
Am nächsten Morgen bin ich wieder rechtzeitig wach, nach dem Frühstück mit aufgebackenen Brötchen ziehe ich mich aus und werde wieder zum Drachen. Seufzend registriere ich das dumme Gefühl, nichts zu fühlen und mache mich auf den Weg zur Wiese.
Dort übe ich wieder, aber es geht nur langsam vorwärts. Mittags besucht Kyrrah mich wieder, er hat auch wieder was zu Essen dabei.
Ich spüre seinen Wunsch, mit mir Körperkontakt aufnehmen zu können. Also frage ich ihn, ob er mir ein wenig die Flugmuskeln massiert. Ich brauche das nicht wirklich, aber so gebe ich ihm eine logische Möglichkeit, mich berühren zu können.
Bald darauf lässt er mich wieder alleine und ich mache mit meinen Übungen weiter. Abends finde ich wieder frisches Fleisch vor meiner Tür, wieder überlege ich zu Kyrrah zu gehen, aber sein Haus ist dunkel, anscheinend ist er nicht zu Hause.
Ich schlafe wieder als Anthro und bin daher am nächsten Morgen wieder früh unterwegs. Wieder üben, üben und zur Abwechslung mal üben...
Kyrrah kommt wieder zum Mittag, bleibt heute aber länger und nimmt oft den direkten Schuppenkontakt zu mir auf. Und abends finde ich statt der Kühlbox einen Zettel, mit dem er mich zu sich zum Essen einlädt. Anschließend sitzen wir noch zusammen, schauen einen Film und trinken etwas Wein.
Das wiederholt sich die nächsten Tage, wobei Kyrrah immer mehr den Kontakt zu mir wieder aufnimmt, er wird zärtlicher und versucht auch mich ein wenig daran zu beteiligen, indem er besonders meine Schwingenarme in seine Berührungen mit einbezieht - was auch gut funktioniert.
Nachdem die Woche fast wieder rum ist, kommt er beim Frühstück, das wir auch wieder gemeinsam machen, mit einer Idee auf mich zu.
„Da sind doch diese ehemaligen Fahrzeughallen. Von denen steht teilweise noch der Firstbalken. Das ist so eine Betonbalkenkonstruktion, 4 Meter hoch, einen halben Meter breit. Wenn Du Dich da oben hinhockst, kannst Du mit vollem Schwung in der richtigen Flugstellung starten. Vielleicht hilft das." -
Natürlich probiere ich das später - und es funktioniert gut. Ich hocke mich auf alle Viere und übe noch einmal den richtigen Bewegungsablauf in dieser Lage, und schon beim ersten Versuch hebe ich sicher ab - und es fühlt sich um Längen besser an, als im Stehen.
Jetzt, mit dieser Starthilfe habe ich den Streckenflug schnell drauf. Gut, immer noch mit den vollen Schwingenschlägen, aber ich fliege auf einer Höhe vorwärts. Und auch die ersten Kurven gelingen bald. An dem Abend macht Kyrrah eine Flasche Sekt auf.
„Champagner gibt es, wenn Du schneller fliegst als ich."
Am nächsten Morgen teilt er mir beim Frühstück mit, dass er heute erst später dazu kommen wird, da er einige Dinge erledigen muss. Unter anderem nach seinen Hirschfarmen sehen.
Kein Problem, ich kann mich schon noch alleine beschäftigen.
Wieder auf der Wiese und nach ein paar leichten Aufwärmübungen will ich es jetzt wissen. Ich kann starten und abheben. Und ich kann fliegen - nun muss das nur noch beides zusammen und in der richtigen Reihenfolge klappen.
Zuerst will ich es sozusagen klassisch ausprobieren, senkrecht starten und dann nach vorne - das wird allerdings schwierig... die Transition... also der Übergang vom Schwebeflug in den Horizontalflug...
Mit fünf kräftigen Schwingenschlägen habe ich gut vier Meter Höhe und kann jetzt voll durchziehen. Wie jetzt weiter... die Hände etwas drehen beim Abschlag, die Finger hoch, damit Vortrieb erzeugen...
Ooooooh scheißeeeee.... Aua... - Bruchlandung, ich hab die Kontrolle verloren, bin seitlich abgeschmiert... Mist, warum das... ich kann das doch... Na, immerhin noch halbwegs weich gelandet, alles noch heil. Puh... Warum bin ich abgedriftet? Denn abgestürzt bin ich, weil ich versucht hatte, mein seitliches Driften auszugleichen und dadurch in Schieflage kam.
Nach tiefen Durchatmen mache ich jetzt erstmal langsam und starte einfach mal gerade nach oben, alles läuft glatt, ich kann sicher meine Höhe halten, habe ich ja auch lange genug geübt... weiter, ich steige jetzt mal ein paar Meter weiter, auf 6 Meter... 8... 12... 20 Meter... - wenn ich jetzt einfach die Schwingen ausgebreitet halte... - nein, ich brauche Vortrieb, eine Luftströmung über meinen Schwingen, um Gleiten zu können. Da reichen die 20 Meter nicht, jedenfalls nicht ohne Übung... - wenn ich das erstmal richtig draufhabe... - nicht träumen... jetzt, wie komme ich jetzt vorwärts... Rudern? Das habe ich am Boden als Trockenübung schon probiert, das ist eine komplizierte Bewegung und in dieser Position kaum zu machen...
Also wieder die Finger etwas anheben, kräftig durchziehen... ich steige noch etwas, aber drifte wieder nach rechts ab. Ich ignoriere es jetzt einfach mal, nächster Schlag, ich drifte weiter, gerate jetzt aber auch ein wenig in Schräglage, aber da ich insgesamt weiter steige... nochmal das ganze... Jetzt konzentriere ich mich auf das Gefühl beim Abwärtsschlag in meinen Schwingen... aha, ich habe links etwas mehr Druck, als rechts... - jetzt bewährt sich plötzlich die weite Sichtebene. Ich kann gleichzeitig meine Schwingen beobachten und sehe - so praktisch übereinandergelegt - dass ich links die Finger weniger angehoben habe als rechts. Logisch, dadurch habe ich links mehr Druck, werde angehoben. Die dadurch theoretisch eingeleitete Rechtskurve wird durch den Vortrieb auf der rechten Schwinge wieder ausgeglichen... und lässt mich langsam immer weiter auf die Seite kippen.
Der Absturz vorhin... auch klar. Ich hatte instinktiv versucht, die Schräglage auszugleichen, habe überzogen, bin dadurch nach links gekippt, wieder gegengesteuert, nach rechts gekippt und hab schließlich notgedrungen meine Schwingen hochgestreckt um nicht mit ihnen auf den Boden zu schlagen. Die Landung aus noch 2 Metern war halt etwas ruppig.
Jetzt, fast 25 Meter über den Boden mittlerweile, habe ich genug Zeit, um in Ruhe auszugleichen. Zuerst mal die rechten Finger etwas mehr nach unten - Zwei Schläge weiter liege ich wieder grade in der Luft. Aber langsam sollte ich Fahrt aufnehmen oder wieder etwas sinken, ich bin auf Höhe der Baumwipfel...
Also nochmal die Finger anheben, jetzt kontrolliere ich es mit einem schnellen Blick - genauer, ich konzentriere mich auf meine Schwingenfinger - ja jetzt habe ich sie beide gleich hoch, wie ich es auch schon gefühlt habe.
Schon nach zwei Schlagzyklen sehe ich, wie der Boden unter mir nach hinten gleitet... ich steige aber immer noch etwas, denn ich setzte mehr Kraft ein um den Vortrieb auszugleichen, der ja Auftrieb kostet, solange ich keine ausreichende Luftströmung über den Schwingen habe.
Noch ein wenig mehr anheben... - ach Quatsch, ich drehe meine Finger ein ordentliches Stück auf gut 45° oben beim Abwärtsschlag. Hupps, jetzt kippe ich ein wenig nach links, also schnell beim nächsten Schlag nachkorrigieren... jetzt passt es. Und ich mache regelrecht einen Sprung nach vorne.
Drei Schläge weiter spüre ich deutlich die Luftströmung über meine Schwingen streichen, noch ein letzter Schlag, Schwingen wieder hoch, jetzt nur noch einen halben Schlag. Ich strecke meine Schwingen aus und strecke meinen Körper, die Beine nach hinten, in die Gleitposition. Ganz reicht die Geschwindigkeit noch nicht, ich drehe meine Schwingen ein wenig um in einem leichten Sinkflug Geschwindigkeit aufzunehmen. Schnell spüre ich genug Auftrieb, jetzt kann ich mich auf das Gleiten konzentrieren.
So die Wiese ist gleich zu Ende... Kurve, aber wie... Sag mal, hast Du alles vergessen, was Du am FluSi mal gelernt hast...? Querruder, auf 45° rollen, dann ein wenig Höhenruder und Du legst eine wunderschöne Kurve hin...
Na Gut... ich fliege am rechten Waldrand entlang, also rechts Zeigefinger leicht nach unten, links nach oben... geil, es klappt, ich rolle nach links... sooo... wieder gerade, leicht gegensteuern... jaaa, es geht, ich drehe schon leicht nach links... jetzt im Rücken etwas nach hinten lehnen, den Schwanz ein bisschen hoch... gut, ich habe Druck von oben auf meine Schwanzfinnen... und es geht richtig ab jetzt, holla, schnell wieder den Rücken gerade, links Zeigefinger runter, rechts hoch, gerade, gegensteuern... puh... ich bin auf Kurs zum anderen Ende der Wiese.
Aber ich habe doch etwas an Höhe verloren in der Kurve. Logisch, Kurvenflug frisst Geschwindigkeit und um die zu halten, muss ich Höhe verlieren. Nur so werde ich nicht über die Baumreihe kommen, die auf halben Weg quer über die Wiese den Bach begleitet. Kurz konzentrieren, dann haue ich fünf voll durchgezogene Schwingenschläge rein. Gut, kaum Geschwindigkeit verloren, aber fast 10 Meter Höhe gewonnen. Ich gleite weiter, jetzt reicht die Höhe.
Wuusch... ich bin drüber weg gerauscht. Das andere Ende der Wiese kommt näher, jetzt leite ich die Kurve mit zwei schnellen Schwingenschlägen ein, dann wieder ausstrecken, links unten, rechts oben, - ich bin zur linken Seite der Wiese gewechselt und muss also nach rechts kurven. Bei etwa 45° wieder gegensteuern, in den Rücken legen und Schwanz heben, holla, schnell wieder zurück in die waagerechte... das war etwas zu viel, aber ich habe Zeit... geht das auch nur mit dem Schwanz? Ich lege die Schwanzspitze etwas nach links, aber jetzt in sich verwinden... irgendwie klappt es, ich spüre Druck auf den Finnen der Schwanzspitze, sie stehen jetzt senkrecht. Und es funktioniert... langsam drückt mich der Widerstand nach links, etwas mehr nach links legen... gut, ich rutsche auf den richtigen Kurs, Schwanz wieder gerade. Drei kräftige Schwingenschläge und ich fege schon über die Baumreihe.
Was jetzt? Ich habe keine Lust, jetzt schon zu landen. Und höher fliegen... nee, besser noch nicht, erst muss ich noch mehr üben. Also die Pflicht vor der Kür... Achten fliegen... - aber das kann man sich auch spannend machen, enge Kurven, weite Kurven, schnelle Rollen von links nach rechts oder umgekehrt und sofort wieder in die nächste Wende gehen... zwischendrin ein paar schnelle, kräftige Schwingenschläge, die mich wieder auf Höhe bringen. Irgendwann nach der zehnten oder zwölften Acht werde ich mutiger, mache kurze Schlenker zwischendrin, nehme mir kleine Büsche oder markante Pflanzen auf dem Boden als virtuelle Hindernisse, die ich im Slalom umkurve. Irgendwann reitet mich der Wahnsinn und ich gehe schwingenschlagend in die Kurve, kurz gerollt, zwei, drei Schwünge in Schräglage... whoooo... das geht ab... die Schwünge drücken mich rum... fast eine Wende auf der berühmten Briefmarke - gemessen an dem Tempo, dass ich mittlerweile drauf habe...
Schließlich übe ich noch Stopps. Mitten im Flug - sicherheitshalber ziemlich tief - richte ich mich auf, bremse mit ein, zwei kräftigen Schwingenschlägen in der Waagerechten ab und schalte dann sofort auf Schwebeflug um. - Ok, die ersten fünf mal werden es mehr oder weniger Bruchlandungen... aber dann habe ich den Bogen raus und kann wiederholbar in der Luft recht plötzlich anhalten.
Weitere fünf erfolgreiche Stopps später, bremse ich so direkt vor der Baumreihe und lasse mich dann auf den Boden sinken, kurz vor dem Aufsetzen schnell noch einen halben Schwingenschlag und ich setze auf, als ob ich nur zwei Stufen heruntergesprungen wäre.
Vor mir steht Kyrrah... Kopfschüttelnd...
„Was machst Du hier eigentlich?" -
„Meine Flugmuskeln trainieren..." -
Ich weiß nicht warum, aber ich fühle mich irgendwie ertappt... dabei weiß er ja, dass ich mehr oder weniger fliege, er hat es ja oft genug gesehen...
Seine Pupillen verengen sich... scheiße, gleich gibt es ein Donnerwetter. Hoffentlich kann ich mich beherrschen, denn auch ich spüre schon den Zorn aufkeimen.
Aber er grinst nur breit.
„Ja, Fliegen ist das beste Training für die Flugmuskeln. - Scheiße, ich zerbreche mir den Kopf, wie ich Dir das Fliegen richtig beibringen soll, und Du fliegt schon längst Übungsachten..." -
Gut, er ist doch entspannt. Ich gehe die paar Schritte zum Bach und greife mir mit den Flughänden eine Wasserflasche. Schnell habe ich sie geöffnet, das dazu notwendige verdrehen meiner Hände und Arme geht inzwischen fließend. Ah, herrlich, das kühle Wasser rinnt meine Kehle runter. Flasche leer, ich drehe sie wieder zu und klemme sie unter einen Ast, damit sie nicht wegweht.
„Hepp!" höre ich Kyrrah hinter mir.
Ich drehe mich um und sehe, wie er mir ein Stück Fleisch zuwirft. Ich kalkuliere kurz, dass er etwas kurz geworfen hat, es wird direkt vor mir zu Boden fallen, ich hebe meinen linken Flugarm und breite meine Finger ein wenig aus. So habe ich ein perfektes Fangnetz, in dem das Fleisch auch sicher landet. Den Arm angehoben, greife ich mir das Stück Fleisch mit der rechten Hand. Das kommt mir jetzt gerade richtig, ich beisse herzhaft hinein. Ah lecker, ganz frisch, offensichtlich hat Kyrrah heute morgen noch einen Hirsch zubereitet.
Er beobachtet mich schweigend bis ich das Stück Fleisch komplett verschlungen habe. Er holt noch eine Wasserflasche aus seinem Rucksack und reicht sie mir.
„Was hast Du jetzt vor?" -
„Kurven üben." -
„Was ist mit Streckenflug?" -
„Was ist der Unterschied zu dem, was ich bisher gemacht habe?" -
Er grinst.
„Du nutzt jetzt Deine guten Gleitfähigkeiten. Das ist auch so in Ordnung, aber die heftigen Schwingenschläge um wieder Höhe zu gewinnen, sind gerade für euch Flieger nicht notwendig. Ich habe die beobachtet, wie die lange Strecken fliegen, was auch mir geholfen hat. Ich mache es Dir schnell mal vor..."
Kyrrah breitet seine Schwingen aus und hält sie in Gleitstellung.
„So - und jetzt mit leichten Auf- und Abbewegungen mit entsprechend gedrehten Flughänden kannst Du Höhe gewinnen ohne viel Auftrieb dabei zu verlieren."
Er bewegt seine voll ausgestrecken Schwingen in den Schultergelenken um ein paar Grad auf und ab - naja, jetzt hin und her. Dabei dreht er seine Hände bei jedem Aufwärtsschwung sehr steil nach unten, was den Widerstand reduziert, beim Abwärtsschwung dann wieder waagerecht um vollen Auftrieb und Widerstand zu haben.
„Ah, so. - Das gibt aber nur wenig Höhengewinn." -
„Ja, das ist richtig. Aber es reicht, um die Höhe zu halten. Bei Dir vielleicht 20 oder 25 Schwünge, damit kannst Du leicht 2 km Strecke gleiten. Und das mit weniger Anstrengung als mit den sonst notwendigen 8 oder 10 vollen Schwingenschlägen um die Höhe zu halten." -
„Ah ja... wie war das jetzt..." -
Ich breite meine Schwingen voll aus und halte sie in Gleitstellung. Dann schwinge ich sie in den Schultern leicht auf und ab - gut, das ist einfach. Dann die Hand gleichzeitig und richtig drehen - das ist schon schwieriger, ich komme auch ein paar Mal durcheinander mit dem richtigen Rhythmus.
Nach einigen Minuten versuche ich das etwas anders. Ich lasse meine Flugfinger beim Aufwärtsschwung einfach ganz locker und spanne sie beim Abwärtsschlag wieder an. Ohne das aktive Drehen des Handgelenks spare ich dadurch noch zusätzlich Kraft, denn die Bewegung erfolgt ja später in der Luftströmung. Dadurch, dass ich meine Finger locker lasse, verkürze ich meine Schwingen ein Stück und der äußere Teil folgt dann locker den Luftströmungen ohne einen Widerstand zu bieten. Mit angespannten Fingern dann beim Abschlag habe ich wieder volle Länge und den nötigen Widerstand um mich etwas hoch zu drücken.
Kyrrah sieht sich das interessiert an.
„Hmm, ist vielleicht wirklich noch einfacher... aber wohl doch eher was für einen Flieger wie Dich. - Aber die drüben machen das noch irgendwie anders. Die drehen ihre Hände dabei... - Egal, probiere es aus, wenn es funktioniert, ist es gut." -
„Gut. Wie startest Du normalerweise?" -
„Senkrecht hoch ist sehr anstrengend und der Übergang zum Fliegen schwierig. Hast Du sicher bemerkt." -
„Oh ja, ich hab es bisher nur ein einziges Mal sicher geschafft." -
„Deswegen mache ich, wenn möglich, einen Sprintstart über den wir ja schon gesprochen haben." -
„Ist mir noch nicht so richtig gelungen, wie Du weißt..." -
„Ist wirklich einfacher, als es klingt. Sprint, Sprung, zwei kurze Schwünge um vom Boden weg zu kommen und dann voll reinhauen und Fahrt aufnehmen."
Mein zweifelnder Blick lässt ihn grinsen.
„Ich mach es Dir vor, keine Sorge. - Obwohl Du meine Hilfe wohl nicht wirklich benötigst, Du kannst das alles, ich hab Dich schließlich die ganze Zeit beobachtet..." Sein Ausdruck wird etwas betrübt.
„Du kommst eigentlich auch gut ohne mich zurecht, ich zeige Dir schnell noch wie ich fliege, dann lasse ich Dich in Ruhe." -
Keine Ahnung, was er jetzt plötzlich hat, wir waren doch schon wieder gute Freunde und es gab keine Probleme mit meinem Training. Er hat mir Tipps gegeben und mich dann machen lassen und sich das ganze angesehen. Ich gehe zu ihm und lege meine Hände auf seine Schultern.
„Vielleicht komme ich alleine zurecht, aber zu zweit macht es doch mehr Spaß. Bleib und pass auf, dass ich keinen Mist einübe." -
„Wirklich? -
„Na klar." -
„Ich fühle mich eigentlich etwas überflüssig." -
Ich grinse.
„Quatsch. Ich hab Dich ganz gerne bei mir. Lass uns jetzt nicht noch darüber streiten." -
Er nickt nur mit einem undefinierbaren Blick.
„Gut, dann los. Schau genau zu." -
Ich überhöre seinen plötzlichen Kommandoton und beobachte seinen Sprintstart. Im Grunde wie der Anlauf zu einem Hochsprung, zwei Schwingenschläge um etwas Höhe zu bekommen, danach dreht er seine Hände um gleichzeitig Vortrieb zu bekommen - und kaum 5 Meter hoch, schaltet er schon auf die Schwungart um, die er 'Reiseflug' nennt. Das beschleunigt ihn tatsächlich erheblich und er kann alleine durch die Geschwindigkeit weiter steigen.
Na gut, das werde ich wohl auch können. Also lossprinten, dann hochspringen, Schwingen schlagen... hoppla, das war nix. Mein Schwingeneinsatz war viel zu spät, ich habe die erst angehoben, als ich auf dem höchsten Punkt meines Sprunges war und der erste Schlag kam erst, als ich schon fast wieder auf dem Boden stand - zudem viel zu schwach. Das konnte ich schon mal besser.
Nochmal. Diesmal konzentriere ich mich mehr auf den Schwingeneinsatz, laufen und springen kann ich ja und ich muss auch nicht besonders darauf achten, wohin ich springe, denn ich will ja gar nicht so schnell wieder auf dem Boden sein. Wieder sprinte ich los, gleichzeitig mit dem Sprung hebe ich meine Schwingen... wie schon gewohnt gar nicht so einfach, diesmal fällt mein Sprung deutlich schwächer aus, aber ich setze den Abschwung jetzt genau auf den Sprung, wie gestern Abend. Schon nach dem zweiten Schlag bin ich reichlich 5 Meter hoch und kann gleich voll durchziehen und neben Höhe auch Vortrieb machen. Fünf Schläge weiter bin ich schon 10 Meter hoch - soll ich es jetzt versuchen? Durch den Sprint bin ich schon schnell genug für einen Gleitflug, also los. Schwingen in Gleitstellung, kurz stabilisieren, alles klar. Wie war das noch? Finger locker halten, ausgestreckten Arm hochschwingen bis etwa 30°, dann Finger ausstrecken, etwas anheben und abschwingen bis etwa -30°. Fühlt sich gut an, auf beiden Seiten ist der Druck etwa gleich, also weiter. - Finger locker, auf - Finger ausstrecken, ab - locker, auf - ausstrecken, ab. Ich finde einen flüssigen Rhythmus von einem Zyklus in der Sekunde.
Wow... das geht ab... schon muss ich wenden. Kyrrah ist schon am anderen Ende der Wiese und beginnt seine Wende, als ich wieder auf geradem Kurs bin und den Rhythmus erneut aufnehme. Inzwischen bin ich hoch genug, um problemlos über die Baumreihe zu kommen, also steuere ich flacher, steige nicht mehr und werde dadurch schneller. Die Baumreihe rauscht unter mir durch, kurz darauf leite ich die nächste Wende ein. Kyrrah beginnt seine nächste Wende, als ich schon fast wieder an der Baumreihe bin.
Na mein Lieber... wollen doch mal sehen, ob Du auch in der Luft schneller bist, als ich. Ich erhöhe den Takt auf anderthalb in der Sekunde. Und muss prompt noch flacher halten - fast habe ich das Gefühl, abwärts zu fliegen, halte aber meine Höhe, und das Tempo... holla, die Waldfee...
Kyrrah bemerkt mein höheres Tempo, als wir aneinander vorbei fliegen und beschleunigt auch. Egal. Ich muss schon wieder wenden, rolle fast auf 90° und lege mich voll in den Rücken, trotzdem brauche ich fast die gesamte Breite der Wiese um herum zu kommen... Kyrrah hält seinen Vorsprung, arbeitet aber ordentlich dafür. Ich lege nochmals zu, erhöhe den Takt, verringere gleichzeitig den Winkel der Schwünge auf ca. 20° oben und unten. Und ich probiere noch etwas, ich halte die Finger jetzt ständig gestreckt, drehe auch die Hände nicht mehr, hebe und senke nur die Finger im Takt etwas. Sofort spüre ich, dass ich jetzt die ganze Zeit einen gleichbleibenden Auftrieb habe und praktisch meine ganze eingesetzte Kraft in den Vortrieb geht - der dann für den notwendigen Luftstrom um meine Schwingen und somit für Auftrieb sorgt.
Jetzt hole ich wieder auf. Aber wie soll ich die Wende bei diesem Tempo noch schaffen? Egal, versuchen. Ich steige leicht und bin hoch genug, um notfalls über die Bäume zu fliegen. Über die Baumreihe, drei Schwünge, dann volle Querruder, bei 80° Seitenlage stabilisiere ich und ziehe meinen Schwungrhythmus weiter durch, lege mich dabei wieder weit in den Rücken und spüre deutlich den Druck auf meinen Schwanzfinnen, sogar auf den Finnen am Schwanzansatz.
Durch den ständigen Vortrieb ziehe ich mich jetzt regelrecht um die Wende, rolle schnell zurück und haue weiter rein. Beim Wenden bin ich sogar noch weiter gestiegen, jetzt drücke ich etwas, um wieder ein Stück zu sinken, was mich weiter beschleunigt.
Inzwischen habe ich Kyrrah vor mir, es fehlt nicht mehr viel, er geht in die Wende, ich steige wieder etwas, was mich etwas abbremst, rolle, und mache diese Wende jetzt mit kräftigen Abschlägen, die mich regelrecht herumreißen, Kyrrah ist noch vor der Baumreihe, als ich ihn schon direkt verfolge. Vor der nächsten Wende bin ich an ihm dran, er kämpft sichtlich, aber ich treibe es jetzt immer weiter. Mit voller Geschwindigkeit werfe ich mich in die Kurve, steige gleichzeitig - plötzlich liege ich auf dem Rücken und sehe das gegenüberliegende Wiesenende auf dem Kopf stehend vor mir - schnell rollen, drücken und wieder voll durchziehen... Das war wohl irgendein Mischmasch von Climbing Turn und Immelmann, aber funktioniert. So schnell habe ich noch keine Wende geschafft. Und nachdem ich wieder auf der Höhe zurück bin, überhole ich Kyrrah noch auf halben Weg zur Baumreihe.
Weiter... ich halte das Tempo, wiederhole die Kampfkurve an der nächsten Wende, diesmal etwas fließender in der ausleitenden Rolle und beschleunige beim Drücken nochmal richtig. Nächste Kampfkurve, Kyrrah landet gerade an der Baumreihe. Kurz entschlossen fliege ich niedrig an, mache eine Vollbremsung und lande etwas unsanft auf allen vieren, aber mit sicher ausgebreiteten Schwingen. Das muss ich wohl noch ein wenig üben...
Kyrrah atmet jetzt ebenso wie ich gleichmäßig mit beiden Atemsäcken. Das zeigt mir, dass er sich schon ein wenig angestrengt hat. Natürlich spüre ich auch, dass ich was getan habe, aber ich könnte noch eine ganze Zeit so weiter machen, das spüre ich auch deutlich.
Ich richte mich auf, recke genüsslich meine Schwingen und sehe ihn dann an. Verwundert höre ich ihn jetzt deutlich schnurren...
„Großer... Du bist so ... so wunderschön... so in der Sonne, mit Deinen Schwingen..." -
„Äh... Kyrrah...?" -
Er kommt schnuppernd näher.
„Ja Großer?" -
„Du hast doch sonst immer..." ich schnuppere auch, sein schwerer Duft überwältigt mich fast.
„Ist es soweit...?"
Er steht vor mir und statt einer Antwort züngelt er laut schnurrend über meine Nüstern...
Ja... es ist jetzt wohl soweit...
...